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VwGH vom 04.06.2008, 2003/13/0077

VwGH vom 04.06.2008, 2003/13/0077

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde des Finanzamtes (nunmehr Finanzamt W) in W gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/2319-W/02, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2000 (mitbeteiligte Partei: Dr. E in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der 1928 geborene, im Jahr 1992 als leitender Angestellter pensionierte Mitbeteiligte bezog während des Jahres 2000 neben seiner Pension Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus zwei in den Jahren 1991 und 1992 erworbenen Beteiligungen als atypischer stiller Gesellschafter. Zum kündigte er diese Beteiligungen. Er beantragte die Besteuerung der Einkünfte (der Veräußerungsgewinne, in einem Fall vermindert durch einen negativen steuerlichen Ergebnisanteil) mit dem Hälftesteuersatz gemäß § 37 EStG 1988 und führte dazu aus, er sei über 60 Jahre alt und werde künftig wegen der Einstellung der Erwerbstätigkeit keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb mehr beziehen.

Im Einkommensteuerbescheid 2000 vom wurde dem vom Finanzamt - mit der Begründung, die Beteiligung als unechter stiller Gesellschafter sei keine "Erwerbstätigkeit" im Sinne des § 37 Abs. 5 EStG 1988, weshalb "der ermäßigte Steuersatz aus dem Titel der Einstellung der Erwerbstätigkeit" nicht in Betracht komme - nicht Rechnung getragen.

Der vom Mitbeteiligten dagegen erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid Folge. Sie prüfte zunächst auf der Grundlage ergänzender Ermittlungen die konkrete Gestaltung der beiden Beteiligungen des Mitbeteiligten und kam zu dem Ergebnis, es habe sich um "kapitalistische" Beteiligungen gehandelt. Der Mitbeteiligte sei "auf Grund seiner Gesellschafterstellung demnach nicht erwerbstätig" gewesen.

Die weitere Begründung des angefochtenen Bescheides lautete im Wesentlichen wie folgt:

"Nach Doralt setzt die Steuerbegünstigung jedoch nur voraus, dass der Steuerpflichtige seine Erwerbstätigkeit einstellt. Die vorangegangene Erwerbstätigkeit ist hingegen nicht Voraussetzung der Begünstigung. Ist daher der Gesellschafter einer Personengesellschaft nicht erwerbstätig, dann braucht er eine Erwerbstätigkeit auch nicht einstellen, um die Steuersatzbegünstigung in Anspruch zu nehmen. Hätte der Gesetzgeber die Begünstigung von einer vorangegangenen Erwerbstätigkeit des Gesellschafters abhängig gemacht, so hätte dies unzweifelhaft als eine wesentliche Änderung gegenüber der früheren Rechtslage einen Niederschlag in den Gesetzesmaterialien gefunden. Eine derartige Auslegung würde zudem der Systematik des Gesetzes und dem Gesetzeszweck widersprechen (vgl. Doralt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Tz 82 zu § 37 EStG 1988; sowie (V.) Doralt/Kohlbacher, Der Kommanditist und die Halbsatzbegünstigung nach § 37 Abs. 5 EStG 1988, ÖStZ 1997, S 327; Schrottmeyer, Begünstigungsfähigkeit 'kapitalistischer Mitunternehmerschaften', SWK 1999, S 665).

Nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage 'unterliegen Veräußerungs- und Übergangsgewinne von Steuerpflichtigen, bei denen von Gesetzes wegen eine zwangsweise Beendigung der Tätigkeit unterstellt wird, auch in Hinkunft dem ermäßigten Steuersatz. Im Hinblick auf die generelle Tendenz zur Anhebung des faktischen Pensionsalters wurde dabei allerdings die Altersgrenze von bisher 55 Jahre auf 60 Jahre angehoben. Die anderen Anspruchsvoraussetzungen sind unverändert' (EB zum Strukturanpassungsgesetz 1996, ÖStZ 1996, 183).

Nach Verwaltungsmeinung (vgl. zB Quantschnigg/Bruckner, Die Halbsatzbegünstigung nach dem Strukturanpassungsgesetz 1996, in: ÖStZ 1997, S 158) ist zwar die Veräußerung einer 'kapitalistischen' Mitunternehmerbeteiligung - sofern die Veräußerung nicht im Zuge (dh. innerhalb eines Sechsmonatezeitraumes) der Beendigung anderer Erwerbstätigkeiten erfolgt - nach § 37 Abs. 5 EStG 1988 nicht begünstigt, jedoch halten die genannten Autoren unter Punkt 3 (ÖStZ 1997, S 163, vorletzter Absatz) auch eine weniger strenge - den § 37 Abs. 5 EStG 1988 auch bei isolierter Abschichtung zulassende - Interpretation für denkmöglich.

Da der Bw. im Veräußerungsjahr zudem über 60 Jahre alt war und auch die oben angeführte Siebenjahresfrist erfüllt ist, sind die Voraussetzungen für die Gewährung des Hälftesteuersatzes als gegeben anzusehen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde, die im Wesentlichen wie folgt begründet ist:

"Dagegen kann ... der Wortlaut ins Treffen geführt werden.

Dieser fordert, dass der Betrieb oder Mitunternehmeranteil

'deswegen veräußert oder aufgegeben wird, weil der

Steuerpflichtige ... das 60. Lebensjahr vollendet hat und seine

Erwerbstätigkeit einstellt'. Die Verknüpfung durch die Wörter

'deswegen' und 'weil' deutet dabei darauf hin, dass ein

Kausalitätsverhältnis zwischen der Veräußerung und dem Einstellen

der Erwerbstätigkeit besteht. Im Ergebnis darf nämlich der

Steuerpflichtige nachher nicht mehr erwerbstätig sein. Er muss

aber auch 'deswegen' veräußern, 'weil' er 'seine Erwerbstätigkeit

einstellt'. Das heißt aber, dass der Betrieb oder

Mitunternehmeranteil aus dem Grund 'Einstellen der

Erwerbstätigkeit' veräußert werden muss. Er muss also vorher

'erwerbstätig' sein. Das Wort 'weil' bezieht sich schließlich

sowohl auf das Vollenden des 60. Lebensjahres als auch das

'Einstellen der Erwerbstätigkeit', wie die Verknüpfung durch das

Wort 'und' zeigt. Wenn der Betrieb oder die

Mitunternehmerbeteiligung keine Erwerbstätigkeit sein müsste, dann

müsste ja gar nicht 'deshalb' veräußert werden, 'weil der

Steuerpflichtige ... seine Erwerbstätigkeit einstellt'. Das

Bestehen einer Erwerbstätigkeit ist daher jedenfalls Voraussetzung

für die Begünstigung. Man kann daraus auch schließen, dass nur

jene Beteiligungen von der Begünstigung erfasst sind, deren

Veräußerung überhaupt aus dem Grund der 'Einstellung der

Erwerbstätigkeit' denkbar ist. Gerade im Gesetzeswortlaut ist

nämlich an sich nur der 'Betrieb' ausdrücklich erwähnt, den der

Gesetzgeber zweifellos als eine Erwerbstätigkeit ansieht

(Aigner/Aigner, Die Halbsatzbegünstigung des § 37 Abs 5

EStG bei Veräußerungsgewinnen aus Kommanditanteilen, SWK 2002,

S 809).

Dies lässt darauf schließen, dass er vorher im Rahmen des Betriebes, den er nun veräußert oder aufgibt, erwerbstätig war. Andernfalls wäre es nicht möglich, dass er diesen Betrieb deswegen veräußert, weil er seine Erwerbstätigkeit einstellt."

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde, der die belangte Behörde und der Mitbeteiligte jeweils in Gegenschriften entgegengetreten sind, erwogen:

1. Vor dem Inkrafttreten des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. Nr. 818, d.h. zur Zeit des Erwerbes der Beteiligungen durch den Mitbeteiligten, gehörten Veräußerungsgewinne, wenn die im Gesetz näher geregelte Frist von sieben Jahren verstrichen war, zu den außerordentlichen Einkünften, auf die der Hälftesteuersatz anzuwenden war. Gleiches galt für Übergangsgewinne, wenn der Steuerpflichtige "überdies im Falle eines freiwilligen Wechsels" die Gewinnermittlungsart mindestens sieben Jahre beibehalten hatte (§ 37 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 und Z 3 EStG 1988 vor der erwähnten Novelle).

Das Steuerreformgesetz 1993 ließ diese Rechtslage in Bezug auf Veräußerungsgewinne noch bestehen und regelte die Anwendung des Hälftesteuersatzes auf Übergangsgewinne neu. Dem Hälftesteuersatz unterliegende außerordentliche Einkünfte waren nach dem auf Übergangsgewinne bezogenen § 37 Abs. 2 Z 3 EStG 1988 in der Fassung dieser Novelle nur mehr

"3. Gewinne, die infolge eines Wechsels der Gewinnermittlungsart anläßlich der Veräußerung oder der Aufgabe des Betriebes entstehen und der Betrieb deswegen veräußert oder aufgegeben wird, weil der Steuerpflichtige


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-
gestorben ist,
-
erwerbsunfähig ist oder
-
das 55. Lebensjahr vollendet hat und seine Erwerbstätigkeit einstellt."
In den Erläuterungen wurde ausgeführt, die Praxis habe gezeigt, dass ein Wechsel der Gewinnermittlung "vielfach nicht aus betrieblichen Gründen, sondern aus steuerlichen Erwägungen vorgenommen" worden sei. Der ermäßigte Steuersatz für Übergangsgewinne solle nunmehr "entfallen". Übergangsgewinne sollten "nur mehr in Ausnahmefällen" zu den außerordentlichen Einkünften zählen. Dies sollte - nach dem Konzept der Regierungsvorlage - unter weiteren, dem § 24 Abs. 6 EStG 1988 nachgebildeten und die Gründe der Betriebsaufgabe betreffenden Voraussetzungen nur im Falle einer Betriebsaufgabe möglich sein (1237 BlgNR XVIII. GP 49, 56). Die Wendung "Veräußerung oder der" wurde erst im Justizausschuss eingefügt. Im Ausschussbericht (1301 BlgNR XVIII. GP 4) wurde diese Änderung wie folgt begründet:
"Die Beibehaltung des halben Steuersatzes für Übergangsgewinne in bestimmten Fällen, in denen von Gesetzes wegen eine zwangsweise Beendigung der betrieblichen Tätigkeit unterstellt wird, soll im Sinne einer gleichmäßigen Behandlung der Tatbestände der Beendigung der betrieblichen Tätigkeit nicht nur für Fälle der Betriebsaufgabe, sondern auch für die Betriebsveräußerung vorgesehen werden."
2. Das Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201, unterstellte die bisher als außerordentliche Einkünfte dem Hälftesteuersatz unterworfenen Veräußerungsgewinne einer neu eingeführten Verteilungsbegünstigung (§ 37 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 in der Fassung des genannten Gesetzes) und führte für die Anwendung des Hälftesteuersatzes sowohl auf Veräußerungs- als auch auf Übergangsgewinne eine neue, gemeinsame Regelung ein. Dem Hälftesteuersatz unterliegende außerordentliche Einkünfte waren nach § 37 Abs. 5 EStG 1988 in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes
"Veräußerungs- und Übergangsgewinne, wenn der Betrieb deswegen veräußert oder aufgegeben wird, weil der Steuerpflichtige
-
gestorben ist,
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erwerbsunfähig ist oder
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das 60. Lebensjahr vollendet hat und seine Erwerbstätigkeit einstellt.
Für Veräußerungsgewinne steht der ermäßigte Steuersatz nur über Antrag und nur dann zu, wenn seit der Eröffnung oder dem letzten entgeltlichen Erwerbsvorgang sieben Jahre verstrichen sind."
In den Erläuterungen (72 BlgNR XX. GP 265 f) zu dieser auf den vorliegenden Fall anzuwendenden Regelung wurde u.a. ausgeführt:
"Die steuerliche Berücksichtigung der Zusammenballung von Einkünften in bestimmten Fällen wird auf eine völlig neue Grundlage gestellt. Bisher wurde diesem Umstand durch die Gewährung des halben Durchschnittssteuersatzes Rechnung getragen.

... Die nunmehr vorgesehene Verteilung der Einkünfte bewirkt eine

sachgerechtere Steuerentlastung. ... Unberührt bleiben ... der


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Halbsatz für bestimmte Veräußerungs- und Übergangsgewinne (siehe unten).
(...)
Veräußerungs- und Übergangsgewinne von Steuerpflichtigen, bei denen von Gesetz wegen eine zwangsweise Beendigung der Tätigkeit unterstellt wird, unterliegen auch in Hinkunft dem ermäßigten Steuersatz. Im Hinblick auf die generelle Tendenz zur Anhebung des faktischen Pensionsalters wurde dabei allerdings die Altersgrenze von bisher 55 Jahre auf 60 Jahre angehoben. Die anderen Anspruchsvoraussetzungen sind unverändert."
3. Entgegen der vom Mitbeteiligten in seiner Gegenschrift vertretenen Auffassung trifft es somit nicht zu, dass sich die Rechtslage seit dem Erwerb seiner Beteiligungen nur in einem für seinen Fall nicht wesentlichen Punkt - nämlich in Bezug auf die Höhe der Altersgrenze - geändert hätte. Die im vorliegenden Fall strittigen Voraussetzungen galten, wie dargestellt, vor dem Steuerreformgesetz 1993 weder für Übergangsgewinne noch für Veräußerungsgewinne und wurden für letztere erst durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 eingeführt, wobei der Gesetzgeber sich überdies entschloss, die darauf bezogene Übergangsbestimmung des § 124a Z 4 EStG 1988 als Verfassungsbestimmung zu beschließen (vgl. dazu - in einem Fall, in dem das dem Veräußerungsvorgang zugrunde liegende Rechtsgeschäft vor dem abgeschlossen worden war - VfSlg 17.158/2004; nunmehr jedoch nicht mehr im Verfassungsrang gemäß § 5 Abs. 1 Z 12 1. BVRBG, BGBl. I Nr. 2/2008).
4. Im Besonderen kann der oben unter Punkt 2. zuletzt wiedergegebene Satz aus den Erläuterungen zum Strukturanpassungsgesetz 1996 angesichts der Entstehungsgeschichte nur auf die Voraussetzungen bezogen werden, unter denen der Hälftesteuersatz seit dem Steuerreformgesetz 1993 auf Übergangsgewinne anzuwenden war. Dass er nun auch auf Veräußerungsgewinne nur mehr unter diesen Voraussetzungen anwendbar sein sollte, war hingegen ein Aspekt der am Beginn der oben wiedergegebenen Erläuterungen betonten völligen Neuordnung der steuerlichen Berücksichtigung der Zusammenballung von Einkünften in bestimmten Fällen. Die bisher unter der Voraussetzung des Verstreichens der Frist von sieben Jahren allgemein gewährte Anwendung des Hälftesteuersatzes auf Veräußerungsgewinne sollte - wie in der Regierungsvorlage zum Steuerreformgesetz 1993 in Bezug auf im Wesentlichen gleiche Voraussetzungen formuliert worden war - "nur mehr in Ausnahmefällen" zum Tragen kommen, und zwar - wie es im Ausschussbericht zum Steuerreformgesetz 1993 und in der Regierungsvorlage zum Strukturanpassungsgesetz 1996 gleich lautend hieß - nur dann, wenn "von Gesetzes wegen eine zwangsweise Beendigung" der Tätigkeit "unterstellt" werde.
Wenn in Bezug auf Veräußerungsgewinne die Auffassung vertreten wird, der Gesetzgeber habe in den Materialien nicht die Absicht einer "wesentlichen Änderung gegenüber der früheren Rechtslage" zum Ausdruck gebracht, so kann dem daher nicht gefolgt werden. Der Gesetzgeber hat die Anwendung des Hälftesteuersatzes auf Veräußerungsgewinne an bewusst restriktive Voraussetzungen geknüpft. Die damit verfolgte Absicht einer einschneidenden Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage kommt in den Materialien klar zum Ausdruck.
5. Die belangte Behörde ist einer im dazu von ihr zitierten Schrifttum vertretenen Auffassung gefolgt, der zufolge das Gesetz im Zusammenhang mit dem hier auszulegenden Begünstigungstatbestand nicht (positiv) an den Vorgang der Einstellung einer Erwerbstätigkeit anknüpfen, sondern nur (negativ) voraussetzen würde, dass der Steuerpflichtige, der das 60. Lebensjahr vollendet hat, keine Erwerbstätigkeit ausübt. Sei der Kommanditist nicht erwerbstätig, so müsse er auch keine Erwerbstätigkeit einstellen, um in den Genuss der Begünstigung zu kommen (vgl. in diesem Sinn etwa Doralt , EStG11, § 37 Tz 82). Zum Teil wird - etwas enger - auch die Auslegung erwogen, er müsse "irgendwann eine
Erwerbstätigkeit ausgeübt ... und später eingestellt" haben, dürfe
also nicht "niemals" erwerbstätig gewesen sein (Schrottmeyer , SWK 1999, S. 669). Ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Einstellung einer Erwerbstätigkeit und der Veräußerung, wie ihn der von Quantschnigg/Bruckner , ÖStZ 1997, 163 f, befürwortete "Mittelweg" genügen lassen will, oder ein direkter sachlicher Zusammenhang in dem Sinn, dass es sich um einen Veräußerungsgewinn aus der Einstellung der Erwerbstätigkeit handeln müsse, wird von den Autoren, denen die belangte Behörde gefolgt ist, aber nicht gefordert.
Nach dem Wortlaut der seit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 auch für Veräußerungsgewinne geltenden Voraussetzungen genügt es jedoch nicht, dass der Steuerpflichtige das entsprechende Alter erreicht und seine Erwerbstätigkeit eingestellt hat. Die
sprachlich eindeutige kausale Verknüpfung ("deswegen ... weil")
bringt vielmehr zum Ausdruck, dass die Einstellung der Erwerbstätigkeit ein Grund für das Anfallen des Veräußerungs- oder Übergangsgewinnes sein muss.
Dass lässt sich auch nicht als sprachliches Versehen deuten. Die eingeschränkte Freiwilligkeit des Vorganges, der zu dem Gewinn geführt hat, ist vielmehr der Wertungsgesichtspunkt, der nach dem Konzept des Gesetzgebers die ausnahmsweise Beibehaltung der Begünstigung durch die Anwendung des Hälftesteuersatzes rechtfertigt. Entsteht der Veräußerungsgewinn nur durch die Aufgabe einer Beteiligung, die keine Erwerbstätigkeit bedeutete und sich daher mit dem altersbedingten Ausscheiden aus dem Erwerbsleben nicht in der im Gesetz normierten Weise typisierend in Beziehung setzen lässt, so ist diesem Gesichtspunkt nicht Rechnung getragen.
Die Anwendung des Hälftesteuersatzes ist in einem solchen Fall nicht nur nach dem Wortlaut, sondern auch nach dem Sinn der Regelung - nämlich in Bezug auf die Auswahl des Kriteriums, nach dem von der grundsätzlichen Verweisung auf die Verteilungsbegünstigung eine Ausnahme gelten soll - nicht zu rechtfertigen. Eine Argumentation, die dem gegenüber den Zweck der Progressionsermäßigung hervorhebt, dem ohnehin auch die Verteilungsbegünstigung dienen soll, ist bei der Auslegung dieses Kriteriums nicht hilfreich.
6. Geht man von dem die Regelung tragenden Gesichtspunkt einer - typisierend angenommenen - Unfreiwilligkeit des zur Erzielung des Gewinnes führenden Vorgangs aus, so ergibt sich kein Spannungsverhältnis zum Fehlen einer auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Erwerbstätigkeit abstellenden Differenzierung bei der laufenden Besteuerung der Beteiligung. Es steht auch der Umstand, dass die Einkünfte als solche "aus Gewerbebetrieb" erfasst wurden, nicht - wie der Mitbeteiligte ins Treffen führt - in einem Widerspruch zur Verneinung einer durch die Beteiligungen vermittelten "Erwerbstätigkeit". Einkünfte aus Mitunternehmerschaften, deren Vorliegen beim Mitbeteiligten nicht strittig ist, sind nach der Definition des § 23 Z 2 EStG 1988 Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Auf das Vorliegen einer Erwerbstätigkeit im hier maßgeblichen Sinn einer nicht bloß "kapitalistischen" Beteiligung kommt es dabei nicht an.
7. Veräußerungen, die in keinem Zusammenhang damit stehen, dass der Steuerpflichtige, der das 60. Lebensjahr vollendet hat, seine Erwerbstätigkeit einstellt, erfüllen aus den dargestellten Gründen nicht die Voraussetzungen des hier erörterten Tatbestandes. Ob dies auch bedeutet, dass der Gewinn aus der Veräußerung einer bloß "kapitalistischen" Beteiligung in zeitlicher Verbindung mit der Einstellung einer (anderen) Erwerbstätigkeit nicht dem Hälftesteuersatz unterliegen kann, bedarf für den vorliegenden Fall keiner Klärung.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Wien, am