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VwGH vom 18.12.1997, 96/15/0269

VwGH vom 18.12.1997, 96/15/0269

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Mizner, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des Ing. F L, vertreten durch Dr. Johannes Riedl und Dr. Gerold Ludwig, Rechtsanwälte in Stadt Haag, Höllriglstraße 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 7-1335/95, betreffend Haftung für Abgaben, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der X-GmbH & Co KG, über deren Vermögen am der Konkurs eröffnet wurde.

Mit Bescheid des Finanzamtes vom wurde der Beschwerdeführer als Geschäftsführer gemäß den §§ 9 und 80 BAO zur Haftung für Abgabenschuldigkeiten der KG in der Höhe von 4,914.331 S herangezogen. Dabei handelte es sich um Lohnsteuer 1989 (2,312.516 S) sowie Dienstgeberbeitrag, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag, Umsatzsteuer, Säumniszuschläge, Aussetzungszinsen und Stundungszinsen für verschiedene Zeiträume ab 1989.

In der Berufung gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, die Abgabenschulden der KG, für welche er zur Haftung herangezogen werde, stammten


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abgesehen von der Umsatzsteuer 1993 - aus Feststellungen anläßlich abgabenbehördlicher Prüfungen und stünden in Zusammenhang mit der Rechtsfrage der steuerlichen Behandlung von an Dienstnehmer gezahlten Tagesgeldern. Während der Beschwerdeführer die Auffassung vertreten habe, es lägen Diäten iSd § 26 EStG vor, sei das Finanzamt von steuerpflichtigen Bezügen ausgegangen. Die Rechtsfrage sei seinerzeit von der KG
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für die Jahre bis 1984 - an den Verwaltungsgerichtshof herangetragen worden, der ihr mit Erkenntnis vom , 90/13/0206, teilweise Recht gegeben habe. Hinsichtlich der Prüfungsfestellungen für spätere Zeiträume habe die Gesellschaft Berufung erhoben; diese sei mit Berufungsvorentscheidung vom abgewiesen worden. In der Folge sei am der Vorlageantrag gestellt worden. Es sei jeweils die Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO beantragt und auch bewilligt worden, woraus geschlossen werden könne, daß die Behörde der Berufung Erfolgsaussichten zugebilligt habe. Nach der Rechtsauffassung des Finanzamtes seien die Tagesgelder lohnsteuerpflichtig, unterlägen dem Dienstgeberbeitrag und dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag und berechtigten nicht zur Herausrechnung und Geltendmachung von Vorsteuern. Diese Rechtsauffassung habe zu einem eklatanten Abgabenrückstand geführt. Der Beschwerdeführer habe kein schuldhaftes Verhalten gesetzt.

In der Berufungsvorentscheidung vom verwies das Finanzamt ua darauf, daß die Berufung der KG betreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag betreffend die Jahre 1989 und 1991 mit Berufungsentscheidung vom als unbegründet abgewiesen und gegen diese Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht eingebracht worden sei.

Im Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz führte der Beschwerdeführer aus, er sei vom Masseverwalter nicht über das Ergehen einer Berufungsentscheidung betreffend die Lohnabgaben informiert worden. Darin liege der Grund für das Unterbleiben einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung dahingehend Folge, daß sie den Haftungsbetrag auf 3,982.627,10 S reduzierte, weil sie einerseits die bezahlte Konkursquote von ca. 7 % in Anrechnung brachte und andererseits die Umsatzsteuer für Oktober 1993 im Hinblick auf den Eintritt der Fälligkeit erst nach Konkurseröffnung aus dem Haftungsbetrag ausschied. Im übrigen konnte sich die belangte Behörde der Auffassung des Beschwerdeführers nicht anschließen.

In der Entscheidungsbegründung wird ausgeführt: Es stehe außer Streit, daß die Abgabenschulden bei der Primärschuldnerin nicht mehr eingebracht werden könnten. Es wäre daher Sache des Beschwerdeführers als Geschäftsführer gewesen darzutun, weshalb er nicht für die Entrichtung der Abgaben durch die Gesellschaft habe Sorge tragen können. Ein Verschulden am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft sei nicht Voraussetzung für die Haftung nach § 9 BAO. Soweit der Beschwerdeführer auf die von ihm vertretene Rechtsauffassung zu den Lohnabgaben und zur Umsatzsteuer verweise, zeige er damit ein Fehlen der finanziellen Mittel für die Abgabenentrichtung nicht auf. Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenvorschreibung könnten im übrigen nicht im Haftungsverfahren erhoben werden. Hinsichtlich der Lohnabgaben sei bereits eine abweisende Berufungsentscheidung ergangen. Der Beschwerdeführer habe sohin keine geeigneten Gründe vorgebracht, die gegen eine schuldhafte Pflichtverletzung sprechen würden. Da die Pflichtverletzung auch die Ursache für die Uneinbringlichkeit der Abgaben sei, seien die Voraussetzungen für die Haftung nach § 9 BAO erfüllt.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer bringt vor, die Nichtentrichtung der haftungsrelevanten Abgaben habe ihre Ursache darin, daß es zur Eröffnung des Konkursverfahrens gekommen sei und er daher nicht mehr über die Mittel der KG habe disponieren dürfen. Die Einhebung der haftungsgegenständlichen Abgaben sei gemäß § 212a BAO ausgesetzt gewesen, sodaß sie nicht "fällig" gewesen seien. In der Nichtentrichtung liege daher keine schuldhafte Pflichtverletzung des Beschwerdeführers. Soweit die belangte Behörde auf die Entrichtung der Abgaben im Zeitpunkt ihrer Entstehung verweise, werde dem entgegengehalten, der Beschwerdeführer habe sich jedenfalls im Zeitpunkt der Auszahlung der Reisekosten und Diäten bezüglich der Rechtmäßigkeit seines Handelns sicher fühlen können, zumal diese zumindest teilweise im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 90/13/0206, bestätigt worden sei.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 9 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co KG zum Kreis der in § 80 BAO genannten Vertreter zählt, der für Abgaben der KG zur Haftung gemäß § 9 BAO herangezogen werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 89/17/0089). Unbestritten ist weiters, daß die Abgaben, für die der Beschwerdeführer haftbar gemacht wurde, bei der durch ihn vertretenen Abgabepflichtigen nicht einbringlich sind.

Zu den abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters gehört es, dafür zu sorgen, daß die Abgaben entrichtet werden. Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob den Vertreter diese Pflicht getroffen hat, bestimmt sich danach, wann die Abgabe nach den abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wäre. Bei Selbstbemessungsabgaben ist maßgebend, wann die Abgabe bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wäre (vgl. Ritz, BAO-Kommentar, § 9 Tz 6). Solcherart zeigt der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen, gegen die Bescheide, die nach abgabenbehördlichen Prüfungen erlassen worden sind und aus denen sich Nachforderungen an Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag sowie Umsatzsteuer ergeben haben, habe die KG berufen sowie Aussetzung der Einhebung beantragt und bewilligt erhalten, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die Verpflichtung zur Entrichtung der genannten Abgaben ist nämlich bereits vor Bescheiderlassung ex lege eingetreten.

In diesem Zusammenhang wendet der Beschwerdeführer ein, die Entrichtung der entsprechenden Teile der Selbstberechnungsabgaben habe er unterlassen, weil er die Rechtsansicht vertreten habe, die an die Dienstnehmer ausgezahlten Tagesgelder seien nicht steuerbar iSd § 26 Z. 7 EStG 1972 und würden zum Vorsteuerabzug berechtigen. Der Beschwerdeführer verweist in diesem Zusammenhang auf zwei an die KG ergangene, den Zeitraum 1981 bis 1984 betreffende Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes. Es handelt sich dabei um die Erkenntnisse vom , 90/13/0206, und 90/13/0197. Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Wenn Abgaben gegenüber dem Primärschuldner bescheidmäßig festgesetzt sind und der zur Haftung Herangezogene sohin gemäß § 248 BAO gegen den Bescheid betreffend den Abgabenanspruch Berufung erheben kann, können im Verfahren über die Geltendmachung der Haftung Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgaben nicht mit Erfolg erhoben werden. Gleichwohl ist es aber unter dem Aspekt des dem Beschwerdeführer vorzuwerfenden Verschuldens an der Verletzung der Vertreterpflichten beachtlich, wenn er aufgrund eines Rechtsirrtums die Entrichtung der Abgaben unterlassen hat und ihm ausnahmsweise ein solcher Rechtsirrtum nicht vorzuwerfen wäre. Daß ein derartiger, nicht vorwerfbarer Rechtsirrtum vorgelegen wäre, wird aber mit dem bloßen Hinweis auf eine andere Rechtsmeinung des Beschwerdeführers in keiner Weise dargetan.

Gemäß § 7 Abs. 2 BAO erstreckt sich die persönliche Haftung auch auf Nebenansprüche iSd § 3 Abs. 1 und 2 BAO.

Stundungszinsen, Aussetzungszinsen und Säumniszuschläge zählen gemäß § 3 Abs. 2 lit. d BAO zu den Nebengebühren. Auch hinsichtlich dieser Abgaben erweist sich sohin die Haftungsinanspruchnahme als frei von Rechtsirrtum.

Der Beschwerdeführer wurde sohin durch den angefochtenen Bescheid nicht in subjektiven Rechten verletzt. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.