VwGH vom 21.12.1999, 96/14/0123

VwGH vom 21.12.1999, 96/14/0123

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des A B in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in Wien I, Franz-Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat Ia) vom , Zl. GA 15-96/1013/06, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1993, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist hauptberuflich als Lehrer an einer höheren technischen Bundeslehranstalt tätig. In seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 1993 machte der Beschwerdeführer Aufwendungen im Zusammenhang mit der Operation seiner Gaumen-Kieferspalte in Höhe von S 67.219,26 als Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Die Operation sei für die Weiterausübung seiner unterrichtenden Tätigkeit unumgänglich nötig gewesen. Er habe auf Grund einer Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte im Jahre 1991 seine beiden (einzigen) vorderen Schneidezähne im Oberkiefer verloren. Diese beiden Zähne hätte es ihm jahrzehntelang ermöglicht, eine Zahnprothese zu tragen, sodass sein angeborener Defekt nicht in Erscheinung getreten sei. Durch den Verlust dieser Zähne sei er vor der Wahl gestanden, entweder den Beruf als Lehrer aufzugeben oder durch entsprechende aufwendige und schwierige Kieferoperationen seine korrekte Aussprache zu retten und damit weiterhin der unterrichtenden Tätigkeit nachgehen zu können. Ein - für andere Berufe ausreichendes - verständliches Sprechen wäre auch mit einer kostengünstigeren Operation mit nachfolgender Zahnsanierung zu erreichen gewesen. Mit der Ausübung eines Lehrberufes sei eine Sprachbehinderung jedoch unvereinbar. Die Verwendung einer herkömmlichen Gaumenplatte wäre überdies durch die berufliche Überbeanspruchung des Sprechapparates nicht zweckmäßig gewesen, da sich die Zähne im hinteren Bereich möglicherweise nach wenigen Jahren gelockert hätten.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid versagte die belangte Behörde den geltend gemachten Aufwendungen die Anerkennung als Werbungskosten gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988. Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden:

Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

In ständiger Rechtsprechung folgert der Verwaltungsgerichtshof daraus: Soweit sich Aufwendungen für die Lebensführung und Aufwendungen beruflicher Natur nicht einwandfrei trennen lassen, ist entsprechend dem "Aufteilungsverbot" der gesamte Betrag nicht abzugsfähig (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 94/13/0142).

Die belangte Behörde hat zu Recht darauf hingewiesen, dass Krankheitskosten nur dann als Werbungskosten absetzbar sind, wenn es sich um eine typische Berufskrankheit handelt oder der Zusammenhang zwischen der Erkrankung und dem Beruf eindeutig feststeht (vgl. das schon angeführte Erkenntnis vom , mwN). Der Beschwerdeführer bringt dagegen vor, bei den strittigen Behandlungskosten handle es sich nicht um typische Krankheitskosten, sondern um Aufwendungen im Zusammenhang mit einer angeborenen Behinderung. Dies rechtfertige eine unterschiedliche Beurteilung.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Auffassung nicht. Angeborene Behinderungen stehen nicht anders als im Laufe des Lebens auftretende Krankheiten oftmals der Erzielung von Einkünften entgegen oder erschweren die Einkunftserzielung, sodass Aufwendungen zu deren Beseitigung grundsätzlich (auch) der Erhaltung von Einnahmen im Sinne des § 16 Abs. 1 EStG 1988 dienen können. Soweit aber ein Zusammenhang mit der Lebensführung zu bejahen ist, kommt eine Berücksichtigung auf Grund der Bestimmung des § 20 EStG nicht in Betracht. Dem Umstand, dass behinderte Menschen oftmals in ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt sind, trägt der Steuergesetzgeber mit den Regelungen über die außergewöhnliche Belastung gemäß §§ 34 und 35 EStG Rechnung. Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde die strittigen Aufwendungen dem Grunde nach auch anerkannt, jedoch überstiegen die Aufwendungen nicht den vom Abgabepflichtigen zu tragenden Selbstbehalt.

Es mag zutreffen, dass der Beschwerdeführer für seinen privaten Lebensbereich die billigere Behandlungsvariante gewählt hätte, doch kommt eine einwandfreie Aussprache - bei der billigeren Variante wären dem Beschwerdevorbringen zufolge Sprechbehinderungen zu erwarten gewesen - zweifellos sämtlichen Lebensbereichen zugute. Bei dieser Rechtslage bedurfte es daher keiner Feststellung, ob sich der Beschwerdeführer ohne berufliche Notwendigkeit mit der kostengünstigeren Behandlungsart begnügt hätte.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am