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VwGH vom 28.05.1997, 96/13/0132

VwGH vom 28.05.1997, 96/13/0132

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des W in D, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 8 - 2103/96, betreffend Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Kalenderjahr 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Beamter der Staatsanwaltschaft E mit dem Dienstort O. Er hat als Anklagevertreter im bezirksgerichtlichen Verfahren auch Dienst beim Bezirksgericht X und vertretungsweise für die Dauer von Urlauben, Krankenständen und Dienstfreistellungen von Kollegen auch Dienst an anderen Bezirksgerichten des Burgenlandes zu versehen und dabei in seiner Funktion als öffentlicher Ankläger auch an Ortsaugenscheinsverhandlungen im gesamten Gebiet des Burgenlandes teilzunehmen. In seiner Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Kalenderjahr 1995 legte der Beschwerdeführer eine Aufstellung über die im Jahre 1995 stattgefundenen dienstlichen Reisebewegungen vor und machte Tagesgeldbeträge als Werbungskosten geltend.

Das Finanzamt verweigerte die Anerkennung dieser Werbungskosten im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1995 mit der Begründung, daß angesichts der immer wiederkehrenden Reiseziele des Beschwerdeführers vom Anfall eines erhöhten Verpflegungsmehraufwandes nicht auszugehen sei, weil unterstellt werden müsse, daß dem Beschwerdeführer die günstigen Verpflegungsmöglichkeiten bekannt gewesen seien.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung bestritt der Beschwerdeführer diesen Umstand mit dem Vorbringen, daß es ihm weder zumutbar noch möglich sei, sämtliche billigen Gaststätten im Burgenland zu kennen, was auch in Anbetracht der Gebundenheit des Beschwerdeführers an die ihm vorgegebenen Verhandlungstermine nicht möglich sei. Es koste ein Mittagsmenü schon in einem durchschnittlichen Lokal inklusive Getränk etwa S 100,--; auf Grund seiner gesundheitlichen Situation sei der Beschwerdeführer gezwungen, Speisen zu sich zu nehmen, die nicht als "billiges" Menü angeboten würden. Auch sei es dem Beschwerdeführer gesundheitlich nicht zuzumuten, sich ständig von heißem Leberkäse zu ernähren. Er müsse daher weitaus mehr für seine Verpflegung aufwenden.

Das Finanzamt wies mit seiner Berufungsvorentscheidung vom die Berufung des Beschwerdeführers unter Wiederholung der schon dem Einkommensteuerbescheid beigegebenen Begründung ab; nachdem der Beschwerdeführer die Entscheidung über seine Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragt hatte, wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid die Berufung des Beschwerdeführers ebenso als unbegründet ab und verwies auf die vom Finanzamt für seine Entscheidung gegebene Begründung, welcher sie sich anschloß.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit der Erklärung begehrt, sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Anerkennung der geltend gemachten Reisekosten als Werbungskosten als verletzt anzusehen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit dem Begriff der "Reise" im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG 1988 hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits in einer Vielzahl von Erkenntnissen auseinandergesetzt und in diesen daran festgehalten, daß der Aufenthalt an einem Ort, der als Mittelpunkt der Tätigkeit des Steuerpflichtigen angesehen werden muß, keine Reise darstellt, wobei zu einem (weiteren) Mittelpunkt der Tätigkeit ein Ort auf Grund längeren Aufenthaltes des Steuerpflichtigen wird. Die Rechtfertigung der Annahme solcher Werbungskosten liegt bei kurzfristigen Aufenthalten überhaupt nur in dem bei derartigen Reisebewegungen in typisierender Betrachtungsweise angenommenen Verpflegungsmehraufwand gegenüber den ansonsten am jeweiligen Aufenthaltsort anfallenden und gemäß § 20 EStG 1988 nicht abzugsfähigen (üblichen) Verpflegungsaufwendungen. Bei längeren Aufenthalten ist in der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise von der Möglichkeit der Inanspruchnahme solcher Verpflegungsmöglichkeiten auszugehen, deren Aufwendungen als Teil der Kosten der Lebensführung grundsätzlich nicht abzugsfähig sind. Auch die mit Unterbrechungen ausgeübte Beschäftigung an einem Ort begründet dessen Eignung zu einem weiteren Mittelpunkt der Tätigkeit, sofern die Dauer einer solchen wiederkehrenden Beschäftigung am selben Ort insgesamt ein Ausmaß erreicht, welches zum Wegfall der Voraussetzungen des in typisierender Betrachtungsweise unterstellten Verpflegungsmehraufwandes aus den gleichen Überlegungen zu führen hat, wie sie bei einer nicht unterbrochenen Aufenthaltsdauer an einem Beschäftigungsort nach Verstreichen eines typisiert als angemessen zu beurteilenden Zeitraumes Platz zu greifen haben (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 94/13/0253, 0254, vom , 94/13/0101, vom , 93/13/0013, und vom , 96/15/0097).

Vor dem Hintergrund dieser in der verwaltungsgerichtlichen Judikatur erarbeiteten Grundsätze haftet dem angefochtenen Bescheid die vom Beschwerdeführer gerügte Rechtswidrigkeit nicht an. Zutreffend hat die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer vorgelegte Aufstellung seiner Reisebewegungen in Anbetracht der darin aufscheinenden Häufigkeit der Wiederkehr an die gleichen Orte dahin beurteilt, daß in der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise von der Kenntnis des Beschwerdeführers von den Verpflegungsmöglichkeiten an diesen Orten ausgegangen werden müsse. Für die vom Beschwerdeführer aufgezeigte Teilnahme an Ortsaugenscheinsverhandlungen kann deswegen nichts anderes gelten, weil für solche innerhalb des Sprengels des jeweiligen Bezirksgerichtes durchzuführende Amtshandlungen von einer vergleichbaren Vertrautheit mit den örtlichen Gegebenheiten im betrauten Sprengel auszugehen ist. Auf die durch fallweisen Termindruck im Einzelfall möglichen Besonderheiten Bedacht zu nehmen, verbietet die durch die gesetzliche Regelung gebotene typisierende Betrachtungsweise (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom , 94/13/0253, 0254). Daß der durch Ortsaugenscheinsverhandlungen allenfalls bewirkte Mehraufwand den Pauschbetrag des § 16 Abs. 3 EStG 1988 überschritten hätte, kann im Beschwerdefall zudem den vom Beschwerdeführer vorgelegten Aufzeichnungen nicht entnommen werden. Ausgehend von der hier gebotenen typisierenden Betrachtungsweise kommt auch der Verfahrensrüge einer unterbliebenen Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Aufzeichnungen des Beschwerdeführers im Beschwerdefall keine Berechtigung zu, weil nicht erkannt werden kann, weshalb die belangte Behörde diesfalls zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, was der Gerichtshof zufolge Klarstellung der Rechtsfrage durch die bisherige Rechtsprechung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat beschlossen hat.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.