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VwGH vom 22.12.2005, 2002/15/0079

VwGH vom 22.12.2005, 2002/15/0079

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz, LL.M., über die Beschwerde der S GmbH in A, vertreten durch Dr. Manfred Ammann, Rechtsanwalt in 6830 Rankweil, Bahnhofstraße 25, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg (Berufungssenat), vom , GZ. RV 1536/1-V6/01, betreffend Körperschaftsteuer 1999, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.171,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Geschäftsgegenstand der beschwerdeführenden GmbH ist der Kaminbau. In ihrer Körperschaftsteuererklärung 1999 beantragte sie die Berücksichtigung eines Verlustabzuges als Sonderausgabe in Höhe von 218.825 S.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Körperschaftsteuer für 1999 fest, berücksichtigte den geltend gemachten Verlustabzug jedoch nicht und begründete dies damit, dass im Dezember 1998 ein "GmbH-Mantel" gekauft worden sei. Der Verlust des Jahres 1998 sei deshalb nicht auf die Folgejahre vortragbar.

Dagegen berief die Beschwerdeführerin. Es handle sich nicht um einen typischen Mantelkauf. "Die Firma N. GmbH, die im Jahre 1998 in die Firma S. GmbH umbenannt" worden sei, habe bis 1997 immer Gewinne erzielt. Nur im Jahr des Mantelkaufes (1998) sei ein Verlust entstanden. Es seien 1998 keine Verlustabzüge vorhanden gewesen. Im Verlust 1998 seien Aufwände vorhanden, welche die neue Geschäftsführung nach der Strukturänderung beträfen, wie zB für Notariatskosten, Firmenänderung, Pensionsversicherungsbeiträge des neuen Geschäftsführers usw. Sowohl verfahrensrechtlich als auch handelsrechtlich und buchhalterisch sei eine Trennung in einen Gewinn/Verlust vor und einen Gewinn/Verlust nach dem Mantelkauf nicht möglich. Das Jahr 1998 sei steuerrechtlich als Einheit zu sehen und einheitlich der neuen Geschäftsführung und Gesellschafterstruktur zuzuordnen.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab. Es seien Verluste der Vorjahre und ein Verlust des Mantelkaufjahres selbst in den Folgejahren nicht mehr vortragbar.

Die Beschwerdeführerin stellte einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Eine Auslegung der Mantelkaufbestimmung wonach Verluste, die im Jahre der Strukturänderung nach dem Mantelkauf anfallen, nie steuerwirksam würden, sei exzessiv und widerspreche der Mantelkaufbestimmung, die nur Verluste "der alten Struktur treffen" solle.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Die Erfüllung des Mantelkauftatbestandes des § 8 Abs. 4 Z 2 KStG 1988 bewirke den Untergang des Verlustvortragsrechtes bei einer gesamthaften wesentlichen Änderung der Strukturen der Körperschaft. Der Tatbestand des Mantelkaufes sei mit dem Vertrag vom , womit die früheren Gesellschafter ihre Gesellschaftsanteile dem A.L. abgetreten hatten, mit der Bestellung des A.L. als Geschäftsführer, mit dem Ausscheiden sämtlicher Wirtschaftsgüter der (früheren) N. GmbH und mit dem Einstellen des Geschäftszweiges "Betriebsorganisation und Betriebsberatung" und der Neuaufnahme der Kaminbautechnik unzweifelhaft erfüllt. Das negative Ergebnis des Jahres des Mantelkaufes (1998) könne nicht als im Jahr 1999 abziehbar behandelt werden. Die Bestimmung des § 8 Abs. 4 Z 2 KStG 1988 sehe vor, dass der Verlustabzug ab jenem Zeitpunkt nicht mehr zustehe, ab dem die Identität des Steuerpflichtigen nicht mehr gegeben sei. Nach dem Willen des Gesetzgebers dürfe es zwischen dem Zeitpunkt des Entstehens eines Verlustes und dem Verlustabzug zu keinem Verlust der wirtschaftlichen Identität der Körperschaft durch einen Mantelkauf gekommen sein. Ziel der Bestimmung sei es, Verlustabzüge nicht zum Gegenstand rechtsgeschäftlicher Verfügungen zu machen. Gerade dies treffe aber im Beschwerdefall zu. Der Verlust des Jahres 1998 sei - von geringfügiger Höhe abgesehen - als ein Verlust vor der Strukturänderung zu werten. Die Versagung des Verlustabzugs sei wirtschaftlich begründet und entspreche dem Willen des Gesetzgebers. Im näher zitierten Schrifttum werde im Falle eines Mantelkaufes innerhalb eines Wirtschaftsjahres sowohl der Verlust der Vorjahre als auch der Verlust des Mantelkaufjahres selbst als in den Folgejahren nicht mehr vortragbar angesehen. Im Wirtschaftsjahr der Strukturänderung sei der Teil des Jahresergebnisses bis zur Strukturänderung mit dem restlichen Jahresergebnis ab dem Zeitpunkt der Strukturänderung aufzurechnen. Ein verbleibender Verlust unterliege so wie im Beschwerdefall der Verlustabzugsbeschränkung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 8 Abs. 4 KStG 1988 lautet:

"(4) Folgende Ausgaben sind bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellen:


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1.
.....
2.
Der Verlustabzug im Sinne des § 18 Abs. 6 und 7 des Einkommensteuergesetzes 1988. Der Verlustabzug steht ab jenem Zeitpunkt nicht mehr zu, ab dem die Identität des Steuerpflichtigen infolge einer wesentlichen Änderung der organisatorischen und wirtschaftlichen Struktur im Zusammenhang mit einer wesentlichen Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage nach dem Gesamtbild der Verhältnisse wirtschaftlich nicht mehr gegeben ist (Mantelkauf). Dies gilt nicht, wenn diese Änderungen zum Zwecke der Sanierung des Steuerpflichtigen mit dem Ziel der Erhaltung eines wesentlichen Teiles betrieblicher Arbeitsplätze erfolgen. Verluste sind jedenfalls insoweit abzugsfähig, als infolge der Änderung der wirtschaftlichen Struktur bis zum Ende des Wirtschaftsjahres der Änderung stille Reserven steuerwirksam aufgedeckt werden."

"(6) Als Sonderausgaben sind auch Verluste abzuziehen, die in einem vorangegangenen Jahr entstanden sind (Verlustabzug). Dies gilt nur,


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
wenn die Verluste durch ordnungsmäßige Buchführung ermittelt worden sind und
-
soweit die Verluste nicht bereits bei der Veranlagung für die vorangegangenen Kalenderjahre berücksichtigt wurden.
Die Höhe des Verlustes ist nach den §§ 4 bis 14 zu ermitteln."
Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass der Tatbestand des so genannten Mantelkaufes iSd § 8 Abs. 4 KStG 1988 im Jahr 1998 verwirklicht wurde.
Die belangte Behörde geht davon aus, dass vom Verlustabzugsverbot des § 8 Abs. 4 Z 2 KStG 1988 auch jener Verlust (zur Gänze) erfasst sei, der im Jahr der Verwirklichung des Mantelkaufes entstanden ist. Die Beschwerdeführerin vertritt demgegenüber die Auffassung, dass vom Verlustabzugsverbot nur Verluste der dem Jahr des Mantelkaufes vorangegangenen Jahre betroffen seien.
Das EStG 1988 versteht unter dem Verlustabzug den Abzug der "Verluste, die in einem vorangegangenen Jahr entstanden sind". Ab dem Zeitpunkt des Wechsels der Identität des Steuerpflichtigen steht nach § 8 Abs. 4 Z 2 KStG 1988 der Verlustabzug nicht mehr zu. Zu diesem Zeitpunkt bereits entstandene Verluste führen nicht mehr zum Verlustabzug. Die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes des Mantelkaufes bringt somit die Rechtsfolge des Unterganges des Verlustvortragsrechtes mit sich. Voraussetzung für die Versagung des Verlustabzuges ist, dass es zwischen dem Zeitpunkt des Entstehens eines Verlustes und dem Zeitpunkt des Verlustabzuges zu einem Wechsel der wirtschaftlichen Identität der Körperschaft gekommen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2001/14/0135, sowie Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, KStG 1988 I, Tz 68.4 zu § 8, und Quantschnigg, Der Verlustabzug im KStG 1988, ÖStZ 1989, 40). Verluste aus den Jahren vor dem Jahr des Mantelkaufes unterliegen demnach - von der hier nicht interessierenden Ausnahme des § 8 Abs. 4 Z 2 letzter Satz KStG 1988 abgesehen - jedenfalls dem Verlustabzugsverbot. Verluste aus den Jahren nach dem Jahr des Mantelkaufes sind von diesem Verbot nicht (mehr) erfasst.
Das von der belangten Behörde herangezogene Schrifttum (Quantschnigg, aaO, 40, sowie Bauer/Quantschnigg, aaO, Tz 68.4.1 zu § 8) steht auf dem Standpunkt, dass im Wirtschaftsjahr der Strukturänderung der Teil eines (negativen) Jahresergebnisses bis zur Strukturänderung mit dem restlichen Jahresergebnis ab dem Zeitpunkt der Strukturänderung aufzurechnen ist und dass erst dann eine Aufrechnung erfolgt, wenn bei einer Veranlagung mehrere Wirtschaftsjahre zusammenzufassen sind.
Wiesner/Schneider/Spanbauer/Kohler, KStG 1988, Anm. 49 zu § 8, vertreten die Ansicht, dass sich die Wirkung der Bestimmung über den Mantelkauf auf den Wegfall des Verlustabzuges beschränke und die Verluste der Vorjahre ab dem Mantelkaufjahr sowie ein Verlust des Mantelkaufjahres selbst in den Folgejahren nicht mehr vortragbar sei, begründen dies jedoch nicht näher.
Die oben angeführten Literaturstellen zeigen zutreffend auf, dass im Falle eines während des Jahres verwirklichten Manteltatbestandes bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Jahreskörperschaftsteuer die bis zur Strukturänderung angefallenen (Teil)Verluste verrechnet werden mit allfälligen im restlichen Zeitraum dieses Jahres erwirtschafteten (Teil)Gewinnen. Aus dieser Entscheidung des Gesetzgebers, die im laufenden Jahr bis zum Zeitpunkt der Strukturänderung angefallenen Verluste zur Verwertung zuzulassen, ist abzuleiten, dass die in Rede stehende Regelung nur jene Verluste betrifft, die vor dem Jahr der Strukturänderung angefallen sind. Lässt der Gesetzgeber Verluste, die im Mantelkaufjahr bis zum Zeitpunkt der Strukturänderung entstanden sind, zum Ausgleich zu, wäre es unsachlich, eben diese Verluste im Folgejahr vom Verlustabzug auszuschließen.
Vor diesem Hintergrund ist der Regelung des § 8 Abs. 4 Z. 2 KStG 1988 die Bedeutung beizumessen, dass sie lediglich hinsichtlich jener Verluste eine Einschränkung normiert, die im Zeitpunkt, in dem der Manteltatbestand letztlich verwirklicht ist, bereits Verluste aus einem "vorangegangenen Jahr" iSd § 18 Abs. 6 EStG, also potenzielle Verlustvorträge darstellen.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren betrifft den geltend gemachten Schriftsatzaufwand für die von der beschwerdeführenden GmbH erstattete Gegenäußerung zur Gegenschrift der belangten Behörde. Schriftsatzaufwand ist dem Beschwerdeführer gemäß § 48 Abs. 1 Z 2 VwGG lediglich für den Aufwand zuzusprechen, der mit der Einbringung der Beschwerde selbst verbunden ist (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 686, zitierte Rechtsprechung).
Wien, am