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VwGH vom 28.01.2003, 2002/14/0139

VwGH vom 28.01.2003, 2002/14/0139

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des R B in S, vertreten durch Dr. Günter Geusau, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Kaiser-Josef-Platz 49, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom , GZ. RV1477/1-6/2002, betreffend Einkommensteuer 1998 bis 2000, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde im Instanzenzug dem Antrag des Beschwerdeführers auf "Steuerfreistellung ausgleichsbedingter Schuldnachlässe" im Rahmen der Festsetzung der Einkommensteuer für die Jahre 1998 bis 2000 keine Folge. Begründend wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, durch das StruktAnpG 1996, BGBl. Nr. 201, sei ab dem Jahr 1998 die bisherige in § 36 EStG 1988 vorgesehene Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne entfallen. In Fällen eines Zwangsausgleichs würden die Finanzämter "nach der Verwaltungspraxis gemäß § 206 lit. b BAO" von der Festsetzung von aus Sanierungsgewinnen entstehender Einkommensteuer insoweit Abstand nehmen, als die Abgabenansprüche durch Erfüllung der Ausgleichsquote entstanden seien und den der Ausgleichsquote entsprechenden Betrag übersteigen. Voraussetzung dafür sei das Vorliegen jener Merkmale, die auch § 36 EStG 1988 bis 1997 für die Steuerfreiheit der Sanierungsgewinne (Sanierungsbedürftigkeit, Sanierungsabsicht, Sanierungseignung) verlangt habe. Im Beschwerdefall fehle es am Merkmal der Sanierungsfähigkeit des Betriebes des Beschwerdeführers. Zum bestehe ein Abgabenrückstand in Höhe von 117.140 EUR, der mit dem für das Jahr 2001 verzeichneten Gewinn von ca. 150.000 S auch nicht nennenswert abgebaut werden könne. Die belangte Behörde gehe daher davon aus, dass der strittige Schuldnachlass zu keiner nachhaltigen Sanierung des Betriebes geführt habe. Überdies liege im Beschwerdefall kein Fall eines Zwangsausgleichs, sondern lediglich ein gerichtlicher Ausgleich vor, sodass im Falle der Abstandnahme von der Abgabenfestsetzung auch darauf Bedacht zu nehmen sei, ob sich die zur Sanierungsbedürftigkeit führenden Verluste in Vorjahren nicht ohnedies bereits steuerlich ausgewirkt hätten. Dies treffe gegenständlich zu. Insgesamt sei die durch Verlustabzüge in den Jahren 1994 und 1995 erzielte Steuerersparnis - wie näher dargestellt - höher als die in den Jahren 1999 und 2000 anfallende Einkommensteuer. Im Jahr 1998 habe der Ansatz des Sanierungsgewinnes zu keinen steuerlichen Auswirkungen geführt.

Durch den angefochtenen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Steuerfreiheit des Sanierungsgewinnes für die Jahre 1999 und 2000 verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 36 EStG 1988 waren bei der Ermittlung des Einkommens jene Einkommensteile auszuscheiden, die durch Vermehrungen des Betriebsvermögens infolge eines gänzlichen oder teilweisen Erlasses von Schulden zum Zwecke der Sanierung entstanden sind. Mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201, ist § 36 EStG 1988 mit Wirkung ab der Veranlagung für das Jahr 1998 entfallen. Ab 1998 sind Sanierungsgewinne daher wie laufende Gewinne zu behandeln und dem Tarif zu unterwerfen.

Mit Erlass vom , GZ. 14 0206/1-IV/14/99 (nunmehr eingearbeitet in die Einkommensteuerrichtlinien 2000), hat das BM für Finanzen unter Berufung auf § 206 lit. b BAO angeordnet, dass von der Festsetzung von aus Sanierungsgewinnen entstehender Einkommensteuer insoweit Abstand zu nehmen ist, als die Abgabenansprüche durch die (sukzessive) Erfüllung der Ausgleichsquote nach Abschluss eines Zwangsausgleichs entstanden sind und den der Ausgleichsquote entsprechenden Betrag übersteigen. Voraussetzung für eine derartige Maßnahme sei, dass "abstrakt" die Voraussetzungen für einen Sanierungsgewinn im Sinne des § 36 EStG 1988 idF vor BGBl. Nr. 201/1996 vorliegen. Zur Begründung wird im genannten Erlass ausgeführt, nach Wegfall der Bestimmung des § 36 EStG 1988 habe sich in der Praxis gezeigt, dass die volle Durchsetzbarkeit des auf Sanierungsgewinne entfallenden Abgabenanspruches - insbesondere in Fällen eines Zwangsausgleichs - nicht gegeben sei. In diesem Erlass werden die Finanzlandesdirektionen weiters "eingeladen", in Sanierungsfällen außerhalb eines Zwangsausgleichs die Finanzämter in Einzelfällen gemäß § 206 BAO anzuweisen, von der Abgabenfestsetzung in einer dem Erlass vergleichbaren Weise Abstand zu nehmen und bei derartigen Anweisungen darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit die Sanierungsbedürftigkeit auf unangemessen hohe Entnahmen zurückzuführen ist bzw. inwieweit sich die zur Sanierungsbedürftigkeit führenden Verluste bereits steuerlich ausgewirkt hätten.

Mit "Änderungserlass 2001" vom , GZ. 06 0104/11-IV/6/01, (die "Änderung" bezieht sich auf im Einzelnen genannte Randziffern der Einkommensteuerrichtlinien 2000, Erlass des BM für Finanzen vom , GZ. 06 0104/9-IV/6/00) wurden Fälle eines gerichtlichen Ausgleichs in die an die Finanzämter gemäß § 206 lit. b BAO ergangene Weisung des BM für Finanzen auf Nichtfestsetzung der Einkommensteuer in Sanierungsfällen einbezogen.

§ 206 lit. b BAO lautet:

"Die Oberbehörden sind ermächtigt, in Ausübung des Aufsichtsrechtes die nachgeordneten Abgabenbehörden anzuweisen, von der Festsetzung bestimmter Abgaben ganz oder teilweise Abstand

zu nehmen, ... wenn im Einzelfall auf Grund der der Abgabenbehörde

zur Verfügung stehenden Unterlagen und der durchgeführten Erhebungen mit Bestimmtheit anzunehmen ist, dass der Abgabenanspruch nicht durchsetzbar sein wird;"

Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde habe zu Unrecht das Vorliegen einer Sanierungseignung des Schuldnachlasses (Sanierungserfolg) gefordert. Die Bestimmung des § 206 lit. b BAO habe nämlich zur Voraussetzung, dass im Einzelfall auf Grund der der Abgabenbehörde zur Verfügung stehenden Unterlagen und Erhebungen anzunehmen ist, dass der Abgabenanspruch nicht durchsetzbar sein wird. Im Falle eines Sanierungserfolges würde aber von einer Durchsetzbarkeit des Abgabenanspruches auszugehen sein und § 206 lit. b BAO gar nicht zur Anwendung gelangen können. Im Übrigen sei im vorliegenden Fall ohnedies die Sanierungseignung des Schuldnachlasses gegeben. Es sei mit einer wirtschaftlichen Gesundung des Unternehmens zu rechnen. Die belangte Behörde habe es unterlassen, diesbezügliche Erhebungen anzustellen und somit auch Verfahrensvorschriften verletzt. Der angefochtene Bescheid stünde "im krassen Gegensatz zur Absicht des Gesetzgebers, welcher nach Streichung des § 36 EStG durch die Erlassregelung die Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne wieder eingeführt hat".

Eine Verletzung subjektiver Rechte des Beschwerdeführers wird mit diesem Vorbringen nicht aufgezeigt. Ob die eingangs angeführten Erlässe des Bundesministeriums für Finanzen mit § 206 BAO in Einklang stehen oder - wie der Beschwerdeführer meint - die Sanierungseignung des Schuldnachlasses nicht verlangt werden dürfe, kann ebenso dahin gestellt bleiben wie der an die belangte Behörde gerichtete Vorwurf, sie habe zu Unrecht die Sanierungseignung des gegenständlichen Schuldnachlasses verneint. Nach ständiger Rechsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vermögen Erlässe der Finanzverwaltung nämlich keine Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen zu begründen (vgl. für viele das Erkenntnis vom , 97/15/0005). Bei den Einkommensteuerrichtlinien 2000, in welche die genannten Erlässe eingearbeitet wurden, handelt es sich mangels Kundmachung im Bundesgesetzblatt um keine für den Verwaltungsgerichtshof beachtliche Rechtsquelle.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer gerügte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Wien, am