VwGH vom 19.01.1994, 93/16/0139
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter im Beisein des Schriftführers Mag.Dr. Wurdinger, über die Beschwerde der
C Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 11-465/93, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Unstrittig ist folgender Sachverhalt:
Die A Gesellschaft m.b.H. & Co KG (im folgenden kurz: KG) war grundbücherliche Eigentümerin der Liegendschaften EZ. 181 und 712 Grundbuch Stadlau. Nachdem per ein Kommanditist aus der KG ausgeschieden war, bestand diese nur mehr aus einem Komplementär und der Beschwerdeführerin als Kommanditistin, die damals noch die Firma C Gesellschaft m.b.H. führte. In der Folge schied auch der Komplementär aus der KG aus und wurde das Gesellschaftsvermögen der KG gemäß § 142 HGB ohne Liquidation auf die Beschwerdeführerin übertragen.
Dazu sind zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Fragen strittig, ob dieser Vorgang einen Erwerbsvorgang gemäß § 1 Abs. 1 GrEStG 1987 darstellt und bejahendenfalls, welche Bemessungsgrundlage heranzuziehen ist.
Die belangte Behörde bejahte in teilweiser Bestätigung des Bescheides des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien vom die Grunderwerbsteuerpflicht gemäß § 1 Abs. 1 Z. 2 GrEStG 1987 und ermittelte als Gegenleistung für den Erwerbsvorgang eine Summe von S 31,443.140,60. In teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides (der noch von einer Gegenleistung in Höhe von S 29,826.633,29 ausgegangen war) setzte die belangte Behörde daher die Grunderwerbsteuer gemäß § 7 Z. 3 leg. cit. mit S 1,100.510,--, das sind 3,5 % der oben genannten Gegenleistung, fest.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, daß für den gegenständlichen gesellschaftsrechtlichen Vorgang keine Grunderwerbsteuer bzw. allenfalls Grunderwerbsteuer in geringerer Höhe zu bezahlen ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 1 GrEStG 1987 lautet auszugsweise:
"§ 1 (1) Der Grunderwerbsteuer unterliegen die folgenden Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen: ...
2. Der Erwerb des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist."
Gemäß § 4 Abs. 1 leg. cit. ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.
Die Berechnung der Steuer vom Werte der Gegenleistung ist Besteuerungsgrundsatz, die Berechnung vom Werte des Grundstückes ist nur in den im § 4 Abs. 2 GrEStG 1987 taxativ aufgezählten Fällen zulässig (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, 3. Teil Grunderwerbsteuergesetz 1987, Rz. 1 zu § 4 GrEStG 1987 und die dort referierte hg. Judikatur).
Schwerpunkt der Beschwerdeargumentation ist die Behauptung, ein gesellschaftsrechtlicher Vorgang gemäß § 142 HGB sei kein Erwerbsvorgang i.S. des § 1 Abs. 1 GrEStG 1987. Die Beschwerdeführerin vertritt in diesem Zusammenhang vor allem die Ansicht, bei Fortführung des Unternehmens gemäß § 142 HGB durch den letzten Gesellschafter "komme es zu keiner Auflösung der Gesellschaft", weil das Gesetz von einer Übernahme "ohne Liquidation" spreche.
Dem ist vorweg entgegenzuhalten, daß der Verwaltungsgerichtshof erst unlängst in seinem Erkenntnis vom , Zl. 92/16/0109 unter ausführlicher Bezugnahme auf die herrschende gesellschaftsrechtliche Judikatur und Lehre ausgesprochen hat, daß eine Geschäftsübernahme gemäß § 142 HGB einerseits die Vollbeendigung der Personengesellschaft bewirkt, deren Geschäft durch den übernehmenden Gesellschafter ohne Liquidation fortgeführt wird, und andererseits den Eintritt des übernehmenden Gesellschafters in alle Rechtspositionen der früheren Gesellschaft kraft Universalsukzession zur Folge hat. Von einem Weiterbestehen der Gesellschaft und damit der bisherigen Eigentumsverhältnisse an den zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Grundstücken - wie dies der Beschwerdeführerin offenbar vorschwebt - kann somit keine Rede sein.
Geschäftsübernahmen gemäß § 142 HGB erfüllen, soferne inländische Grundstücke betroffen sind, aufgrund der eintretenden Universalsukzession, die einen Übergang des bisherigen Gesamthandeigentums in das Alleineigentum des übernehmenden Gesellschafters bewirkt, nach ständiger hg. Judikatur den Erwerbstatbestand gemäß § 1 Abs. 1 Z. 2 GrEStG 1987 (vgl. dazu insbesondere das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/16/0105 und die dort zitierte Vorjudikatur, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird). Von dieser Judikatur abzugehen bietet der Beschwerdefall keinerlei Anlaß, zumal nicht zu ersehen ist, daß der Verwaltungsgerichtshof in der gerade zitierten Entscheidung den Unterschied zwischen Gesamthandeigentum und Quoteneigentum (Miteigentum) verkannt hätte. Die Beschwerdeführerin übersieht in diesem Zusammenhang, daß der Verwaltungsgerichtshof in dem zitierten Erkenntnis einen Erwerbsvorgang gemäß § 1 Abs. 1 Z. 2 GrEStG 1987 ausdrücklich deshalb als verwirklicht annahm, weil durch die Geschäftsübernahme das bisherige Gesamthandeigentum der Gesellschafter (betreffend Grundstücke verkörpert durch die Eintragung des Eigentumsrechtes für die Gesellschaft im Eigentumsblatt des Grundbuches; vgl. § 124 Abs. 1 HGB und Art. 7 Nr. 9 Abs. 1 EVHGB sowie Koppensteiner in Straube, Kommentar zum HGB I Rz. 5 und 18 zu § 124 Art. 7 Nr. 9 bis 11) in Alleineigentum des übernehmenden Gesellschafters überging. Da dem übernehmenden Gesellschafter vor Verwirklichung der Universalsukzession gemäß § 142 HGB kraft der Konstruktion des Vermögens einer Personenhandelsgesellschaft als Sondervermögen kein Alleineigentum an den zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Liegenschaften zustand, hat die belangte Behörde zu Recht die Verwirklichung des Erwerbstatbestandes gemäß § 1 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. angenommen.
In zweiter Linie wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Ermittlung der Bemessungsgrundlage, wobei die Beschwerde im Ergebnis die Berechnung der Grunderwerbsteuer vom Einheitswert anstrebt. Den weitwendigen Beschwerdeausführungen, die die ziffernmäßige Richtigkeit der von der belangten Behörde angestellten Berechnung gar nicht bestreiten, ist mit dem Hinweis darauf zu begegnen, daß die belangte Behörde sich nur jener Methode zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage bedient hat, wie sie auch z. B. in dem schon oben zitierten hg. Erkenntnis vom praktiziert wurde. Danach bemißt sich der Wert der Gegenleistung nach dem Werte der Gesamtabfindung des ausscheidenden Gesellschafters zuzüglich des Wertes der Gesellschaftsschulden und des Wertes des bisherigen Gesellschaftsanteils des übernehmenden Gesellschafters. Von der Anwendung einer Methode, die im Gesetz keinerlei Deckung findet bzw. von einer denkunmöglichen Anwendung des Grunderwerbsteuergesetzes kann in diesem Zusammenhang keine Rede sein.
Was den Einwand der Beschwerdeführerin anlangt, die Beteiligungsquote des zuletzt ausgeschiedenen Komplementärs sei nicht ermittelt worden, ist darauf hinzuweisen, daß die belangte Behörde zu Recht davon ausging, daß im vorliegenden Fall in Ermangelung einer ziffernmäßigen Abfindungsleistung die Gegenleistung für den Übergang des gesamten Vermögens der KG aus der Übernahme der Betriebsschulden und dem Wert der Beteiligung des übernehmenden Gesellschafters zu berechnen war. Einer Ergänzung des Sachverhaltes in der von der Beschwerdeführerin vermißten Richtung bedurfte es daher nicht.
Auf das Argument der Beschwerdeführerin, es hätte auch der sog. "good will" bei der Ermittlung der Gegenleistung im Rahmen der Aktiven berücksichtigt werden müssen, braucht - wie bereits die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend erkannt hat - wegen des bestehenden Neuerungsverbotes (§ 41 VwGG) nicht weiter eingegangen zu werden, weil die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren keine entsprechenden Tatsachenbehauptungen betreffend einen "good will" aufgestellt hat.
Schließlich hegt der Verwaltungsgerichtshof gegen die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des § 1 GrEStG 1987 sowohl in seiner Gesamtheit als auch betreffend seinen Abs. 1 Z. 2 keine Bedenken, weil jene Bedenken, die seinerzeit gegen die gleichlautende Bestimmung des Grunderwerbsteuergesetzes 1955 bestanden, in der Unsachlichkeit der Befreiungsbestimmungen gelegen waren, die aber in das Grunderwerbsteuergesetz 1987 nicht mehr aufgenommen wurden (vgl. dazu z.B. die Ausführungen bei Fellner, Gebühren und Verkehrssteuern, Band II, 3. Teil, Grunderwerbsteuergesetz 1987, Rz. 72 zu § 1 GrEStG 1987).
Insgesamt erweist sich daher der angefochtene Bescheid als frei von den behaupteten Rechtswidrigkeiten, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Mit Rücksicht darauf, daß alle Rechtsfragen des vorliegenden Falles durch die zitierte hg. Vorjudikatur geklärt waren, konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 104/1991.