VwGH vom 14.10.1992, 90/13/0133
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Büsser, über die Beschwerde des Dr. F, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat IX, vom , GZ. 6/4-4198/87-04, betreffend Einkommensteuer 1971 bis 1981 und Umsatzsteuer 1978 bis 1981, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt und bewohnt mit seiner Familie einen 1967 gegen eine Leibrente erworbenen Gutshof. Der zugehörige landwirtschaftliche Betrieb umfaßt 35 ha Eigengrund und 15 ha zugepachtete Flächen. Ab dem Jahre 1970 übte der Beschwerdeführer auf diesem Gutshof eine Pferdezucht aus, wobei nach den Feststellungen der Abgabenbehörde im Streitzeitraum ein Höchstbestand von 45 Pferden erreicht wurde. Neben der Pferdezucht übernahm der Beschwerdeführer die Einstellung von "Pensionspferden".
Aus diesem landwirtschaftlichen Betrieb erzielte der Beschwerdeführer im Beschwerdezeitraum folgende, nach § 4 Abs. 1 EStG 1967 bzw. 1972 ermittelte Ergebnisse:
1971: - S 347.600,--
1972: - S 173.734,--
1973: + S 39.129,--
1974: - S 173.287,--
1975: - S 491.944,--
1976: - S 473.230,--
1977: + S 8.514,--
1978: - S 171.407,--
1979: - S 206.796,--
1980: + S 46.395,--
1981: - S 153.093,--
Im Zeitraum der angeführten elf Jahre erlitt der Beschwerdeführer somit einen Gesamtverlust von S 2,097.053,--.
Das Finanzamt, das zunächst - mit Ausnahme des Jahres 1977 - vorläufige Abgabenbescheide erlassen hatte, vertrat nach Durchführung einer Betriebsprüfung im Jahre 1983 die Auffassung, daß es sich bei der Landwirtschaft um einen Voluptuarbetrieb handelte, und erließ entsprechende endgültige Abgabenbescheide.
In der Berufung gegen diese Bescheide wurde insbesondere ausgeführt, nach Anfangsschwierigkeiten hätte die positive Entwicklung der Pferdezucht zunächst zu einem Bestand von etwa 45 Pferden geführt, für die sogar ein eigener Deckhengst angemietet worden sei. Es sei gelungen, den 2. Platz im österreichischen Züchterchampionat zu erringen, was sich in der Folge wieder auf die für Jährlinge zu erzielenden Preise ausgewirkt habe. Diese Entwicklung sei durch die einsetzende internationale Wirtschaftsrezession unterbrochen worden. Die Rennstallbesitzer seien nicht mehr bereit gewesen, die für ein erfolgreiches Abschneiden des Gestütes erforderlichen Preise von S 45.000,-- bis S 70.000,-- pro Jährling zu bezahlen. Die österreichischen Rennstallbesitzer seien in der Lage gewesen, sich in Großbritannien mit Pferdematerial zu Preisen einzudecken, die die Gestehungskosten österreichischer Aufzuchtbetriebe selbst unter Berücksichtigung von Zoll- und Versandkosten um die Hälfte unterschritten. Dadurch habe der Aufzuchtbetrieb des Beschwerdeführers entscheidend reduziert werden müssen, womit zukünftige Gewinnaussichten sehr weit herabgemindert worden seien. Der Aufzuchtbetrieb sei mit allem Ernst und mit allen Möglichkeiten geführt worden, um dem Inhaber eine dauernde Ertragsmöglichkeit für jene Zeiträume zu sichern, in denen er nicht mehr in der Lage sein würde, seiner Tätigkeit als Anwalt nachzugehen. In der Berufung wurde weiters darauf hingewiesen, daß die Leibrente (für den Erwerb der Landwirtschaft) als Betriebsausgabe abgesetzt worden sei; diese Ausgabe werde im Hinblick auf das hohe Alter der Empfängerin in absehbarer Zeit wegfallen.
In der Begründung einer Berufungsvorentscheidung, bezüglich der in der Folge ein Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt wurde, wurden die Betriebsergebnisse der Jahre 1971 bis 1981 ohne Berücksichtigung der mit dem Erwerb der Landwirtschaft zusammenhängenden Rentenzahlungen auf folgende Weise dargestellt:
1971: - 262.760,--
1972: - 88.894,--
1973: + 128.940,--
1974: - 78.247,--
1975: - 391.328,--
1976: - 359.514,--
1977: + 92.601,--
1978: - 85.713,--
1979: - 115.837,--
1980: + 90.098,--
1981: - 106.696,--
Summe: - 1,177.350,--
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Berufungsentscheidung ging die belangte Behörde davon aus, daß im Beobachtungszeitraum von elf Jahren - nach Bereinigung um die ursprünglich enthaltenen Rentenzahlungen an die Rechtsvorgängerin - ein Gesamtverlust von S 1,177.350,-- zu verzeichnen war, wobei lediglich für drei Jahre ein positives Ergebnis erzielt wurde. Weiters stelle die Tätigkeit des Beschwerdeführers schon nach ihrem äußeren Erscheinungsbild eine Liebhaberei dar. Dem Beschwerdeführer sei es demgegenüber nicht gelungen, Argumente dafür vorzubringen, daß seine Pferdezucht in einiger Zeit gewinnbringend sei. Der Beschwerdeführer habe in den Abgabenerklärungen ab 1982 keine Ergebnisse aus dem landwirtschaftlichen Betrieb mehr erklärt. Daß die Ertragslosigkeit der Landwirtschaft auf eine Rezession zurückzuführen sei, sah die belangte Behörde nicht als erwiesen an.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich erkennbar durch die Beurteilung seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit als Liebhaberei und die daraus gezogenen steuerlichen Folgen in seinen Rechten verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1967 bzw. 1972 ist Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 bezeichneten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus den einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben. Aus der Umschreibung der Begriffe "Einkommen" und "Einkünfte" (diesfalls in § 2 Abs. 4 leg. cit.) haben Schrifttum und Rechtsprechung abgeleitet, daß nur Tätigkeiten, die auf Dauer gesehen Gewinne (Einnahmenüberschüsse) erwarten lassen, als Einkunftsquelle in Betracht kommen und mit ihrem Ergebnis bei der Ermittlung des steuerlichen Einkommens zu berücksichtigen sind. Fehlt dagegen bei einer Tätigkeit objektiv gesehen die Möglichkeit, Gewinne zu erzielen, oder mangelt es einem Abgabepflichtigen an der entsprechenden Absicht, so liegt keine Einkunftsquelle, sondern Liebhaberei in steuerrechtlichem Sinn vor. Dabei ist zu beachten, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Beurteilung des jeweiligen Falles in erster Linie auf die objektiven Merkmale (Gewinnerzielungsmöglichkeit) Bedacht genommen werden muß, während den subjektiven Merkmalen (Absicht des Steuerpflichtigen) nur untergeordnete Bedeutung zukommt. Ob nun eine Tätigkeit nach den genannten Kriterien einer bestimmten Einkunftsart zuzuordnen oder als Liebhaberei im weiteren steuerlichen Sinn zu werten ist, kann regelmäßig erst nach einem gewissen Zeitraum beurteilt werden (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 88/13/0027).
Im Beschwerdefall konnte die belangte Behörde die gesamte Betätigung des Beschwerdeführers als Betreiber eines Pferdegestüts beurteilen, weil diese - abgesehen von der Einstellung weniger Pensionspferde - zu Beginn der 80er-Jahre aufgegeben worden ist. Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides war die streitgegenständliche Betätigung somit im wesentlichen beendet; aus der dadurch im Beschwerdefall möglichen Gesamtschau ist nach der in der Berufungsvorentscheidung erfolgten Zusammenstellung der Betriebsergebnisse - der der Beschwerdeführer nicht widersprochen hat - erkennbar, daß die Tätigkeit keine Quelle von Einkünften gewesen ist. Dies entspricht der in Lehre und Rechtsprechung gewonnenen Erfahrung, wonach bei einer Vollblutzucht von vornherein die Vermutung besteht, daß sie zu den Liebhabereibetrieben gehört, weil auf die Erzielung von Renngewinnen und Zuchtprämien, die dem Züchter die Durchhaltung der Vollblutzucht ermöglichen sollen, eine Gewinnerzielungsabsicht im kaufmännischen Sinn nicht gestützt werden kann (vgl. Hofstätter-Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer, § 2, S. 19; das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 84/13/0150, mit weiteren Hinweisen).
Wenn dazu in der Beschwerde festgestellt wird, daß der Beschwerdeführer den Aufzuchtbetrieb mittlerweile wegen des zu hohen Kapitalbedarfs eingestellt hat, so ergibt sich aus dem Vorbringen selbst, daß eine dauernde Gewinnerzielungsmöglichkeit bei der Struktur des Betriebs gefehlt hat. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist ein - um die Rentenzahlungen bereinigter - durchschnittlicher Jahresverlust von rund S 100.000,-- ein "gewichtiges Indiz" für die Unmöglichkeit der Gewinnerzielung.
Als Grund für das Anhalten der Verluste sowie die darauffolgende Einstellung der Pferdezucht wird vom Beschwerdeführer ein Konjunktureinbruch Ende der 70er-Jahre geltend gemacht. Nach den Angaben des Beschwerdeführers in der von der belangten Behörde durchgeführten Berufungsverhandlung traf eine Wirtschaftskrise im Jahre 1979 den Betrieb insbesondere dadurch, daß es zu einem Preisverfall bei Pferden kam. Dem ist entgegenzuhalten, daß Konjunktureinbrüche in einzelnen Jahren in der Regel noch nicht die Annahme des Vorliegens abnormaler Wirtschaftsverhältnisse rechtfertigen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 85/13/0008). Überdies ist aus den in den Akten erliegenden Verlust- und Gewinn-Rechnungen für die Jahre 1979 bis 1981 keineswegs ein besonders auffälliges Abweichen von den Jahren vor 1979 erkennbar. Allerdings sind die Erlöse aus der Pferdepension ab 1979 gegenüber den Vorjahren stark zurückgegangen, ein Umstand, der mit dem im Zusammenhang mit den Pferdepreisen aufgezeigten Konjunktureinbruch in keinem Zusammenhang stehen kann. Der Umstand, daß der Beschwerdeführer in der Zeit vor dem geltend gemachten Preisverfall trotz Zuchterfolgen keinen anhaltenden wirtschaftlichen Erfolg erzielen konnte, kann bei einem Zeitraum von 8 Jahren entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht mehr mit den wirtschaftlichen Schwierigkeiten einer Anlaufphase erklärt werden. Abgesehen davon sind auch Zeiträume, in denen eine Tätigkeit nicht nur vorbereitet, sondern bereits aufgenommen wurde, für die Beantwortung der für die Entscheidung über "Liebhaberei" letztlich maßgebenden Frage bedeutsam, ob sich eine Tätigkeit INSGESAMT ertragbringend gestaltet.
Da bei dem in Rede stehenden landwirtschaftlichen Betrieb des Beschwerdeführers schon auf Grund vorstehender Überlegungen die Möglichkeit der Gewinnerzielung objektiv gesehen gefehlt hat, erübrigt es sich, auf die weiteren Einwendungen der Beschwerde gegen die Ausführungen der belangten Behörde, näher einzugehen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.