VwGH vom 24.11.1993, 90/13/0084

VwGH vom 24.11.1993, 90/13/0084

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Büsser, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 7-865/2/90, betreffend Säumniszuschläge, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom wurde ein Zahlungserleichterungsansuchen des Beschwerdeführers betreffend einen Abgabenrückstand von S 1,132.958,-- abgewiesen. Da innerhalb der gesetzlichen Nachfrist von zwei Wochen keine Zahlung erfolgte, setzte das Finanzamt mit Bescheid vom Säumniszuschläge von insgesamt S 22.659,-- fest. Dieser Betrag entfiel laut Kontoauszug auf nachstehende Abgaben:

Abgabenart Jahr Betrag Fälligkeitstag Säumniszuschlag

Einkommensteuer 1984 S 161.158,-- S 3.223,--

dazu Verspätungs-

zuschlag 1984 S 16.116,-- S 322,--

Einkommensteuer 1985 S 446.841,-- S 8.937,--

dazu Verspätungs-

zuschlag 1985 S 44.684,-- S 894,--

Einkommensteuer 1986 S 421.963,-- S 8.439,--

dazu Verspätungs-

zuschlag 1986 S 42.196,-- S 844,--

Der Beschwerdeführer erhob Berufung und beantragte, den angefochtenen Nebengebührenbescheid zur Gänze aufzuheben, da er Grund und Höhe der bisher zur Vorschreibung gelangten Einkommensteuer bestritten habe.

Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Auch die belangte Behörde gab dem Rechtsmittel keine Folge. Sie begründete ihre Entscheidung im wesentlichen mit dem Hinweis auf die Bestimmung des § 254 BAO, wonach durch die Einbringung einer Berufung die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides und insbesondere die Einhebung der Abgabe nicht aufgehalten werde.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach Ansicht des Beschwerdeführers ist der angefochtene Bescheid deshalb inhaltlich rechtswidrig, weil die belangte Behörde "keine Feststellung darüber getroffen hat, ob ein Finanzverfahren hinsichtlich Einkommensteuer bereits erledigt oder rechtskräftig abgeschlossen worden ist, da sich nur daraus die allfällige Verpflichtung zur Leistung eines Säumniszuschlages ergebe."

Ausdrückliche Feststellungen im angefochtenen Bescheid darüber, ob jene Einkommensteuerbeträge überhaupt rechtswirksam vorgeschrieben wurden, auf die sich die Säumniszuschläge beziehen, waren entbehrlich, weil der Beschwerdeführer in seiner Berufung darauf hingewiesen hat, "Grund und Höhe der bisher zur Vorschreibung gelangten Einkommensteuer" im Berufungsweg bestritten zu haben. Gerügt wurde in der Berufung gegen den Säumniszuschlagsbescheid daher nicht das Fehlen rechtswirksamer Einkommensteuerbescheide, sondern lediglich der Umstand, daß die Einkommensteuerverfahren noch nicht RECHTSKRÄFTIG abgeschlossen worden seien. Was die vom Beschwerdeführer vermißten Feststellungen in dieser Richtung betrifft, ist folgendes zu sagen:

Welche Feststellungen ein Bescheid zu enthalten hat, ist anhand des gesetzlichen Tatbildes, unter das der Sachverhalt subsumiert werden soll, zu messen. Rechtsgrundlage für die Festsetzung eines Säumniszuschlages bildet die Bestimmung des § 217 Abs. 1 BAO. Danach tritt die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ein, wenn eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird, es sei denn, der Eintritt dieser Verpflichtung wird gemäß Abs. 2 bis 6 oder § 218 BAO hinausgeschoben.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkannt hat, besteht bei festgesetzten Abgaben die Pflicht zur Entrichtung des Säumniszuschlages ohne Rücksicht auf die sachliche Richtigkeit der Vorschreibung. Die Säumniszuschlagspflicht setzt nur den Bestand einer FORMELLEN ABGABENZAHLUNGSSCHULD voraus (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom , 90/15/0028 und die dort angeführte Vorjudikatur).

Wird gegen eine vermeintlich unrichtige Abgabenfestsetzung berufen, kann dies im Hinblick darauf, daß dem Rechtsmittel gemäß § 254 BAO keine aufschiebende Wirkung zukommt, die Säumniszuschlagspflicht nicht verhindern, wenn die Abgabe zum bescheidmäßig vorgesehenen Fälligkeitstag nicht entrichtet wird. Erst eine spätere Beseitigung oder Herabsetzung der zuschlagsbelasteten Abgabenschuld im Rechtsmittelverfahren führt nach Maßgabe des § 221 a Abs. 2 BAO zu einer Aufhebung bzw. Anpassung des Säumniszuschlages an die (materielle) Abgabenschuld (vgl. Stoll, Bundesabgabenordnung, Seite 536 f).

Die belangte Behörde hat daher den Einwand des Beschwerdeführers, er habe gegen die Vorschreibung der Einkommensteuer dem Grunde und der Höhe nach berufen, zu Recht als unbeachtlich angesehen und keine Feststellung zur Rechtskraft der Abgabenfestsetzung getroffen.

Als Verfahrensrüge bringt der Beschwerdeführer vor, ihm sei "vor Bescheiderlassung der bisherige Akteninhalt nicht nachweislich zur Kenntnis gebracht" worden. Mit diesem Einwand wird eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht aufgezeigt. Die Abgabenbehörde ist nämlich keineswegs verhalten, den Steuerpflichtigen zur Akteneinsicht aufzufordern oder ihm - ohne diesbezügliches Begehren - den Akteninhalt zur Kenntnis zu bringen. Von sich aus Akteneinsicht zu nehmen, stand dem Beschwerdeführer gemäß § 90 BAO frei. Er hatte es somit in der Hand, vor Ergehen des angefochtenen Bescheides "zum bisherigen Akteninhalt" Stellung zu nehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 90/15/0056). Daß der Beschwerdeführer von seinem Recht auf Akteneinsicht keinen Gebrauch gemacht hat, kann der belangten Behörde nicht als Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeworfen werden.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, wobei von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte, weil die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.