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VwGH vom 11.05.2005, 2002/13/0017

VwGH vom 11.05.2005, 2002/13/0017

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2002/13/0034 E

2002/13/0013 E

2002/13/0016 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Keidel LL.M., über die Beschwerde der N GmbH in W, vertreten durch KPMG Alpen-Treuhand GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1090 Wien, Kolingasse 19, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission Wien vom , Zl. ABK - N 7/2000, betreffend Kommunalsteuer für die Jahre 1997 und 1998 samt Säumniszuschlag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der beschwerdeführendem Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin im Instanzenzug Kommunalsteuer nach § 11 Abs. 3 KommStG 1993 zuzüglich eines Säumniszuschlages für solche - nach § 67 Abs. 8 EStG 1988 versteuerte - Pensionsabfindungen vorgeschrieben, welche die Beschwerdeführerin an Dienstnehmer ausbezahlt hatte, die nicht in den Ruhestand getreten waren. Solche Pensionsabfindungen, führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid begründend aus, könnten nicht als Ruhe- oder Versorgungsbezug im Sinne des § 5 Abs. 2 lit. a KommStG 1993 gelten, weil von Ruhe- und Versorgungsbezügen nur dann gesprochen werden könne, wenn für "aktiv erbrachte Dienstleistungen" Bezugsteile erst dann gewährt würden, sobald das betroffene Dienstverhältnis infolge Übertrittes des Dienstnehmers in den Ruhestand endete. Für Pensionsabfindungen habe Gleiches zu gelten, weil Ruhe- und Versorgungsbezüge schon begrifflich einen entsprechenden "Status" des Dienstnehmers voraussetzten. Der Charakter von Ruhe- und Versorgungsbezügen im Sinne der Bestimmung des § 5 Abs. 2 lit. a KommStG 1993 komme Pensionsabfindungen nur dann zu, wenn diese nicht während aktiver Berufsausübung des Dienstnehmers ausbezahlt würden. Auch dem Befreiungstatbestand des § 5 Abs. 2 lit. b KommStG 1993 ließen sich die vorliegenden Pensionsabfindungen nicht subsumieren, weil sie nicht nach § 67 Abs. 6 EStG 1988, sondern nach § 67 Abs. 8 leg. cit. versteuert worden seien, sodass aus den Aussagen des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2000/13/0053, für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen sei. Auch dem Schrifttum (Taucher, Kommunalsteuer, Kommentar, § 5 Anm. 70) sei die Auffassung zu entnehmen, dass nur die nach § 67 Abs. 6 EStG 1988 begünstigten Bezugsteile nicht in die Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer fielen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer ist nach § 5 Abs. 1 KommStG 1993 die Summe der Arbeitslöhne, die an die Dienstnehmer der in der Gemeinde gelegenen Betriebsstätte gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer (Lohnsteuer) unterliegen.

Nach dem zweiten Absatz dieses Paragraphen gehören zur Bemessungsgrundlage u.a. nicht:


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a)
Ruhe- und Versorgungsbezüge;
b)
Die Beschwerdeführerin wirft der belangten Behörde vor, die Rechtslage schon durch Verneinung des Befreiungstatbestandes des § 5 Abs. 2 lit. a KommStG 1993 insoweit zu verkennen, als sie mit der Anforderung eines "entsprechenden Status des Dienstnehmers" durch dessen "Pensionierung" über die Beendigung des konkreten Dienstverhältnisses hinaus eine Tatbestandsvoraussetzung postuliere, die im Gesetz nicht vorgesehen sei und demgemäß auch in Lehre und Rechtsprechung nicht angeführt werde. So habe der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2000/13/0058, das Vorliegen von Ruhe- und Versorgungsbezügen an die Beendigung des "diesbezüglichen" Dienstverhältnisses gebunden, welche im damaligen Beschwerdefall nicht vorgelegen sei, im jetzigen Beschwerdefall hingegen unstrittig vorliege. Selbst wenn man diese Auffassung nicht teilen wollte, fielen die betroffenen Pensionsabfindungen als nach § 67 Abs. 6 EStG 1988 zu subsumierende Bezüge unter die Bestimmung des § 5 Abs. 2 lit. b KommStG 1993, weil sie anlässlich und in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses bezahlt worden seien. Dass Pensionsabfindungen von der begünstigten Besteuerung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 regelmäßig erfasst würden, habe der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2000/13/0053, ausgesprochen und dazu auch ausgeführt, dass es kein Tatbestandselement einer nach § 67 Abs. 6 EStG 1988 begünstigten Besteuerung einer Pensionsabfindung sei, dass der Dienstnehmer nach der Beendigung des Dienstverhältnisses auch seine persönliche Berufslaufbahn abschließt und kein neues Dienstverhältnis mehr eingeht. Der im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Rechtsansicht Tauchers stehe der Gesetzeswortlaut des § 5 Abs. 1 KommStG 1993 ("genannte Bezüge") entgegen.
Die Befreiungsbestimmungen des § 5 Abs. 2 KommStG 1993 legen klar, dass nur die Bezüge der aktiven Dienstnehmer aus einem aufrechten Dienstverhältnis der Kommunalsteuer unterliegen (siehe das hg. Erkenntnis vom , 2004/15/0099).
Von Ruhe- und Versorgungsbezügen im Sinne des § 5 Abs. 2 lit. a KommStG 1993 kann immer dann gesprochen werden, wenn für Dienstleistungen Bezugsteile erst dann gewährt werden, wenn das diesbezügliche Dienstverhältnis nicht mehr besteht, also Bezüge aus einem früheren Dienstverhältnis vorliegen; Voraussetzung für die Subsumierbarkeit von Bezügen unter die Befreiungsbestimmung des § 5 Abs. 2 lit. a KommStG 1993 ist daher die Beendigung des zu Grunde liegenden Dienstverhältnisses (siehe neben dem soeben zitierten Erkenntnis vom , 2004/15/0099, auch das von beiden Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens angeführte Erkenntnis vom , 2000/13/0058).
Die in der Bestimmung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 genannten Bezüge, auf welche § 5 Abs. 2 lit. b KommStG 1993 verweist, werden in dieser Vorschrift als sonstige Bezüge bezeichnet, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen (wie z. B. freiwillige Abfertigungen und Abfindungen). Die Begünstigung des § 67 Abs. 6 der Einkommensteuergesetze 1972 und 1988 wird nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für solche Bezüge gewährt, die durch die Beendigung des Dienstverhältnisses ausgelöst werden und mit der Auflösung des Dienstverhältnisses in ursächlichem Zusammenhang stehen; Bezüge, deren unmittelbare Ursache die Beendigung des Dienstverhältnisses ist, werden von der begünstigten Besteuerung des § 67 Abs. 6 der Einkommensteuergesetze erfasst (vgl. die zu § 67 Abs. 6 EStG 1988 ergangenen hg. Erkenntnisse vom , 2000/15/0113, vom , 2000/13/0028, vom , 98/14/0176, vom , 2000/13/0053, vom , 98/15/0122, vom , 99/15/0065, und vom , 97/14/0045, ebenso wie die zur insoweit gleich gestalteten Rechtslage nach dem § 67 Abs. 6 EStG 1972 ergangenen hg. Erkenntnisse vom , 92/14/0056, Slg. N.F. Nr. 7.070/F, und vom , 92/15/0104, Slg. N.F. Nr. 7.021/F).
Wie der Gerichtshof im Erkenntnis vom , 98/14/0176, dargelegt hat, ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 67 Abs. 8 EStG 1988, dass Pensionsabfindungen unter § 67 Abs. 6 leg. cit. fallen können, sodass eine im Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses vereinbarte Pensionsabfindung im Sinne des § 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988 dem Grunde nach auch die Voraussetzungen des § 67 Abs. 6 leg. cit. erfüllt. Die Versteuerung eines in diesem Sinne "dem Grunde nach" auch die Voraussetzungen des § 67 Abs. 6 leg. cit. erfüllenden Bezuges nach § 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988 steht der Verwirklichung des Befreiungstatbestandes des § 5 Abs. 2 lit. b KommStG 1993 entgegen der Auffassung der belangten Behörde damit nicht entgegen. Soweit sich den Ausführungen Tauchers (a.a.O.) der Rechtsstandpunkt entnehmen lässt, nur eine die im § 67 Abs. 6 EStG 1988 definierten einkommensteuerrechtlichen Begünstigungen konsumierende Versteuerung der in dieser Gesetzesvorschrift "genannten" Bezüge könne deren Kommunalsteuerfreiheit im Grunde des § 5 Abs. 2 lit. b KommStG 1993 herbeiführen, vermag sich der Verwaltungsgerichtshof angesichts des Wortlauts der Befreiungsvorschrift einer solchen Sichtweise nicht anzuschließen.
Dass der Dienstnehmer nach der Beendigung des Dienstverhältnisses auch seine persönliche Berufslaufbahn abschließt und kein neues Dienstverhältnis mehr eingeht, ist kein Tatbestandselement einer nach § 67 Abs. 6 EStG 1988 begünstigten Besteuerung der ihm gezahlten Pensionsabfindung (vgl. im gegebenen Zusammenhang neben dem von der beschwerdeführenden Partei zitierten hg. Erkenntnis vom , 2000/13/0053, etwa auch das hg. Erkenntnis vom , 99/13/0106, Slg. N.F. Nr. 7.533/F). Dieses von der belangten Behörde geforderte Tatbestandselement eines Übertritts des Dienstnehmers in den "Status" eines Pensionisten hat aber auch in der Befreiungsbestimmung des § 5 Abs. 2 lit. a KommStG 1993 keinen Platz und findet sich deshalb in den vom Verwaltungsgerichtshof zu dieser Norm ergangenen Erkenntnissen vom , 2004/15/0099, und vom , 2000/13/0058, nicht, in welchen der Verwaltungsgerichtshof den Begriff der "Ruhe- und Versorgungsbezüge" im Sinne des § 5 Abs. 2 lit. a KommStG 1993 stets vor dem Hintergrund des "zu Grunde liegenden" ("diesbezüglichen") Dienstverhältnisses verstanden und gebraucht hat.
Nur Dienstgeberleistungen aus einem unbeendeten Dienstverhältnis unterliegen weder der Steuerbefreiung des § 5 Abs. 2 lit. a KommStG 1993 noch jener des § 5 Abs. 2 lit. b leg. cit. Dass es sich im Beschwerdefall um solche Dienstgeberleistungen gehandelt hätte, weil die Dienstverhältnisse der jeweiligen Dienstnehmer zur Beschwerdeführerin nicht beendet worden seien, wird im angefochtenen Bescheid nicht festgestellt. Ohne Feststellung des Fortbestehens der betroffenen Dienstverhältnisse zu der die Pensionsabfindungen gewährenden Beschwerdeführerin aber ließ sich das Vorliegen der Befreiungstatbestände des § 5 Abs. 2 lit. a und b KommStG 1993 für die Pensionsabfindungen nicht erfolgreich verneinen.
Der angefochtene Bescheid erweist sich aus den dargelegten Gründen als inhaltlich rechtswidrig und war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am