VwGH vom 18.02.1999, 98/15/0209
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde der I-GmbH in K, vertreten durch Dr. Bernhard Heitzmann, Rechtsanwalt in Innsbruck, Müllerstraße 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , AO 720/4-10/98, betreffend Bescheidaufhebung (Festsetzung von Umsatzsteuer für Jänner 1995 bis Oktober 1995 und für Jänner 1996 bis Oktober 1996), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist eine ausländische Kapitalgesellschaft, die als Reiseveranstalter tätig ist. Für die Vermittlung von Unterkünften in Österreich hatte sie einen österreichischen Unternehmer beauftragt. Über die von diesem Unternehmer von Dezember 1994 bis Oktober 1996 erbrachten Leistungen erhielt sie zwei Rechnungen vom . In den Rechnungen sind Umsatzsteuerbeträge von 1,104.193,30 S und 988.937 S ausgewiesen.
Nachdem die Beschwerdeführerin die Erstattung der Vorsteuerbeträge gemäß der Verordnung BGBl. 279/1995 beantragt hatte, setzte das Finanzamt Graz-Stadt mit Bescheiden vom die Umsatzsteuer für den Zeitraum Jänner bis Oktober 1995 mit einem Überschuß vom 1,018.582 und für den Zeitraum Jänner bis Oktober 1996 mit einem Überschuß von 988.937 S fest.
Diese Bescheide hob die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid in Ausübung des Aufsichtsrechtes gemäß § 299 Abs. 2 BAO wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes auf. Für Unternehmen, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte hätten und die im Inland keine steuerpflichtigen Umsätze ausführten - dies treffe für die Beschwerdeführerin zu - könne gemäß § 21 Abs. 9 UStG 1994 der Bundesminister für Finanzen die Erstattung der Vorsteuern durch Verordnung regeln. Aufgrund dieser Ermächtigung und in Entsprechung der Richtlinie 79/1072/EWG sei mit der Verordnung BGBl. 279/1995 ein eigenes Verfahren über die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern von ausländischen Unternehmen geschaffen worden. § 3 Abs. 1 der Verordnung normiere, daß der Antrag binnen sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen sei, in welchem der Erstattungsanspruch entstanden sei. Im gegenständlichen Fall seien die für den Zeitraum von Dezember 1994 bis Oktober 1996 gestellten Anträge auf Vorsteuererstattung erst im Dezember 1997 und somit nach Ablauf der mit 30. Juni des Folgejahres festgelegten Frist gestellt worden. Die beiden Bescheide, mit denen die Vorsteuerbeträge festgesetzt worden seien, seien daher wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben gewesen. Bei der Ermessensübung sei im Hinblick auf die nicht als geringfügig anzusehenden Folgen (Vorsteuerbeträge von ca. 2 Mio. S) dem Prinzip der Gleichmäßigkeit der Besteuerung der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtssicherheit einzuräumen gewesen.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 21 Abs. 9 UStG 1994 kann der Bundesminister für Finanzen für Unternehmer, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben und die im Inland keine steuerpflichtigen Umsätze ausführen, durch Verordnung die Erstattung der Vorsteuer abweichend von § 21 Abs. 1 bis 5 und abweichend von den §§ 12 und 20 regeln. Diese Ermächtigung ist dahingehend zu interpretieren, daß lediglich das Erstattungsverfahren geregelt werden darf; darüber hinausgehende Abweichungen von den §§12 und 20 wären gesetzlich nicht hinreichend bestimmt (vgl Ruppe, UStG 1994, § 21 Tz 56).
Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist.
Der Vorsteuerabzug ist erst möglich, wenn alle geforderten Voraussetzungen vorliegen. Der maßgebliche Zeitpunkt ist nicht früher gegeben, als der Unternehmer über die Leistung (bzw. über die Anzahlung) eine Rechnung iSd § 11 UStG erhalten hat (vgl. Ruppe, UStG 1994, § 12 Tz 51).
Gemäß § 2 der Verordnung BGBl. 279/1995 ist Erstattungszeitraum nach Wahl des Unternehmers ein Zeitraum von mindestens drei Monaten bis höchstens einem Kalenderjahr. Der Erstattungszeitraum kann weniger als drei Monate umfassen, wenn es sich um den restlichen Zeitraum des Kalenderjahres handelt. In den Antrag für diesen Zeitraum können auch abziehbare Vorsteuerbeträge aufgenommen werden, die in vorangegangene Erstattungszeiträume des betreffenden Kalenderjahres fallen.
Gemäß § 3 Abs. 1 der zitierten Verordnung hat der Unternehmer die Erstattung mittels amtlich vorgeschriebenem Vordruck beim Finanzamt Graz-Stadt zu beantragen. Der Antrag ist binnen sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen, in dem der Erstattungsanspruch entstanden ist. In dem Antrag hat der Unternehmer den zu erstattenden Betag selbst zu berechnen. Dem Erstattungsantrag sind die Rechnungen und die Belege über die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer im Original beizufügen.
Die Beschwerdeführerin bringt vor, unabdingbare Voraussetzung für die Berücksichtigung der Vorsteuerbeträge sei deren Nachweis durch die Vorlage der Rechnungen. Die für den hier strittigen Vorsteuerabzug maßgeblichen Rechnungen stammten vom . Der Erstattungsanspruch könne erst entstehen, wenn alle Voraussetzungen für den Vorsteueranspruch erfüllt seien. Vor dem Vorliegen der Rechnungen hätte die Beschwerdeführerin die Vorsteuern nicht ansprechen können. Der Umstand, daß die Erstattungsanträge vom als Erstattungszeitraum irrtümlich die Kalenderjahre 1995 und 1996 an Stelle des Kalenderjahres 1997 ausgewiesen hätten, ändere nichts an der Ordnungsmäßigkeit des Antrages. Die belangte Behörde habe sohin zu Unrecht angenommen, daß die Frist des § 3 Abs. 1 der Verordnung versäumt worden sei.
Nach dem Beschwerdevorbringen stammen die Rechnungen, auf Grund derer die Beschwerdeführerin die Vorsteuerbeträge geltend macht, aus dem Jahr 1997. Die Vorsteuerbeträge können sohin, darauf verweist die Beschwerdeführerin zu Recht, nicht für Zeiträume vor 1997 geltend gemacht werden. Die Bescheide des Finanzamtes, die mit dem angefochtenen Bescheid aufgehoben worden sind, betreffen allerdings die Festsetzung von Umsatzsteuer für Zeiträume vor 1997, nämlich für Jänner bis Oktober 1995 und für Jänner bis Oktober 1996. Weil auch nach dem Beschwerdevorbringen die Vorsteuern nicht in jenen Erstattungzeiträumen (iSd § 2 der Verordnung) zustehen, über welche mit den durch den angefochtenen Bescheid aufgehobenen Bescheiden des Finanzamtes abgesprochen worden ist, vermag das Beschwerdevorbringen nicht aufzuzeigen, daß der angefochtene Bescheid zu Unrecht von der Rechtswidrigkeit der Bescheide des Finanzamtes ausgegangen wäre. Ob der Vorsteuerabzug für einen anderen (späteren) Erstattungszeitraum zusteht, kann nicht Gegenstand dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sein.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war sie ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am