VwGH vom 24.04.1997, 93/15/0047
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Mizner, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des W in H, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg, Berufungssenat, vom , 1009-2/90, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1987 und 1988, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Büromaschinenmechaniker und hat seinen Wohnsitz in Vorarlberg. Er war im Jahr 1987 und in der ersten Hälfte des Jahres 1988 Grenzgänger nach der Schweiz und in der zweiten Hälfte des Jahres 1988 beim selben Arbeitgeber Grenzgänger nach Liechtenstein. Seine Tätigkeit umfaßte dabei das Reinigen, Reparieren, Aufstellen und Installieren von Büromaschinen.
In seinen Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1987 und 1988 beantragte der Beschwerdeführer, die in seinem Jahreslohn enthaltene Schmutz- und Erschwerniszulage sowie Sonderzahlungen (Weihnachtsgeld, Sonderzahlung, einmalige Leistungsprämie) begünstigt zu besteuern. Weiters machte er neben dem Kraftfahrzeugpauschale fiktive Fahrtkosten in bestimmter Höhe als Werbungskosten geltend.
Im Verwaltungsverfahren gab der Beschwerdeführer dazu ua an, er erhalte seinen Lohn bar ausbezahlt. Sein Dienstvertrag sei mündlich abgeschlossen worden. Die Auszahlung des Lohnes sei zunächst - wie in der Schweiz und in Liechtenstein üblich - 13 mal jährlich erfolgt. Die beim Arbeitgeber beschäftigten österreichischen Grenzgänger hätten jedoch darum gebeten, den jeweils vereinbarten Jahreslohn in 15 Teilbeträgen auszuzahlen, weil ihnen diesfalls auf Grund der österreichischen Gesetzeslage und der daraus resultierenden Steuerersparnis netto mehr verbliebe. Der Arbeitgeber sei diesem Wunsch gerne nachgekommen, weil ihn diese "Lohnerhöhung" der Arbeitnehmer nichts gekostet habe. Monatliche Auszahlungs- bzw Lohnbestätigungen könne er nicht vorlegen, weil er solche nicht erhalten habe. In Ergänzung zu diesem Vorbringen legte der Beschwerdeführer Lohnbestätigungen des Arbeitgebers für die Jahre 1987 und 1988, die Fotokopie seines Lohnkontos für das Jahr 1987, Abzugsbescheinigungen der in der Schweiz und in Liechtenstein vom Lohn einbehaltenen Steuern für die Jahre 1987 und 1988, einen Kontoauszug der Ausgleichskasse des Kantones St. Gallen über vom Arbeitgeber abgeführte Beiträge zur Alters- und Hinterlassenenversicherung für die Jahre 1983 bis Juni 1988 sowie eine Bescheinigung der Pensionskasse für das Jahr 1987 vor. Des weiteren legte er ihm zurechenbare Bankkonten für die Jahre 1987 bis 1989 offen.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen nunmehr angefochtenen Bescheid versagte die belangte Behörde die begünstigte Besteuerung der geltend gemachten Schmutz- und Erschwerniszulage mit der Begründung, die vom Beschwerdeführer verrichteten Arbeiten erfolgten nicht überwiegend unter Umständen, die eine erhebliche Verschmutzung bewirkten bzw stellten keine außerordentliche Erschwernis im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen im Rahmen der jeweiligen Berufssparte dar. Hinsichtlich der geltend gemachten Sonderzahlungen anerkannte die belangte Behörde lediglich einen sonstigen Bezug von 1/13 des Jahreslohnes. In der Begründung führte sie dazu im wesentlichen aus, ein sonstiger Bezug müsse neben, also zusätzlich zum laufenden Bezug ausgezahlt werden. Eine nachträglich rein rechnerische Aufteilung des Gesamtbezuges in laufende und sonstige Bezüge sei unstatthaft. Wie ihr bekannt sei, erhielten in der Schweiz bzw in Liechtenstein beschäftigte Arbeitnehmer in der Regel lediglich einen sonstigen Bezug (Gratifikation). Der Beschwerdeführer habe überdies nicht nachgewiesen, daß ihm weitere Sonderzahlungen tatsächlich ausgezahlt worden seien. Der Behauptung des Beschwerdeführers, er habe keine Auszahlungsbzw Lohnbestätigungen erhalten, werde nicht geglaubt, weil der Arbeitnehmer nach Schweizer Obligationenrecht einen Anspruch auf eine schriftliche monatliche Lohnabrechnung habe. Daran vermöge der Umstand nichts zu ändern, daß der Beschwerdeführer für das Jahr 1987 die Fotokopie seines handgeschriebenen Lohnkontos vorgelegt habe, aus dem ersichtlich sei, der Jahreslohn sei in 15 Teilbeträgen ausgezahlt worden. Die Echtheit seines Lohnkontos werde bezweifelt, weil ein Arbeitgeber, der Computer vertreibe und warte, die Lohnverrechnung wohl nicht händisch vornehmen werde. Die neben dem Kraftfahrzeugpauschale geltend gemachten fiktiven Fahrtkosten könnten lediglich für Zeiten als Werbungskosten anerkannt werden, in denen die Fahrtstrecke tatsächlich zurückgelegt worden sei. Da der Beschwerdeführer nicht vorgebracht habe, er habe in den Streitjahren seinen Urlaub nicht konsumiert, seien die fiktiven Fahrtkosten wie bereits vom Finanzamt in von Amts wegen ermittelter Höhe lediglich für elf Monate pro Jahr anzuerkennen.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften des angefochtenen Bescheides erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Schmutz- und Erschwerniszulage
Gemäß § 68 Abs 5 EStG 1972 sind ua Schmutz- und Erschwerniszulagen bei den im § 67 Abs 11 genannten Personen unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen der Abs 1 bis 3 zu versteuern, sofern auf Grund eines Vertrages über Rechtsschutz und Rechtshilfe in Abgabensachen überprüft werden kann, daß die Voraussetzungen der Abs 1 bis 3 vorliegen.
§ 67 Abs 11 EStG 1972 erstreckt die Anwendung der die steuerliche Behandlung sonstiger Bezüge betreffenden Regelungen der Abs 1, 2, 6 und 8 dieser Gesetzesstelle auf Fälle, in denen Arbeitnehmer veranlagt werden.
Eine gemäß § 68 EStG 1972 begünstigte Besteuerung der dem Beschwerdeführer vom Arbeitgeber in der Schweiz bzw in Liechtenstein in den Streitjahren gewährten Schmutz- und Erschwerniszulagen hätte daher zur Voraussetzung, daß "auf Grund eines Vertrages über Rechtsschutz und Rechtshilfe in Abgabensachen überprüft werden kann, daß die Voraussetzungen der Abs 1 bis 3" des § 68 EStG 1972 vorliegen.
Ein solcher Vertrag wurde weder mit der Schweiz noch mit Liechtenstein geschlossen. Der im Art 26 Z 1 DBA-Schweiz vereinbarte Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden der Vertragsstaaten ist lediglich insoweit vereinbart, als er "für eine richtige Durchführung dieses Abkommens" notwendig ist. Diese Vertragsstelle verbürgt aber keinen Informationsaustausch betreffend nicht für die Zuteilung der Besteuerungsrechte maßgeblicher Sachverhaltselemente, also etwa betreffend solcher, die bloß für die Anwendung des innerstaatlichen Rechtes der Vertragsstaaten, wie für eine Beurteilung nach § 68 Abs 1 bis 3 EStG 1972, erforderlich sind (vgl das hg Erkenntnis vom , 94/15/0153, betreffend die inhaltlich gleichgelagerte Bestimmung des § 68 EStG 1988). Das eben Gesagte gilt auch hinsichtlich des DBA-Liechtenstein, weil in diesem nicht einmal ein Informationsaustausch wie im Art 26 Z 1 DBA-Schweiz vorgesehen ist (vgl Philipp/Loukota/Jirousek, Internationales Steuerrecht, Anmerkung 2 zu Art 25 DBA-Liechtenstein). Die belangte Behörde hat daher im Ergebnis zu Recht die im § 68 Abs 1 bis 3 EStG 1972 vorgesehenen steuerlichen Begünstigungen versagt.
Die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang gerügte Verletzung von Verfahrensvorschriften, es wären aktenkundige Beweismittel, aus denen sich die Berechtigung der Gewährung der Schmutz- und Erschwerniszulage hätte ableiten lassen, nicht berücksichtigt worden, liegt nicht vor, weil eine derartige Beweisführung im Hinblick auf § 68 Abs 5 EStG 1972 nicht zielführend gewesen ist.
2. Sonstige Bezüge
Erhält ein Arbeitnehmer neben dem laufenden Arbeitslohn von demselben Arbeitgeber sonstige, insbesondere einmalige Bezüge (zB 13. und 14. Monatsbezug, Belohnungen), so ermäßigt sich nach § 67 Abs 1 EStG 1972 die Lohnsteuer für diese sonstigen Bezüge.
Nach Lehre und Rechtsprechung handelt es sich beim "sonstigen Bezug" um einen Lohnteil, den der Arbeitgeber neben, also zusätzlich zum laufenden Arbeitslohn, auszahlt. Die sonstigen Bezüge müssen sich SOWOHL durch den Rechtstitel, aus dem der Arbeitnehmer den Anspruch ableiten kann, ALS AUCH durch die tatsächliche Auszahlung deutlich von den laufenden Bezügen unterscheiden (vgl das hg Erkenntnis vom , 91/14/0038, mwA).
Die belangte Behörde hatte daher nach § 167 Abs 2 BAO unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob dem Beschwerdeführer über einen sonstigen Bezug (Gratifikation) hinaus weitere Sonderzahlungen ausgezahlt worden sind. Der Verwaltungsgerichtshof hat dabei im Sinn seiner ständigen Rechtsprechung zu prüfen, ob das Ergebnis der von der belangten Behörde durchgeführten Beweiswürdigung mit den Denkgesetzen und den Erfahrungen des täglichen Lebens im Einklang steht und ob die Sachverhaltsannahme in einem von wesentlichen Mängeln freien Verfahren gewonnen worden ist (vgl das hg Erkenntnis vom , 95/15/0002, mwA).
Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, daß die Auszahlung des Lohnes jedenfalls zunächst - wie in der Schweiz und in Liechtenstein üblich - 13 mal jährlich erfolgt ist. Somit ist mit dem Arbeitgeber ein Jahreslohn auf Basis einer 13-maligen Auszahlung vereinbart worden. Der Beschwerdeführer behauptet, erst auf Ersuchen der beim Arbeitgeber beschäftigten österreichischen Grenzgänger sei der Jahreslohn wegen der auf Grund der österreichischen Gesetzeslage bestehenden steuerlichen Begünstigung weiterer sonstiger Bezüge (14. Monatsbezug und 8.500 S = 1.500 SFR) nicht mehr in 13 Teilbeträgen, sondern in 15 Teilbeträgen ausgezahlt worden.
Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie zu dem Schluß gelangt ist, der Beschwerdeführer habe nur einen sonstigen Bezug von 1/13 des Jahreslohnes ausgezahlt erhalten. Der Beschwerdeführer hat nämlich die den Erfahrungen des täglichen Lebens widersprechende Behauptung aufgestellt, er erhalte weder Auszahlungs- noch Lohnbestätigungen. Abgesehen davon, daß er nach Art 323b Abs 1 Schweizer Obligationenrecht einen Anspruch auf eine schriftliche Abrechnung hatte, verlangt jeder Arbeitnehmer anläßlich der Lohnauszahlung eine dementsprechende Abrechnung. Überdies hätte er im Zug des Ermittlungsverfahrens derartige Bestätigungen nachreichen können. Dem umfangreichen Beschwerdevorbringen, wonach die Lohnkonten beim Arbeitgeber des Beschwerdeführers tatsächlich händisch geführt würden, mangelt es insofern an Relevanz, als bereits auf Grund der obigen Ausführungen der belangten Behörde in ihrer Beweiswürdigung nicht entgegenzutreten war.
Die Beschwerde erweist sich somit in diesem Punkt als unbegründet.
3. Fiktive Fahrtkosten
Gemäß § 16 Abs 1 Z 6 EStG 1972 gehören zu den Werbungskosten auch Aufwendungen des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Zur Abgeltung der Mehraufwendungen, die dadurch entstehen, daß an Stelle der Massenbeförderungsmittel ein eigenes Kraftfahrzeug benutzt wird, sind im Gesetz bestimmte Pauschbeträge festgesetzt.
Zu Recht leitet die belangte Behörde aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ab, daß neben dem Kraftfahrzeugpauschale auch die fiktiven Fahrtkosten für Massenbeförderungsmittel als Werbungskosten in Betracht kommen (vgl das hg Erkenntnis vom , 87/13/0180, mwA). Allerdings hat die belangte Behörde der Höhe nach unbestrittene monatliche fiktive Fahrtkosten für Massenbeförderungsmittel mit der Begründung, der Beschwerdeführer habe wegen seines Urlaubes die Fahrtstrecke tatsächlich nur elf Monate im Jahr zurückgelegt, nur für diesen Zeitraum als Werbungskosten anerkannt.
Der Beschwerdeführer hält dem unter Hinweis auf § 16 Abs 1 Z 6 EStG 1972 entgegen, die Pauschbeträge seien auch für Feiertage sowie für Lohnzahlungszeiträume zu berücksichtigen, in denen sich der Arbeitnehmer im Krankenstand oder auf Urlaub (Karenzurlaub) befinde. Dies habe analog auch für die fiktiven Fahrtkosten zu gelten, weil bei Monatskarten kein Rückersatz für wegen Krankheit oder Urlaub nicht konsumierte Tage stattfinde. Die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, daß niemand genau einen Kalendermonat lang krank oder auf Urlaub sei. Es sei daher nicht möglich, genau für einen Monat keine Monatskarte zu lösen.
§ 16 Abs 1 Z 6 EStG 1972 trifft nur eine, in Form einer Zwangspauschalierung getroffene Sonderregelung für Mehraufwendungen, die dadurch entstehen, daß an Stelle der Massenbeförderungsmittel ein eigenes Kraftfahrzeug für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt wird. Ansonsten sind für Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte die allgemein für Werbungskosten geltenden Grundsätze zu beachten, wonach nur die der Höhe nach angemessenen Kosten für Massenbeförderungsmittel als fiktive Fahrtkosten anerkannt werden können. Es ist dabei Sache des Abgabepflichtigen, die fiktiven Fahrtkosten für Massenbeförderungsmittel darzulegen (vgl das hg Erkenntnis vom , 82/13/0243).
Der Beschwerdeführer hat weder im Verwaltungsverfahren noch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof konkret behauptet, die anerkannten fiktiven Fahrtkosten für Massenbeförderungsmittel seien niedriger als jene, die ihm bei tatsächlicher Benutzung der Massenverkehrsmittel (etwa auch unter Berücksichtigung von Urlaubszeiten) erwachsen wären.
Die Beschwerde erweist sich somit auch in diesem Punkt als unbegründet.
Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.