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VwGH vom 20.04.1993, 93/14/0007

VwGH vom 20.04.1993, 93/14/0007

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

93/14/0008

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerden 1. des N in B und 2. der N-GmbH in G, beide vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in L, gegen die Bescheide der FLD für OÖ vom , zu 1. Zl. 14/70/2-BK/S-1992, betr Einkommensteuer 1987 bis 1989, zu 2. Zl. 14/48/3-BK/S-1992, betreffend Gewerbesteuer 1988 und 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Jeder der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Erstbeschwerdeführer trat die Gesamtrechtsnachfolge seines am verstorbenen Vaters an (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 89/14/0156, 0157). Am wurde von ihm und seiner Mutter der Gesellschaftsvertrag der Zweitbeschwerdeführerin (GmbH) abgeschlossen, an der er zu 25 % und seine Mutter zu 75 % beteiligt waren.

In einer Berufungsentscheidung der belangten Behörde vom betreffend die Gewerbesteuer 1982 bis 1985 der Zweitbeschwerdeführerin wurde insbesondere auf Grund der Zeugenaussage der Mutter des Erstbeschwerdeführers folgendes festgestellt:

Die Gründung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung sei auf Betreiben des Minderheitsgesellschafters (Erstbeschwerdeführers) erfolgt. Die Mehrheitsgesellschafterin (seine Mutter) habe sich lediglich als Gesellschafterin zur Verfügung gestellt, weil ihr mitgeteilt worden sei, daß so der Bestand des Unternehmens ihres verstorbenen Gatten gesichert werden könne. An eine Beteiligung an dem Unternehmen in wirtschaftlicher Sicht habe sie gar nicht gedacht. Auch der vom Minderheitsgesellschafter bzw. vom Steuerberater behauptete Darlehensvertrag könne wohl nicht zustande gekommen sein, da für einen Vertragsabschluß die Willensübereinstimmung beider Parteien notwendig sei und die Zeugin von einem derartigen Vertrag keine Kenntnis gehabt habe. Der Minderheitsgesellschafter müsse demnach die auf den Gesellschaftsanteil der Mehrheitsgesellschafterin eingezahlte Stammeinlage selbst bezahlt haben (für die Annahme, diese Zahlung wäre von einem Dritten geleistet worden, fehle jeglicher Anhaltspunkt). In Kenntnis der Aussage der Zeugin werde auch die ausweichende Antwort des Steuerberaters auf die Frage nach der Darlehensrückzahlung verständlich - mangels Darlehensvertrag könne es auch keine Rückzahlungen geben. Auch das Interesse der Mehrheitsgesellschafterin (die glaube, ihre Beteiligung sei nicht sehr hoch) an der Geschäftsgebarung der GmbH gehe nicht über das familienhafte Interesse einer Mutter am Unternehmen ihres Sohnes hinaus (Argument: ob der Betrieb im allgemeinen zufriedenstellend laufe). Auch das Abtretungsanbot und das Schreiben über die Rücknahme des Anbotes habe sie unterschrieben, ohne die Gründe dafür zu kennen oder sich auch nur dafür zu interessieren. Es könne daher als erwiesen angenommen werden, daß die Mehrheitsgesellschafterin nur als "Strohmann" gedient habe, um die rechtliche Konstruktion einer GmbH möglich zu machen. Da der Steuerberater es abgelehnt habe, Auskunft über die Gründe der gewählten Vorgangsweise zu geben (vgl. die Ausdrücke "Motivenforschung", "familieninterne Angelegenheiten"), könnten darüber nur Vermutungen angestellt werden. Die Strohmannfunktion der Mehrheitsgesellschafterin erkläre auch, warum trotz (zwar geringer) Gewinne keine Ausschüttungen an die Gesellschafter erfolgt seien. Der Minderheitsgesellschafter erhalte unter dem Titel der Abgeltung seiner Geschäftsführung seinen Anteil am Gewinn und die Mehrheitsgesellschafterin solle offenbar, weil sie ja keinen Kapitaleinsatz getätigt habe, gar nicht am Gewinn partizipieren. Sie scheine einen derartigen Gewinn auch gar nicht zu erwarten. So sei es auch nicht nötig gewesen, Generalversammlungen abzuhalten, um einen Beschluß über eine Gewinnausschüttung zu fassen. In Anbetracht dieses Sachverhaltes müßten 100 Prozent der Anteile dem Minderheitsgesellschafter zugerechnet werden, da seine Mutter nur als Treuhänder fungiert habe, um die GmbH gründen zu können und in weiterer Folge wohl auch um die Zurechnung nach § 7 Z. 6 GewStG zu vermeiden und die Vorteile von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (z.B. § 67 EStG) zu erlangen.

In der mündlichen Verhandlung über die Berufungen gegen die Einkommensteuerbescheide 1987 bis 1989 (Erstbeschwerdeführer) bzw. gegen die Gewerbesteuerbescheide 1988 und 1989 (Zweitbeschwerdeführerin) erklärte der steuerliche Vertreter, daß sich am Sachverhalt in den Streitjahren gegenüber dem der Berufungsentscheidung vom zugrunde gelegenen nichts geändert habe. Am hätten der Erstbeschwerdeführer und seine Mutter ihre Geschäftsanteile an Dritte abgetreten.

Mit den im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheiden qualifizierte die belangte Behörde die Einkünfte des Erstbeschwerdeführers als Geschäftsführer der Zweitbeschwerdeführerin als solche aus selbständiger Tätigkeit im Sinne des § 22 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 bzw. § 22 Z. 2 Abs. 2 EStG 1988 und nahm bei der Zweitbeschwerdeführerin Zurechnungen gemäß § 7 Z. 6 GewStG vor. Sie hielt unter Hinweis auf ihre Berufungsentscheidung vom daran fest, daß die Mutter des Erstbeschwerdeführers lediglich als "Strohmann" gedient habe und daß der Erstbeschwerdeführer als Treugeber an der Zweitbeschwerdeführerin wesentlich beteiligt gewesen sei.

Durch diese Bescheide erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf richtige Anwendung der Einkommensteuergesetze 1972 und 1988 bzw. des Gewerbesteuergesetzes sowie der Bundesabgabenordnung beschwert. Sie beantragen, die angefochtenen Bescheide wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und/oder infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde beantragt in ihren Gegenschriften die Abweisung der Beschwerden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen (nahezu textgleichen) Beschwerden erwogen:

Strittig ist, ob der Erstbeschwerdeführer wesentlich (d.h. zu mehr als einem Viertel) beteiligter Gesellschafter der Zweitbeschwerdeführerin ist, weil ihm auch die Mehrheitsbeteiligung seiner Mutter zuzurechnen ist. Diese Frage hatte die belangte Behörde bei gleichem Sachverhalt bereits in ihrer Berufungsentscheidung vom mit näherer - oben wiedergegebener - Begründung bejaht; die Entscheidung wurde vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht angefochten. Die nunmehrigen Beschwerdeausführungen zeigen nicht auf, daß für die Streitjahre eine andere Beurteilung geboten wäre:

Richtig ist, daß die Zurechnung von Wirtschaftsgütern eine Rechtsfrage ist. Gegenstand der rechtlichen Beurteilung ist aber der Sachverhalt, den die belangte Behörde auf Grund ihrer Beweiswürdigung als erwiesen angenommen hat. In Hinblick auf ihre Feststellung, daß die Mutter des Erstbeschwerdeführers ihre Geschäftsanteile an der Zweitbeschwerdeführerin lediglich als "Strohmann" treuhändig für ihren Sohn gehalten hat, hat sie diesen Anteil dem Erstbeschwerdeführer als Treugeber zugerechnet. Es trifft daher nicht zu, daß die belangte Behörde die Lösung einer Rechtsfrage als Problem der Beweiswürdigung behandelt habe.

Die belangte Behörde hat auch keineswegs ignoriert, daß die Option eines Gesellschafters auf den Erwerb der Anteile seines Partners alleine kein wirtschaftliches Eigentum verschafft, sondern dieser Auffassung ausdrücklich zugestimmt. Sie hat die strittige Zurechnung aber nicht auf Grund einer Option, sondern deshalb vorgenommen, weil sie wegen der besonderen Umstände des Falles die Treuhänderstellung der Mehrheitsgesellschafterin als erwiesen angenommen hat.

Es trifft nicht zu, daß es für die Entscheidung der belangten Behörde völlig unerheblich wäre, aus welchen Mitteln die Mehrheitsgesellschafterin ihre Stammeinlage aufbrachte und ob sie aus ihrer Beteiligung irgendwelche Vermögensvorteile erwartete. Vielmehr durfte die belangte Behörde aus einem fehlenden Kapitaleinsatz der Mehrheitsgesellschafterin und aus deren Desinteresse an einer Gewinnausschüttung Schlüsse ziehen, ob sie beim Eingehen der Beteiligung bloß einen verdeckten Treuhandauftrag ausführte.

Der Verwaltungsgerichtshof kann den Beschwerdeführern auch darin nicht folgen, die Errichtung der vorliegenden notariellen Option wäre im Falle einer Treuhandschaft völlig nutzlos und sinnwidrig. Vielmehr entspricht es den Erfahrungen des Wirtschaftslebens, daß gerade derartige Abtretungsanbote auf die Herausgabe von Treuhandvermögen abzielen, mag auch ein Anbot auf Anteilsabtretung für sich allein wirtschaftliches Eigentum des Anbotsempfängers nicht begründen. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, daß die Mutter des Erstbeschwerdeführers weder über das Abtretungsanbot noch über dessen angebliche Rücknahme näher informiert war.

Wenig überzeugend ist die Darstellung der Beschwerdeführer, die Aussage der Mehrheitsgesellschafterin, "ihre Beteiligung sei nicht sehr hoch", habe sich auf ihre mittelbare Beteiligung an der GmbH & Co KG bezogen, an der sie keine unmittelbare Beteiligung hielt. Da die Mehrheitsgesellschafterin schon über ihre unmittelbare Beteiligung an der GmbH nicht Bescheid wußte, war nicht anzunehmen, daß sie sich mit ihren Äußerungen auf eine bloß mittelbare Beteiligung bezogen hat. Entsprechendes gilt auch für ihre Anteilnahme an der Geschäftsgebarung.

Richtig ist, daß es sich beim Geschäftsführerbezug des Erstbeschwerdeführers nicht um einen Gewinnanteil handelte. Jedoch hatte der Erstbeschwerdeführer damit eine Möglichkeit, "aus dem Unternehmen" Einkünfte zu erzielen. Demgegenüber war seine Mutter weder Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH noch Kommanditistin. Ein eigenes wirtschaftliches Interesse an ihrer Beteiligung war nicht erkennbar.

Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, die Tatsache, daß die Mehrheitsgesellschafterin von einem (anläßlich der Beteiligung geschlossenen) Darlehensvertrag keine Ahnung hatte, ändere nichts daran, daß dieser existierte, und verweisen auf einen Punkt des Abtretungsanbotes, wonach zum Zeitpunkt der Annahme des Anbotes kein Kaufpreis zu entrichten sei, sondern lediglich die Darlehensschuld der Mehrheitseigentümerin an den Minderheitseigentümer entfalle. Mit diesem Passus ist aber keineswegs bewiesen, daß es zu einer Darlehensgewährung tatsächlich gekommen ist. Ein anderer Beweis liegt hiefür nicht vor.

Zutreffend hat die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden ausgeführt, daß die Tatsache des 1992 erfolgten Verkaufes der Geschäftsanteile der Mehrheitseigentümerin an einen Dritten über die wahren (wirtschaftlichen) Eigentumsverhältnisse nichts aussagte. Ein solcher Verkauf konnte auch über Weisung eines Treugebers erfolgen. Dieser Argumentation haben die Beschwerdeführer nichts entgegengesetzt.

Schließlich ist festzuhalten, daß die Beschwerdeführer der Beurteilung desselben Sachverhaltes als Treuhandverhältnis für frühere Jahre nicht entgegengetreten sind. Warum nicht schon die Feststellungen in der Berufungsentscheidung vom vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpft wurden, erläutern die Beschwerdeführer nicht. Wenn die belangte Behörde nun auch für die Streitjahre angenommen hat, die Mutter des Erstbeschwerdeführers wäre nur als "Strohmann" aufgetreten, so vermag der Verwaltungsgerichtshof darin unter den gegebenen Umständen eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken.

Die vorliegenden Beschwerden erweisen sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen waren.

Die Kostenentscheidungen beruhen auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.