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VwGH vom 19.02.1991, 90/08/0092

VwGH vom 19.02.1991, 90/08/0092

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der Salzburger Gebietskrankenkasse gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom , Zl. 120.076/1-7/90, betreffend Versicherungspflicht nach dem ASVG und AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. Peter H, 2. H-GesmbH,

3. Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, Landesstelle Salzburg in 5021 Salzburg, Ignaz-v.-Heffter-Straße 35, 4. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Landesstelle Salzburg, 5010 Salzburg, Dr. Franz-Rehrl-Platz 5), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 460,-- und der erst- und zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen von insgesamt S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren der erst- und zweitmitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

1. Der Erstmitbeteiligte hat mit Erich R (beide sind Steuerberater; der Letztgenannte wird in der Folge "R" genannt) mit Notariatsakt vom einen Gesellschaftsvertrag über die Errichtung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (der Zweitmitbeteiligten des Beschwerdeverfahrens) abgeschlossen, nach dessen § 3 das Stammkapital von

S 500.000,-- vom Erstmitbeteiligten zu einem Viertel und von R. zu drei Viertel übernommen wurde. Gemäß § 4 dieses Gesellschaftsvertrages besteht Einzelzeichnungsbefugnis jedes Geschäftsführers, zu denen der Erstmitbeteiligte und R. für die Dauer ihrer Zugehörigkeit zur Gesellschaft unter einem bestellt und die Zulässigkeit des Widerrufes dieser Bestellung auf wichtige Gründe im Sinne des § 16 Abs. 3 GesmbH-Gesetz im Zusammenhalt mit §§ 117, 127 HGB beschränkt wurde. Gemäß § 6 dieses Vertrages bedürfen Beschlüsse der Generalversammlung über folgende Angelegenheiten der Mehrheit von 80 % der abgegebenen Stimmen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
"a)
Änderung des Gesellschaftsvertrages
b)
Beschlußfassung über die Genehmigung der Anschaffung oder Herstellung von Gegenständen des Anlage- und/oder Umlaufvermögens mit einem Anschaffungs- und Herstellungswert von mehr als 50 % (in Worten: fünfzig Prozent) des Stammkapitals.
c) Einkauf und Verkauf von Grundstücken und Liegenschaften sowie sonstige Verfügungen darüber.
d) Aufnahmen von Krediten und/oder Darlehen über einen Betrag von S 250.000,-- (in Worten: Schilling zweihundertfünfzigtausend) jährlich hinaus.
e) Einstellung von Personal mit einem monatlichen Bruttobezug von mehr als S 20.000,-- (in Worten: Schilling zwanzigtausend).
f)
Verteilung bzw. Verwendung des Reingewinnes.
g)
Gewährung von Pensionszusagen an Dienstnehmer.
h)
Gewährung von Krediten und/oder Darlehen über einen Betrag von S 50.000,-- (in Worten: Schilling fünfzigtausend) jährlich hinaus.
i)
Übernahme von Haftungen und Bürgschaften.
j)
Errichtung oder Herstellung von Zweigniederlassungen.
k)
Veräußerung von Anlagevermögen über einen Betrag von
S 250.000,-- (in Worten: Schilling zweihundertfünfzigtausend) jährlich hinaus.
l)
Erwerb von Beteiligungen an anderen Unternehmungen.
m)
Bestellung oder Abberufung von Prokuristen.
n)
Bestellung und Abberufung sowie die Regelung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis von Geschäftsführern.
o)
Veräußerung und Verpachtung des Unternehmens.
p)
Auflösung der Gesellschaft."
2.0. Die von der Zweitmitbeteiligten ab erstattete Anmeldung des Erstmitbeteiligten zur Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit Abs. 2 ASVG wurde mit Bescheid der Beschwerdeführerin vom gemäß § 410 Abs. 1 Z. 1 ASVG mit der Begründung abgelehnt, daß für einzelne im Gesellschaftsvertrag unter § 6 aufgezählte Angelegenheiten eine qualifizierte Mehrheit von 80 % der abgegebenen Stimmen erforderlich sei, darunter auch für die Bestellung und Abberufung, sowie die Regelung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis von Geschäftsführern. Wenn ein Gesellschafter selbst zum Geschäftsführer oder als solcher abberufen werden solle, so sei er bei der Beschlußfassung in der Ausübung seines Stimmrechtes nicht beschränkt. Er könne daher seine Abberufung als Geschäftsführer verhindern, falls er über eine entsprechende Sperrminorität (zu ergänzen: wie dies beim Ertmitbeteiligten zutrifft) verfüge. Somit sei diese Stellung nicht dem Dienstnehmer, sondern dem Dienstgeber ähnlich und keine persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit gegeben.

2.1. Gegen diesen Bescheid wurde von der zweitmitbeteiligten Gesellschaft Einspruch erhoben, worin (u.a.) die Unterscheidung zwischen der gesellschaftsrechtlichen Organfunktion und der die eigentliche Anstellung betreffenden "schuldrechtlichen Regelung" betont und in umfangreichen Rechtsausführungen dargelegt wird, daß die im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Mitbestimmungsrechte des Erstmitbeteiligten auf den Anstellungsvertrag keinen Bezug hätten; dieser könne durch den anderen Geschäftsführer oder durch einen - diesfalls mit einfacher Mehrheit zu fassenden - Beschluß der Generalversammlung aufgekündigt werden. Nach einer etwa erfolgten Abberufung des Geschäftsführers mittels Rechtsgestaltungsklage stehe ihm bei der Abberufung über die Beendigung seines Dienstverhältnisses nicht einmal ein Stimmrecht zu. Unter Hinweis auf das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 83/08/0200, Slg. Nr. 12325/A, sowie auf weitere im einzelnen näher bezeichnete Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes wird in diesem Einspruch die Auffassung vertreten, daß hinsichtlich der die persönliche Abhängigkeit betreffenden Merkmale keine Sperrminorität des Erstmitbeteiligten vorliege und diese daher nicht versicherungsschädlich sei.

2.2. Dieser Einspruch wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom abgewiesen. Aufgrund einer dagegen von der zweitmitbeteiligten Partei erhobenen Berufung hat die belangte Behörde den Einspruchsbescheid mit Bescheid vom gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 behoben und die Angelegenheit "zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides" an den Landeshauptmann von Salzburg zurückverwiesen. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, daß sich die belangte Behörde nicht veranlaßt sehe, in eine meritorische Prüfung der Sache einzutreten, weil sowohl die Beschwerdeführerin als auch die Einspruchsbehörde bei ihren Entscheidungen von Überlegungen ausgegangen seien, die mehr oder weniger formeller Art seien. Keine der Unterinstanzen habe Ermittlungen in der Richtung angestellt, ob bzw. inwieweit der Erstmitbeteiligte bei der Zweitmitbeteiligten in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit beschäftigt sei. Dann heißt es in der Begründung dieses Bescheides wörtlich:

"Nach der jüngeren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Erk. des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 83/08/0200) reicht das Vorliegen einer "Sperrminorität" allein noch nicht aus, um die Dienstnehmereigenschaft zu verneinen, es ist vielmehr zu prüfen, ob die Tätigkeit des Gesellschafters die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit aufweist. Dadurch, daß derartige Erhebungen nicht angestellt wurden, hat der Landeshauptmann von Salzburg die in § 26 bzw. den §§ 37 und 39 AVG 1950 festgelegten Verfahrensgrundsätze, wonach nämlich bei Erlassung eines Bescheides immer unter Beachtung der Grundsätze der Amtswegigkeit und der Erforschung der materiellen Wahrheit, die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes vorauszugehen hat, nicht hinreichend beachtet."

Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

3.0. Danach hat der Landeshauptmann von Salzburg nach Einsichtnahme in den Angestelltendienstvertrag des Erstmitbeteiligten und nach einer unter Teilnahme des Erstmitbeteiligten, des zweiten Geschäftsführers (und Mehrheitsgesellschafters) der zweitmitbeteiligten Partei und einer Vertreterin der Beschwerdeführerin durchgeführten mündlichen Verhandlung dem Einspruch der zweitmitbeteiligten Partei mit Bescheid vom Folge gegeben und festgestellt, daß der Erstmitbeteiligte als Dienstnehmer der Zweitmitbeteiligten ab der Pflichtversicherung gemäß §§ 4 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG und 1 AlVG unterliege. Nach Zitierung des aufhebenden Bescheides der belangten Behörde faßt die Einspruchsbehörde darin die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens dahin zusammen, daß nach dem Inhalt des Anstellungsvertrages das Dienstverhältnis auch bei Wegfallen der Organfunktion aufrecht bleiben solle. Der Erstmitbeteiligte habe die Führung der Bücher der Gesellschaft, die Erstellung des Jahresabschlusses, die Einberufung der ordentlichen Generalversammlung und der außerordentlichen Generalversammlung zu besorgen. Das grundsätzliche Weisungsrecht der Generalversammlung werde in diesem Vertrag betätigt; Beschlüsse darüber würden auch mit einer "geringeren als 80 %igen Zustimmung" zustande kommen. Der Erstmitbeteiligte könne daher "Weisungen an ihn nicht schlechthin verhindern". Es sei vielmehr die umfassende Verantwortlichkeit des Geschäftsführers in rechtlicher und disziplinärer Hinsicht in vollem Umfang gegeben. Die zweitmitbeteiligte Partei habe sich im Anstellungsvertrag überdies eine periodische Berichterstattung über den Fortgang der Geschäfte sowie das Recht, eine Berichterstattung im einzelnen zu verlangen, vorbehalten. Die Aufteilung der Normalarbeitszeit erfolge durch die "Dienstgebergesellschaft", d.h. durch den anderen Geschäftsführer, nachdem eine 80 %ige Stimmenmehrheit für derartige Beschlüsse nicht erforderlich sei und der Erstmitbeteiligte eine derartige, seinen Interessen zuwiderlaufende Aufteilung nicht verhindern könne. Eine Vertretungsmöglichkeit für den Erstmitbeteiligten sei ausgeschlossen. Urlaub und Dienstort würden von der Mehrheit der Gesellschaft "d.i. von R." bestimmt. Ausdrücklich sei im Punkt 3 Absatz 7 festgehalten, daß es sich um ein Dienstverhältnis nach § 4 Abs. 2 ASVG handle. Die Generalversammlung fasse mit einfacher Mehrheit Beschlüsse über die Valorisierung des mit S 30.000,-- vereinbarten Entgelts des Erstmitbeteiligten, die Höhe der im Vertrag festgesetzten Tantiemen, sowie darüber, ob Überstunden bezahlt würden, ob Zeitausgleich gewährt würde, sowie darüber, ob Überstunden überhaupt notwendig geworden seien. Ob eine Pensionszusage (ergänze: zugunsten des Erstmitbeteiligten) zustande komme, hänge von der Zustimmung des R. ab. Letztlich könne der Dienstvertrag mit einfacher Mehrheit von der Dienstgebergesellschaft aufgekündigt werden. Es sei sohin festzuhalten, "daß wesentliche Umstände, die die Position des (Erstmitbeteiligten) in der Gesellschaft und auch seine Lebensqualität bestimmen", von ihm nicht beeinflußt werden könnten, d.h., daß er sich nicht dagegen wehren könne, wenn der Dienstgeber im Rahmen des Angestelltengesetzes den Dienstvertrag aufkündige, nur die "Minimalleistungen" erbringe und im übrigen seine Kontroll- und Weisungsbefugnisse "rigoros durchführe". Die Mitbestimmungsrechte des Erstmitbeteiligten im Rahmen des § 6 des Gesellschaftsvertrages bestünden nur im eingeschränkten Umfang, so etwa bei Personalaufnahmen, wobei zumindest beim Hilfspersonal seine Zustimmung nicht erforderlich sei. Die "Personalhoheit" des Erstmitbeteiligten beschränke sich im wesentlichen "auf die Aufsicht im Innendienst". Er leite das Büro nach Maßgabe des Dienstvertrages und des Gesellschaftsvertrages, sohin insbesondere nach den Weisungen des Mehrheitsgesellschafters. Beim Erstmitbeteiligten handle es sich "im wesentlichen um einen Bürovorstand", da R. lediglich bei Bedarf in dieses Büro komme, da er noch an anderen Gesellschaften beteiligt sei und daher seine geschäftlichen Interessen "weitergestreut" seien. Im Hinblick auf das ausdrückliche Vorliegen eines Angestelltenvertrages, aufgrund dessen auch bei Berücksichtigung des Gesellschaftsvertrages es der Erstmitbeteiligte nicht verhindern könne, daß ihm R. Weisungen erteile, deren Inhalt er auch nicht mitbestimmen könne und aufgrund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (dabei zitierte die Behörde das Erkenntnis Zl. 83/08/0247 vom ), würde nach Ansicht der Einspruchsbehörde die persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Tätigkeit überwiegen.

3.1. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Darin hebt sie hervor, daß für die persönliche Abhängigkeit eines geschäftsführenden Gesellschafters einer GesmbH das Ausmaß der Beteiligung an der Gesellschaft mitbestimmend sei. Sie sei dann auszuschließen, wenn der geschäftsführende Gesellschafter kraft seiner Beteiligung an der Gesellschaft die Beschlußfassung der in der Generalversammlung organisierten Gesellschafter, soweit sie die Ausübung der ihnen gemäß § 20 Abs. 1 GesmbH-Gesetz zustehenden Weisungsrechte gegenüber dem Geschäftsführer in den für die persönliche Abhängigkeit maßgebenden Belangen betrifft, bestimmen oder zumindest verhindern könne (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/08/0109). Das Vorliegen eines Angestelltenvertrages sei erst dann von Bedeutung, wenn der Inhalt bzw. die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages nicht gegen den Dienstnehmerbegriff gemäß § 4 Abs. 2 ASVG sprächen. Der Erstmitbeteiligte könne seine Abberufung als Geschäftsführer verhindern und schon deshalb nicht Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG sein. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 83/08/0200, beträfen Gesellschafter, die nicht Geschäftsführer seien; nur bei diesen reiche es nicht aus, Beschlußfassungen der Generalversammlung verhindern zu können. Bei Gesellschaftern, die auch Geschäftführer seien, reiche jedoch eine Sperrminorität (ergänze: zur Verneinung der Dienstnehmereigenschaft im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG) aus.

3.2. Die belangte Behörde hat die Berufung der Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen und - ebenfalls unter Hinweis auf das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 83/08/0200, Slg. Nr. 12325/A - dabei die Auffassung vertreten, daß das Vorliegen einer Sperrminorität allein noch nicht ausreiche, um die Dienstnehmereigenschaft zu verneinen. Unter teilweiser Wiederholung von einzelnen Begründungselementen des Einspruchsbescheides vom gelangt die belangte Behörde gleichfalls zu der Auffassung, daß die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit beim Erstmitbeteiligten überwiegen würden.

4. Dagegen richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde der Gebietskrankenkasse. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen, jedoch beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig (hinsichtlich des Vorlageaufwandes) abzuweisen.

Die erst- und die zweitmitbeteiligte Partei haben eine gemeinsame Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragen. Die übrigen mitbeteiligten Parteien haben von der Erstattung von Gegenschriften Abstand genommen.

5. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5.1. Zu der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen dem GESELLSCHAFTER einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung Dientnehmereigenschaft im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit Abs. 2 ASVG zukommen kann, hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung stets dahin differenziert, ob es sich (überdies) um einen Geschäftsführer handelt oder ob (nur) eine sonstige Beschäftigung in der Gesellschaft vorliegt:

5.1.1. Für die Beurteilung der rechtlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit eines GESCHÄFTSFÜHRENDEN GESELLSCHAFTERS einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung von der Gesellschaft ist ZUNÄCHST (d.h. der nach § 4 Abs. 2 ASVG vorzunehmenden Prüfung, ob die Merkmale der persönlichen Abhängigkeit jene der Unabhängigkeit überwiegen, GEDANKLICH VORGELAGERT) zu prüfen, ob und inwieweit der Geschäftsführer aufgrund der getroffenen Vereinbarungen einen beherrschenden Einfluß auf die Gesellschaft mit beschränkter Haftung hat. Es ist nämlich aufgrund des dualistischen, auf der Verschiedenheit von Dienstgeber (im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG) und Dienstnehmer aufbauenden Systems der Versicherungspflicht abhängig Beschäftigter die Annahme der Dienstnehmereigenschaft im Rahmen des sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nicht nur in Ansehung jener Person ausgeschlossen, die selbst Dienstgeber ist, sondern auch für denjenigen, der auf einen Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG (etwa wenn dieser eine juristische Person ist) in rechtlicher Hinsicht in den hier maßgebenden Belangen (etwa als Mehrheitsgesellschafter) einen beherrschenden Einfluß ausübt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Slg. 4189/A, vom , Slg. 8086/A, vom , Zl. 1706/77, und vom , Zl. 81/08/0125).

Ein solcher beherrschender Einfluß eines Gesellschafters, der auch Geschäftsführer ist, ist aber auch dann anzunehmen, wenn er nach dem Gesellschaftsvertrag eine Beschlußfassung der in der Generalversammlung organisierten Gesellschafter, soweit sie die Ausübung der ihnen gemäß § 20 Abs. 1 GesmbHG zustehenden Weisungsrechte gegenüber dem Geschäftsführer in den für die persönliche Abhängigkeit maßgebenden Belangen betrifft aufgrund einer sogenannten "Sperrminorität" verhindern kann (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 12325/A und jenes vom , Zl. 81/08/0125, und die darin zitierte Vorjudikatur, sowie ferner das Erkenntnis vom , Zl. 87/08/0109), aber auch dann, wenn Anhaltspunkte dafür, daß der geschäftsführende Gesellschafter faktisch mehr Rechte in Anspruch nimmt, als ihm aufgrund des Gesellschaftsvertrages und des Geschäftsführervertrages zustehen, eine Deutung dahin erfordern, die vertraglichen Vereinbarungen als Scheinvertrag zu werten (vgl. neuerlich das Erkenntnis vom , Zl. 81/08/0125, und die darin zitierte Vorjudikatur).

5.1.2. Bei in der Gesellschaft mit beschränkter Haftung beschäftigten Gesellschaftern, die NICHT GESCHÄFTSFÜHRER sind, reicht hingegen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Vorliegen einer Sperrminorität deshalb zur Verneinung der Versicherungspflicht nicht aus, weil auch durch die Blockierung der Beschlußfassung in der Generalversammlung die Erteilung von Weisungen durch den Geschäftsführer an den (angestellten) Gesellschafter nicht verhindert werden kann und ein Einfluß auf die (grundsätzlich vom Geschäftsführer wahrzunehmende) Unternehmensgestion für einen solchen Minderheitsgesellschafter nicht hergestellt werden kann. In den Fällen des (schlichten) Angestellten OHNE GESCHÄFTSFÜHRERFUNKTIONEN führt daher erst der Besitz der Mehrheit des Stammkapitals zur Annahme eines die Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit Abs. 2 ASVG ausschließenden, beherrschenden Einflusses (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 12325/A, sowie die Erkenntnisse vom , Zl. 81/08/0117, vom , Zl. 83/08/0247, und vom , Zl. 87/08/0109).

5.1.3. In beiden Konstellationen kommt es somit im Falle der (von je unterschiedlichen Voraussetzungen abhängigen) Bejahung des beherrschenden Einflusses auf die Gestion der Gesellschaft auf die Frage der persönlichen Abhängigkeit nicht mehr an, im Falle der Verneinung eines solchen Einflusses ist dieser Frage jedoch einer Prüfung im Sinne der zu § 4 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 ASVG ergangenen, und im wesentlichen auf das grundlegende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vm , Slg. 4495/A, gestützten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu unterziehen (vgl. dazu etwa die Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 4189/A und vom , Slg. Nr. 11361/A, und das Erkenntnis vom gleichen Tag Zl. 82/08/0154 uva.).

5.2. Die auf das (den Angestellten einer Kommanditgesellschaft, der zwar Gesellschafter, aber NICHT GESCHÄFTSFÜHRER der Komplementär-GesmbH gewesen ist, betreffende) hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 83/08/0200, Slg. Nr. 12325/A, gestützte Auffassung der belangten Behörde, auch bei einem GESCHÄFTSFÜHRER - GESELLSCHAFTER reiche das Vorliegen einer Sperrminorität noch nicht aus, um die Dienstgebereigenschaft zu verneinen, beruht daher in dieser Allgemeinheit auf einer Verkennung des tatsächlichen Inhaltes dieses Erkenntnisses Äauch die von der Einspruchsbehörde zur Stützung dieser Rechtsauffassung darüber hinaus herangezogenen Erkenntnisse betreffen andere Sachverhalte, nämlich teils angestellte Gesellschafter, die nicht Geschäftsführer (so das Erkenntnis vom , Zl. 83/08/0247), teils geschäftsführende Gesellschafter ohne Sperrminorität (so das Erkenntnis vom , Zl. 87/08/0109)ö.

6.0. Diese Erwägungen verhelfen der Beschwerde jedoch aus folgenden Gründen nicht zum Erfolg:

6.1. Aus der - unter Punkt 2.2. wörtlich wiedergegebenen - Begründung des gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 erlassenen Behebungsbescheides der belangten Behörde ergibt sich, daß die Berufung auf das hg. Erkenntnis vom , Slg. 12325/A, und der daraus - fälschlich - gewonnene Rechtssatz, es reiche - auch fallbezogen - das Vorliegen einer Sperrminorität schlechthin noch nicht aus, die Dienstnehmereigenschaft des Erstmitbeteiligten zu verneinen, wesentliche, tragende Gründe für die Aufhebung gewesen sind, hat doch die belangte Behörde gestützt auf diesen Rechtssatz die Prüfung der Frage, ob die Tätigkeit des Erstmitbeteiligten die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit aufweise, für erforderlich gehalten und ist deshalb, da eine solche Prüfung noch nicht vorgenommen worden war, mit einer Aufhebung des Einspruchsbescheides vorgegangen.

6.2. Die eingetretene Rechtskraft dieses Behebungsbescheides hat nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Folge, daß im weiteren Verfahren sowohl die Administrativbehörden (d.h. auch die belangte Behörde selbst) und (im Rahmen der ihm obliegenden nachprüfenden Rechtmäßigkeitskontrolle) demzufolge auch der Verwaltungsgerichtshof bei unveränderter Sach- und Rechtslage an die von der belangten Behörde geäußerte, für die Behebung maßgebende Rechtsansicht gebunden sind (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. 10744/A, sowie vom , Zl. 86/08/0177 uva.; vgl. ferner Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes4, RdZ 546 mit weiteren Hinweisen). Die Mißachtung dieser Bindungswirkung würden die folgenden behördlichen Entscheidungen mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belasten (vgl. das Erkenntnis vom , Slg. 10757/A und das bereits erwähnte Erkenntnis vom , Zl. 86/08/0177).

6.3. Dies bedeutet, daß im Beschwerdefall im weiteren Verfahren die Einspruchsbehörde, aber auch die belangte Behörde an den - wenn auch unzutreffenden - Rechtssatz, daß die Sperrminorität des Erstmitbeteiligten der Annahme eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nicht im Wege stehe, gebunden waren und daher bei Erlassung ihrer Bescheide zutreffend von diesem Rechtssatz ausgegangen sind.

6.4. Die Beschwerdeführerin wendet sich sowohl in ihrer Berufung gegen den danach ergangenen Einspruchsbescheid als auch in ihrer Beschwerde gestützt auf den wesentlichen Inhalt des Gesellschaftsvertrages ausschließlich gegen die Annahme der Behörden, die dem Erstmitbeteiligten zukommende Sperrminorität schließe ein sozialversicherungsrechtliches Dienstverhältnis nicht aus. Damit vermag sie aber aus den dargelegten Gründen zufolge der Bindungswirkung des rechtskräftigen Bescheides der belangten Behörde vom eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides nicht darzutun. Da sich die Beschwerdeführerin weder in ihrer Berufung gegen die übrigen Feststellungen der Einspruchsbehörde gewendet hat, noch in ihrer Beschwerde in diese Richtung ein Vorbringen erstattet und die auf den oben (Punkt 3.0. bzw. 3.2.) wiedergegebenen Sachverhaltsannahmen fußende, das Überwiegen der Merkmale der persönlichen Abhängigkeit bejahende - die gesellschaftsrechtlichen Mitspracherechte des Erstmitbeteiligten vernachlässigende - Schlußfolgerung nicht rechtswidrig ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff ASVG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Das auf den Ersatz der Stempelgebühren abzielende Kostenersatzbegehren der erst- und zweitmitbeteiligten Partei war zufolge der gemäß § 110 ASVG auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bestehenden sachlichen Abgabenbefreiung abzuweisen.