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VwGH vom 28.03.2001, 98/13/0019

VwGH vom 28.03.2001, 98/13/0019

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des Bernhard B in W, vertreten durch Dr. Christian Falkner, Rechtsanwalt in Baden, Biondekgasse 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat I) vom , Zl. 15-92/1356/03, betreffend u.a. Einkommensteuer für die Jahre 1987 bis 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 15.000 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Gefolge einer die Jahre 1987 bis 1989 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung wurde die steuerliche Anerkennung einer bisher erklärungsgemäß als Sonderausgabe nach § 18 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 (für die Jahre 1987 und 1988) und § 18 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 (für das Jahr 1989) anerkannten Rentenzahlung des Beschwerdeführers strittig.

Im angefochtenen Bescheid wird zum Sachverhalt ausgeführt, der Beschwerdeführer habe mit Notariatsakt vom das Buchdruckereiunternehmen seines Vaters im Schenkungsweg erhalten. Der Vater des Beschwerdeführers habe jene (private) Villa, in der sowohl er als auch der Beschwerdeführer wohnten, mit Kauf- und Leibrentenvertrag vom von Frau B erworben. Der Streit im Verwaltungsverfahren gehe dahin, ob die vom Beschwerdeführer ab 1979 an Frau B geleisteten Rentenzahlungen bei ihm als Sonderausgaben abzugsfähig seien. In der Berufung werde dazu vorgebracht, der Beschwerdeführer habe anlässlich der Schenkung der Druckerei die Rentenverpflichtung seines Vaters übernommen. Er bezahle deshalb nachweislich seit dem die strittige Rente direkt an Frau B.

Aus der gesetzlichen Bestimmung des § 18 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 und 1988 gehe - so die belangte Behörde weiter im angefochtenen Bescheid - als Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit von Renten als Sonderausgaben hervor, dass die Renten vom Steuerpflichtigen in Erfüllung einer rechtlich erzwingbaren Verpflichtung geleistet werden müssen. Das Vorbringen in der Berufung, der Beschwerdeführer habe anlässlich der Schenkung des Buchdruckereiunternehmens die Leibrentenverpflichtung des Vaters übernommen, lasse für die belangte Behörde den Schluss nahe liegend erscheinen, der Beschwerdeführer sei der Auffassung, im Wege einer Schuldübernahme die aus dem Kauf der Villa resultierende Verpflichtung des Vaters übernommen zu haben. Ein Forderungsrecht der B gegenüber dem Beschwerdeführer würde aber nur im Fall einer befreienden Schuldübernahme iS des § 1405 ABGB bestehen. Für eine solche Schuldübernahme sei aber die Einwilligung des Gläubigers (der Frau B) erforderlich. Bis zur Zustimmung des Gläubigers oder bei Fehlen der Zustimmung gelte eine beabsichtigte befreiende Schuldübernahme kraft gesetzlicher Anordnung des § 1405 ABGB als Erfüllungsübernahme nach § 1404 ABGB. Dass eine befreiende Schuldübernahme nicht stattgefunden habe, sei auch einem Schreiben des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers zu entnehmen, wonach nicht der Beschwerdeführer, sondern sein Vater gegenüber B aus dem Kauf- und Leibrentenvertrag verpflichtet sei. In diesem Schreiben habe der Beschwerdeführer überdies erklärt, er habe sich seinem Vater gegenüber im Zuge der Schenkung des Unternehmens verpflichtet, ihn auf seine Lebensdauer von der Leibrentenverpflichtung durch unmittelbare Zahlung zu entlasten. Dies bestätige die Ansicht der belangten Behörde, dass lediglich eine Erfüllungsübernahme vorliege. Im Fall einer Erfüllungsübernahme sei der Beschwerdeführer jedoch nicht Verpflichteter, "das heißt, die Zahlungen beruhen nicht auf einer gegenüber Frau B eingegangenen Verpflichtung und sind daher mangels eines besonderen Verpflichtungsgrundes rechtlich nicht erzwingbar und in weiterer Folge nicht als Sonderausgaben abzugsfähig".

In der Folge stellte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auch Überlegungen dahingehend an, ob die laut Vorbringen des Beschwerdeführers auf Grund einer mündlichen Nebenabrede zum Schenkungsvertrag geleistete Rente als "Leibrente an den Vater" unter dem Gesichtspunkt einer so genannten Versorgungsrente steuerliche Berücksichtigung finden könnte. Unabhängig davon - so die Ausführungen der belangten Behörde -, ob die zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Vater geschlossene mündliche Vereinbarung über die Bezahlung einer Leibrente als Gegenleistung für das Buchdruckereiunternehmen anerkannt werde, seien die geltend gemachten Beträge nicht als Sonderausgaben abzugsfähig und zwar aus folgenden Überlegungen:

Als außerbetriebliche Versorgungsrenten seien Renten anzusehen, die zumeist zwischen Verwandten vereinbart würden, deren Wert aber außer Verhältnis zum Wert des übertragenen Vermögens stehe, sodass die Renten nicht als Kaufpreisrenten betrachtet werden könnten. Ein Überwiegen des Versorgungscharakters werde bei einer Differenz von mehr als 25 % zwischen dem Wert des übergebenen Betriebes und dem nach versicherungsmathematischen Grundsätzen ermittelten Barwert der Rente angenommen. Liege der Wert der Rente über 125 % oder unter 75 % des Wertes des Betriebes, könne von einer Versorgungsrente ausgegangen werden. An gesetzlich Unterhaltsberechtigte geleistete Versorgungsrenten seien aber als Unterhaltsrenten nicht abzugsfähig, wenn ihr Unterhaltscharakter überwiege. Ein wesentlicher Anhaltspunkt dafür sei, dass der Wert des übertragenen Vermögens bei überschlägiger Berechnung nicht wenigstens die Hälfte des Wertes der Rentenverpflichtung erreiche. In der Folge ermittelte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid den versicherungsmathematischen Rentenbarwert bezogen auf das Alter des im Jahr 1918 geborenen Vaters als "Rentenberechtigten" zum Stichtag des Schenkungsvertrages vom mit einem Betrag von 1,360.859 S. Im Zuge einer Vorhaltsbeantwortung im Betriebsprüfungsverfahren habe der Beschwerdeführer den Unternehmenswert mit 550.000 S in Ansatz gebracht. Die Gegenüberstellung des Rentenbarwertes und des Wertes des übertragenen Vermögens ergebe, dass der Barwert der Rente um mehr als 100 % über dem Wert des übertragenen Unternehmens liege. Es läge daher nur eine Unterhaltsrente vor, sodass die strittigen Zahlungen auch unter dieser Betrachtung nicht als Sonderausgaben abzugsfähig wären. Angesichts dieser Ausführungen - so die belangte Behörde abschließend in ihrer Begründung - sei auch von der Einvernahme des Vaters des Beschwerdeführers und eines als Zeugen beantragten Finanzbeamten abgesehen worden, weil - "wie sich aus den in beide Richtungen (Leibrente an Frau B oder an den Vater des Bw.) angestellten Überlegungen ergibt" - deren Aussagen für die Erhebung der Abgabe nicht wesentlich seien.

In der Beschwerde wendet sich der Beschwerdeführer dagegen, dass die von ihm "gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 und 1988 geltend gemachten Sonderausgaben für Rentenzahlungen nicht anerkannt wurden".

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 115 Abs. 1 BAO haben die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Den Parteien ist nach Abs. 2 dieser Bestimmung Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.

Eine abschließende nachprüfende Kontrolle des angefochtenen Bescheides ist schon deshalb nicht möglich, weil die belangte Behörde keine eindeutigen Feststellungen getroffen hat, welche Sachverhaltskonstellation sie in Bezug auf die strittigen Rentenzahlungen als erwiesen ansah. Die "in beide Richtungen (Leibrente an Frau B oder an den Vater des Bw.)" angestellten Überlegungen zur Abweisung der Berufung erweisen sich außerdem als rechtswidrig.

Wenn die belangte Behörde zur Übernahme der aus dem Kauf der Villa (im Jahr 1965) resultierenden Rentenschuld des Vaters an Frau B den Sonderausgabenabzug allein deshalb verneint, weil es sich mangels Schuldübernahme nach § 1405 ABGB um keine (von Frau B) rechtlich erzwingbare Leistung gehandelt habe, kann ihr nicht gefolgt werden. Unabhängig davon, ob - worauf das Beschwerdevorbringen unter dem Vorwurf der Verletzung des Parteiengehörs im Wesentlichen hinausläuft - hinsichtlich dieser Rente eine befreiende Schuldübernahme nach § 1405 ABGB vorlag, oder nach Ansicht der belangten Behörde nur die Voraussetzungen einer Erfüllungsübernahme nach § 1404 ABGB gegeben waren, handelte es sich auch bei - lediglich - einer Erfüllungsübernahme nach § 1404 ABGB um eine, wenn auch nicht vom Gläubiger (Frau B), so doch vom Schuldner (Vater des Beschwerdeführers) in seiner Eigenschaft als Gläubiger der Schuld des Beschwerdeführers auf Erfüllung der vom Vater übernommenen Leistungsverpflichtung rechtlich erzwingbare Leistung.

Die unter dem Titel der Annahme einer "Leibrente an den Vater" vorgenommene Prüfung des Charakters der Rente (als Gegenleistung für das Buchdruckereiunternehmen) im angefochtenen Bescheid an Hand einer versicherungsmathematischen Kapitalisierung auf der Grundlage des Alters des im Jahr 1918 geborenen Vaters zum Zeitpunkt der Betriebsübergabe rügt die Beschwerde ebenfalls zu Recht. Auch die belangte Behörde hat nämlich nicht festgestellt, dass die Rentenzahlungsverpflichtung an die im Jahr 1907 geborene Frau B nicht mit deren Ableben geendet hätte. Der Rentenkapitalisierung wäre daher nach dem Alter der Frau B vorzunehmen gewesen.

Der angefochtene Bescheid war daher insgesamt im Umfang der Anfechtung (Einkommensteuer 1987 bis 1989) nach § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am