VwGH vom 19.12.2002, 2001/16/0448
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der S Gesellschaft mbH in W, vertreten durch die Europa Treuhand Ernst & Young Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mbH in Wien XXII, Wagramer Straße 19, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ RV/0447-09/97, betreffend Gesellschaftsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die A GmbH war Gesellschafterin der SC GmbH, welche wiederum Gesellschafterin der M GmbH war.
Bereits im Jahre 1985 gewährte die A GmbH der SC GmbH ein Gesellschafterdarlehen in Höhe von S 8,333.333,--.
In den Akten erliegen Teile eines Berichts über die Prüfung des Jahresabschlusses der A. GmbH zum . Auf Seite 4 dieses Berichts ist ausgeführt, die SC GmbH sei mit Notariatsakt vom als übertragende Gesellschaft mit deren Tochtergesellschaft M GmbH als übernehmende Gesellschaft verschmolzen worden. Die Verschmelzung sei rückwirkend auf Basis des Jahresabschlusses zum erfolgt. Im Anschluss daran sei die M GmbH in SC GmbH "(neu)" - das ist die Beschwerdeführerin - umbenannt worden.
Wie in dem Berichtsteil weiters ausgeführt ist, sei das gegenüber der SC GmbH (alt) ausgewiesene Darlehen von S 8,333.333,-
- auf die Beteiligung an dieser Gesellschaft aktiviert worden, da das Darlehen mit Schreiben vom in einen nicht rückzahlbaren Gesellschafterzuschuss umgewandelt worden sei. Nach Verschmelzung mit der M GmbH betreffe dieser Beteiligungsansatz nunmehr die SC GmbH (neu).
Bei dem im Prüfungsbericht angeführten Schreiben handelte es sich um einen mit datierten, an die M GmbH gerichteten Schriftsatz, der von Hans D. unterfertigt war. Dieses Schreiben hat folgenden Wortlaut:
Als indirekter Gesellschafter der M GmbH erkläre ich hiermit im eigenen Namen, im Namen der A. GmbH und im Namen der SCB AG unwiderruflich, einen nicht rückzahlbaren, indirekten Gesellschafterzuschuss in Höhe von insgesamt öS 25 Mio (davon entfallen öS 8,333.333,-- auf die A GmbH, öS 10 Mio auf die SCB AG und öS 6,666.667,-- auf Herrn Hans D.) zur Stärkung des Eigenkapitals Ihrer Gesellschaft zu leisten.
Diese Zusage erfolgt mit Wirkung vom . Die Zahlung wird umgehend erfolgen ...
Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien der Beschwerdeführerin Gesellschaftsteuer in Höhe von S 83.333,-- vor.
In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde vorgebracht, der Zuschuss in Höhe von S 8,333.333,-- sei nicht von einem Gesellschafter gewährt worden.
Nach einem entsprechenden Vorhalt wurde von der Beschwerdeführerin in einem Schreiben vom zur Abwicklung des Darlehensverhältnisses und des Zuschusses vorgebracht, auf Grund der nachfolgenden Verschmelzung der M GmbH mit der SC GmbH (alt) habe eine bare Zuzahlung nicht mehr stattgefunden. Beim Jahresabschluss 1995 sei die aus dem Großmutterzuschuss resultierende Zahlungsverpflichtung mit den ausgewiesenen Gesellschafterdarlehen verrechnet worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides ging die belangte Behörde davon aus, dass die Leistung des Zuschusses der A GmbH betrags- und geschäftsmäßig mit ihrer Gesellschafterstellung bei der SC GmbH (alt) verbunden gewesen sei. Die Identität der tätigen, willensbildenden Person bleibe dieselbe, weswegen ihr die Leistung als Gesellschafterin zuzuordnen sei.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin durch die Vorschreibung von Gesellschaftsteuer in ihren Rechten verletzt.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte
die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 2 Z 4 KVG unterliegen der Gesellschaftsteuer freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft, wenn die Leistung geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen; dazu gehören nach lit a dieser Gesetzesstelle Zuschüsse und nach lit b Verzichte auf Forderungen.
Wie der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in seiner jüngsten Rechtsprechung ausgesprochen hat, ist die Feststellung, ob ein Vorgang in den Anwendungsbereich von Artikel 4 der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital fällt, anhand einer wirtschaftlichen und nicht einer formalen, allein auf die Herkunft der Einlagen abstellenden Betrachtungsweise zu treffen, indem untersucht wird, wem die Zahlung der Einlagen tatsächlich zuzurechnen ist (vgl die Urteile dieses Gerichtshofes je vom , in den Rechtssachen C-339/99, Randnummern 37 und 38, und C-71/00, Randnummer 25).
Im Beschwerdefall wurde - wie in der Vorhaltsbeantwortung vom ausgeführt wurde - das Darlehen der A GmbH bei Erstellung des Jahresabschlusses der Beschwerdeführerin für 1995 mit der "aus dem Großmutterzuschuss resultierenden Zahlungsverpflichtung" verrechnet. Durch die Umgründungsvorgänge vom wurde - entgegen den Ausführungen in der Beschwerdeschrift - die A. GmbH Gesellschafterin der M. GmbH, deren Firmenwortlaut unter einem in den der verschmolzenen SC GmbH (=Beschwerdeführerin) umgewandelt wurde.
Dem Umstand, dass das von Hans D. gezeichnete Schriftstück betreffend die Leistung von "Gesellschafterzuschüssen" an die M GmbH (nunmehr die Beschwerdeführerin) das Datum "" trägt, kommt im gegebenen Zusammenhang keine entscheidende Bedeutung zu. Die in diesem Schriftsatz von Hans D, direkter und indirekter Gesellschafter der angeführten Gesellschaften, "zur Stärkung des Eigenkapitals" der Beschwerdeführerin im eigenen Namen und namens der A GmbH und der SCB AG eingegangenen Verpflichtungen sind ausschließlich im Zusammenhang mit der zwei Tage danach vollzogenen Umstrukturierung des Konzerns zu sehen. Es widerspricht jeglicher Lebenserfahrung, dass Hans D am eine Stärkung des Eigenkapitals durch ihn und die dort genannten Konzerngesellschaften vorgenommen hat und dass davon völlig unabhängig nur zwei Tage später eine weitgehende Umgründung zu Stande gekommen ist, zumal die am getroffenen Vereinbarungen zweifellos eine gewisse Vorbereitungszeit und entsprechende Einigung im Vorfeld benötigten. So war etwa der Notariatsakt über die Verschmelzung immerhin von acht Vertretern der beteiligten Gesellschaften unterfertigt. An der am selben Tag stattgefundenen außerordentlichen Generalversammlung der Beschwerdeführerin nahmen - neben der Urkundsperson - fünf Personen teil. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Beurteilung der Vorgänge ist davon auszugehen, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen den am in der vom Gesetz vorgesehenen Form von Notariatsakten abgeschlossenen Vereinbarungen und der Stärkung des Kapitals durch die Leistung eines Zuschusses genau in der Höhe der Darlehensforderung der A GmbH bestanden hatte. Für einen solchen Zusammenhang spricht auch die Höhe des Zuschusses, da es bei gemeinsamer Betrachtung dieses Vertragsgeflechts zu einer - erst bei Erstellung des Jahresabschlusses buchmäßig vollzogenen - Kompensation zwischen Darlehensforderung und vereinbartem Zuschuss (in Wahrheit also zu einem Forderungsverzicht) gekommen ist. Die Leistung des in Rede stehenden Zuschusses im Betrag von S 8,333.333,-- ist somit der A. GmbH als Gesellschafterin der verschmolzenen (und mit dem Firmenwortlaut SC GmbH versehenen) Beschwerdeführerin zuzuordnen. Die belangte Behörde ist daher zu Recht vom Vorliegen freiwilliger Leistungen eines Gesellschafters iS des § 2 Z 4 KVG ausgegangen.
Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II 201/2001.
Wien, am