zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 19.12.2002, 2001/16/0273

VwGH vom 19.12.2002, 2001/16/0273

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der F AG in W, vertreten durch die Exinger GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in Wien I, Friedrichstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ RV/415-09/03/97, betreffend Gesellschaftsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332,-- EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach einem in den Verwaltungsakten erliegenden Aktenvermerk vom hatte die F. Beteiligungs GmbH von den gesamten Aktien der beschwerdeführenden Aktiengesellschaft im Nennwert von S 539,000.000,-- Aktien im Nennwert von S 478,597.000,-- in Händen (rund 89 %). Die F. Beteiligungs GmbH ist zu 50 % an der M. Holding GmbH beteiligt.

Bei der am durchgeführten außerordentlichen Hauptversammlung der Beschwerdeführerin wurde der Beschluss gefasst, das Grundkapital von Nominale S 539,000.000,-- um S 60,403.000,-- auf S 599,403.000,-- Nominale durch Begebung neuer Aktien in der Stückelung von 60.403 Stück a S 1.000,-- Nominale zu erhöhen. Nach dem Versammlungsprotokoll wurde die Kapitalerhöhung zur Gänze durch die M Holding GmbH übernommen.

Da aus dem Bericht über den Jahresabschluss der Beschwerdeführerin zum ersichtlich war, dass bei der Ausgabe der neuen Aktien ein Aufgeld geleistet worden war, wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, die vorgelegte Steuererklärung zu ergänzen. In einem Schreiben vom wurde daraufhin mitgeteilt, die Beschwerdeführerin habe am von ihrer "Großmuttergesellschaft", der M Holdung GmbH, einen "Großmutterzuschuss" in Höhe von S 611,987.000,-- erhalten. Am habe die M. Holding GmbH mittels Zeichnungsschein die Kapitalerhöhung in Höhe von S 60,403.000,-- gezeichnet. Dem Schreiben waren Kopien zweier Belege betreffend Überweisungen der M. Holding GmbH an die Beschwerdeführerin angeschlossen. Auf dem Überweisungsschein vom über einen Betrag von S 611.987.000,-- wurde als Zahlungsgrund "Grandparent contribution" angegeben, auf jenem vom über S 60,403.000,-- "Kapitaleinzahlung".

Der (endgültigen) Bemessung von Gesellschaftsteuer wurde im Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien vom ein Betrag von S 672,390.000,-- zugrunde gelegt. In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde zusammengefasst vorgebracht, der von der M. Holding GmbH noch vor ihrem Aktienerwerb geleistete Großmutterzuschuss sei nicht steuerbar. Ein rechtlicher Zusammenhang zwischen dem Zuschuss und dem Erwerb der Aktien bestehe nicht. Mangels rechtlicher Verpflichtung könne der Großmutterzuschuss nicht eine zusätzliche Gegenleistung für die Kapitalerhöhung gewesen sein. Die im Kapitalverkehrsteuerrecht vorherrschende zivilrechtliche Betrachtungsweise verbiete es, bei der Tatbetsandsbildung wirtschaftliche Überlegungen anzustellen. Die zeitliche Nähe zwischen beiden Vorgängen sei bedeutungslos. Der Berufung war unter anderem der mit datierte "Zeichnungsschein" angeschlossen, mit dem die M. Holding GmbH die gesamte Kapitalerhöhung übernommen hatte.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wurde unter anderem ausgeführt, Gegenleistung sei nicht nur der in der Urkunde ausgewiesene Geldbetrag, sondern auch der Wert anderer Beträge, die im Zusammenhang mit dem Erwerb geleistet werden. Nach dem Ablauf des Geschehens sei die Übernahme der neuen Aktien durch die M. Holding GmbH bereits am "beschlossene Sache" gewesen. Die Prüfberichte und Genehmigungsbeschlüsse würden für eine einheitliche Gesamtgegenleistung sprechen. So werde im Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses und des Konzernabschlusses festgestellt, der Anstieg der liquiden Mitteln resultiere aus der Kapitalerhöhung und aus der Veräußerung der Wertpapiere. Auch in den Erläuterungen zum Prüfbericht werde von einem "anlässlich der Ausgabe der Aktien über den Nennbetrag hinaus geleisteten Betrag" von S 611,987.000,-- gesprochen. Im Genehmigungsbeschluss in der Hauptversammlung vom werde festgestellt, dass der bei der Ausgabe der Aktien über den Nennbetrag erzielte Betrag als gebundene Kapitalrücklage ausgewiesen worden sei.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Gesellschaftsteuer unterliegt nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital die Erhöhung des Kapitals einer Kapitalgesellschaft durch Einlagen jeder Art. Nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie wird die Steuer erhoben bei Gründung einer Kapitalgesellschaft, Erhöhung des Kapitals oder Erhöhung des Gesellschaftsvermögens gemäß

Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a, c und d auf den tatsächlichen Wert der von den Gesellschaftern geleisteten oder zu leistenden Einlagen jeder Art abzüglich der Lasten und Verbindlichkeiten, die der Gesellschaft jeweils aus der Einlage erwachsen.

Gemäß § 2 Z 1 KVG unterliegt der Gesellschaftsteuer der Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer inländischen Kapitalgesellschaft durch den ersten Erwerber.

Wenn eine Gegenleistung zu bewirken ist, wird die Steuer nach § 7 Abs 1 Z 1 lit a KVG beim Erwerb von Gesellschaftsrechten vom Wert der Gegenleistung berechnet. Zur Gegenleistung gehören auch die von den Gesellschaftern übernommenen Kosten der Gesellschaftsgründung oder Kapitalerhöhung, dagegen nicht die Gesellschaftsteuer, die für den Erwerb der Gesellschaftsrechte zu entrichten ist.

Die Beschwerdeführerin bringt zunächst vor, die Adressierung des angefochtenen Bescheides mit "Firma F." - wobei der Firmenbestandteil "Aktiengesellschaft" weggelassen wurde - sei unzutreffend, zumal die Firma eines Kaufmannes keine Rechtsperson sei. Dem ist entgegenzuhalten, dass das "Deuten" eines bloß fehlerhaft bezeichneten Bescheidadressaten zulässig und geboten ist (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 94/17/0419). So ist eine unrichtige Bezeichnung einer im Firmenbuch eingetragenen Gesellschaft nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann unbeachtlich, wenn nach der Verkehrsauffassung keine Zweifel an der Identität des Empfängers bestehen. Dass eine andere Rechtsperson existierte, auf welche die von der belangten Behörde gewählte Parteibenennung zuträfe, wird von der Beschwerdeführerin nicht behauptet und ergibt sich auch nicht aus der Aktenlage. Durch die Hinzufügung des - im Geschäftsverkehr nicht unüblichen - Zusatzes "Firma" und die Weglassung des Wortes "Aktiengesellschaft" hat die belangte Behörde nicht zum Ausdruck gebracht, dass eine andere Rechtsperson als die Beschwerdeführerin angesprochen werden sollte (vgl z.B. das hg Erkenntnis vom , Zl 96/15/0199), zumal schon im ersten Satz der Begründung des angefochtenen Bescheides festgestellt wird, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um eine Aktiengesellschaft handelt. Die diesbezüglichen Einwendungen sind somit unbegründet.

Im Übrigen vertritt die Beschwerdeführerin zusammengefasst die Meinung, die Einbeziehung eines von ihr nicht geforderten "Zuschusses" in die Steuerbemessungsgrundlage sei unrichtig, die Leistung sei von der "Großmutter" erbracht worden ist. Damit verkennt die Beschwerdeführerin zunächst, dass von einem "Zuschuss"- der allenfalls nach § 2 Z 4 KVG der Steuer unterliegt -

beim vorliegenden Sachverhalt keine Rede sein kann. Auch eine Anwendung des Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie 69/335/EWG kommt bei diesem Sachverhalt nicht in Betracht. In der Beschwerdesache ist vielmehr entscheidend, welche Leistung für den Erwerb der neuen Aktien durch den Erwerber tatsächlich erbracht worden ist.

Die wirtschaftliche Betrachtungsweise iS des § 21 Abs 1 BAO tritt zwar im Bereich des Kapitalverkehrsteuergesetzes in den Hintergrund, weil das Gesetz an bestimmte Rechtsvorgänge anknüpft (vgl Dorazil, Kapitalverkehrsteuergesetz2, 31). Eine solche Betrachtungsweise gilt aber auch im Bereich des Verkehrsteuerrechts immer dann, wenn sich der Abgabenbehörde ein Sachverhalt darbietet, bei dem eine rein formal-rechtliche Beurteilung zu Ergebnissen führen würde, die dem Sinn und Zweck des betreffenden Abgabengesetzes klar zuwiderlaufen würden (vgl die hg Erkenntnisse vom , Zlen 607-633/74, und vom , Zlen 531, 532/74). So ist auch nach der jüngsten Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften anhand einer wirtschaftlichen und nicht einer formalen, allein auf die Herkunft der Einlagen abstellenden Betrachtungsweise zu beurteilen, wem die Zahlung von - der Gesellschaftsteuer unterliegenden Einlagen - tatsächlich zuzurechnen ist (vgl die Urteile dieses Gerichteshofes je vom , in den Rechtssachen C-339/99, Randnummern 37 und 38, und C-71/00, Randnummer 25).

In der Beschwerdesache ist dem Protokoll über die Hauptversammlung vom zu entnehmen, dass die - bis dahin nur indirekt an der Beschwerdeführerin beteiligte - M Holding GmbH die an diesem Tag ausgegebenen neuen Gesellschaftsrechte zur Gänze von der Beschwerdeführerin erworben hat. Bereits an diesem Tag hat die M. Holding GmbH den Teilbetrag von S 611,987.000,-- an die Beschwerdeführerin überwiesen. Am darauffolgenden Tag, dem , wurde sodann der weitere Teilbetrag von S 60,403.000,--, das war der Nominalbetrag der neuen Aktien, überwiesen. Der "Zeichnungsschein" über den Erwerb der neuen Aktien trägt das Datum . In Anbetracht dieser Umstände ist aber davon auszugehen, dass spätestens im Zeitpunkt der Hauptversammlung Einigung zwischen den Vertragsteilen über den Erwerb der neuen Aktien zum (Gesamt-)Kaufpreis von S 672,390.000,-- bestanden hat. Die belangte Behörde ist somit im Ergebnis richtig davon ausgegangen, dass dieser Betrag die Gegenleistung für den Erwerb der neuen Gesellschaftsrechte dargestellt hat. Zutreffend hat die belangte Behörde in diesem Zusammenhang auch auf die Erläuterungen des Jahresabschlusses und des Konzernabschlusses hingewiesen, worin als Rechtsgrund für den Zufluss der Mittel die Veräußerung der Wertpapiere angegeben worden ist. Hingegen ist der bloßen Bezeichnung des Zahlungsgrundes auf dem Überweisungsbeleg keine entscheidende Bedeutung beizumessen.

Soweit sich die Beschwerdeführerin schließlich gegen die Höhe der Bemessungsgrundlage wendet und dabei vorbringt, die belangte Behörde hätte die Gesellschaftsteuer und die weiteren Kosten der Kapitalerhöhung wie Notariatskosten und Eintragungsgebühren abziehen müssen, ist zunächst darauf zu verweisen, dass die Gesellschaftsteuer nach Spruchteil 4. des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom , Rechtssache C-339/99, keine Last bzw Verbindlichkeit im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 69/335 in der anzuwendenden Fassung darstellt. Im Übrigen wurde der Abzug von Notarkosten und Eintragungsgebühren im Verwaltungsverfahren nicht geltend gemacht, obgleich die belangte Behörde der Beschwerdeführerin die beabsichtigte Entscheidung im Berufungsverfahren zur Stellungnahme mitgeteilt hat. Die diesbezüglichen Ausführungen stellen ein im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliches neues Vorbringen dar, zumal auch in der Beschwerdeschrift nicht konkret vorgebracht wird, von wem und in welcher Höhe derartige Aufwendungen getragen worden sind.

Bei der dargestellten Sach- und Rechtslage ist auch nicht erkennbar, dass bei Erlassung des angefochtenen Bescheides Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Aus den angeführten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr 501/2001.

Wien, am