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VwGH vom 23.04.1998, 96/15/0199

VwGH vom 23.04.1998, 96/15/0199

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der Austria-Collegialität Österreichische Versicherung Aktiengesellschaft, Wien, vertreten durch Dr. Wilfried Weh, Rechtsanwalt in Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom , Zl. 205/6, betreffend Zurückweisung einer Vorstellung (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Bludenz, 6700 Bludenz), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Vorarlberger Landesregierung hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 12.890 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Gemeinde sandte der "Austria Collegialität" an eine Adresse in Wien das Schreiben vom , in welchem ausgeführt wird, daß die "Austria Collegialität" im Bereich der Mitbeteiligten eine Geschäftsstelle eröffnet habe und daß hinsichtlich dieser Geschäftsstelle Kommunalsteuer anfalle.

Die Beschwerdeführerin, die "Austria-Collegialität Österreichische Versicherung Aktiengesellschaft", richtete ein mit datiertes Schreiben an die Mitbeteiligte, in welchem sie sich im vorgedruckten Briefkopf als

"Austria Collegialität" bezeichnet. In diesem Schreiben wird vorgebracht, der genannten Geschäftsstelle seien keine Dienstnehmer zugeordnet. Für die Außendienstmitarbeiter werde an eine andere Gemeinde Kommunalsteuer abgeführt.

Der Bürgermeister der Mitbeteiligten erließ einen mit datierten Kommunalsteuerbescheid, der an die

"Austria-Collegialität

Versicherung

Landesdirektion für Vorarlberg"

an eine Adresse in Dornbirn gerichtet ist und im Spruch ausführt, daß "für die Geschäftsstelle der Austria Collegialität Versicherung in Bludenz" für den Zeitraum Jänner bis Dezember 1995 Kommunalsteuer festgesetzt werde.

Die Beschwerdeführerin berief gegen diesen Bescheid. Für die Berufungsschrift wurde Briefpapier mit dem oben erwähnten vorgedruckten Briefkopf verwendet. Die Berufung ist unterfertigt durch zwei Gesamtprokuristen der Beschwerdeführerin unter Beifügung der Firma "Austria-Collegialität Österreichische Versicherung Aktiengesellschaft".

Die Abgabenberufungskommission der Mitbeteiligten erließ einen Bescheid, der gleich adressiert ist wie der Bescheid des Bürgermeisters, und mit dem "die Berufung der Austria Collegialität Versicherung" gegen den Bescheid betreffend die Festsetzung der Kommunalsteuer für die im Bereich der Mitbeteiligten befindliche Geschäftsstelle als unbegründet abgewiesen wurde.

Die Beschwerdeführerin erhob Vorstellung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unzulässig zurück. Zur Begründung führt sie aus: Mit Bescheid vom habe der Bürgermeister der Mitbeteiligten der "Austria Collegialität Versicherung Landesdirektion für Vorarlberg" Kommunalsteuer vorgeschrieben. Im Spruch des Bescheides werde als Person iSd § 27 des Vorarlberger Abgabenverfahrensgesetzes die "Geschäftsstelle der Austria Collegialität Versicherung" genannt. Die Beschwerdeführerin habe als "Austria-Collegialität Österreichische Versicherung Aktiengesellschaft" Berufung erhoben. Der Bescheid, mit dem über die Berufung abgesprochen wurde, weise sowohl im Spruch als auch in der Zustellverfügung wiederum die "Austria Collegialität Versicherung Landesdirektion Vorarlberg" auf. Die Beschwerdeführerin sei im Firmenbuch des Handelsgerichtes Wien mit dem Wortlaut "Austria-Collegialität Österreichische Versicherung Aktiengesellschaft" eingetragen. Die Bescheide seien der Beschwerdeführerin ("Austria-Collegialität Österreichische Versicherung Aktiengesellschaft") zugestellt worden. Es bestehe kein Zweifel, daß Bescheidadressat der Bescheide der Mitbeteiligten die "Austria Collegialität Versicherung Landesdirektion Vorarlberg" sei, der aber die Bescheide nicht zugestellt worden seien. Aus diesem Grund hätten die Bescheide der Mitbeteiligten keine Wirkungen entfalten können. Gegen Personen, die nicht als Bescheidadressaten genannt seien, vermöchten nämlich Bescheide keinerlei Wirkung zu zeitigen.

Gegen diesen Bescheid der belangten Behörde wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ist eine als Bescheid intendierte Erledigung nicht der Person, für die sie bestimmt ist (Empfänger), sondern einer anderen Person bekanntgegeben worden, so ist damit nicht der Eintritt ihrer Wirksamkeit bewirkt geworden. Die Wirksamkeit von Erledigungen setzt grundsätzlich die Bekanntgabe an den Empfänger voraus.

Im gegenständlichen Fall geht die belangte Behörde davon aus, daß die Bescheide der Mitbeteiligten an die Beschwerdeführerin "zugestellt" worden sind.

Aufgrund der von der Mitbeteiligten gewählten Bezeichnung des Empfängers geht die belangte Behörde weiters davon aus, daß die Beschwerdeführerin nicht die Person, für welche die Sendung bestimmt war, gewesen sei. Damit verkennt die belangte Behörde die Rechtslage. Zwar sind im Firmenbuch eingetragene Gesellschaften mit ihrer Firma zu bezeichnen, eine unrichtige Bezeichnung ist allerdings dann unbeachtlich, wenn nach der Verkehrsauffassung keine Zweifel an der Identität des Empfängers bestehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 93/03/0191, 0321). Daß eine andere Rechtsperson existierte, auf welche die von der Mitbeteiligten gewählte Parteibenennung zuträfe, wird von der belangten Behörde nicht behauptet und ergibt sich auch nicht aus der Aktenlage. Durch die Bezeichnung des Empfängers mit der Firma der Beschwerdeführerin unter Weglassung der Worte "Österreichische" und "Aktiengesellschaft" und unter Beifügung von "Landesdirektion für Vorarlberg" hat die mitbeteilige Partei nicht zum Ausdruck gebracht, daß eine andere Rechtsperson als die Beschwerdeführerin angesprochen werden sollte. In Anbetracht des Umstandes, daß die Beschwerdeführerin im Wirtschaftsleben mit der dargestellten Kurzbezeichnung ihrer Firma auftritt und diese in den beteiligten Verkehrskreisen als allgemein bekannt angesehen werden kann, besteht bei verständiger Würdigung kein Zweifel daran, daß es die Beschwerdeführerin ist, die von der Mitbeteiligten als Empfängerin benannt worden ist.

Zu Recht zeigt die Beschwerdeführerin auch auf, daß sie die Mitbeteiligte als Steuerpflichtige betreffend Kommunalsteuer für eine als Betriebsstätte iSd § 4 Abs. 1 KommStG angesehene Geschäftstelle herangezogen hat, nicht aber die Geschäftsstelle als "Person" iSd § 27 Abs. 2 Vorarlberger AbgabenverfahrensG, LGBl. 23/1984, angesprochen hat.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.