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VwGH vom 26.07.2006, 2001/14/0212

VwGH vom 26.07.2006, 2001/14/0212

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des J K in F, vertreten durch Mag. Hermann Köck, Rechtsanwalt in 4840 Vöcklabruck, Stadtplatz 22, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom , Zl. RV 903/1-6/2000, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer 1985 bis 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich Umsatz- und Gewerbesteuer für die Jahre 1985 bis 1991 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 1985 bis 1991 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf die hg. Erkenntnisse vom , 93/14/0150 (Vorerkenntnis I), und vom , 93/14/0151 (Vorerkenntnis II), verwiesen. In dem dem Vorerkenntnis I zu Grunde liegenden Verwaltungsverfahren war die belangte Behörde im Instanzenzug davon ausgegangen, dass eine zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau gebildete Gesellschaft nach bürgerlichem Recht vorliege und hatte dementsprechend gegenüber dieser Gesellschaft Bescheide betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften sowie Umsatz- und Gewerbesteuerbescheide für die Jahre 1985 bis 1991 erlassen. Gegenüber dem Beschwerdeführer wurden im Instanzenzug gleichzeitig (im Jahr 1993) Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1985 bis 1991 erlassen, in welchen u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb entsprechend den Feststellungsbescheiden angesetzt wurden. Eine gegen die Einkommensteuerbescheide 1985 bis 1991 vom Beschwerdeführer erhobene Beschwerde wurde mit dem Vorerkenntnis II abgewiesen.

Mit dem Vorerkenntnis I hob der Verwaltungsgerichtshof die gegenüber der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ergangenen Bescheide (in der Folge kurz: aufgehobene Berufungsentscheidung) auf. Hinsichtlich Umsatzsteuer und Gewerbesteuer 1985 und 1986 teilte der Verwaltungsgerichtshof die in der Beschwerde vertretene Ansicht, dass diesbezüglich Verjährung eingetreten sei, weil die von der Behörde als Unterbrechungshandlungen angesehenen Ermittlungen im Rahmen abgabenbehördlicher Prüfungen nicht die Abgabenansprüche gegenüber der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (sondern solche gegenüber dem Beschwerdeführer, seiner Ehefrau und deren Tochter) betroffen hatten.

Hinsichtlich Umsatzsteuer 1987 bis 1991 brachte der Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck, dass die Behörde mit ihrer im Ermittlungsverfahren nicht gedeckten Annahme, die GesbR sei nach Außen in Erscheinung getreten, wesentliche Verfahrensvorschriften verletzt habe. Hinsichtlich einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften betreffend 1985 bis 1991 und Gewerbesteuer 1987 bis 1991 begründete der Verwaltungsgerichtshof die Bescheidaufhebung damit, dass der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt zur Entscheidung der Rechtsfrage, ob eine als Mitunternehmerschaft und Gewerbesteuersubjekt zu wertende Innengesellschaft vorliege, nicht ausreiche, weshalb sich der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt als ergänzungsbedürftig erweise.

In der Folge wurden nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens mit Berufungsvorentscheidung die gegenüber der Gesellschaft nach bürgerlichem Recht erlassenen Bescheide mit der Begründung aufgehoben, dass keine gemeinschaftlichen Einkünfte erzielt worden seien, die Einkünfte seien daher jedenfalls nicht einer aus den Ehegatten und allenfalls deren Tochter gebildeten Mitunternehmerschaft zuzurechnen.

Gegenüber dem Beschwerdeführer wurden in der Folge hinsichtlich Einkommensteuer und Umsatzsteuer 1985 bis 1991 gemäß § 295 Abs. 3 BAO und hinsichtlich Gewerbesteuer gemäß § 296 BAO geänderte Bescheide erlassen, in welchen Provisionserlöse und - umsätze aus den Vermittlungen von Versicherungen erfasst wurden, die ursprünglich (neben anderen Provisionen) von der Ehefrau des Beschwerdeführers erklärt worden waren.

In einer dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, das Finanzamt komme nunmehr wiederum zu einer anderen rechtlichen Beurteilung mit der Begründung, dass der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom (Vorerkenntnis I) die Anmerkung gemacht habe, dass Einkünfte aus der Vermittlung von Versicherungen und Immobilienbeteiligungen derjenigen Person, die die Vermittlungstätigkeit eigenverantwortlich ausübe, auch dann zuzurechnen seien, wenn sie sich eines Strohmannes bediene, der gegenüber der Versicherungsanstalt auftrete und dessen Name als Betreuername auf Versicherungspolizzen aufschiene. Diese Argumentation wende das Finanzamt nun auf den Beschwerdeführer an und rechne sämtliche Einkünfte (mit Ausnahme der Kraftfahrzeugversicherungen) ihm zu. Dazu sei grundsätzlich festzuhalten, dass ein Versicherungsmakler nicht nur Verträge abschließe und an die Versicherungsanstalt weiterleite, sondern seine Hauptaufgabe in der Beratung des Kunden liege. Er sei also kein Vermittler in steuerlicher Hinsicht. Ein Vermittler vermittle ein Geschäft einem anderen, entweder einer Versicherung oder auch einem Makler, der Vermittler trage für die Vermittlung keinerlei Risiko, weil er nur ein Erfüllungsgehilfe sei. Das Risiko trage der, dem er das Geschäft vermittelt habe, entweder die Versicherung oder eben der Makler. Der Makler hafte für seine Beratungstätigkeit und "Abschlusstätigkeit von seinen Verträgen" wie auch ein Rechtsanwalt für seine Beratung oder "Abschlusstätigkeit seiner Verträge" hafte. Seine Ehefrau besitze die Gewerbeberechtigung für Versicherungsmakler und Versicherungsberater. Im Jahr 1974, als sie den Gewerbeschein erworben habe, habe die Gewerbeordnung nur die Bezeichnung Versicherungsvermittler vorgesehen. Erst später sei durch eine Novelle der Gewerbeordnung die Bezeichnung auf Versicherungsmakler und Versicherungsberater präzisiert worden. Es handle sich um ein gebundenes Gewerbe. Es gehe zu weit, wenn man den Inhaber der Gewerbeberechtigung für Versicherungsmakler, seine Ehefrau, als Strohmann desjenigen bezeichne, der die Vermittlungstätigkeit eigenverantwortlich ausübe (gemeint sei der Beschwerdeführer). Er übe die Tätigkeit keinesfalls eigenverantwortlich aus, sondern "auf das unternehmerische Risiko seiner Ehefrau bzw. seiner Tochter" und sei deren Erfüllungsgehilfe. Auch wenn er die Beratung bei den Kundschaften vornehme und die Verträge bei den Kundschaften abschließe, so übernehme er dabei keine eigene Verantwortung, die Verträge würden von ihm nicht als Berater oder Makler unterschrieben, diese Unterschrift auf den Anträgen erfolgten von seiner Ehefrau bzw. seiner Tochter. Damit übernähmen diese alleine die Verantwortung und das Risiko des abgeschlossenen Geschäftes. Anlässlich der Berufungserledigung durch die FLD Oberösterreich für die Jahre 1985 bis 1991 (aufgehobene Berufungsentscheidung) habe die FLD sehr umfangreiche Ermittlungen bei den Versicherungen vorgenommen, aber keinen einzigen Antrag feststellen können, der von ihm unterschrieben gewesen wäre.

Auch bei großen Versicherungsmaklerbüros, welche mehrere Beschäftigte hätten, funktioniere das in derselben Form. Der Beschäftigte schließe mit den Kunden Verträge ab und lege sie dann dem Inhaber des Büros zur Unterzeichnung vor. Auch hier übernehme der Inhaber des Büros die Verantwortung für das abgeschlossene Geschäft und nicht der Mitarbeiter. Die Tätigkeit eines Versicherungsmaklers und Versicherungsberaters sei ein gebundenes Gewerbe und mit entsprechender Verantwortung verbunden.

Der Beschwerdeführer habe den Eindruck, dass die Finanzverwaltung nicht zwischen der Tätigkeit eines Versicherungsmaklers und Versicherungsberaters und der eines Versicherungsvermittlers (Agenten) unterscheide. Diese Unterscheidung sei aber für die Beurteilung der Risikotragung ganz enorm wichtig. Der Beschwerdeführer habe der FLD Oberösterreich eine Rechtsauskunft der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Oberösterreich vom hinsichtlich dieser Unterscheidung und des Haftungsrisikos vorgelegt. Eine Kopie dieser Rechtsauskunft schließe er der Berufung an. Die FLD Oberösterreich habe daraufhin auch eingesehen, dass die vom Finanzamt vorgenommene Zurechnung der Einkünfte an ihn nicht richtig sei und habe eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwischen ihm und seiner Ehefrau unterstellt. Diese Rechtsanschauung habe aber der Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt.

Die Frage des enormen Haftungsrisikos eines Versicherungsmaklers werde von der FLD Oberösterreich in der aufgehobenen Berufungsentscheidung vom auch nicht bestritten, sondern es werde bestätigt, dass das nicht unbeträchtliche Haftungsrisiko von seiner Ehefrau persönlich getragen werde, sodass diese Frage eigentlich schon lange außer Streit stehe. Das Finanzamt könne nicht die Zurechnung der Einkünfte an ihn vornehmen mit der Begründung, dass er die Tätigkeit eigenverantwortlich ausübe, wenn die Berufungsbehörde bestätige, dass das nicht unbeträchtliche Haftungsrisiko eines Versicherungsmaklers von seiner Ehefrau persönlich getragen werde.

Der Verwaltungsgerichtshof gehe bei seinem Hinweis, dass Einkünfte aus der Vermittlung derjenigen Person zuzurechnen seien, die die Vermittlungstätigkeit eigenverantwortlich ausübe, offenbar von dem Grundsatz aus, dass mit einer reinen Vermittlungstätigkeit kein Risiko für den Vermittler verbunden sei und sich daher die Frage der Risikotragung in einem solchen Fall nicht stelle. In seinem Fall sei aber das Haftungsrisiko zweifelsfrei gegeben und werde von der Berufungsbehörde auch nicht bestritten. Im Beschwerdefall besitze nur seine Ehefrau die Möglichkeit die Marktchancen als Versicherungsmakler zu nutzen, weil nur sie die entsprechenden Maklerverträge mit ca. 10 Versicherungsanstalten besitze. Man erhalte nämlich keinen Maklervertrag mit einer Versicherung, wenn man nicht die gewerberechtliche Befugnis als Makler nachweisen könne, "weil damit auch das hohe Haftungsrisiko als Makler für die Versicherung nachgewiesen" sei. Ohne im Besitz eines Maklervertrages zu sein, könne man die Marktchancen als Makler nicht nutzen. Die Maklerprovision sei ja auch wegen des Haftungsrisikos wesentlich höher als die eines Vermittlers. Dass sich seine Ehefrau bei der Nutzung der Marktchancen seiner Person bediene, ändere nichts daran, dass dies trotzdem alles auf ihre Rechnung und Gefahr erfolge. Die Zurechnung der Einkünfte seiner Ehefrau und seiner Tochter an ihn sei daher rechtswidrig.

Hinsichtlich der Höhe der ermittelten Gewinne wandte der Beschwerdeführer ein, dass die von seiner Ehefrau an seine Tochter bezahlten Subprovisionen in den Jahren 1989 bis 1991 nicht als Betriebsausgaben angesetzt worden seien. Weiters seien die Kfz-Kosten nicht mit den in den Steuererklärungen geltend gemachten Kilometergeldern angesetzt worden, sondern auf der Basis einer überwiegend betrieblichen Nutzung mit den "tatsächlichen Kosten geschätzt" worden. Die Behörde habe aber keine Gründe angegeben, weshalb die tatsächlichen Kosten niedriger geschätzt worden seien als das amtliche Kilometergeld, wo dieses doch aus den tatsächlichen Kosten abgeleitet würde.

Darüber hinaus brachte der Beschwerdeführer vor, als Rechtsgrundlage für die Änderung der Einkommensteuerbescheide 1985 bis 1991 sei § 295 Abs. 1 BAO mit der Begründung verwendet worden, "die Änderung gemäß § 295 BAO erfolgte auf Grund der bescheidmäßigen Feststellungen des Finanzamtes vom ". Mit der Berufungsvorentscheidung vom sei aber der Feststellungsbescheid (§ 188 BAO) aufgehoben worden. Wenn aus diesem Bescheid seine Einkommensteuerbescheide nach § 295 Abs. 1 BAO abgeleitet werden sollten, so müssten seine Einkünfte aus Gewerbebetrieb für die Jahre 1985 bis 1991 mit Null festgesetzt werden. Wenn aber die Voraussetzungen für die Erlassung der abgeleiteten Bescheide nicht mehr vorlägen, so seien diese aufzuheben. Außerdem sei die Festsetzung der Einkommensteuer für die Jahre 1985 bis 1991 verjährt. Seine Berufung hinsichtlich der Einkommensteuer für die Jahre 1985 bis 1991 sei mit Berufungsentscheidung der FLD Oberösterreich vom erledigt worden und seither rechtskräftig. Die von ihm dagegen eingebrachte Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof sei mit Erkenntnis vom (Vorerkenntnis II) abgewiesen worden. Es liege also entschiedene Sache vor.

Als Rechtsgrundlage für die Änderung der Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1985 bis 1991 werde § 295 Abs. 3 BAO angewandt. Diese Gesetzesbestimmung sei aber "für die Änderung seiner rechtskräftig veranlagten Umsatzsteuer für die Jahre 1985 bis 1991 nicht zugänglich". Eine andere rechtliche Beurteilung der Abgabenbehörde gegenüber ihrer bisherigen Rechtsansicht könne nicht mit Hilfe des § 295 Abs. 3 BAO korrigiert werden. Die Umsatzsteuerbescheide hinsichtlich der Gesellschaft bürgerlichen Rechts seien durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes "für nichtig erklärt" worden und beträfen auch nicht die selbe Partei. Außerdem sei auch die Festsetzung der Umsatzsteuer für die Jahre 1985 bis 1991 verjährt.

Als Rechtsgrundlage für die Änderung der Gewerbesteuerbescheide für die Jahre 1985 bis 1991 werde § 296 BAO angewandt. Mit dieser Bestimmung sei nur der Gewerbesteuermessbescheid abänderbar. Eine Änderung der Gewerbesteuerbescheide sei mit dieser gesetzlichen Bestimmung jedoch nicht möglich. Im Übrigen sei auch die Festsetzung der Gewerbesteuer für die Jahre 1985 bis 1991 verjährt. Soweit Gewerbesteuerbescheide für diese Jahre "vorhanden" seien, seien diese rechtskräftig.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung hinsichtlich Umsatzsteuer für 1987 bis 1990 sowie Einkommensteuer 1989 teilweise stattgegeben, diese im Übrigen aber als unbegründet abgewiesen.

Zur Zulässigkeit der Abänderung der Abgabenbescheide führte die belangte Behörde zunächst zur Einkommensteuer für die Jahre 1985 bis 1991 aus, die Änderung sei unmittelbar auf Grund der rechtskräftigen Aufhebung der Feststellungsbescheide (Berufungsvorentscheidung) erfolgt, sodass das in der angeführten Gesetzesbestimmung des § 295 Abs. 1 BAO erforderliche Tatbestandsmerkmal einer "nachträglichen Aufhebung des Feststellungsbescheides" jedenfalls vorliege und die Änderung der angefochtenen Bescheide insoweit jedenfalls zu Recht erfolgt sei. Die Einwendungen des Beschwerdeführers, seine aus den Feststellungsbescheiden abgeleiteten Einkünfte müssten in den Einkommensteuerbescheiden mit Null festgesetzt werden, weil der Feststellungsbescheid aufgehoben worden sei, gingen ins Leere:

Gerade weil eine Aufhebung dieser Feststellungsbescheide erfolgt sei, habe eine entsprechende Änderung der Einkommensteuerbescheide erfolgen müssen. In diesen seien sodann die zunächst der laut Verwaltungsgerichtshof allerdings nicht existenten GesbR zugewiesenen Einkünfte nunmehr beim Beschwerdeführer als Einkünfte aus Gewerbebetrieb angesetzt worden. Eine Verjährung hinsichtlich Einkommensteuer 1985 bis 1991 sei insbesondere im Hinblick auf einen am an die Mitunternehmerschaft gerichteten Vorhalt, der als Unterbrechungshandlung anzusehen sei, nicht eingetreten.

Auch hinsichtlich Umsatzsteuer für die Jahre 1985 bis 1991 sei eine Abänderung gemäß § 295 Abs. 3 BAO zulässig gewesen, weil der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 90/14/0149, zur Rechtsansicht gelangt ist, dass die Bestimmung des § 295 Abs. 3 BAO auch dann anwendbar ist, wenn die im Abhängigkeitsverhältnis stehenden Bescheide unterschiedliche Adressaten hätten. Dies gelte insbesondere dann, wenn beide Bescheide an Gesellschaften gerichtet seien, deren Gesellschafter ident seien.

Eine Verjährung des Abgabenanspruchs hinsichtlich Umsatzsteuer 1985 bis 1991 sei nicht eingetreten. Zwar habe der Verwaltungsgerichtshof im Vorerkenntnis I ausgeführt, dass die Verjährung hinsichtlich Umsatzsteuer der Jahre 1985 und 1986 deshalb eingetreten sei, weil die Betriebsprüfungen in keiner Weise Umsatz- und Gewerbesteueransprüche gegenüber der Gesellschaft nach bürgerlichem Recht betroffen hätten. Dieser Umstand könne der Berufung aber nicht zum Erfolg verhelfen, weil die im Jahr 1991 und 1992 vorgenommenen Erhebungen sowie die am erlassene Berufungsvorentscheidung taugliche Unterbrechungshandlungen beim Beschwerdeführer selbst darstellten, die zu Unterbrechungen und zu einem Neubeginn des Fristenlaufes hinsichtlich der Verjährung geführt hätten. Der Vorhalt der Rechtsmittelbehörde vom sei zwar an die GesbR gerichtet gewesen, hätte aber nach Ansicht der belangten Behörde "konsequenter Weise auch Rechtswirkungen gegenüber den an ihr beteiligten Gesellschaften bzw. Mitunternehmern, sodass daher - was Abgabenansprüche gegen diese Personen betrifft - ebenfalls von einer Unterbrechungshandlung und einem Neubeginn der Verjährungsfrist auszugehen" sei. Hinsichtlich Gewerbesteuer für die Jahre 1985 bis 1991 vertrete die belangte Behörde die Ansicht, dass in den an den Beschwerdeführer gerichteten Gewerbesteuerbescheiden "abgeleitet vom Gewerbeertrag" der (einheitliche) Steuermessbetrag ausgewiesen sei. Die Bestimmung der Änderungsmöglichkeit des § 296 BAO finde daher auch auf Gewerbesteuerbescheide Anwendung.

Zur Zurechnung der Einkünfte als Versicherungsmakler bzw. - vertreter führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, auf Grund der umfangreichen Sachverhaltserhebungen und vor allem des Eingeständnisses des Beschwerdeführers in der mündlichen Berufungsverhandlung, wonach die einzige Tätigkeit der Ehefrau des Beschwerdeführers in der Unterschriftsleistung auf den Versicherungsanträgen bestanden habe, stehe nach Ansicht der belangten Behörde prinzipiell fest, dass - bezogen auf den tatsächlichen Tätigkeitsumfang - die Hauptaktivitäten des Versicherungsvermittlungsgeschäftes vom Beschwerdeführer und nicht von seiner Ehefrau gesetzt worden sei. Zur Frage des Haftungsrisikos führte die belangte Behörde aus, auch der Verwaltungsgerichtshof habe sich mit dem Hinweis auf dieses Haftungsrisiko im Vorerkenntnis I ausführlich auseinander gesetzt und sei zunächst zum Ergebnis gelangt, dass eine bloße Haftung eine Mitunternehmerstellung nicht zu begründen vermöge. Daraus lasse sich nach Ansicht der belangten Behörde im Ergebnis ableiten, dass dem behaupteten Risiko kein derartiges Gewicht beigemessen werden könne, dass diese Gefahrentragung für sich gesehen - ohne weiteres Tätigwerden - bereits zur Zurechnung von Einkünften führe bzw. allfällige Betriebsausgaben zu begründen vermöchte. Noch deutlicher seien nach Ansicht der belangten Behörde die unmissverständlichen Hinweise des Gerichtshofes, wie nach Aufhebung der die Mitgesellschaft betreffenden Berufungsentscheidung "verfahrensokonomisch (und natürlich auch rechtsrichtig )" das weitere Verfahren durchzuführen sei: Demnach seien eigenverantwortlich tätigen Personen Einkünfte auch dann zuzurechnen, wenn ein Strohmann, der gegenüber Versicherungsanstalten auftrete, vorgeschoben werde. Im gegenständlichen Fall habe der als ehemaliger Mitarbeiter einer Steuerberatungskanzlei fachlich durchaus versierte Beschwerdeführer aus noch aufzuzeigenden Gründen nicht selbst den Maklerschein erworben, sondern es sei dies durch seine sowohl gegenüber der Finanzverwaltung als auch gegenüber einzelnen Versicherungsanstalten vorgeschobene Ehefrau erfolgt, obwohl unbestrittener Maßen der Beschwerdeführer derjenige gewesen sei, der für die Versicherungsanstalten tatsächlich tätig geworden sei. Seine Ehefrau habe lediglich solche Tätigkeiten verrichtet, hinsichtlich derer offenbar keine qualifizierten Vorerkenntnisse erforderlich gewesen seien.

Die Gründe für die gewählte Gestaltung hätten eingestandener Maßen darin bestanden, dass der Beschwerdeführer im Jahr 1986 im Alter von 45 Jahren krankheitsbedingt in den Ruhestand eingetreten und für ihn demnach ab diesem Zeitpunkt nur in einem geringen Umfang eine Zusatzverdienstmöglichkeit gegeben gewesen sei. Hätte der Beschwerdeführer gegenüber der Pensionsversicherungsanstalt die wahren Verhältnisse bezüglich Ausübung der Tätigkeit der Versicherungsberatung offen gelegt, hätte dies folgerichtig und unweigerlich zur Einstellung bzw. Kürzung seiner Pensionsbezüge bzw. zur Rückforderung bereits bezogener Versicherungsleistungen geführt.

Die Beurteilung der Frage, ob ein derartiges, offenbar bewusstes Umgehen sozialversicherungsrechtlicher Bestimmungen auch abgabenrechtliche Folgen nach sich ziehe, sei in der Bundesabgabenordnung unter dem Titel "wirtschaftliche Betrachtungsweise" geregelt. § 21 BAO bestimme, dass für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht das äußere Erscheinungsbild des Sachverhaltes maßgebend sei. Wenn daher die Absicht eindeutig darauf gerichtet gewesen sei, die wahren Verhältnisse gegenüber der Pensionsversicherungsanstalt nicht offen zu legen, sondern dieser vielmehr vorzuspiegeln, nicht der Pensionsbezieher, sondern ein anderer habe eine Tätigkeit entfaltet, die zum Verlust der Frühpension führen würde, so steht dem der wahre wirtschaftliche Gehalt, nämlich das effektive Tätigwerden des sachlich versierten Beschwerdeführers und das bloße Beschränken der Tätigkeit seiner Ehefrau auf die Unterschriftsleistung auf Versicherungsanträgen entgegen. Gegen das Bestehen eines unmittelbar drohenden ernsthaften Haftungsrisikos spreche auch, dass im gesamten Rechtsmittelzeitraum - wie der Beschwerdeführer in der mündlichen Berufungsverhandlung unumwunden eingeräumt habe - kein einziger Fall einer tatsächlichen Haftungsverpflichtung der vorgeschobenen Versicherungsmaklerin, seiner Ehefrau, schlagend geworden sei. Somit sei das behauptete Risiko aus rechtlicher Sicht zwar vorhanden, in der Realität offenbar aber so gering, dass alleine daraus jedenfalls nicht die Zurechnung einer Einkunftsquelle abgeleitet werden könne. Somit könnten die Einkünfte hinsichtlich der in Rede stehenden Versicherungsverträge der nicht tätigen Ehefrau des Beschwerdeführers nicht einmal anteilsmäßig zugerechnet werden.

Hinsichtlich des Berufungsvorbringens betreffend die geltend gemachten Subprovisionen und Kfz-Kosten führte die belangte Behörde aus, dass die gewinnmindernd geltend gemachten Provisionen bereits in der aufgehobenen Berufungsentscheidung nicht als Betriebsausgabe berücksichtigt worden seien, "zumal sich im dortigen Verfahren eindeutig und unzweifelhaft herausgestellt" habe, dass die Tochter des Beschwerdeführers keinerlei Leistungen erbracht habe, die bei fremdüblichen Vereinbarungen mit einem derartigen Honorar abgegolten worden wären und die Schätzung der Kfz-Kosten jener entspreche, wie sie auch bereits in der aufgehobenen Berufungsentscheidung zum Ansatz gekommen sei, diese bereits im Vorerkenntnis I einer Überprüfung "entzogen" (gemeint wohl: unterzogen) und vom Gerichtshof nicht beanstandet worden sei. Der Beschwerdeführer habe keine substanziellen Gründe vorgebracht, welche die Richtigkeit der seinerzeit vorgenommenen Schätzung in Zweifel zögen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Hinsichtlich Umsatz- und Gewerbesteuer wird in der Beschwerde zutreffend darauf hingewiesen, dass der Verwaltungsgerichtshof schon im Vorerkenntnis I darauf hingewiesen hat, dass hinsichtlich dieser Steuerarten eine Gesellschaft nach bürgerlichem Recht ein eigenes, von ihren Gesellschaftern unabhängiges Steuersubjekt ist und Bescheide, mit welchen den Gesellschaftern einer derartigen Gesellschaft Umsatz- und Gewerbesteuer vorgeschrieben wird, keine Wirkung auf die Vorschreibung von Umsatz- und Gewerbesteuer gegenüber der Gesellschaft entfalten. Der Gerichtshof teilt aber auch die Ansicht des Beschwerdeführers, dass der Umstand, dass eine Gesellschaft nach bürgerlichem Recht hinsichtlich Umsatz- und Gewerbesteuer ein eigenes Steuersubjekt darstellt, der Qualifikation eines an diese Gesellschaft gerichteten Vorhaltes als Unterbrechungshandlung für die betreffenden Abgabenarten in Bezug auf einen Gesellschafter entgegensteht.

Da die belangte Behörde dies verkannt hat, erweist sich der angefochtene Bescheid hinsichtlich Umsatz- und Gewerbesteuer für die Jahre 1985 bis 1991 als inhaltlich rechtswidrig.

Hinsichtlich Einkommensteuer ist die Gesellschaft nach bürgerlichem Recht zwar - wie im Vorerkenntnis I zum Ausdruck gebracht - ein von ihren Gesellschaftern unabhängiges Subjekt der Einkunftserzielung, Einkommensteuersubjekt ist (sind) aber dennoch der (die) Gesellschafter. Ein hinsichtlich Einkommensteuer an eine GesbR gerichteter Vorhalt bezieht sich daher jedenfalls auf den entsprechenden Abgabenanspruch als solchen, somit auf die Einkommensteuer des Gesellschafters und bildet damit hinsichtlich dieser Abgabe eine Unterbrechungshandlung im Sinne des § 209 BAO.

Soweit sich der Beschwerdeführer dagegen wendet, dass die belangte Behörde die an ihn gerichteten Einkommensteuerbescheide auf § 295 Abs. 1 BAO stützt, wiewohl mit Berufungsvorentscheidung vom die gegenüber der GesbR ergangenen Feststellungsbescheide ersatzlos aufgehoben worden sind, die Einkommensteuer daher jeweils bestenfalls mit 0 festzusetzen gewesen wäre, ist Folgendes zu sagen: Ist ein Bescheid von einem Feststellungsbescheid abzuleiten, so ist er gemäß § 295 Abs. 1 BAO ohne Rücksicht darauf, ob Rechtskraft eingetreten ist, im Fall nachträglicher Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen oder wenn die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben. Nach dieser gesetzlichen Bestimmung ist eine Änderung eines Abgabenbescheides auch bei Aufhebung eines Feststellungsbescheides nicht darauf beschränkt, dass eine Abgabe nicht festzusetzen ist. Es ist diesfalls (unabhängig von einer allfälligen Rechtkraft) die entsprechende Abgabe lediglich unter Berücksichtigung des Umstandes festzusetzen, dass der Feststellungsbescheid aus dem Rechtsbestand ausgeschieden ist.

Dennoch erweist sich der angefochtene Bescheid auch hinsichtlich der Einkommensteuer für die Jahre 1985 bis 1991 als rechtswidrig. Die belangte Behörde stützt ihre Beurteilung, dass die KFZ-Kosten (in den Jahren 1985 bis 1989) nicht im geltend gemachten Ausmaß anzuerkennen waren, im Wesentlichen auf die aufgehobene Berufungsentscheidung und darauf, dass die Höhe der Schätzung in Pkt. 4 des Vorerkenntnisses I überprüft und nicht beanstandet worden sei.

Die entsprechenden Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes lassen aber schon eine solche Überprüfung und nicht erfolgte Beanstandung nicht erkennen, wenn vor dem Hintergrund der Aufhebung des angefochtenen Bescheides zum Ausdruck gebracht wird, dass die Beurteilung, ob die tatsächlichen Kosten oder das amtliche Kilometergeld gemacht werden könne, davon abhänge, ob der PKW ein Gegenstand des Betriebsvermögens ist.

Auch hinsichtlich der Subhonorare (der Jahre 1989 bis 1991) lässt der angefochtene Bescheid eine nachvollziehbare Begründung, warum diese nicht als Betriebsausgaben anerkannt wurden, vermissen. Zutreffend weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass im aufgehobenen Bescheid lediglich auf Seite 38 von offensichtlich willkürlichen Zuweisungen gesprochen wurde, ohne die Verweigerung der Anerkennung näher zu begründen. Soweit die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift meint, dass die Subprovisionen bereits im aufgehobenen Bescheid nicht anerkannt worden seien, ohne dass der Verwaltungsgerichtshof dies im Vorerkenntnis I beanstandet hätte, ist darauf hinzuweisen, dass die entsprechende Entscheidung schon aus anderen Gründen als rechtswidrig aufgehoben wurde, ohne dass auf die Frage der Subprovisionen eingegangen worden wäre.

Der angefochten Bescheid war daher, soweit er Umsatz- und Gewerbesteuer 1985 bis 1991 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG, im Übrigen wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am