VwGH vom 28.04.2004, 2001/14/0166
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom , RV 1009/1-6/2001, betreffend Körperschaftsteuer 1999 (mitbeteiligte Partei: F GmbH, vertreten durch Styria Treuhand- und Revisions GmbH Nfg KG, Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaft in 8010 Graz, Brockmanngasse 75), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Alleiniger Gesellschafter der mitbeteiligten Partei (GmbH) ist eine steuerlich als Körperschaft öffentlichen Rechts anzusehende kirchliche Institution.
In den Jahren 1997 bis 1999 hat die mitbeteiligte Partei Zahlungen an das von der Trägerkörperschaft geführte Museum in folgender Höhe als Betriebsausgaben iSd § 4 Abs 4 Z 6 EStG 1988 geltend gemacht:
1997: 707.000 S
1998: 888.000 S
1999: 874.024 S
Mit dem Körperschaftsteuerbescheid 1999 anerkannte das Finanzamt die im Jahr 1999 getätigte Zahlung nicht als Betriebsausgabe. Sie erfülle nicht die Voraussetzungen des § 4 Abs 4 Z 6 lit b EStG. Wenn eine Kapitalgesellschaft dem Gesellschafter Vermögensvorteile zuwende und die Ursache dafür in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen liege, sei eine verdeckte Gewinnausschüttung gegeben. Da die strittigen Zahlungen ihre Ursache in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen hätten, lägen keine Betriebsausgaben iSd § 4 Abs 4 Z 6 EStG vor.
In der Berufung gegen diesen Bescheid begehrte die mitbeteiligte Partei die Anerkennung der Spende als Betriebsausgabe nach § 4 Abs 4 Z 6 EStG. Diese Bestimmung normiere, dass Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen an Museen von Körperschaften öffentlichen Rechts (innerhalb betraglicher Grenzen) jedenfalls Betriebsausgaben seien. Es sei daher nicht mehr auf eine betriebliche Veranlassung abzustellen. Unmaßgeblich sei, ob gesellschaftsrechtliche Beziehungen die Spendenbereitschaft gefördert hätten. Es stehe fest, dass die Spende von der Körperschaft öffentlichen Rechts zweckentsprechend für ihr Museum verwendet werden müsse und insoweit nicht wie bei einer verdeckten Gewinnausschüttung Verwendungsfreiheit bestehe. Nach den Erfahrungen des steuerlichen Vertreters der mitbeteiligten Partei seien Spenden von Gesellschaften der Gebietskörperschaften an deren Einrichtungen bislang steuerlich unbeanstandet geblieben. Wiesner (Die laufende Besteuerung der Privatstiftung, in: Handbuch zum PrivatstiftungsG, 213f und 225) vertrete in Bezug auf Spenden von Privatstiftungen die Auffassung, dass die speziellere Norm der Spendenbegünstigung Vorrang vor dem allgemeinen Einkommensverwendungstatbestand (bei Stiftungen § 12 Abs 1 Z 1 KStG) habe und daher die Abzugsfähigkeit von Spenden gewährleistet sei. Nach Ansicht der mitbeteiligten Partei müsse dies auch für den gegenständlichen Fall einer ohne satzungsmäßigen Auftrag von einer Kapitalgesellschaft geleisteten Spende gelten.
Im Berufungsverfahren wurde von der mitbeteiligten Partei auf Vorhalt vorgebracht, ihr Alleingesellschafter nehme den kulturellen Auftrag sehr ernst und schieße viel Geld in den negativ bilanzierenden Museumsbereich zu. Der Stand der Schulden der mitbeteiligten Partei gegenüber dem Alleingesellschafter habe Ende 1999 ca 4,41 Mio S und Ende 1998 noch ca 7,86 Mio S betragen. Es treffe nicht zu, dass unter Fremden erst bei völliger Schuldenfreiheit Spenden gewährt würden.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge. Nach § 20 Abs 1 Z 4 EStG 1988 bzw § 12 Abs 1 Z 6 KStG 1988 seien freiwillige Spenden nicht abzugsfähig. Als lex specialis hiezu anerkenne § 4 Abs 4 Z 6 EStG 1988 bestimmte Spenden als Betriebsausgabe. Verdeckte Gewinnausschüttung sei jede außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung vorgenommene Zuwendung der Körperschaft an Anteilsinhaber, die das Einkommen der Körperschaft zu Unrecht mindere und ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis habe. Strittig sei, ob die dem Museumsbetrieb des alleinigen Gesellschafters zugewendeten Geldmittel Betriebsausgaben nach § 4 Abs 4 Z 6 EStG 1988 seien. Nach Ansicht der belangten Behörde ordne der eindeutige Wortlaut dieser Bestimmung an, dass Spenden jedenfalls abzugsfähig seien. Hinzu komme, dass kein sittlich verpöntes Verhalten der mitbeteiligten Partei vorliege und die Spenden auch unter diesem Aspekt nicht als mit nachteiligen Rechtsfolgen verbundene verdeckte Gewinnausschüttungen angesehen werden könnten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 4 Abs 4 Z 6 EStG in der für das Streitjahr geltenden
Fassung gelten als Betriebsausgaben:
"Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen an
a) die Österreichische Nationalbibliothek, die Diplomatische Akademie, das Österreichische Archäologische Institut und das Institut für Österreichische Geschichtsforschung zur Durchführung der diesen Einrichtungen gesetzlich obliegenden Aufgaben,
b) Museen von Körperschaften des öffentlichen Rechts, Z 5 letzter Satz ist anzuwenden,
c) das Bundesdenkmalamt."
Gemäß § 7 Abs 2 KStG kommt die Bestimmung auch bei Ermittlung des Einkommens von Körperschaften zur Anwendung.
§ 8 Abs 2 KStG lautet:
"Für die Ermittlung des Einkommens ist es ohne Bedeutung, ob
das Einkommen
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- | im Wege offener oder verdeckter Ausschüttungen verteilt | |||||||||
- | oder entnommen oder | |||||||||
- | in anderer Weise verwendet wird." |
Im Hinblick auf das Trennungsprinzip können Zahlungen einer Kapitalgesellschaft an den Gesellschafter den allgemeinen Betriebsausgabentatbestand des § 4 Abs 4 EStG erfüllen. Solcherart können etwa auf der Basis einer Gegenleistungsbeziehung (zB Werbevertrag) an ein Museum des Gesellschafters geleistete Zahlungen zu Betriebsausgaben nach dem allgemeinen Betriebsausgabentatbestand führen.
§ 4 Abs 4 Z 6 EStG stellt eine Regelung für Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen dar, die nicht bereits den allgemeinen Betriebsausgabentatbestand erfüllen. Die Regelung erfasst Zuwendungen, die (auch) privat veranlasst sind. Die Bestimmung stellt eine Begünstigung und Lenkungsmaßnahme dar; durch diese Bestimmung werden auch Aufwendungen, welchen die betriebliche Veranlassung fehlt, dem Betriebsausgabenbereich zugeordnet (vgl Stoll, Forschungszuwendungen als steuerliche Abzugsposten, Wien 1978, 37, zur Vorgängerbestimmung im EStG 1972). Aufgrund dieser Bestimmung wird den Aufwendungen, die dem Bereich der Einkommensverwendung zuzuordnen sind, die Betriebsausgabeneigenschaft zuerkannt.
Verdeckte Ausschüttungen sind alle außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gelegenen Zuwendungen einer Körperschaft an Anteilsinhaber, die das Einkommen der Körperschaft mindern und ihre Wurzel in der Anteilsinhaberschaft haben (vgl die hg Erkenntnisse vom , 99/15/0246, und , 95/13/0013).
Verdeckte Ausschüttungen sind (wie offene Ausschüttungen ) Einkommensverwendung der Körperschaft (vgl Beiser, Steuern2, 165).
Nur im Bereich der Einkünfteerzielung anfallende Aufwendungen bzw Erträge sind - von gesetzlichen Sonderbestimmungen abgesehen - für die Ermittlung der Einkünfte der Körperschaft (ihres Gewinnes bzw Verlustes) maßgebend. Im Bereich der Gewinnermittlung spielen nur solche Vorgänge eine Rolle, die durch den Betrieb veranlasst sind. Die Ausschüttungen einer Körperschaft sind nicht durch deren Betrieb veranlasst, stehen nicht mit der Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen des Betriebes der Körperschaft in Zusammenhang.
Tritt die Körperschaft in Rechtsbeziehungen zur ihren Gesellschaftern, so kann es zu einer Vermischung zwischen der Sphäre der Erzielung von Einkünften und jener der Einkommensverwendung kommen. Das ist der Fall, wenn eine Vermögensverschiebung zwischen Körperschaft und Anteilsinhaber nicht (nur) in der Einkünfteerzielung begründet ist, sondern (auch) in der Anteilsinhaberschaft selbst wurzelt. Soweit die Vermögensverschiebung causa societatis erfolgt, findet sie auf der Ebene der für die Einkommensermittlung unbeachtlichen Einkommensverwendung statt. Insoweit liegt eine verdeckte Ausschüttung vor. Diese darf die Einkommensermittlung nicht beeinflussen. Es bedarf also der Entflechtung der betrieblich veranlassten und der in der Anteilsinhaberschaft begründeten Vorgänge sowie der Neutralisierung der verdeckten Ausschüttungen (vgl Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, KStG, § 8 Tz 33.2f, und das hg Erkenntnis vom , 96/15/0117).
Im gegenständlichen Fall hat die mitbeteiligte Partei (GmbH) eine unentgeltliche Zuwendung an ihre Alleingesellschafterin getätigt. Es liegt unzweifelhaft ein nicht betrieblich veranlasster Vorgang vor. Solcherart würden die Aufwendungen nach allgemeinen Grundsätzen der Gewinnermittlung den Gewinn der GmbH nicht mindern. Gerade für Aufwendungen, die nicht betrieblich veranlasst sind, normiert aber die Spezialbestimmung des § 4 Abs 4 Z 6 EStG einen Betriebsausgabenabzug. Aufgrund dieser Bestimmung sind auch die von der mitbeteiligten Partei gewährten Zuwendungen als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.
Die Ansicht des Beschwerdeführers, es komme darauf an und hätte im Verwaltungsverfahren geprüft werden müssen, ob die Beschwerdeführerin auch an andere Museen "eine Spende im selben Ausmaß zur Verfügung gestellt hätte", findet im Gesetz keine Stütze.
Da in sachverhaltsmäßiger Hinsicht unzweifelhaft feststeht, dass die Geldzuwendung getätigt worden ist, kann der beschwerdeführende Präsident auch mit dem Hinweis auf die für die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen sowie zwischen Gesellschaft und Gesellschafter von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze (vgl das hg Erkenntnis vom , 99/13/0108) keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen, zumal das Fehlen einer betrieblichen Veranlassung der Geldzuwendung (iSd allgemeinen Betriebsausgabentatbestandes) außer Streit steht, der Berücksichtigung nach § 4 Abs 4 Z 6 EStG aber nicht entgegensteht.
Der Berücksichtigung als Betriebsausgabe nach § 4 Abs 4 Z 6 EStG steht es auch nicht entgegen, dass die mitbeteiligte Partei ihre Verbindlichkeiten gegenüber der ihre Zuwendung empfangenden Anteilsinhaberin zwar gesenkt, aber noch nicht vollständig abgedeckt hat.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers steht dem auch nicht entgegen, dass die mitbeteiligte Partei Zuwendungen an das Museum des Alleingesellschafters stets nur in der durch § 4 Abs 4 Z 6 EStG durch Verweis auf § 4 Abs 4 Z 5 leg cit normierten 10%- Grenze, also stets nur in dem Ausmaß, bis zu welchem das Gesetz den Betriebsausgabenabzug ermöglicht, getätigt hat.
Darauf hingewiesen sei, dass auch aus dem Privatvermögen einer Kapitalgesellschaft - eine Kapitalgesellschaft kann ausnahmsweise neben Betriebsvermögen auch Privatvermögen aufweisen (vgl Hofstätter/Reichel, Tz 77ff zu § 4 Abs 1 EStG 1988) - getätigte Zuwendungen an Museen der Körperschaften öffentlichen Rechts das Einkommen der Kapitalgesellschaft mindern, und zwar gemäß § 8 Abs 4 KStG iVm § 18 Abs 1 Z 7 EStG als Sonderausgaben.
Der beschwerdeführende Präsident verweist auch auf das Urteil des deutschen Bundesfinanzhofes vom , I R 4/84, BStBl 1990 II 237, in welchem eine Spende an den Gesellschafter nicht der Betriebsausgabenabzugregelung für begünstigte Spenden nach § 11 Nr. 5 Buchstabe a des seinerzeitigen deutschen KStG 1968 zugeordnet wurde, weil eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliege. Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich für die österreichische Rechtslage der im zitierten Urteil zum Ausdruck gebrachten Auffassung des Bundesfinanzhofes, dessen Begründung sich im Wesentlichen bloß darauf stützt, dass die dem Urteil zugrunde liegende Spende die - von der Rechtsprechung entwickelte - Definition der verdeckten Gewinnausschüttung erfülle, nicht anzuschließen. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass es der deutsche Gesetzgeber bei Erlassung der Nachfolgerbestimmung für die genannte Spendenregelung, nämlich des § 9 Nr. 3 KStG 1977, für erforderlich erachtet hat, ausdrücklich anzuordnen, dass verdeckte Gewinnausschüttungen nicht als Spenden iSd genannten Bestimmung gewinnmindernd berücksichtigt werden können, um zu verhindern, dass verdeckte Gewinnausschüttungen dann zu einer Einkommensschmälerung führen, wenn sie in Spendenform gekleidet sind (vgl Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 KStG Anm. 59, Lfg 140).
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II 333/2003.
Wien, am