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VwGH vom 26.06.2001, 2001/14/0009

VwGH vom 26.06.2001, 2001/14/0009

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Urtz, über die Beschwerde der H GmbH in G, vertreten durch Dr. Peter Posch und Dr. Ingrid Posch, Rechtsanwälte in Wels, Eisenhowerstraße 40, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. RV 698/1-8/1999, betreffend Nachforderung von Lohnsteuer für den Prüfungszeitraum bis , zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Anlässlich einer bei der Beschwerdeführerin durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung wurde festgestellt, dass die dem ehemaligen Dienstnehmer Stefan E. anlässlich der Beendigung des Dienstverhältnisses ausgezahlte Abfertigung in Höhe von S 1,653.822,-- (dies entsprach dem neunfachen Monatsbezug) zur Gänze als gesetzliche Abfertigung mit 6 % versteuert worden sei. Da Stefan E. nur 14 Jahre bei der Beschwerdeführerin beschäftigt gewesen sei, sei jedoch (nach dem Angestelltengesetz) nur S 770.068,-- (dies entspreche dem vierfachen Monatsbezug) als gesetzliche Abfertigung im Sinn des § 67 Abs 3 EStG 1988 anzuerkennen. Die weiteren Beträge seien als freiwillige Abfertigung nach § 67 Abs 6 EStG 1988 zu versteuern.

Das Finanzamt folgte der Ansicht des Prüfers und forderte mit Bescheid gemäß § 82 EStG 1988 entsprechende Lohnsteuer nach.

In einer dagegen erhobenen Berufung vertrat die Beschwerdeführerin die Ansicht, bei der Anrechnung von "10 Vordienstzeiten" für die Berechnung der Abfertigung handle es sich nicht um eine "freiwillige, sondern um eine vertragliche Zusicherung". Außerdem habe Stefan E. bei den "Vorfirmen" bei denen er beschäftigt gewesen sei, keine gesetzliche Abfertigung erhalten.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Bei einer 14-jährigen Dienstzeit wäre Stefan E. nach dem Angestelltengesetz nur eine Abfertigung von S 770.068,-- zugestanden. Erhalte der Dienstnehmer auf Grund des Dienstvertrages (oder auf Grund einer Betriebsvereinbarung) eine höhere Abfertigung als lohngestaltende Vorschriften (Gesetz, Kollektivvertrag) vorsähen, dann dürfe nur der in den lohngestaltenden Vorschriften Deckung findende Betrag nach § 67 Abs 3 EStG versteuert werden.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen diese Entscheidung zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung aber ablehnte und die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof abtrat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vor dem Verwaltungsgerichtshof bringt die Beschwerdeführerin vor, dass sich der Anspruch des Stefan E. "zweifellos primär aus dem Gesetz" ableite. Im Sinne der Bestimmung des § 23 AngG gebühre dem Angestellten bei Auflösung des Dienstverhältnisses eine Abfertigung, außer der Angestellte kündige vorbehaltlich des § 23 AngG selbst oder trete ohne wichtigen Grund aus dem Dienstverhältnis aus oder er werde wegen Verschuldens entlassen. Die Vereinbarung zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer, wonach bei Berechnungen des gesetzlichen Anspruches auf Abfertigung Vordienstzeiten angerechnet worden seien, ändere am Charakter der gesetzlichen Abfertigung im Sinn des § 23 AngG jedoch so lange nichts, so lange die höchstmögliche gesetzliche Abfertigung im Ausmaß von zwölf Monatsentgelten nicht überschritten werde. Erst dann, wenn durch Vereinbarungen zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer eine Abfertigung vereinbart werde, die in der gesetzlichen Vorschrift des § 23 AngG nicht mehr Deckung finde, höre der Anspruch in diesem Umfang auf, ein gesetzlicher Abfertigungsanspruch zu sein. Im gegenständlichen Fall sei aber der Abfertigungsanspruch des Stefan E. in der gesamten, ihm zugeflossenen Höhe "sowohl ein gesetzlicher als auch ein vertraglicher". Vertraglich sei dabei nur die Berechnungsart, nämlich die Anrechnung von Vordienstzeiten gewesen, nicht der Anspruchsgrund, der den Rahmen des § 23 AngG nicht überschritten habe.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf. Sie übersieht nämlich, dass § 23 AngG den gesetzlichen Abfertigungsanspruch nicht nur dem Grunde nach, sondern insofern auch der Höhe nach genau umschreibt, als die Abfertigung bei ununterbrochener Dauer des Dienstverhältnisses von drei Jahren das Zweifache des dem Angestellten für den letzten Monat des Dienstverhältnisses gebührenden Entgeltes beträgt und diese sich nach fünf Dienstjahren auf das Dreifache, nach zehn Dienstjahren auf das Vierfache, nach fünfzehn Dienstjahren auf das Sechsfache, nach zwanzig Dienstjahren auf das Neunfache und nach fünfundzwanzig Dienstjahren auf das Zwölffache des monatlichen Entgeltes erhöht. Schon in seinem Erkenntnis vom , 3082/78, hat der Verwaltungsgerichtshof dementsprechend zum Ausdruck gebracht, dass sich der Abfertigungsanspruch eines Angestellten, der dem Grund oder der Höhe nach ganz oder zum Teil auf Grund einer Vordienstzeitenanrechnung gebührt, nicht nur auf das Angestelltengesetz, sondern auch auf eine vertragliche Regelung gründe und daher "über den durch das Gesetz ... zustehenden Anspruch hinausgeht". In seinem Erkenntnis vom , 83/14/0061, 0069, hat der Verwaltungsgerichtshof bekräftigt, dass das dem Arbeitsrecht angehörige Rechtsinstitut der Abfertigung einen Anspruch regle, der im weitesten Sinn Entgelt für als Arbeitnehmer geleistete Arbeit ist. Diesen Anspruch gewährt § 23 Abs 1 AngG nach Maßgabe der beim selben Arbeitgeber zurückgelegten Dienstjahre, wobei Vordienstzeiten bei anderen Arbeitgebern - von auch im Beschwerdefall nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - in die für die Abfertigung maßgebende Dienstzeit nicht einzurechnen sind.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt daher die Ansicht der Beschwerdeführerin nicht, dass Stefan E. bei einer 14-jährigen Dienstzeit bei der Beschwerdeführerin einen gesetzlichen Abfertigungsanspruch im Ausmaß vom Neunfachen des für den letzten Monat des Dienstverhältnisses gebührenden Entgeltes hat. Auch auf das Arbeitsvertragsrecht-Anpassungsgesetz, BGBl 1993/459, stützt sich die Beschwerdeführerin zu Unrecht, weil im Verwaltungsverfahren nicht behauptet wurde, dass im Beschwerdefall ein Sachverhalt vorliege, auf welchen dieses Gesetz anzuwenden wäre.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

Wien, am