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VwGH vom 17.11.2005, 2001/13/0279

VwGH vom 17.11.2005, 2001/13/0279

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Keidel LL.M., über die Beschwerde der Mag. ER in W, vertreten durch Dr. Franz Burgemeister und Mag. Christian Alberer, Rechtsanwälte in 3400 Klosterneuburg, Kierlinger Straße 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat Vb) vom , Zl. RV/257-16/13/2000, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1997, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.172,88 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

An die Beschwerdeführerin erging ein mit datierter Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1997, in dem u.a. sonstige Einkünfte der Beschwerdeführerin aus einem Spekulationsgeschäft nach § 30 EStG 1988 (betreffend den im Jahr 1997 erfolgten Verkauf einer im Jahr 1990 angeschafften Liegenschaft) in Höhe von 472.590 S ausgewiesen waren. In einer ebenfalls mit datierten (und am versandten) gesonderten Bescheidbegründung wurde ausgeführt, warum das Finanzamt entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin erklärte Ausgaben für die Kreditfinanzierung des Grundstückserwerbes nicht als Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften berücksichtigte.

In den vorgelegten Verwaltungsakten befindet sich ein (mit einem Handzeichen versehener) Aktenvermerk vom mit folgendem Inhalt: "lt. Telefon Rücksprache mit Steuerberater wird die RM-Frist bis verlängert". Des Weiteren findet sich ein Aktenvermerk vom , der folgenden Wortlaut hat: "Infolge Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Unterlagen von der Bank wird die RM-Frist bis verlängert".

Nach dem weiteren Inhalt der Verwaltungsakten stellte die Beschwerdeführerin (vertreten durch einen Wirtschaftstreuhänder) mit Schriftsatz vom (beim Finanzamt eingelangt am ) ein Ansuchen um Verlängerung der Frist zur Einbringung eines Rechtsmittels gegen den Einkommensteuerbescheid 1997 bis (zur Begründung werde auf das "heutige Telefonat" mit Frau W. hingewiesen). Eine bescheidmäßige Erledigung dieses Fristverlängerungsansuchens ist nicht aktenkundig.

Über die sodann mit Schreiben vom (beim Finanzamt eingelangt am ) erhobene Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 1997 vom , die mit einem Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom hinsichtlich der Begründung ergänzt wurde, entschied die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid (meritorisch) dahingehend, dass die Berufung als unbegründet abgewiesen wird (mangels Nachweises eines ursächlichen Zusammenhanges der Finanzierungskosten mit dem Erwerb des in Rede stehenden Grundstückes seien die geltend gemachten Werbungskosten nicht anzuerkennen).

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Berufungsfrist einen Monat. Die Berufungsfrist kann nach § 245 Abs. 3 BAO aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, verlängert werden. Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Lauf der Berufungsfrist gehemmt.

Ein Antrag auf Verlängerung der Berufungsfrist nach § 245 Abs. 3 BAO ist ein Anbringen zur Geltendmachung von Rechten im Sinne des § 85 Abs. 1 BAO (vgl. Ritz, BAO3, § 245 Tz 12). Diese Bestimmung sieht telefonische Anbringen nicht vor, sodass telefonische Mitteilungen auch keine "mündlichen" Anbringen im Sinne des § 85 BAO sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2004/15/0089, auf dessen Entscheidungsgründe nach § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).

Wie jede andere verlängerbare Frist darf auch die Erstreckung der Berufungsfrist nach § 245 Abs. 3 BAO nur über ein vor ihrem Ablauf gestelltes Ansuchen erfolgen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 93/15/0192, mwN). Im Beschwerdefall lag nach dem Inhalt der Verwaltungsakten vor dem Ablauf der Berufungsfrist hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 1997 weder ein schriftliches noch ein mündliches Ansuchen um Erstreckung der Berufungsfrist vor. Mit dem oben wiedergegebenen Aktenvermerk vom wurde vielmehr lediglich eine "telefonische Rücksprache" beurkundet (auch dem weiteren - schon nach Ablauf der Berufungsfrist verfassten - Aktenvermerk vom betreffend eine weitere "Verlängerung" der Rechtsmittelfrist bis lag offensichtlich nur ein Telefongespräch zu Grunde).

Lag damit aber kein vor Ablauf der Berufungsfrist im Sinne des § 245 Abs. 3 iVm § 85 BAO wirksam gestellter Antrag auf Erstreckung der Berufungsfrist vor, konnte solcherart auch der Lauf der Berufungsfrist nach § 245 Abs. 3 zweiter Satz BAO nicht gehemmt werden. Eine telefonische Mitteilung (wonach lt. "telefonischer Rücksprache" die Rechtsmittelfrist verlängert werde) stellt auch keinen für eine Bescheiderlassung hinreichenden Formalakt dar (vgl. abermals das hg. Erkenntnis vom , 93/15/0192), sodass auch nicht durch eine rechtsgestaltende Bescheidwirkung (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 91/14/0026) eine Fristverlängerung eintrat.

Lag somit im Beschwerdefall weder ein fristgerecht (vor Ablauf der Berufungsfrist gegen den Einkommensteuerbescheid vom ) eingebrachtes wirksames Fristverlängerungsansuchen nach § 245 Abs. 3 BAO noch ein Bescheid vor, mit dem die Berufungsfrist rechtswirksam verlängert worden wäre, erweist sich die mit Schriftsatz vom eingebrachte Berufung als außerhalb der Berufungsfrist bei der Abgabenbehörde erster Instanz eingelangt.

Nach § 273 Abs. 1 lit. b BAO hat die Abgabenbehörde erster Instanz eine Berufung, die gegen einen von ihr erlassenen Bescheid eingebracht worden ist, durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 278 BAO (in der Fassung vor dem AbgRmRefG, BGBl. I Nr. 97/2002) hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz zu prüfen, ob ein von der Abgabenbehörde erster Instanz nicht aufgegriffener Grund zur Zurückweisung der Berufung vorliegt. Ist ein solcher Grund gegeben, so hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz die Zurückweisung mit Bescheid auszusprechen.

Die Berufung der Beschwerdeführerin wäre daher richtigerweise gemäß § 278 iVm § 273 Abs. 1 lit. b BAO zurückzuweisen gewesen. Die belangte Behörde überschritt dadurch, dass sie über die Berufung der Beschwerdeführerin in der Sache entschied, die Grenzen ihrer Zuständigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2209/79).

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben, wobei diese Rechtswidrigkeit vom Verwaltungsgerichtshof auch von Amts wegen aufzugreifen war (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 581).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die gesondert geltend gemachte Umsatzsteuer, die im pauschalierten Schriftsatzaufwand bereits enthalten ist.

Wien, am