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VwGH vom 17.12.2003, 2001/13/0277

VwGH vom 17.12.2003, 2001/13/0277

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl LL.M., über die Beschwerde 1) des S N in W und 2) der E N in W, beide vertreten durch Dr. Gabriele Schmid, Rechtsanwältin in 1040 Wien, Brucknerstraße 4/5 gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat I) vom , GZ. RV/303- 15/05/2001, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1997 bis 1999, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer erwarben im Jahr 1997 ein 1922 errichtetes Einfamilienhaus, das ihnen zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dient.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist allein die für die Bemessung der AfA maßgebliche (Rest-)Nutzungsdauer des Gebäudes strittig. Die Beschwerdeführer vertreten - gestützt auf ein von ihnen beigebrachtes Sachverständigengutachten - die Auffassung, dass die Restnutzungsdauer 23 Jahre betrage. Dieses Gutachten ermittelt die "Restlebensdauer" des Gebäudes auf Basis der Restlebensdauer der einzelnen Gebäudeteile (z.B. Fundamente, Innenwände, Treppen, Innenputz, Türen, Innenanstrich, Gas- und Wasserinstallationen, Heizungsinstallation), die - entsprechend ihrem Anteil an den Gesamtkosten - unterschiedlich gewichtet sind.

Zum Bau- und Erhaltungszustand wird darin ausgeführt: "Im Keller aufsteigende Feuchtigkeit, Holzträme offenbar teils von Schädlingen befallen."

Mit Bescheiden vom betreffend die Feststellung von Einkünften für die Jahre 1997 bis 1999 zog das Finanzamt den gesetzlich vorgesehenen AfA-Satz von 1,5 % mit der Begründung heran, dass im Gutachten nicht auf den konkreten Gebäudezustand abgestellt werde.

In der dagegen erhobenen Berufung vom wiesen die Beschwerdeführer auf ihren schon im Jahr 2000 gestellten Antrag auf Besichtigung des Gebäudes und auf das vorgelegte Gutachten hin, welchem eine Restnutzungsdauer von 23 Jahren zu entnehmen sei. Mit Schreiben vom wurde - ohne dies zu begründen - beantragt, der Berufungsentscheidung eine Restnutzungsdauer von 30 Jahren zu Grunde zu legen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung in Ansehung des AfA-Satzes keine Folge. Das vorgelegte Gutachten stelle kein taugliches Beweismittel dar, das einen höheren als den gesetzlichen AfA-Satz rechtfertigen könne, weil bei der Ermittlung der Restnutzungsdauer nicht auf den konkreten Bauzustand eingegangen werde und auch nicht nachvollziehbar sei, wie die jeweilige Restnutzungsdauer hinsichtlich der verschiedenen Gebäudeteile im Einzelnen ermittelt worden sei. Da der Nachweis einer kürzeren Restnutzungsdauer somit nicht erbracht worden sei, könne nur der gesetzliche AfA-Satz von 1,5 % zur Anwendung kommen. Bemerkenswert sei im Übrigen, dass die Beschwerdeführer selbst unterschiedliche Angaben zu der Restnutzungsdauer des Gebäudes gemacht hätten. So lägen den Steuererklärungen 1997 und 1998 23 Jahre, der Steuererklärung 1999 hingegen 46 Jahre zu Grunde, in der Berufungsergänzung werde die Restnutzungsdauer schließlich mit 30 Jahren angegeben.

Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988 können bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5 % der Bemessungsgrundlage als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden. Voraussetzung für einen höheren Betrag an AfA ist nach dieser Gesetzesstelle somit, dass ein Nachweis über eine Nutzungsdauer abweichend von der vom Gesetzgeber angenommenen Nutzungsdauer von rund 67 Jahren erbracht wird. Die Beweislast in Ansehung einer kürzeren Nutzungsdauer trifft den Steuerpflichtigen. Der Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer kann grundsätzlich nur mit einem Gutachten über den Bauzustand erbracht werden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2000/13/0175, mit weiteren Nachweisen).

Die Beschwerdeführer haben zum Nachweis der kürzeren Nutzungsdauer ein Sachverständigengutachten beigebracht, welches die belangte Behörde mangels Nachvollziehbarkeit nicht als taugliches Beweismittel anerkannt hat. Sachverständigengutachten sind wie jedes andere Beweismittel der freien Beweiswürdigung zugänglich. Die Beweiswürdigung unterliegt insofern der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle, als es sich um die Beurteilung handelt, ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen.

Im gegenständlichen Fall hält die Beweiswürdigung der belangten Behörde der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle stand.

Die Restnutzungsdauer eines erworbenen Wohngebäudes hängt vornehmlich vom Bauzustand im Zeitpunkt des Erwerbes ab. Dabei ist zu beachten, dass der Bauzustand nicht nur von der ursprünglich gewählten Bauweise, sondern auch von besonderen Umständen abhängen kann, die erst in späteren Jahren eingetreten oder hervorgekommen sind, wie z.B. Beeinträchtigungen durch kriegerische Ereignisse, (starke) Erschütterungen, schlecht tragenden Untergrund oder Vernachlässigung der notwendigen Erhaltungsarbeiten (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 87/13/0119, und vom , 92/15/0127).

Das von den Beschwerdeführern beigebrachte Sachverständigengutachten enthält zum Bau- und Erhaltungszustand lediglich die Aussage "Im Keller aufsteigende Feuchtigkeit, Holzträme offenbar teils von Schädlingen befallen." Zur Qualität der Bauausführung, allfälligen bereits bestehenden Schäden, etwa als Folge der aufsteigenden Feuchtigkeit oder des vermuteten Schädlingsbefalles, finden sich im Gutachten keine Feststellungen. An Hand welcher Befunde die Restlebensdauer der einzelnen Gebäudeteile ermittelt wurde, wird nicht begründet. Solcherart kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie das Gutachten als nicht nachvollziehbar beurteilt hat.

Das Vorbringen, die belangte Behörde lehne den Berechnungsmodus, nämlich die Ermittlung der Restnutzungsdauer des Gebäudes an Hand der "Restlebensdauer" der einzelnen Gebäudeteile, zu Unrecht ab, verkennt, dass sich die belangte Behörde nicht gegen die Bewertungsmethode an sich gewendet hat. Im angefochtenen Bescheid wird das Gutachten vielmehr - wie schon ausgeführt - deswegen als unschlüssig beurteilt, weil darin keine hinreichenden Aussagen zum Bauzustand gemacht werden und auch nicht dargelegt wird, wie die "Restlebensdauer" der einzelnen Gebäudeteile ermittelt wurde. Soweit die Beschwerdeführer die Ermittlung der Restnutzungsdauer des Gebäudes nach der Restlebensdauer der einzelnen Bauteile als "besonders sachgerecht" bezeichnen, übersehen sie, dass das Gutachten gerade nicht auf den tatsächlichen Zustand der Bausubstanz eingeht und auch hinsichtlich jener Gebäudeteile (wie etwa der diversen Installationen), die nach der Lebenserfahrung in kürzeren Abständen zu erneuern sind, keine näheren Angaben enthält.

Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften rügen die Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde vom Anbot, das Gebäude zu besichtigen, keinen Gebrauch gemacht und die Beschwerdeführer auch nicht auf die nicht nachvollziehbaren Punkte des Gutachtens aufmerksam gemacht habe. Dem ist zu entgegnen, dass schon das Finanzamt in seiner Bescheidbegründung bemängelt hat, das Gutachten stelle nicht auf den konkreten Gebäudezustand ab und enthalte auch keine Feststellungen zur wirtschaftlichen Sanierbarkeit. Solcherart war es an den Beschwerdeführern gelegen - ohne dass die belangte Behörde gehalten war, das Gebäude zu besichtigen -, entsprechende Ergänzungen des Gutachtens zu veranlassen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am