VwGH vom 18.04.1997, 95/16/0115
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des C in W, vertreten durch Dr. W H, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 3-6/M/1/1/1995/Bi, betreffend Finanzvergehen des Schmuggels, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Erkenntnis des Hauptzollamtes Linz vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, daß er am anläßlich von Einreisen aus der Bundesrepublik Deutschland nach Österreich
1. bei der Einreise über das Zollamt Schärding 15 Brieftauben im Wert von S 2.000,-- vorsätzlich dem Zollverfahren entzogen habe,
2. anläßlich der Einreise über das Zollamt Obernberg am Inn vorsätzlich versucht habe, eingangsabgabenpflichtige Waren, nämlich 11 Vögel, weiters 3 Bücher, Arzneimittel und Beifutter im Gesamtwert von S 143.454,-- den Zollverfahren zu entziehen und
3. den A. vorsätzlich dazu bestimmt habe, anläßlich dessen Einreise über das Zollamt Schärding die unter 2. genannten Vögel im Gesamtwert von S 138.175,-- dem Zollverfahren zu entziehen.
Das Zollamt sah für die drei Fakten die Tatbestände des § 35 Abs. 1 FinStrG, hinsichtlich Faktum 2 iVm § 13 FinStrG, hinsichtlich Faktum 3 iVm § 11 FinStrG als gegeben an und verhängte eine Geldstrafe von S 40.000,--. Gemäß § 35 Abs. 4 iVm § 17 FinStrG wurde auf Verfall von vier aufgezählten Vögeln erkannt; gemäß § 19 Abs. 2 FinStrG wurde für diese vier Vögel neben dem Verfall auf anteiligen Wertersatz in Höhe von S 4.302,-- erkannt. Hinsichtlich von drei weiteren Vögeln wurde gemäß § 19 Abs. 1 FinStrG auf Wertersatz anstelle des Verfalls (anteilig) in Höhe von S 37.038,-- erkannt.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers nur insofern Folge, als die Geldstrafe auf S 20.000,-- herabgesetzt wurde. Die belangte Behörde ging von folgendem, auszugsweise wiedergegebenen Sachverhalt aus:
"...
In weiterer Folge erwarb Z. jun. im Zuge einer Fahrt mit seinem Vater am 15 Stück Brieftauben um S 2.000,--, 4 Stück Wellensittiche um S 375,60, 3 Stück Rosenköpfchen um S 338,04 und einen Orangenhaubenkakadu um S 2.000,-- sowie auch Arzneimittel um S 3.840,--. Am kauften sie schließlich noch 2 Stück Hyazintharas, 1 Stück Gelbbrustara sowie 3 Bücher und Beifutter um insgesamt S 153.601,--. Am rief Z. jun. den Beschwerdeführer an, dem er bereits anläßlich der Fahrt am gesagt hatte, daß er noch eine Fahrt beabsichtige und ihm dafür S 1.000,-- versprochen hat, und teilte ihm mit, daß er am wieder eine Schmuggelfahrt durchführen soll und vereinbarte das Innblickcafe als Treffpunkt. Am verlud schließlich Z. jun., der gemeinsam mit seinem Vater zum Treffpunkt gekommen war, 2 Kisten mit 15 Brieftauben in den PKW des Beschwerdeführers. Z. jun. für schließlich mit dem Beschwerdeführer ohne Stellung über das Zollamt Schärding nach Österreich und stieg Z. jun. in weiterer Folge in Schärding aus. Daraufhin fuhr der Beschwerdeführer allein wieder in die BRD zurück, wo Z. sen. mit den restlichen Vögeln auf ihn wartete, und verluden schließlich die weiteren 11 Stück Vögel, nämlich 1 Stück Gelbbrustara, 1 Stück Orangenhaubenkakadu, 4 Stück Wellensittiche, 3 Stück Rosenköpfchen und 2 Stück Hyazintharas sowie 3 Stück Bücher, Arzneimittel und Beifutter, in den PKW des Beschwerdeführers. Um nicht beim Zollamt Schärding aufzufallen, bei welchem er schon kurze Zeit zuvor eingereist war, wählte er das Zollamt Obernberg. Dort wurde er vom diensthabenden Zollorgan nach mitgeführten Waren befragt und erklärte er, nichts mitzuführen. Bei der darauf anschließenden Revision wurden jedoch die gegenständlichen Waren vorgefunden und am beschlagnahmt. Z. jun. traf sich in weiterer Folge in Schärding mit dem Beschwerdeführer und teilte ihm den Vorfall mit, worauf beide gemeinsam wieder zum Zollamt Obernberg fuhren, um den Sachverhalt abzuklären. Vom Zollamt Obernberg wurden die gegenständlichen 11 Stück Vögel gegen nachweisliche Ausfuhr wieder Z. jun. und dem Beschwerdeführer überlassen. DARAUFHIN FUHREN Z. JUN. UND DER BESCHWERDEFÜHRER
WIEDER ZUM CAFE "INNBLICK" UND BESPRACHEN, WIE SIE DENNOCH DIE
VÖGEL WIEDER IM WEGE DES SCHMUGGELS NACH ÖSTERREICH VERBRINGEN
KÖNNTEN. Z. jun. telefonierte zwischenzeitig mit dem deutschen Verkäufer, daß er im Falle einer Nachfrage bestätigen solle, daß er die Ware wieder zurückbekommen habe. Der Beschwerdeführer sagte schließlich Z. jun., daß er jemanden wisse, der die Fahrt durchführen könne und fuhren sie daraufhin zu A. Dieser erklärte sich bereit, die Fahrt durchzuführen, und verbrachte A die gegenständlichen Vögel über das Zollamt Schärding, ohne Stellung, nach Österreich. Die Vögel übergab er sodann am vereinbarten Treffpunkt in Schärding dem Beschwerdeführer und erhielt DM 50,-- als Entschädigung. Einige Zeit später holte Z. jun. die Vögel ab und wurden dem Beschwerdeführer S 3.500,-- für die geleisteten Dienste übergeben.
Am wurden 15 Stück Tauben und 1 Stück Gelbbrustara, sowie am 2 Stück Hyazintharas, 1 Stück Gelbbrustara, 1 Stück Orangenhaubenkakadu und 3 Stück Rosenköpfchen neuerlich bei Johann Z. sen. und jun. beschlagnahmt und gegen Verfügungsverbot belassen.
Z. jun. teilt in weiterer Folge telefonisch mit, daß 2 Stück Hyazintharas im November 1988 sowie 1 Stück Orangenhaubenkakadu im Februar 1989 verendet sind."
Ihre Änderung des Strafausspruches begründete die Berufungsbehörde damit, daß die Bestimmungstäterschaft einen Milderungsgrund bewirke, daß die Tat länger zurückläge und daß sich der Beschwerdeführer wohl verhalten habe.
Die im übrigen erfolgte Bestätigung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wurde damit begründet, daß Faktum 2 zu Faktum 3 keinesfalls im Verhältnis Versuch zu Vollendung stehe, weil ein neuer Tatplan gefaßt worden sei und ein geänderter Tatort vorliege, sodaß keine Scheinkonkurrenz gegeben sei. Hinsichtlich des Ausspruches des Wertersatzes komme es nicht darauf an, ob der Beschwerdeführer Eigentümer des Schmuggelgutes war. Während dem Z. jun. 50 % des Wertersatzes auferlegt wurde, habe der Beschwerdeführer nur 25 % zu tragen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht verletzt, daß der Schuldspruch im Punkt 2 nicht ersatzlos behoben werde, daß die verhängte Geldstrafe weiter herabgesetzt werde und daß die Strafe des anteiligen Wertersatzes aufgehoben werde.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die Gegenschrift der belangten Behörde vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auszugehen ist vom unbestrittenen Sachverhalt, wonach der Beschwerdeführer, nachdem er beim Versuch ertappt wurde, die zum Faktum 2 genannten Gegenstände einzuschmuggeln, mit seinem Auftraggeber besprochen hat, wie dennoch die Vögel nach Österreich eingeführt werden können. Schließlich bestimmte er A. zur Tat, der am selben Tag den Schmuggel über ein anderes Zollamt erfolgreich durchführte.
Gemäß § 13 Abs. 1 FinStrG (wortgleich mit § 15 Abs. 1 StGB) gilt die Strafdrohung für vorsätzliche Finanzvergehen nicht nur für die vollendete Tat, sondern auch für den Versuch und für jede Beteiligung an einem Versuch. Allgemein anerkannt ist, daß die vom § 15 generell angeordnete Ausdehnung des Anwendungsbereiches aller Vorsatzdelikte auf Versuchshandlungen nur für den Fall gilt, daß das betreffende Delikt nicht vollendet wurde (Burgstaller, Die Scheinkonkurrenz im Strafrecht, JBl. 1978, 400). Mehrere Ausführungshandlungen bilden eine Einheit, wenn sie von einem einheitlichen - wenn auch vielleicht im Zuge der Tat modifizierten - Vorsatz umspannt und planmäßig auf die Vollendung eines und desselben Verbrechens ausgerichtet sind. Das gilt auch, wenn eine Angriffshandlung fehlschlägt und daher eine weitere angeschlossen wird (Nowakowski, Das Österreichische Strafrecht in seinen Grundzügen, 121). Der Versuch einer strafbaren Handlung tritt hinter deren Vollendung zurück, wenn ein einheitlicher Tatentschluß beide Deliktstufen umfaßt; Voraussetzung in objektiver Beziehung ist Identität des Gegenstandes der Versuchshandlung und des vollendeten Delikts (Pallin in Wiener Kommentar, Vorbemerkungen zu § 28 StGB, Randzahl 8). Voraussetzung der die Realkonkurrenz ausschließenden sogenannten stillschweigenden Subsidiarität ist somit, daß die Versuchshandlung und die letztlich erfolgte Ausführung eine Sinneinheit bilden. Es muß sich dabei um ein einheitliches Tatgeschehen handeln, gekennzeichnet durch einen einheitlichen Willensentscheid, Identität des Geschädigten, Identität des angegriffenen Objektes und zeitlicher Zusammenhang (Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB3, Randzahl 24 zu § 15 StGB). Entscheidend ist, daß die mehreren Ausführungshandlungen, die in ihrer Gesamtheit den Deliktstypus in seinen äußeren Tatseite herstellen, von einem einheitlichen Vorsatz umspannt und auf die Vollendung eines und desselben Deliktes ausgerichtet sind; nur unter diesen Voraussetzungen bilden sie eine dogmatische Einheit, wobei innerhalb dieser der zunächst unternommene Versuch der Straftat hinter ihrer schließlichen Vollendung regelmäßig zurücktritt (Leukauf-Steininger a.a.O., Randzahl 61 zu § 28 StGB).
Alle diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall zu bejahen. Geschädigter ist jeweils die Republik Österreich, der Angriff richtet sich gegen deren Abgabenhoheit bezüglich der gegenständlichen 11 Vögel. Durch die mehreren Ausführungshandlungen am selben Tag ist der zeitliche Zusammenhang unzweifelhaft gegeben. Der Tatvorsatz war von Anfang an darauf gerichtet, die Vögel nach Österreich einzuschmuggeln; daß der eigene Versuch des Beschwerdeführers zunächst mißlang, weshalb er jemanden anderen dazu bestimmte, den von ihm von Anfang an angestrebten Erfolg herbeizuführen, ändert nichts an dem sämtliche Ausführungshandlungen umspannenden Tatvorsatz.
Schon wegen der Gleichbehandlung des Bestimmungstäters mit dem unmittelbaren Täter (§ 11 FinStrG, § 12 StGB) kann es keine Rolle spielen, daß die Vollendung unter Mitwirkung eines Dritten erfolgte; allein das Bestreben, unter allen Umständen die Vögel nach Österreich zu bringen, auf welchem Wege und mit welchen Mitteln auch immer, leitete den Tatvorsatz des Beschwerdeführers. Die Auffassung der belangten Behörde, wegen der Beteiligung des A. am Faktum 3 fehle es am einheitlichen Tatvorsatz, kann nicht gefolgt werden: Es macht wohl keinen Unterschied, ob der Einbrecher, dessen erster Versuch mißlingt, sich beim zweiten Mal eines (technisch) besseren Werkzeuges oder eines Gehilfen bedient. Ohne Belang ist der Wechsel des Tatortes, weil es nur darum ging, das Schmuggelgut nach Österreich zu bringen.
Dadurch, daß die belangte Behörde auch den Schuldspruch zu Faktum 2 billigte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Auf die in diesem Zusammenhang in der Verfahrensrüge geltend gemachte Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes ist nicht weiter einzugehen, weil schon aufgrund der getroffenen Feststellungen der einheitliche Tatvorsatz angenommen werden kann.
Für die nach Abänderung des Schuldspruches erforderliche neuerliche Strafbemessung ist folgendes anzumerken:
Zunächst wird es bei Bestimmung der Geldstrafe eine Rolle spielen, daß der Beschwerdeführer trotz behördlicher Betretung von seinem Vorhaben nicht Abstand genommen hat.
Was den gemäß § 19 Abs. 2 FinStrG neben dem Verfallsausspruch angeordneten Wertersatz betrifft, ist der Beschwerdeführer auf die Bestimmung des § 171 Abs. 3 FinStrG zu verweisen, wonach der Wertersatz erst fällig wird, wenn die verfallenen Gegenstände nicht in den Gewahrsam der Finanzstrafbehörde gebracht werden können. Sollte der Verfall vollzogen werden können, tritt der Wertersatz (für die davon betroffenen vier Vögel) nicht ein.
Auch kann der Verwaltungsgerichtshof nach den festgestellten Handlungsablauf dadurch, daß für den Beschwerdeführer ein 25-Prozent-Anteil festgelegt wurde, einen Verstoß gegen die Aufteilungsbestimmung des § 19 Abs. 4 FinStrG nicht erkennen.
Was den Wertersatz für die verendeten Tiere betrifft, ist die Voraussetzung dafür allein § 19 Abs. 1 lit. a FinStrG, weil im Zeitpunkt der Entscheidung feststand, daß der Verfall unvollziehbar wäre. Erwägungen, ob die Behörde den Verfall früher hätte vollziehen sollen, sind schon deshalb nicht anzustellen, weil es allein auf den Zeitpunkt der Entscheidung (des Straferkenntnisses) ankommt. Zu diesem Zeitpunkt war der Verfall aber unvollziehbar.
Der Beschwerdeführer ließ die Tatsachengrundlage des erstinstanzlichen Bescheides, daß zwei Vögel verendet seien, in der Berufung unbekämpft, weshalb eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens deshalb, weil diese Feststellung nicht weiter überprüft wurde, nicht erkannt werden kann. Auf die diesbezüglichen Behauptungen des Beschwerdeführer ist aufgrund des aus § 41 Abs. 1 VwGG abgeleiteten Neuerungsverbotes nicht einzugehen.
Überhaupt keine Veranlassung bestand zu Prüfung der Frage, warum die Tiere verendeten, weil es allein darauf ankommt, ob der Verfall vollziehbar ist oder nicht. Aus welchen Gründen der Vollzug des Verfalls scheitern würde und ob die Behörde alle möglichen Sicherungsmittel ausgeschöpft hat, ist für die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 lit. a FinStrG ohne Belang.
Der angefochtene Bescheid war somit wegen Unrichtigkeit des Schuldspruches gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994. Stempelgebühren waren nur in erforderlichen Ausmaß zuzusprechen.