VwGH vom 04.10.1995, 95/15/0125
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsdient Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde des Mag. H in G, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl. B 124-4/94, betreffend Ordnungsstrafe wegen beleidigender Schreibweise, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde, dem angeschlossenen angefochtenen Bescheid und den sonstigen Beschwerdebeilagen geht der folgende entscheidungswesentliche Sachverhalt hervor:
Der Beschwerdeführer hat in einem inhaltlich eine Berufung gegen Abgabenbescheide darstellenden Schriftsatz u.a. folgende Formulierungen verwendet:
"..... daß beim Finanzamt neuerdings Bazarmethoden angewendet werden",
"Die Heraufsetzung der AfA auf 5 Jahre durch den Bescheidverfasser entbehrt jeder sachlichen Grundlage und dürfte auf dessen persönliche Häme zurückzuführen sein.",
"Daß mit der Anwendung der Höchstsätze gehörig in den Schmalztopf gegriffen wurde, dürfte eher mit der charakterlichen Nichteignung des Bescheidverfassers zu tun haben, als sachlich begründet sein."
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid verhängte die belangte Behörde wegen dieser Formulierungen über den Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf § 112 BAO eine Ordnungsstrafe von S 1.500,--. Begründend führte sie im wesentlichen aus, durch den Vorwurf, Bazarmethoden anzuwenden, sei dem Finanzamt insgesamt unterstellt worden, sich mißbräuchlich außerhalb der Rechtsordnung zu bewegen. Durch den Vorwurf der persönlichen Häme und charakterlichen Nichteignung der Sachbearbeiterin werde ihr ein Mißbrauch ihrer Dienstpflichten unterstellt, worin eine Beleidigung bzw. Herabwürdigung ihrer Persönlichkeit zu erblicken sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 112 Abs. 3 BAO kann die Abgabenbehörde gegen Personen, die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen, ebenso wie nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle eine Ordnungsstrafe bis S 2.000,-- verhängen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine beleidigende Schreibweise vor, wenn eine Eingabe ein unsachliches Vorbringen enthält, das in einer Art gehalten ist, die ein ungeziemendes Verhalten gegenüber der Behörde darstellt. Dabei ist es ohne Belang, ob sich die beleidigende Schreibweise gegen die Behörde, gegen das Verwaltungsorgan oder gegen eine einzige Amtshandlung richtete. Eine in einer Eingabe an die Behörde gerichtete Kritik ist dann gerechtfertigt und schließt die Verhängung einer Ordnungsstrafe aus, wenn sich die Kritik auf die Sache beschränkt, in einer den Mindestanforderungen des Anstandes entsprechenden Form vorgebracht wird und nicht Behauptungen enthält, die einer Beweisführung nicht zugänglich sind. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, wird der Tatbestand der beleidigenden Schreibweise erfüllt und es kann auch ein gelungener Beweis der Kritik den Schreiber nicht mehr rechtfertigen (vgl. beispielsweise das zur inhaltsgleichen Bestimmung des § 34 Abs. 3 AVG ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/19/0299, mwN). Zwar dürfen Akte der Rechtsverfolgung nicht durch übertriebene Empfindlichkeit der Behörde behindert werden (siehe das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 101/91-19), eine ein Behördenorgan in seiner Ehre herabsetzende Schreibweise ist aber ebenso beleidigend wie eine Schreibweise, durch die das Verhandlungsklima zwischen Behörde und Einschreiter durch unsachliche Ausdrücke, unpassende Vergleiche, Anspielungen etc. dergestalt belastet wird, daß eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Vorbringen erschwert, wenn nicht gar verhindert wird (siehe das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/14/0144). Beleidigungsabsicht ist für die Annahme einer beleidigenden Schreibweise nicht erforderlich (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/01/0048, sowie zu allen erwähnten Punkten auch Stoll, BAO-Kommentar, 1216 f).
Die von der belangten Behörde mit einer Ordnungsstrafe belegten Formulierungen des Beschwerdeführers in seiner Berufung an das Finanzamt überschreiten allesamt den Boden sachlicher Kritik und stellen daher eine beleidigende Schreibweise im Sinne des § 112 Abs. 3 BAO dar. Daß auf den Beschwerdeführer wegen seiner Tätigkeit als Autor und Regisseur ein anderer (milderer) Maßstab anzuwenden wäre als bei eine derartige Tätigkeit nicht ausübenden Einschreitern, entbehrt einer Grundlage im Gesetz.
Da auf Grund des Gesagten schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, mußte die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abgewiesen werden.