VwGH vom 25.01.1999, 97/17/0144
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
97/13/0075 E
97/16/0086 E
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des D, vertreten durch Dr. G und Dr. M, Rechtsanwälte in S, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien vom , Zl. MD-VfR - G 17 u. 18/96, betreffend Haftung für Getränkesteuer, Dienstgeberabgabe, Kommunalsteuer und Gebrauchsabgabe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid - Spruch I. - wird betreffend Haftung für die Gebrauchsabgabe samt Säumniszuschlag als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid betreffend Haftung für Getränkesteuer, Dienstgeberabgabe und Kommunalsteuer bleibt den Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zu Zlen. 97/13/0075 und 97/16/0086 vorbehalten.
Begründung
Mit Haftungsbescheid vom wurde der Beschwerdeführer als Alleingeschäftsführer der abgabepflichtigen GmbH für die in der Zeit vom bis entstandenen Abgaben in der Höhe von insgesamt S 192.113,30 (davon Getränkesteuer S 137.360,--, Kommunalsteuer/Dienstgeberabgabe S 34.707,30 und Gebrauchsabgabe S 20.146,--) haftbar gemacht und als Haftpflichtiger zur Zahlung dieses Betrages herangezogen. Dies mit der Begründung, der Abgabenrückstand sei bei der Primärschuldnerin wegen offensichtlicher Zahlungsschwierigkeiten und Betriebsendes uneinbringlich. Der Beschwerdeführer sei "bis (Konkurseröffnung)" im Firmenbuch als Geschäftsführer der abgabepflichtigen GmbH eingetragen gewesen und sei daher verantwortlicher Vertreter. Die schuldhafte Verletzung der ihm als Vertreter gemäß § 54 WAO auferlegten Pflichten sei dadurch gegeben, daß er es unterlassen habe, für die termingemäße Entrichtung der in Rede stehenden Abgaben zu sorgen. Es sei daher die gesetzliche Voraussetzung für seine Haft- und Zahlungspflicht gegeben.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, aus der der Berufung beigelegten Aufstellung ergebe sich, daß die Abgabenbehörde nicht schlechter gestellt worden sei als andere Gläubiger, deren Forderungen ebenfalls nicht vollständig befriedigt worden seien. Falls sich trotzdem herausstellen sollte, daß einzelne Gläubiger bessergestellt worden seien, als die Abgabenbehörde, könne der Beschwerdeführer niemals für die gesamten Abgabenverbindlichkeiten der GmbH herangezogen werden, da nachweislich aufgrund des Konkursaktes feststehe, daß eine große Anzahl von Gläubigern nicht befriedigt worden sei, was immer nur zu einer quotenmäßigen Haftung des Geschäftsführers führen könne.
In der genannten Aufstellung betreffend den Zeitraum Jänner 1995 bis Juli 1995 werden die Rückstände und Zahlungen sowie die prozentuelle Zunahme der Rückstände für Kredite, Verbindlichkeiten, Versicherungen, Sozialversicherung, einzelne Steuern (mit Ausnahme der Gebrauchsabgabe) udgl. angeführt. In der Beilage eines weiteren Schriftsatzes wurden die Zahlungen für 1994 - wie oben aufgeschlüsselt - bekanntgegeben.
Nach Ergehen einer abweislichen Berufungsvorentscheidung und dem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wies die belangte Behörde im Spruch I. des angefochtenen Bescheides die angeführte Berufung als unbegründet ab. Dies mit der Begründung, es stehe unbestritten fest, daß der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der GmbH zu dem in § 54 Abs. 1 WAO angeführten Personenkreis gehöre. Über das Vermögen der Primärschuldnerin sei am beim Handelsgericht Wien das Konkursverfahren eröffnet worden, das noch nicht zum Abschluß gekommen sei. Daraus ergebe sich, daß die aushaftenden Steuer- und Abgabenrückstände bei der Gemeinschuldnerin nur erschwert einbringlich seien. Die Pflichtverletzung des Beschwerdeführers ergebe sich - soweit in dem mit dieser Entscheidung zu entscheidenden Beschwerdefall von Relevanz - aus § 11 Abs. 2 und 3 Gebrauchsabgabegesetz 1966, wonach die einmalige Abgabe mit Ablauf eines Monates nach Bekanntgabe des Abgabenbescheides und die Jahresabgabe für das begonnene Abgabenjahr, für das die Gebrauchserlaubnis erteilt worden sei, mit Ablauf eines Monates nach Bekanntgabe des die Gebrauchserlaubnis erteilenden Bescheides fällig werde. Somit hätte der Beschwerdeführer Sorge tragen müssen, daß die genannte Abgabe für den Haftungszeitraum fristgerecht entrichtet werde. Der Beschwerdeführer bestreite sein Verschulden an der Pflichtverletzung und habe zu diesem Zweck sowohl für das Haftungsjahr 1994 als auch für den Haftungszeitraum Jänner bis Juni 1995 eine Liquiditätsaufstellung beigebracht. Aus dieser ergebe sich, daß im Jahr 1994 Lohn- und Gehaltsforderungen zu 89,24 % und Mietforderungen zu 81,14 % erfüllt worden seien. Getränkesteuerschulden seien zu 78,72 %, Schulden an Dienstgeberabgabe zu 49,89 % und solche der Kommunalsteuer zu 45,36 % erfüllt worden. Für das Haftungsjahr 1995 seien keinerlei Zahlungen für die Abgaben ausgewiesen. Mit diesem Vorbringen habe der Beschwerdeführer nicht die Gleichbehandlung sämtlicher Gesellschaftsgläubiger nachweisen können, seien doch die Abgabenschuldigkeiten durchwegs zu niedrigeren Quoten erfüllt worden als Lohn- und Mietforderungen. Da somit aber die gebotene Gleichbehandlung aller Gläubiger verletzt worden sei, liege ein Verschulden an der Uneinbringlichkeit der in Rede stehenden Abgabenforderungen vor. Die Einsicht in den Konkursakt sowie die Einvernahme der Masseverwalterin und des Beschwerdeführers sei nicht erforderlich, da aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Liquiditätsaufstellungen eindeutig ersichtlich sei, daß im Haftungszeitraum noch Mittel für die Befriedigung von Gläubigern zur Verfügung gestanden seien, die jedoch nicht zu gleichen Anteilen erfolgt sei. Die Geltendmachung der Haftung entspreche auch den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und Billigkeit. Bei Abstandnahme von der Haftung würde der Abgabengläubiger seines Anspruches verlustig gehen, da eine bedeutende Konkursquote ohnehin nicht zu erwarten sei. Im übrigen spreche nichts dafür, daß es unbillig sei, daß ein Geschäftsführer, der seine abgabenrechtlichen Pflichten verletze, zur Haftung herangezogen werde, andernfalls jene Abgabepflichtigen und ihre Vertreter, die ihre Pflichten erfüllten, im wirtschaftlichen Wettbewerb benachteiligt würden.
Der Beschwerdeführer erhob gegen den Spruch I. des angefochtenen Bescheides Beschwerde und machte sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Er erachtet sich in seinem Recht auf Nichtheranziehung zur Haftung verletzt.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Aufgrund der Geschäftsverteilung des Verwaltungsgerichtshofes ist mit diesem Erkenntnis nur über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Heranziehung zur Haftung für die Gebrauchsabgabe samt Säumniszuschlag abzusprechen. Über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid betreffend Getränkesteuer, Dienstgeberbeitrag und Kommunalabgabe samt Nebenansprüchen ist gesondert zu entscheiden.
Gemäß § 7 Abs. 1 WAO in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 40/1992 haften die in den §§ 54 ff WAO bezeichneten Vertreter und sonstigen Verpflichteten neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern und sonstigen Verpflichteten auferlegten Pflichten, sei es abgabenrechtlicher oder sonstiger Pflichten, bei den Abgabepflichtigen nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung.
Nach § 54 Abs. 1 WAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen; sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln die sie verwalten, entrichtet werden.
Zu den in § 54 Abs. 1 WAO genannten Personen gehören auch die Geschäftsführer einer GmbH.
Nach § 7 Abs. 1 WAO in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 40/1992 ist nicht mehr die Uneinbringlichkeit Voraussetzung für die Haftung - wie bei § 7 Abs. 1 WAO in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 40/1992 und § 9 BAO - , sondern der Umstand, daß die Abgabe beim Abgabepflichtigen nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann. Diese Schwierigkeiten der Einbringung müssen auf eine schuldhafte Pflichtverletzung des Vertreters zurückzuführen sein. Auch nach der neuen Fassung des § 7 WAO kann das tatbestandsmäßige Verschulden in einem vorsätzlichen oder in einem fahrlässigen Handeln oder Unterlassen bestehen. Der Verwaltungsgerichtshof hält seine Rechtsprechung aufrecht, nach welcher eine schuldhafte Verletzung der Vertreterpflichten anzunehmen ist, wenn der Vertreter keine Gründe darlegen kann, aufgrund derer ihm die Erfüllung unmöglich gewesen ist (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/17/0066).
Aufgabe des Geschäftsführers ist es, darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, daß die Gesellschaft die angefallenen Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Hat der Geschäftsführer schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, daß die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit war. Nicht die Abgabenbehörde hat das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Der Geschäftsführer haftet für nichtentrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, daß diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden. Widrigenfalls haftet der Geschäftsführer für die in Haftung gezogene Abgabe zur Gänze (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/13/0079).
Nach der Aktenlage wurde der Bescheid mit der Vorschreibung der jährlichen Gebrauchsabgabe am und der Bescheid mit der einmaligen Gebrauchsabgabe am zugestellt. Diese Abgaben wurden mit Ablauf eines Monates nach Bekanntgabe, somit im März 1995 fällig. Der Beschwerdeführer - laut Firmenbuch bis Alleingeschäftsführer - war somit für die Entrichtung dieser Abgaben verantwortlich. Eine Einzahlung zur Begleichung der Gebrauchsabgaben erfolgte nicht. Überdies ergibt sich aus den vom Beschwerdeführer für das Jahr 1995 vorgelegten Unterlagen über die Zahlung der unterschiedlichen Verbindlichkeiten, daß im Zeitraum bis zum Beispiel der Darlehensrückstand einer Brauerei um 10 % verringert wurde, sich aber der Rückstand für die Dienstgeberabgabe um 362 %, die Getränkesteuer um 124 % und die Mehrwertsteuer sogar um 15.163 % erhöhte. Der Beschwerdeführer bringt in der Beschwerde selbst vor, es sei, um den Betrieb weiterführen zu können, unbedingt notwendig gewesen, gewisse betriebsnotwendige Forderungen wie etwa Löhne und Gehälter oder den Mietzins vordringlich zu erfüllen, da ohne Räumlichkeiten und Personal der Betrieb sofort eingestellt hätte werden müssen.
Bei dieser Sachlage kann von einer anteiligen Begleichung aller Verbindlichkeiten keine Rede sein.
Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, die Bescheidfeststellung "für das Haftungsjahr 1995 seien keinerlei Zahlungen für die verfahrensgegenständlichen Abgaben ausgewiesen" sei aktenwidrig, ist darauf hinzuweisen, daß der Beschwerdeführer im Jahre 1995 für die Getränkesteuer, Dienstgeberabgabe und Kommunalabgabe nach seinen Unterlagen Zahlungen geleistet hat, nicht aber für die Gebrauchsabgabe. Die für die Getränkesteuer, Dienstgeberabgabe und Kommunalsteuer geleisteten Zahlungen wurden jedoch im Hinblick auf die Rückstände des Vorjahres nach den Verrechnungsbestimmungen der WAO zwingend für die alten Rückstände verrechnet, sodaß es nach der Aktenlage zu keiner Entrichtung der im Jahre 1995 fällig gewordenen Abgaben kam. Einen wesentlichen Verfahrensmangel zeigt der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerdebehauptung nicht auf, weil es sich in der Bescheidbegründung nur um eine zwar zu Mißverständnissen Anlaß gebende Begründungsformulierung handelt, die Ungleichbehandlung bei der Befriedigung der fälligen Verbindlichkeiten des Jahres 1995 sich aber aus der Beschwerdebehauptung und den vorgelegten Akten unzweifelhaft ergibt.
In der Berufung stellte der Beschwerdeführer den Antrag, die Abgabenbörde möge Einsicht in den Konkursakt des Handelsgerichtes Wien nehmen, aus welchem hervorgehe, daß die Gläubiger der GmbH im bescheidgegenständlichen Zeitraum nicht mehr vollständig befriedigt worden seien und nur mehr eingeschränkte Mittel zur Entrichtung von Abgabenschulden vorhanden gewesen seien, sowie die Masseverwalterin und den Beschwerdeführer zu diesen Beweisthemen einvernehmen.
Die belangte Behörde nahm von der Aufnahme dieser gestellten Beweisanträge mit der Begründung Abstand, eine Einsicht in den Konkursakt sowie die Einvernahme der Masseverwalterin und des Beschwerdeführers sei nicht erforderlich, da aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Liquiditätsaufstellungen eindeutig ersichtlich sei, daß im Haftungszeitraum noch Mittel für die Befriedigung von Gläubigern zur Verfügung gestanden seien, diese jedoch nicht zu gleichen Anteilen erfolgt sei.
Aus dieser Begründungsfeststellung ist zu ersehen, daß die belangte Behörde - insbesondere auch aufgrund des vom Beschwerdeführer vorgelegten Zahlenmaterials - davon ausgegangen ist, daß nicht ausreichend Mittel zur Begleichung aller Verbindlichkeiten zur Gänze vorhanden gewesen seien. Da die belangte Behörde ohnehin vom Vorhandensein nur eingeschränkter Mittel ausgegangen ist, bedurfte es insoweit nicht eines noch weiteren Ermittlungsverfahrens. Dem Beschwerdeführer wird aber auch nicht das Vorhandensein nur eingeschränkter Mittel zur Last gelegt, sondern vorgeworfen, daß er ausgehend von diesen eingeschränkten Mitteln die Begleichung der Verbindlichkeiten nicht zu gleichen Teilen vornahm. Damit haftete er für die mit Haftungsbescheid geltend gemachten Abgaben - im vorliegend zu entscheidenden Fall für die geltend gemachte Gebrauchsabgabe - zur Gänze. Ein wesentlicher Verfahrensmangel ist daher in der Nichteinvernahme der Masseverwalterin und des Beschwerdeführers sowie in der Nichteinsichtnahme in den Konkursakt nicht zu erkennen.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gegen den Spruch I. des angefochtenen Bescheides betreffend Gebrauchsabgabe samt Säumniszuschlag gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Kostenausspruch bleibt den folgenden Entscheidungen über die Beschwerde vorbehalten.
Wien, am