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VwGH vom 29.06.1999, 95/14/0019

VwGH vom 29.06.1999, 95/14/0019

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der Gemeinde Flattach, vertreten durch Dr. Siegfried Rack, Rechtsanwalt in 9100 Völkermarkt, Münzgasse 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom , B 20/1 - 4/92, betreffend Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages für die Jahre 1985 bis 1990 (mitbeteiligte Parteien: Plantrans Gebrüder Bugelnig Transporte-Erdbau GmbH, Gemeinde Obervellach, Gemeinde Stall und - nur betreffend den Bescheid für das Jahr 1990 - Gemeinde Malta), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Plantrans Gebrüder Bugelnig Transporte-Erdbau GmbH (idF: GmbH) mit dem Unternehmensgegenstand Erdbau, Gewinnung von Schotter und Sand, Herstellung von Lieferbeton und Transporte übte ihr Gewerbe in den Jahren 1985 bis 1990 im Gebiet der beschwerdeführenden Gemeinde Flattach (idF: Beschwerdeführerin) sowie in der Gemeinde Obervellach und in der Gemeinde Stall aus. Im Jahr 1990 übte die GmbH ihr Gewerbe überdies noch in der Gemeinde Malta aus.

Im Streitzeitraum befand sich im Gebiet der Beschwerdeführerin die Leitung des Unternehmens sowie eine Tankstelle, in der Gemeinde Obervellach der Abstellplatz für den Fuhrpark, eine Tankstelle, eine Werkstätte, ein Lager sowie eine Betonmischanlage und in der Gemeinde Stall eine Schotter- und Sandgrube. In der Gemeinde Malta befand sich im Jahr 1990 eine Baustelle.

Im Jahr 1993 ließ die GmbH ihre Betriebsstätte im Gebiet der Beschwerdeführerin auf und verlegte die Leitung des Unternehmens in die Gemeinde Obervellach.

Mangels dementsprechender Erklärungen war dem Finanzamt nicht bekannt, dass die GmbH in mehreren Gemeinden Betriebsstätten unterhielt, weswegen der in den Bescheiden vom , zugestellt am , betreffend Gewerbesteuer für die Streitjahre gegenüber der GmbH festgesetzte einheitliche Gewerbesteuermessbetrag nicht auf die einzelnen Gemeinden zerlegt wurde.

Mit am beim Finanzamt eingelangtem Schreiben beantragte die Gemeinde Obervellach die Zerlegung des für die Streitjahre festgesetzten einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages im Verhältnis der Summe der Arbeitslöhne in allen Betriebsstätten der GmbH (vgl § 31 Abs 1 Z 2 GewStG idF vor dem bzw § 31 Abs 1 Z 1 leg cit idF nach dem ). Die Gemeinde Obervellach gab die Summe der Arbeitslöhne, die nach ihrer Ansicht auf die jeweilige Betriebsstätte entfallen seien, der Höhe nach bekannt. Hiebei ging die Gemeinde Obervellach unter Hinweis auf die von der GmbH erklärte Lohnsumme für die Streitjahre davon aus, die Summe der Arbeitslöhne der in ihrem Gebiet tätigen Arbeitnehmer entfalle auch auf die Betriebsstätte in ihrem Gebiet, weil diese Arbeitnehmer entweder in dieser Betriebsstätte tätig seien oder als Kraftfahrer ihre Tätigkeit von dieser Betriebsstätte aus ausübten.

Das Finanzamt ersuchte die GmbH unter Beischluss der von der Gemeinde Obervellach errechneten Aufteilung der Summe der Arbeitslöhne auf die jeweilige Betriebsstätte mitzuteilen, ob die vorgelegte Berechnung den Tatsachen entspreche.

Die GmbH legte daraufhin eine Zusammenstellung der in den Streitjahren ausbezahlten Summe der Arbeitslöhne vor, die sie auf die jeweilige Betriebsstätte aufteilte. Hinsichtlich der Aufteilung der Summe der Arbeitslöhne zwischen der im Gebiet der Beschwerdeführerin und der in der Gemeinde Obervellach befindlichen Betriebsstätte führte die GmbH aus, sie habe die Summe der Arbeitslöhne jener Arbeitnehmer, die ständig in einer der beiden Betriebsstätten tätig seien, der jeweiligen Betriebsstätte zugeordnet. Die Summe der Arbeitslöhne der Kraftfahrer, die ihre Tätigkeit von der Betriebsstätte in der Gemeinde Obervellach aus ausübten, sei dieser Betriebsstätte zugerechnet worden.

Das Finanzamt schloss sich der von der GmbH vorgenommenen Aufteilung der Summe der Arbeitslöhne auf die jeweilige Betriebsstätte an und erließ für die Streitjahre dementsprechende Bescheide betreffend Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages.

Mit Berufung wandte die Beschwerdeführerin ein, die GmbH leite ihr Unternehmen seit Jahren von ihrem Gebiet aus. Da die Arbeitnehmer der GmbH meist auf Baustellen, die keine Betriebsstätten darstellten, tätig seien, sei die Summe aller Arbeitslöhne der in ihrem Gebiet gelegenen Betriebsstätte zuzurechnen.

Die Gemeinde Obervellach, die Gemeinde Stall und die Gemeinde Malta traten der Berufung der Beschwerdeführerin jeweils mit dem Begehren bei, die vom Finanzamt vorgenommene Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages beizubehalten.

Im Zug zweier Ortsaugenscheine stellte das Finanzamt fest, in dem auf der Betriebsstätte im Gebiet der Beschwerdeführerin befindlichen Gebäude werde im Erdgeschoß das Unternehmen der GmbH geleitet. Dort seien drei Arbeitnehmer ständig tätig. Das Obergeschoß des Gebäudes sei zu (fremden) Wohnzwecken vermietet. Auf der Betriebsstätte in Obervellach befinde sich ein Gebäude, dessen Erdgeschoß als Magazin und dessen Obergeschoß Wohnzwecken von Arbeitnehmern der GmbH diene. Anschließend an dieses Gebäude befinde sich eine Werkstätte und eine Lagerhalle. Es gebe Abstellplätze für den Fuhrpark und für die Baumaschinen. Eine Betonmischanlage befinde sich ebenfalls in dieser Betriebsstätte.

Die belangte Behörde hielt der Beschwerdeführerin vor, das Finanzamt habe die Summe der Arbeitslöhne jener Arbeitnehmer, die dauernd in einer Betriebsstätte tätig gewesen seien, der jeweiligen Betriebsstätte zugerechnet. Die Summe der Arbeitslöhne jener Arbeitnehmer, die täglich von der Betriebsstätte in Obervellach aus als Kraftfahrer ihre Tätigkeit aufgenommen hätten und täglich dorthin zurückgekehrt seien, sei dieser Betriebsstätte zugerechnet worden. Die Summe der Arbeitslöhne jener Arbeitnehmer, die weder ständig in einer Betriebsstätte tätig gewesen seien, noch täglich von der Betriebsstätte in Obervellach aus als Kraftfahrer ihre Tätigkeit aufgenommen hätten und täglich dorthin zurückgekehrt seien, sei der Betriebsstätte im Gebiet der Beschwerdeführerin zugerechnet worden. Wie in Jiresch/Langer, Das Gewerbesteuergesetz6, 255, ausgeführt werde, sei die Summe der Arbeitslöhne des Fahrpersonals jener Betriebsstätte zuzurechnen, von der aus die Fahrt begonnen und wohin das Fahrzeug wieder zurückzuführen sei. Die Summe der Arbeitslöhne der in Rede stehenden Kraftfahrer sei daher iSd der Ausführungen von Jiresch/Langer der Betriebsstätte in Obervellach zuzurechnen.

In Beantwortung dieses Vorhaltes führte die Beschwerdeführerin unter Wiederholung ihrer Ausführungen in der Berufung aus, die Summe der Arbeitslöhne der Kraftfahrer sei mangels längeren Aufenthaltes dieser Arbeitnehmer in einer Betriebsstätte der in ihrem Gebiet befindlichen Betriebsstätte zuzurechnen. Denn nur von der in ihrem Gebiet befindlichen Betriebsstätte aus könnten die Kraftfahrer leitend eingesetzt werden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung mit der Begründung ab, der Arbeitslohn eines Arbeitnehmers sei jener Betriebsstätte zuzurechnen, zu der der Arbeitnehmer unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten die stärkste Beziehung habe. Für die nicht überwiegend in einer Betriebstätte tätigen Arbeitnehmer der GmbH bestehe diese Beziehung entweder zur Betriebsstätte im Gebiet der Beschwerdeführerin als Ort der Leitung des Unternehmens oder zur Betriebsstätte in Obervellach, in der sich jene Anlagen und Einrichtungen befänden, die der Ausübung des Unternehmensgegenstandes der GmbH dienten. Die Beziehungen der in Rede stehenden Kraftfahrer seien zur Betriebsstätte in Obervellach schon deswegen enger als zu der im Gebiet der Beschwerdeführerin, weil die Ausstattung mit Arbeitsmitteln in dem von der GmbH ausgeübten Unternehmen eine überragende Bedeutung gegenüber den fernmündlichen Weisungen von der Leitung des Unternehmens zukomme. Da die in Rede stehenden Kraftfahrer ihre Tätigkeit von der Betriebsstätte in Obervellach aus ausübten, sei die Summe deren Arbeitslöhne dieser Betriebsstätte zuzurechnen.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin behauptet, der von der Gemeinde Obervellach iSd § 297 Abs 2 BAO gestellte Antrag auf Zerlegung des festgesetzten einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages sei verspätet, weswegen keine Bescheide betreffend Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages hätten ergehen dürfen.

Mit diesen Ausführungen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die Bescheide betreffend Gewerbesteuer für die Streitjahre, in denen gegenüber der GmbH der einheitliche Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt wurde, wurden am zugestellt. Der von der Gemeinde Obervellach gestellte Antrag auf Zerlegung des festgesetzten einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages ist am beim Finanzamt eingelangt. Ein erstmaliger Antrag iSd § 297 Abs 2 BAO kann nur innerhalb eines Jahres ab Eintritt der Rechtskraft des Messbescheides gestellt werden. Unter Rechtskraft eines Bescheides ist die formelle Rechtskraft, somit die Unanfechtbarkeit durch Berufung, zu verstehen. Die im § 297 Abs 2 BAO genannte Jahresfrist ist daher erst am , somit nach Einlangen des erstmaligen Antrages auf Zerlegung des für die Streitjahre festgesetzten einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages, durch die Gemeinde Obervellach abgelaufen (vgl Ritz, Bundesabgabenordnung-Kommentar, Tz 3 zu § 302 BAO und die dort angeführte hg Rechtsprechung).

Die Zerlegung des festgesetzten einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages ist im Verhältnis der Summe der Arbeitslöhne in allen Betriebsstätten der GmbH erfolgt. Die Beschwerdeführerin bestreitet weder die Anwendung dieses Zerlegungsmaßstabes, noch die Zurechnung des Arbeitslohnes eines Arbeitnehmers zu jener Betriebsstätte, zu der der Arbeitnehmer unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten die stärkste Beziehung hat. Die Beschwerdeführerin rügt jedoch, die belangte Behörde habe offensichtlich die Grundsätze des hg Erkenntnisses vom , 89/14/0055, vor Augen gehabt, jedoch nicht festgestellt, ob und welche Fahrzeuge in der Betriebsstätte in Obervellach betankt und gewartet worden seien. Die belangte Behörde habe auch nicht festgestellt, dass die Kraftfahrzeuge von den Kraftfahrern auf der nicht eingefriedeten Betriebsstätte in Obervellach lediglich geholt und abgestellt, die fernmündlichen Weisungen an die Kraftfahrer jedoch aus der in ihrem Gebiet befindlichen Betriebsstätte erteilt worden seien. Die belangte Behörde habe weiters nicht festgestellt, dass den Kraftfahrern die Kfz-Papiere, die Kfz-Schlüssel und das Fahrtgeld in der in ihrem Gebiet befindlichen Betriebsstätte ausgefolgt worden seien. Die Tätigkeit der Kraftfahrer sei daher in wirtschaftlicher Betrachtungsweise mit der auf ihrem Gebiet befindlichen Betriebsstätte und nicht mit der in Obervellach verbunden gewesen. Die Kraftfahrer hätten überdies die in ihrem Gebiet befindliche Betriebsstätte bedeutend öfter aufgesucht als jene in Obervellach.

Mit diesen Ausführungen zeigt die Beschwerdeführerin ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Zunächst ist, wie die belangte Behörde in ihrem Vorhalt festgehalten hat, darauf hinzuweisen, dass die Summe der Arbeitslöhne jener Arbeitnehmer, die nicht täglich von der Betriebsstätte in Obervellach aus als Kraftfahrer ihre Tätigkeit aufgenommen haben und nicht täglich dorthin zurückgekehrt sind, der Betriebsstätte im Gebiet der Beschwerdeführerin zugerechnet worden ist. Somit gehen die Ausführungen der Beschwerdeführerin, die Summe der Arbeitslöhne aller Kraftfahrer sei der Betriebsstätte in Obervellach zugerechnet worden, ins Leere.

Im Gegensatz zu den Ausführungen der Beschwerdeführerin hat die Abgabenbehörde den wesentlichen Sachverhalt sehr wohl festgestellt. Unbestritten ist, dass in der Betriebsstätte im Gebiet der Beschwerdeführerin weder Kraftfahrzeuge abgestellt noch gewartet worden sind. Die Abgabenbehörde hat im Zug eines umfangreichen Ermittlungsverfahrens den entscheidungswesentlichen Sachverhalt festgestellt, wobei der so ermittelte Sachverhalt der Beschwerdeführerin durch die belangte Behörde vorgehalten worden ist. Die Behauptung, den Kraftfahrern seien die Kfz-Papiere, die Kfz-Schlüssel und das Fahrtgeld in der Betriebsstätte im Gebiet der Beschwerdeführerin ausgefolgt worden, stellt ebenso wie die Behauptung, die Kraftfahrer hätten die Betriebsstätte im Gebiet der Beschwerdeführerin bedeutend öfter aufgesucht als jene in Obervellach, eine im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unbeachtliche Neuerung dar.

Die Summe der Arbeitslöhne jener Arbeitnehmer, die überwiegend auswärts tätig sind, ist jener Betriebsstätte zuzurechnen, zu der ihre Tätigkeit unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten die überwiegende und stärkste Beziehung hat (vgl das hg Erkenntnis vom , 89/14/0055). Der belangten Behörde kann bei dem gegebenen Sachverhalt nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie bei Kraftfahrern, die ihre Tätigkeit von einer Betriebsstätte aus, die als Abstell- und Serviceplatz für die Kraftfahrzeuge dient, täglich ausgeübt haben, zu dem Schluss gelangt ist, dass zu dieser Betriebsstätte die überwiegende und stärkste Beziehung der Arbeitnehmer bestanden hat. Hingegen kommt es nicht darauf an, von welcher Betriebsstätte, auch wenn sich in dieser die Leitung des Unternehmens befindet, fernmündliche Weisungen an die Kraftfahrer erteilt worden sind.

Die Beschwerdeführerin rügt auch die Verletzung von Verfahrensvorschriften durch das Finanzamt, wobei sie behauptet, das Finanzamt hätte sie "überrollt". Wäre sie vom Finanzamt nicht "überrollt" worden, hätte sie die Einvernahme mehrerer namentlich genannter, bei der GmbH beschäftigten Personen beantragt.

Mit diesen Ausführungen zeigt die Beschwerdeführerin keine wesentliche Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Abgesehen davon, dass nur der Bescheid der belangten Behörde der Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof unterliegt, wäre es Sache der Beschwerdeführerin im Administrativverfahren gewesen, Beweismittel und Beweisthemen anzubieten. Von einem "Überrollen" kann in Anbetracht der im Beisein des Bürgermeister der Beschwerdeführerin und des der Gemeinde Obervellach durchgeführten Ortsaugenscheine und des Vorhaltes der belangten Behörde wohl keine Rede sein.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

Wien, am