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VwGH vom 17.09.1997, 95/13/0245

VwGH vom 17.09.1997, 95/13/0245

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des L in W, vertreten durch Dr. Alfred Roschek, Rechtsanwalt in Wien I, Jasomirgottstraße 6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat VI, vom , Zl. 16-95/3070/01, betreffend Einkommensteuer 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Bezirksvorsteher eines Wiener Gemeindebezirkes. Die Bezüge aus dieser Tätigkeit wurden als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit behandelt. In den Beilagen zur Einkommensteuererklärung für 1991 machte der Beschwerdeführer folgende Werbungskosten geltend:

"Klubbeiträge" (hier ist die Bezeichnung

einer politischen Partei angefügt) 59.387,00

"Bürokostenpauschale"

(hier Bezeichnung einer Teilorganisation

einer politischen Partei) 16.240,00

"Bürokostenpauschale"

(hier ebenfalls Bezeichnung einer Teilorganisation

einer politischen Partei) 122.000,00

"Fachliteratur 9.975,00

Bälle, Einladungen, Beiträge,

Veranstaltungen, Empfänge,

Tagungen, Klausuren 33.010,00

Blumen, Werbegeschenke 8.184,00

Reisespesen 6.520,00

Kilometergelder

7.628 km a 4,00 30.512,00

Tage- und Nächtigungsgelder 5.760,00

Porti 604,40

Steuerberatungskosten 5.434,80

Telefongebühren 15.510,60

313.137,80"

Mit einem Vorhalt vom ersuchte das zuständige Finanzamt den Beschwerdeführer um den "belegmäßigen Nachweis" der geltend gemachten Aufwendungen. Daraufhin wurden Klubbeiträge und Bürokostenpauschale durch entsprechende Bestätigungen nachgewiesen. Darunter war auch eine Bestätigung vom Jänner 1992, wonach der Beschwerdeführer im Jahr 1991 einen Sonderbeitrag von S 50.000,-- an die für den Bezirk eingerichtete Teilorganisation der politischen Partei entrichtet habe.

Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer für 1991 anerkannte das Finanzamt von den geltend gemachten Werbungskosten nur den - seiner Meinung nachgewiesenen - Betrag von S 197.627,--.

Mit der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde ein Teil der vom Finanzamt eingeforderten Belege, nämlich die Belege 1 bis 47, vorgelegt.

Im Berufungsverfahren wurde in einer Eingabe vom ausgeführt, die Ausübung der politischen Tätigkeit als Bezirksvorsteher sei vom Ergebnis der Wiener Gemeinderatswahlen abhängig. Der Beschwerdeführer müsse alle Anstrengungen unternehmen, ununterbrochen Kontakte mit Wählergruppen herzustellen und diese mit den Funktionären zu pflegen. Die wenigen in diesem Zusammenhang anläßlich von Arbeitsgesprächen anfallenden Konsumationen seien jeweils durch ordnungsgemäße Rechnungen belegt. Der Sonderbeitrag von S 50.000,-- sei im Wahljahr 1991 vom Wiener Parteiobmann für den erhöhten Aufwand eingefordert worden. Die Ausgabenpositionen Fachliteratur (S 9.975,--), Veranstaltungen (S 33.010,--), Blumen, Werbegeschenke (S 8.184,--) machten zusammen den Betrag von S 51.169,-- aus. Dieser zuletzt genannte Betrag von S 51.169,-- sei folgendermaßen weiter aufzugliedern:

"Gemeinderatswahlen und andere Veranstaltungen,

Empfänge, Heurigenabend, Sitzungen 27.582,00

Fachliteratur 4.816,00

Blumen 2.459,00

Werbegeschenke 10.382,00

Ballkarten 3.900,00

Mitglieds- und sonstige Beiträge 2.030,00

51.169,00"

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung teilweise Folge gegeben. Im Sachverhaltsteil dieses Bescheides ist wörtlich ausgeführt:

"Der Berufungswerber (Bw.) ist Bezirksvorsteher.

Strittig ist die Anerkennung verschiedener Ausgaben als Werbungskosten.

Auf den dieser Entscheidung zugrundeliegenden und dem Bw. bekannter Akteninhalt wird verwiesen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.)
Einkommensteuererklärung 1991 samt Beilagen
2.)
Schreiben des Finanzamtes vom
3.)
Einkommensteuerbescheid 1991 vom
4.)
Berufung vom
5.)
Berufungsvorentscheidung vom
6.)
Schreiben der Bw. vom
7.)
Berichtigter Einkommensteuerbescheid 1991 vom
8.)
Vorlageantrag vom
9.)
Schreiben der Abgabenbehörde II. Instanz vom
10.)
Niederschrift vom
11.)
Schreiben des Bw. vom "

Im übrigen ist aus dem angefochtenen Bescheid ersichtlich, daß von den geltend gemachten Werbungskosten der "Sonderbeitrag" (S 50.000,--), "Fachliteratur" von S 4.816,--, Bewirtungskosten von S 27.582,--, Blumen und Geschenke in Höhe von S 12.841,-- und Beiträge in Höhe von S 2.030,-- nicht steuermindernd anerkannt wurden.

Begründend wurde dazu ausgeführt, der Sonderbeitrag von S 50.000,-- sei als freiwillige Spende nicht abzugsfähig, da er nicht auf Grund der Parteistatuten verpflichtend zu bezahlen gewesen sei. Hinsichtlich der Bewirtungsspesen fehle der Nachweis eines Werbezweckes. Literatur, die auch bei nicht in der Berufssparte des Steuerpflichtigen tätigen Personen von allgemeinem Interesse oder zumindest für einen nicht fest abgrenzbaren Teil der Allgemeinheit bestimmt sei, stelle keine Fachliteratur dar. Es habe sich dabei "um beleglose Ausgaben", "Who is Who in Österreich", eine Festschrift einer österreichischen Landsmannschaft und ein "Buch ohne Titel" gehandelt. Spenden an einen Umweltverein, anläßlich des Geburtstages von Landeshauptmann U, an die K, an einen Fahrradverein und ähnliches, stellten keine Werbungskosten dar.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof erst jüngst in seinen Erkenntnissen vom , 94/13/0200, und vom , 95/13/0038, unter Hinweis auf zahlreiche Vorjudikatur festgestellt hat, muß die Begründung eines Abgabenbescheides erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, daß gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Als zentrales Begründungselement hat dabei der Bescheid eine zusammenhängende Sachverhaltsdarstellung zu enthalten. Eine solche Darstellung kann nicht durch einen bloßen Hinweis auf den Akteninhalt ersetzt werden. Auch im nunmehrigen Beschwerdefall - der angefochtene Bescheid wurde vom selben Berufungssenat wie die in den angeführten Beschwerdefällen aufgehobenen Bescheide erlassen - fehlt eine solche Sachverhaltsdarstellung völlig.

Auch aus dem Erwägungsteil ist der Sachverhalt hinsichtlich jener Aufwendungen, die entgegen dem Berufungsbegehren nicht anerkannt worden sind, nicht ersichtlich. Insbesondere besteht auch ein entscheidender Widerspruch zwischen der vom Beschwerdeführer in den Beilagen zur Einkommensteuererklärung 1991 gegebenen Aufgliederung der Aufwendungen und jener in der Eingabe vom . Besteht aber ein solcher Widerspruch in den Parteivorbringen, so hat sich die belangte Behörde damit auseinanderzusetzen und den Sachverhalt einer Klärung zuzuführen.

Im einzelnen wendet sich der Beschwerdeführer dagegen, daß die belangte Behörde den Sonder-Parteibeitrag in Höhe von S 50.000,-- als "freiwillige Spende" angesehen hat. Tatsächlich stellt sich diese Beurteilung der belangten Behörde als aktenwidrig dar. Vom Beschwerdeführer wurde nämlich im Berufungsverfahren vorgebracht, daß er zur Leistung dieses Beitrages verpflichtet gewesen sei. Der Hinweis der belangten Behörde auf einen - nicht entscheidungswesentlichen - "moralischen Druck" zur Leistung dieses Beitrages stimmt gleichfalls mit dem Inhalt der Akten nicht überein. In rechtlicher Hinsicht ist dabei zur Klarstellung darauf zu verweisen, daß als "Klubbeitrag" oder auch als "Parteisteuer" bezeichnete Beträge, die von einem politischen Funktionär an die ihn entsendende politische Partei geleistet werden, Werbungskosten darstellen, sofern der Funktionär für den Fall der Unterlassung eines solchen Beitrages an die Partei mit dem Ausschluß aus der Partei und in weiterer Folge mit dem Verlust seines Mandates rechnen muß

(vgl. Hofstätter/Reichel/Fellner/Fuchs/Zorn, Einkommensteuer-Kommentar, § 16 Abs. 1 Z. 3 EStG 1988, Tz 2). Anders als etwa freiwillig geleistete Zahlungen an die Partei (vgl. oV, Parteisteuer nicht abzugsfähig, RdW 1988, 363) sind somit auf Grund einer Verpflichtung geleistete Parteibeiträge als Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen steuerlich abzugsfähig. Diese Auffassung entspricht im Ergebnis auch der Ansicht des deutschen Bundesfinanzhofes:

So sind Wahlkampfkosten eines Bewerbers um das Amt eines Landrats in Bayern abzugsfähig, weil mit dem Amt steuerpflichtige Einnahmen verbunden sind (Urteil des BFH vom , IV R 15/95, BStBl II 431). Das Urteil des BFH vom , IX R 161/83, BStBl 1988 II 433, erging demgegenüber lediglich zum Umfang des Abzugsverbotes i.S.d.

§ 22 Nr. 4 Satz 2 dEStG, einer Regelung, die im österreichischen Recht keine Entsprechung gefunden hat.

Bei Aufwendungen für Fachliteratur hat die Behörde auf Grund des Inhaltes festzustellen, ob die Fachliteratur im Zusammenhang mit der beruflichen Sphäre des Steuerpflichtigen steht oder der allgemein bildenden Literatur zuzuordnen ist (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 87/13/0052). Auch diesem Anspruch genügt die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht. Der Hinweis auf ein "Buch ohne Titel" kann dabei nicht nachvollzogen werden. Soweit es sich um Aufwendungen für das Werk "Who is Who in Österreich" handelt, ist festzustellen, daß Aufwendungen für die Abnahme einer bestimmten Anzahl von Ausgaben dieses Werkes dafür geleistet werden, daß das Werk eine Einschaltung über die eigene Person enthält. Schon im Hinblick auf den beschränkten Abnehmerkreis - im wesentlichen die darin erwähnten Personen - kann ein die Wertschätzung für die eigene Person bei weitem übersteigender Werbecharakter dieser Aufwendungen für einen politischen Funktionär nicht erkannt werden. Die Aufwendungen für dieses Werk stellen daher Ausgaben für die Lebensführung i.S.d. § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a EStG 1988 dar.

Hinsichtlich der Bewirtungsspesen ist davon auszugehen, daß unter Repräsentationsaufwendungen i.S.d. § 20 Abs. 1 Z. 3 EStG 1988 in der auf den Beschwerdefall anzuwendenden Fassung alle Aufwendungen zu verstehen sind, die zwar durch den Beruf des Steuerpflichtigen bedingt bzw. im Zusammenhang mit der Erzielung von steuerpflichtigen Einkünften bewirkenden Einnahmen anfallen, aber auch sein gesellschaftliches Ansehen fördern; das gesellschaftliche Ansehen fördert aber nicht nur die Bewirtung, die ein Unternehmer Geschäftsfreunden, sondern gleichermaßen die Bewirtung, die ein politischer Funktionär anderen Personen welcher Art immer - möglichen Wählern, anderen politischen Funktionären usw. - zuteil werden läßt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 87/13/0052 m.w.H.). Daß demgegenüber die strittigen Aufwendungen im Einzelfall der Werbung für das politische Amt des Beschwerdeführers gedient haben und die berufliche Veranlassung bei weitem überwog, hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht nachgewiesen. Allerdings ist dem Beschwerdeführer zuzugestehen, daß die belangte Behörde zu Unrecht unter einem "Werbeaufwand" nur Aufwendungen für "Reklame im weitesten Sinn" wie Ausgaben für Presse-, Rundfunk- und Fernsehwerbung, Plakate, Prospekte etc. erblickt hat. Auch Bewirtungen anläßlich von konkreten Wahlveranstaltungen können bei einem politischen Funktionär zu steuerlich absetzbaren Aufwendungen führen.

Um welchen Aufwand es sich bei den Positionen "Blumen", "Werbegeschenke" und "Beiträge" im einzelnen gehandelt hat und welchem Zweck diese Aufwendungen dienten, kann dem angefochtenen Bescheid nicht entnommen werden. Der Bescheid ist daher auch insoweit nicht nachvollziehbar. Zur Klarstellung ist in diesem Zusammenhang aber darauf zu verweisen, daß die Meinung der belangten Behörde, bei (steuerlich absetzbaren) "Gelegenheitsgeschenken mit Werbeeffekt" dürfe es sich nur um solche handeln, die vom Steuerpflichtigen selbst produziert wurden - was bei einem Bezirksvorsteher nicht der Fall sein könne -, unrichtig ist.

Da die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid somit in mehrfacher Weise Verfahrensvorschriften außer acht gelassen hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Dabei ist darauf hinzuweisen, daß der Verwaltungsgerichtshof wesentliche Mängel des Verwaltungsverfahrens auch ohne entsprechenden Antrag in der Beschwerde wahrzunehmen hat, zumal in der Beschwerde ihrem Inhalt nach eine Reihe von Verfahrensmängeln gerügt werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.