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VwGH vom 15.05.1990, 89/05/0219

VwGH vom 15.05.1990, 89/05/0219

Betreff

1) N, 2) M und 3) A gegen Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. MDR-B V-8/89, betreffend die Versagung einer nachträglichen Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: 1) L und 2) H).

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen von S 2.760,-- und den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 10.590,-- je binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom ersuchten die Beschwerdeführer beim Wiener Magistrat um die Erteilung einer nachträglichen Bewilligung für Um- und Zubauarbeiten am linken Seitentrakt des Hauses Wien, X-Gasse 17. In diesem Antrag wurde darauf verwiesen, daß beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien ein Antrag auf Duldung nach den Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes anhängig sei. Nach Abschluß dieses Gerichtsverfahrens würden die Beschwerdeführer die erforderlichen Unterschriften der Miteigentümer umgehend beibringen. Mit einer weiteren Eingabe vom legten die Beschwerdeführer sodann einen Wohnungseigentumsvertrag vor und behaupteten, aus Punkt VIII dieses Vertrages ergebe sich die Zustimmung aller Miteigentümer.

Bei der am durchgeführten mündlichen Bauverhandlung erklärten die mitbeteiligten Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ausdrücklich, dem Bauvorhaben der Beschwerdeführer nicht zuzustimmen.

Mit Bescheid vom erteilte der Wiener Magistrat den Beschwerdeführern die angestrebte Baubewilligung. Zu dem Vorbringen der Mitbeteiligten wurde in der Begründung dieses Bescheides ausgeführt, daß trotz des Fehlens ihrer Zustimmung die Bewilligung zu erteilen gewesen sei, weil der Wohnungseigentumsvertrag in Punkt VIII eine Formulierung enthalte, die als liquide Zustimmung interpretiert werden könne.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Mitbeteiligten Berufung, in welcher sie ausdrücklich bestritten, daß aus dem genannten Wohnungseigentumsvertrag ihre liquide Zustimmung zu dem Bauvorhaben der Beschwerdeführer abgeleitet werden könnte. Ausdrücklich versagten sie dem Bauvorhaben ihre Zustimmung und beantragten die ersatzlose Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides. Dieses Berufungsvorbringen wurde den Beschwerdeführern zur Kenntnis gebracht, welche in ihrer Äußerung vom ausführten, daß die fehlende Unterschrift der Mitbeteiligten nicht durch Gerichtsbeschluß ersetzt worden sei, ein diesbezügliches Gerichtsverfahren sei anhängig. In der Folge legten die Beschwerdeführer das Gutachten eines Zivilingenieurs für Bauwesen zu bestimmten technischen Fragen vor.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom gab die Bauoberbehörde für Wien der Berufung der Mitbeteiligten Folge und änderte den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend ab, daß die nachträgliche Baubewilligung für das Bauvorhaben versagt wurde. Unter Berufung auf die hier maßgebliche Rechtslage nach der Bauordnung für Wien stellte die Berufungsbehörde fest, daß die Zustimmung der Mitbeteiligten als Grundmiteigentümer im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides nicht vorgelegen sei, sodaß mangels ihrer Zustimmung die Bewilligung des Bauvorhabens zu versagen sei. Daß derzeit ein Gerichtsverfahren zur Erzwingung der fehlenden Zustimmungen anhängig sei, könne weder die fehlende Zustimmung nachweisen, noch stelle dies einen Grund für eine Aussetzung des Baubewilligungsverfahrens dar. Daß aber die Zustimmung der Mitbeteiligten erforderlich gewesen sei, lasse der dem Verfahren zugrundeliegende Auswechslungsplan auch für einen technischen Laien erkennen, weil das Bauvorhaben von Einfluß auf die statischen Verhältnisse des Hauses sein könne, und überdies mit einer Änderung der äußeren Gestaltung des Gebäudes verbunden sei, sodaß die Zustimmung sämtlicher Miteigentümer der Liegenschaft jedenfalls erforderlich sei.

In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragen die Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und den mitbeteiligten Parteien erstatteten Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Nach § 63 Abs. 1 lit. c der Bauordnung für Wien in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 28/1987 hat der Bauwerber dem Ansuchen um Baubewilligung die Zustimmung des Eigentümers (aller Miteigentümer) anzuschließen, wenn der Bauwerber nicht selbst Eigentümer oder nur Miteigentümer der Liegenschaft ist. Im Falle des Wohnungseigentums ist die Zustimmung aller Miteigentümer nicht erforderlich, wenn das Bauvorhaben nicht von Einfluß auf die statischen Verhältnisse des Hauses oder der baulichen Anlage ist, oder wenn das Bauvorhaben weder eine Änderung der äußeren Gestaltung des Gebäudes oder der baulichen Anlage bewirkt, noch gemeinsame Teile des Hauses, der baulichen Anlage oder der Liegenschaft in Anspruch nimmt, noch die Umwidmung von Wohnungen auf Arbeitsräume, Büroräume, Verkaufsräume, Versammlungsräume, Gaststätten und Räume mit ähnlicher Funktion sowie Lagerräume betrifft.

In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof behaupten die Beschwerdeführer nun, daß das in erster Instanz bewilligte Bauvorhaben für die Statik gänzlich ohne Bedeutung und auch ohne Einfluß auf die äußere Gestaltung des Hauses sei. Jedenfalls hätte aber die belangte Behörde nicht selbst ohne jede Prüfung durch einen technischen Sachverständigen gleichsam als technischer Laie das Vorliegen der genannten Voraussetzungen verneinen dürfen.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich der Auffassung der Beschwerdeführer nicht anzuschließen. Der dem Verwaltungsverfahren zugrundeliegende Bauplan läßt nämlich zweifelsfrei erkennen, daß das abgeänderte Bauvorhaben sowohl Außenmauern als auch die Errichtung von Kaminen betrifft und insbesondere das Dach wesentlich höher und anders als bisher vorgesehen bewilligt werden soll (vgl. insbesondere die Darstellung in den Schnitten); so soll etwa teilweise statt eines Flachdaches ein Giebeldach bewilligt werden, also die Dachform und die Dachkonstruktion geändert werden, wie die Baubehörde erster Instanz im Spruch ihres Bescheides das Bauvorhaben beschrieb. Daß ein solches Bauvorhaben von Einfluß auf die statischen Verhältnisse des Hauses ist, bedarf entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführer keiner Erörterung, wie in der Begründung des angefochtenen Bescheides sinngemäß zutreffend dargelegt worden ist. Im übrigen ist die Bauoberbehörde für Wien ein Kollegialorgan, dem u.a. auch Sachverständige angehören, wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift mit Recht hervorhebt (vgl. auch § 138 Abs. 1 der Bauordnung für Wien). Darüber hinaus bewirkt das Bauvorhaben aber auch eine Änderung der äußeren Gestaltung des Gebäudes, sodaß auch aus diesem Grund die Zustimmung der Mitbeteiligten entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführer eindeutig gesetzliches Erfordernis war.

Im Beschwerdefall kann dahingestellt bleiben, ob eine im Wohnungseigentumsvertrag vorgesehene Bestimmung als liquide Zustimmung im Sinne des § 63 Abs. 1 lit. c der Bauordnung beurteilt werden konnte, weil die mitbeteiligten Miteigentümer ja jedenfalls in der Bauverhandlung vor der Behörde erster Instanz ausdrücklich erklärten, dem Bauvorhaben der Beschwerdeführer nicht zuzustimmen. Bei dieser Situation hätte die Baubehörde erster Instanz, wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend erkannt hat, schon auf Grund der Erklärung der Mitbeteiligten mit einer Versagung des Bauvorhabens vorgehen müssen. Daß die Zustimmung der Eigentümer deshalb nicht erforderlich gewesen sei, weil es sich bei dem Bauvorhaben um keine wichtige Veränderung im Sinne des § 834 ABGB gehandelt habe, kann bei der hier gegebenen Rechtslage unerörtert bleiben.

Da weiters die Frage, ob die Zustimmung der Mitbeteiligten in einem gerichtlichen Verfahren erzwungen werden kann, keine Vorfrage des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens ist (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 86/05/0169, BauSlg. Nr. 855), erweist sich das Beschwerdevorbringen zur Gänze als unbegründet; die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Bei dieser Situation erübrigte sich eine gesonderte Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführer, ihrer Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG sowie auf die Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.