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VwGH vom 05.10.1994, 92/15/0225

VwGH vom 05.10.1994, 92/15/0225

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des P in L, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwältin in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 5-2068/92, betreffend Berücksichtigung erhöhter Werbungskosten beim Jahresausgleich für das Kalenderjahr 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war im Streitjahr Dienstnehmer der Casino Austria AG und gelangte in diesem Jahr als Croupier wie folgt zum Einsatz:

vom 1. Jänner bis 31. März in Seefeld

vom 1. April bis 30. Juni in Wien

vom 1. Juli bis 15. September in Velden

vom 16. September bis 24. Dezember in Wien und

vom 25. Dezember bis 31. Dezember in Seefeld.

Im Zuge des Jahresausgleichsantrages für das Streitjahr beantragte der Beschwerdeführer unter anderem, Aufwendungen in Höhe von S 68.720,-- als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen:

Berufskleidung S 22.000,--

Familienheimfahrten S 12.520,--

Verpflegungsmehraufwand S 20.880,--

Nächtigungsgebühr S 34.800,--

S 90.200,--

abzgl. Vergütung v. Arbeitgeber S 21.480,--

S 68.720,--.

Vom Finanzamt wurden die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Werbungskosten für Berufskleidung, Familienheimfahrten und ein Verpflegungsmehraufwand von täglich S 80,-- für 365 Tage abzüglich der vom Arbeitgeber erhaltenen Vergütung anerkannt.

In seiner wegen teilweiser Nichtanerkennung der geltend gemachten Werbungskosten erhobenen Berufung gegen den Jahresausgleichsbescheid vertrat der Beschwerdeführer die Ansicht, daß in seinem Fall Dienstreisen vorlägen und daß gemäß § 26 Z. 4 EStG 1988 Beträge, die aus Anlaß einer Dienstreise als Reisevergütungen (Fahrtkostenvergütungen, Kilometergelder) und als Tagesgelder und Nächtigungsgelder gezahlt würden, (als nicht unter die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit fallend) abziehbar seien.

In seiner abweislichen Berufungsvorentscheidung anerkannte das Finanzamt nunmehr lediglich Aufwendungen für die Kleidung und für die Familienheimfahrten in Höhe von S 34.520,-- als Werbungskosten. Die Nichtberücksichtigung von Diäten, Tagesgeldern und Mehrverpflegungsaufwendungen begründete das Finanzamt unter anderem mit dem Hinweis darauf, daß dem Beschwerdeführer günstigere Verpflegungsmöglichkeiten bereits aus Vorjahrsaufenthalten sowohl in S als auch in V bekannt sein müßten.

In seinem Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragte der Beschwerdeführer "die Anerkennung des Mehrverpflegungsaufwandes von S 120,-- pro Tag und die Kosten für die Übernachtung, einerseits in Form der angeforderten Rechnungen in Höhe von S 8.250,--, andererseits für den Aufenthalt in S das Nächtigungspauschale von S 200,-- pro Nacht, d.i. für 90 Nächte abzüglich der Familienheimfahrten ein Betrag (82 x S 200,--) von S 16.400,--"; ferner die Anerkennung der bis dahin noch nicht geltend gemachten Zahlung der Betriebsratsumlage in Höhe von S 463,50. Rechnungen für die Übernachtungen in S könnten nicht beigebracht werden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung teilweise Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid dahingehend abgeändert, daß folgende Werbungskosten anerkannt wurden:

Familienheimfahrten S 12.520,--

Nächtigungskosten S 8.250,--

Betriebsratsumlage S 463,50

S 21.233,50.

Die vom Beschwerdeführer nicht nachgewiesenen Nächtigungskosten, die von ihm geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen und die Aufwendungen für seine im Beruf getragene Kleidung wurden nicht als Werbungskosten anerkannt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zum Verpflegungsmehraufwand:

Die Beschwerde gibt zunächst die Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid wieder, wonach der Abzug eines Verpflegungsmehraufwandes als Werbungskosten eine Reise voraussetze und daß eine Reise im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG 1988 nur dann vorliege, wenn kein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet werde. Solche weitere Mittelpunkte der Tätigkeit des Beschwerdeführers lägen jedoch im Beschwerdefall vor. Im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei davon auszugehen, daß ein längerer Aufenthalt an einem Ort es ermögliche, sich über günstige Verpflegungsmöglichkeiten zu informieren und so einen Verpflegungsmehraufwand zu vermeiden.

Dem hält der Beschwerdeführer entgegen, daß die Aufzählung der Werbungskosten im § 16 EStG 1988 nicht taxativ, sondern lediglich demonstrativ sei. Die in Rede stehende Gesetzesstelle schließe daher nicht aus, daß unter besonderen Verhältnissen anfallende Aufwendungen als Werbungskosten anzuerkennen seien. In Anbetracht der mit der Tätigkeit als Croupier der Casino A AG verbundenen speziellen Berufserfordernisse und auf Grund seines konkreten Einsatzes in Touristenzentren sei er auch bei Begründung eines Mittelpunktes der Tätigkeit an den Einsatzorten im Streitjahr nicht in der Lage gewesen, so günstige Verpflegungsmöglichkeiten in Erfahrung zu bringen, daß ihm im Vergleich mit dem sonst an seinem Wohnort in W anfallenden gleichartigen Aufwand kein Mehraufwand entstünde. Es könne als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, daß gerade in Orten wie S und V, welche als saisonelle Touristenzentren anzusehen seien, auch bei Einholung entsprechender Informationen derart günstige Konditionen für Verpflegung und Übernachtung wie an seinem Wohnort nicht geschaffen werden könnten.

Mit dem Begriff "Reise" im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG 1972 und 1988 hat sich der Gerichtshof bereits in zahlreichen Erkenntnissen auseinandergesetzt. Er hat dabei unter anderem darauf hingewiesen, daß zu dem nach § 20 leg. cit. nicht abzugsfähigen Aufwendungen auch jener Verpflegungsaufwand gehört, der einer Vielzahl von Steuerpflichtigen regelmäßig dadurch erwächst, daß sie aus beruflichen Gründen genötigt sind, einen Teil ihrer Mahlzeiten außer Haus einzunehmen. Die gesetzliche Regelung, wonach bei Vorliegen einer Reise im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG Verpflegungsaufwand im Wege pauschaler Tagesgelder als Werbungskosten zu berücksichtigen ist, findet ihre Begründung darin, daß einerseits einem Reisenden die besonders preisgünstigen Verpflegungsmöglichkeiten am jeweiligen Aufenthaltsort meist nicht bekannt sind, und andererseits ein Dispositionsrahmen bezüglich der Einnahme der Hauptmahlzeiten durch die Reisebewegung wesentlich eingeschränkt ist (vgl. hiezu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/14/0149, m.w.N.). Eine Reise im Sinne der in Rede stehenden Gesetzesstelle liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, wenn sich der Steuerpflichtige zwecks Verrichtung beruflicher Obliegenheiten vom Mittelpunkt seiner Tätigkeit entfernt, ohne daß dadurch der bisherige Mittelpunkt aufgegeben wird. Erstreckt sich die Tätigkeit des Steuerpflichtigen auf mehrere Orte in der Weise, daß jeder Ort - für sich betrachtet - Mittelpunkt der Tätigkeit sein könnte, dann ist jeder dieser Orte als Mittelpunkt der Tätigkeit zu qualifizieren und der Aufenthalt dort keine Reise. Zu einem (weiteren) Mittelpunkt der Tätigkeit wird ein Ort auf Grund längeren Aufenthaltes des Steuerpflichtigen (Arbeitnehmers). Der längere Aufenthalt ermöglicht es ihm, sich dort über die Verpflegungsmöglichkeiten zu informieren und so jenen Verpflegungsmehraufwand zu vermeiden, der allein die Annahme von Werbungskosten statt nicht abzugsfähiger (üblicher) Verpflegungsaufwendungen der privaten Lebensführung rechtfertigt (vgl. hiezu beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 90/14/0232, und vom , Zl. 90/13/0101).

Auf den Beschwerdefall angewendet bedeutet dies, daß der Beschwerdeführer wegen seiner durch längere Aufenthalte im Streitjahr und im Jahr davor gegebenen Ortskunde über preisgünstige Verpflegungsmöglichkeiten in S und V informiert sein konnte, weswegen ihm ein Verpflegungsmehraufwand im Vergleich zu Einwohnern dieser Orte nicht zu entstehen brauchte. Da es auf die Verpflegungsmöglichkeiten am jeweiligen Aufenthaltsort ankommt, scheidet ein Vergleich mit seinen Lebensverhältnissen in W aus.

2. Zum Nächtigungsaufwand:

Für Nächtigungskosten außerhalb einer Reise im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG 1988 sind Pauschalsätze nicht vorgesehen; sie sind daher nur in tatsächlich geleisteter Höhe abzugsfähig (siehe Quantschnigg-Schuch, Einkommensteuerhandbuch, Tz 91 zu § 16).

Die Ansicht des Beschwerdeführers, daß derartige Aufwendungen allein auf Grund ihrer Geltendmachung, auch ohne jedweden Nachweis bzw. ohne jede Glaubhaftmachung sowohl des Anfallgrundes als auch der Höhe des Aufwandes als Werbungskosten absetzbar seien, entbehrt einer Grundlage im Gesetz.

3. Zur Kleidung:

Die Beschwerde macht geltend, daß die im Spielbetrieb der Casino A AG tätigen Dienstnehmer gemäß einer ab gültigen Betriebsvereinbarung eine einheitliche Kleidung, bestehend aus schwarzen Anzügen mit Schriftzug "Casinos A" auf der linken Brusttasche, weiße Diensthemden mit dem Emblem von Casinos A und schwarze Mascherl oder silberne Krawatten zu tragen hätten. Dementsprechend lägen im Beschwerdefall Aufwendungen für typische Berufskleidung und nicht für auch während der Berufsausübung getragene bürgerliche Kleidung vor.

Bei diesem Vorbringen handelt es sich, worauf die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift mit Recht hinweist, um ein erstmaliges Vorbringen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, das wegen des sich aus § 41 Abs. 1 VwGG ergebenden Neuerungsverbotes unbeachtlich ist. Aufwendungen für beruflich getragene bürgerliche Kleidung stellen aber keine Werbungskosten dar (siehe Quantschnigg-Schuch, a.a.O., Tz 68 zu § 16).

Da somit dem angefochtenen Bescheid weder die behauptete Rechtswidrigkeit des Inhaltes noch auch ein wesentlicher Verfahrensmangel anhaftet, mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2.