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VwGH vom 12.01.1993, 92/14/0165

VwGH vom 12.01.1993, 92/14/0165

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der J-OHG in M, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom , Zl. 1/15/3-BK/Kd-1992, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften 1987 bis 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin bildete in den Streitjahren Rückstellungen für nicht konsumierte Urlaube durch Anwendung bestimmter Faktoren (1987 und 1988: jeweils 1,6, 1989: 1,8) vom offenen Bruttourlaubsentgelt. Auf Grund der Ergebnisse einer abgabenbehördlichen Prüfung änderte das Finanzamt die Höhe dieser Rückstellungen und bemaß sie dem Bericht des Prüfers gemäß mit dem offenen Bruttourlaubsentgelt plus anteilige Sonderzahlungen plus 27 Prozent direkte Lohnnebenkosten, woraus sich ein Faktor von 1,48 ergab.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung und brachte vor, es müßten auch noch die im Zeitraum der tatsächlichen Urlaubskonsumation entstehenden Lohnnebenkosten, ausgelöst durch die anwachsende Anwartschaft auf einen neuerlichen Urlaub, die Abfertigungsansprüche sowie die leistungsfreien Feiertage und Sonderzahlungen ebenso berücksichtigt werden wie der damit anfallende Aufwand der Lohn- bzw. Gehaltsabrechnung. Nur dann würden alle Aufwendungen, die wirtschaftlich mit einer Ermittlungsperiode in Zusammenhang stünden, periodengerecht ermittelt. Daß die mit den Löhnen zusammenhängenden Nebenkosten bereits einen bedeutenden Prozentsatz erreicht hätten (95 bis 100 Prozent), werde von der Kammer der gewerblichen Wirtschaft immer wieder berechnet und bekanntgegeben.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Dem Wesen der Rückstellung für unverbrauchten Urlaub würde es zuwiderlaufen, den in der Folgeperiode entstehenden Aufwand - ausgelöst durch die Anwartschaft auf einen neuen Urlaub - bei der Berechnung der Rückstellung der Vorperiode zu berücksichtigen. Die periodengerechte Erfolgsermittlung bedeute nicht, daß Aufwendungen im Zusammenhang mit einem neu entstehenden Urlaub bzw. Lohn- und Gehaltsaufwendungen etc. zu berücksichtigen wären. Es gehe darum, den Aufwand der nicht konsumierten Urlaubstage zu erfassen, der betraglich nicht anders beurteilt werden könne als im Jahr der tatsächlichen Urlaubskonsumation. Die Beschwerdeführerin überspitze mit ihrer Forderung die dynamische Bilanzauffassung. Sie berechne auch die Aufwendungen für den nicht verbrauchten Urlaub nicht konkret, sondern unter Hinweis auf die von der Kammer der gewerblichen Wirtschaft bekanntgegebenen und immer wieder berechneten Pauschalsätze. Eine möglichst richtige Berechnung sei gerade nach den Grundsätzen der periodengerechten Erfolgsermittlung, der Bilanzwahrheit sowie der Bilanzvorsicht notwendig. Eine Berücksichtigung einer Pauschalberechnung auf Grund von allgemeinen Mitteilungen der Interessenvertretung sei daher nicht zulässig. Im vorliegenden Fall seien die Berechnungsgrundlagen klar, weil die Lohnnebenkosten konkret feststünden. Eine Schätzung sei daher nicht zulässig. Der angewendete Prozentsatz sei in der Berufung nicht widerlegt worden. Die Anwendung des begehrten Pauschalfaktors komme daher nicht in Betracht.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht auf steuerliche Anerkennung der von ihr bilanzierten Rückstellungen für unverbrauchte Urlaube verletzt. Sie behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit und beantragt deshalb Bescheidaufhebung.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zur Bildung von Rückstellungen für unverbrauchte Urlaube hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seiner Judikatur Stellung genommen (VwSlg. 4.635 F/1974, Erkenntnis vom , 90/13/0091, ÖStZB 1991, 301). Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens treten dieser Judikatur nicht entgegen. Strittig ist allein die Höhe der Rückstellung.

Die Beschwerdeführerin glaubt in die Rückstellung neben dem Grundlohn, anteiligen Sonderzahlungen und Lohnabgaben auch aliquot anwachsende Ansprüche auf Jahresurlaub, die Feiertagsentlohnung, Abfertigungsansprüche etc. (in ihrer Berechnung scheint auch ein "allg. üblicher Satz" von 5 Prozent an Aufwand für Lohnabrechnung auf) pauschaliert einbeziehen zu dürfen. Sie legt ihrer Beschwerde Überlegungen zugrunde, die erkennen lassen, daß sie den Kalenderwochenlohn unter Berücksichtigung durchschnittlicher Feiertage und Urlaube auf einen produktiven "Leistungswochenlohn" umgerechnet wissen will.

Diesem Vorgang hält die belangte Behörde zu Recht entgegen, daß einer Bilanz und der in ihr vorzunehmenden periodengerechten Abgrenzung des Aufwandes nicht die Aufgabe einer Kostenrechnung (Kalkulation) zukommt. Es ist vom tatsächlichen Aufwand auszugehen. Die gegenüberstellende Berechnung der Beschwerde auf der Grundlage "produktiver Leistungswochen" stellt daher keinen Beweis für die Mißachtung von Grundsätzen periodengerechter Aufwandsabgrenzung durch die belangte Behörde dar. Die Aufgabe periodengerechter Aufwandsabgrenzung erfüllt die eine Rechnungsabgrenzungspost ersetzende Rückstellung (vgl. Kros und Platzer, Rückstellungen für nicht konsumierte Urlaube, SWK 1979, C 15, sowie Platzer-Kros, Buchhaltungs- und Bilanzierungs-Handbuch7, 244 f). Die Höhe der Aufwendungen einer Periode wird entweder vom sachlichen Zusammenhang der Ausgaben mit den durch das Realisationsprinzip bestimmten Erträgen einer Periode bestimmt (Abgrenzung der Sache nach) oder durch die zeitliche Zugehörigkeit zur Abschlußperiode (zeitraumbezogene Positionen; Platzer-Kros, Buchhaltungs- und Bilanzierungs-Handbuch, 17). Einen sachlichen Zusammenhang zwischen realisiertem Ertrag und während des unverbrauchten Urlaubes erbrachter Arbeitsleistung stellt die Beschwerdeführerin nicht her. Da die Löhne für Lohnzahlungszeiträume zu bezahlen sind und nicht für produktive Arbeitszeiträume, verbietet sich bei der Aufwandsabgrenzung die Herstellung eines zeitlichen Zusammenhanges mit einem "produktiven Leistungswochenlohn". Auch diesem könnte im übrigen wohl nur eine typisierte Leistungsbetrachtung zugrundeliegen, weil die Beschwerdeführerin nicht auf tatsächlich produktive Leistungszeiträume abstellt.

Anzusetzen waren daher die im betreffenden Wirtschaftsjahr (Kalenderjahr) entstandenen und nicht konsumierten Urlaubsansprüche mit dem Bruttourlaubsentgelt, den aliquoten Anteilen an Sonderzahlungen und den darauf entfallenden Lohnabgaben. Anwartschaften auf höhere Urlaubsansprüche in Folgejahren stehen hingegen nicht im Zusammenhang mit der jeweiligen Abschlußperiode.

Wie Abfertigungsansprüche in der Steuerbilanz zu berücksichtigen sind, ist den Vorschriften über die Bildung entsprechender Rücklagen (§ 14 EStG 1972) bzw. Rückstellungen (§ 14 EStG 1988) zu entnehmen. Es handelt sich dabei um abschließende Regelungen (vgl. Erkenntnis vom , 86/13/0003, ÖStZB 1991, 50). Eine Rückstellung für unverbrauchte Urlaube unter dem Gesichtspunkt des künftigen Anwachsens von Abfertigungsansprüchen kommt schon deshalb nicht in Frage.

Was schließlich den "Aufwand für Lohnabrechnung" anlangt, ist der belangten Behörde beizupflichten, daß es am Nachweis eines Zusammenhangs von Kosten in der genannten Höhe mit dem unverbrauchten Urlaub fehlt. Bestimmte Beträge, die diesbezüglich zurückzustellen wären, wurden im Verwaltungsverfahren von der Beschwerdeführerin nicht bezeichnet, geschweige denn unter Beweis gestellt. Die Beschwerdebehauptung, es handle sich bei 5 Prozent um den "üblichen Satz", eignet sich daher nicht dazu, nachzuweisen, die belangte Behörde habe zu Unrecht eine Rückstellung für Lohnabrechnung unberücksichtigt gelassen.

Da die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid somit im Rahmen des Beschwerdepunktes in ihren Rechten nicht verletzt wird, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.