VwGH vom 22.09.1992, 92/14/0047
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des J in E, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom , Zl. 14/74/2-BK/Mi-1991, betreffend Umsatz-, Einkommen-, Gewerbesteuer und Abgabe von alkoholischen Getränken 1985 bis 1989, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist strittig, ob die Einkünfte (Einnahmen) aus einem Clubbetrieb (Bordell) dem Beschwerdeführer oder der 1990 verstorbenen EB zuzurechnen sind.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid bejahte die belangte Behörde die Zurechenbarkeit an den Beschwerdeführer. Sie berücksichtigte hiebei insbesondere,
1. daß der Beschwerdeführer als Mieter des Lokals aufgetreten sei, 2. daß die Veranstaltungsbewilligung auf seinen Namen erwirkt worden sei, 3. daß der Inhalt des handschriftlichen Briefes der EB an eine "Frau Doktor" auf die Betriebsführung durch den Beschwerdeführer schließen lasse, 4. daß der Name des Beschwerdeführers auf den Lieferscheinen und Kundenauftragsbestätigungen aufgeschienen sei. Diese Umstände würden zweifelsfrei darauf hindeuten, daß der Beschwerdeführer das wirtschaftliche Risiko des Betriebes getragen habe. Darüber hinaus habe er während der Hausdurchsuchung und auch noch bei der Schlußbesprechung vom keinen Hinweis gegeben, der erkennen hätte lassen, daß der Club nicht von ihm geführt worden sei. Der Einwand des Beschwerdeführers, es habe ein Treuhandverhältnis vorgelegen - was jedenfalls bestätigen würde, daß er nach außen hin aufgetreten sei -, widerspreche auch seinem Vorbringen, wonach er nur Hilfsarbeiterdienste geleistet habe. Denn es wäre nicht notwendig gewesen, ein Treuhandverhältnis zu begründen, wenn der Beschwerdeführer dann ohnehin nur untergeordnete Tätigkeiten im Auftrag der EB ausgeführt hätte. Es wäre widersinnig, ein Treuhandverhältnis einzugehen und dann erst recht alle wichtigen Tätigkeiten und Handlungen im Namen der behaupteten Treugeberin auszuführen. Das Vorbringen, daß der Beschwerdeführer nur Hilfs- und Botendienste geleistet habe, widerspreche also dem ebenfalls behaupteten Treuhandverhältnis. Darüberhinaus hätte es spätestens bei der Schlußbesprechung am keinen Grund mehr gegeben, dieses Treuhandverhältnis, wenn es jemals bestanden hätte, weiter zu verheimlichen. Die in der Berufung vom erstmals aufgestellte Behauptung, die am verstorbene EB habe den Club geführt, stelle sich somit als reine Schutzbehauptung dar.
Erkennbar durch die in diesem Bescheid vorgenommene Zurechnung erachtet sich der Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Bei der Zurechnung von Einkünften kommt es entscheidend darauf an, wer wirtschaftlich über die Einkunftsquelle und so über die Art der Erzielung von Einkünften und damit über diese disponieren kann. Zurechnungssubjekt der Einkünfte ist derjenige, der die Möglichkeit besitzt, die sich ihm bietenden Marktchancen auszunützen, Leistungen zu erbringen oder zu verweigern. Maßgeblich ist die nach außen in Erscheinung tretende Gestaltung der Dinge. Wichtigstes Merkmal für die zur Unternehmereigenschaft im Sinne des Umsatzsteuerrechtes notwendige Selbständigkeit ist die Tragung des Unternehmerrisikos (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 90/14/0002, vom , 90/14/0141, und vom , 90/15/0030).
Der Beschwerdeführer hat anläßlich der am vorgenommenen Hausdurchsuchung angegeben, daß ER einen "Puffbetrieb" unterhalte. Bei seiner Vernehmung am hat er sich als "Pensionist und CLUBBETREIBER" bezeichnet; er hat ausgesagt, daß ER den Club eröffnet habe, wieviel ER der Kassa für laufende Kosten entnehme und wie die Aufteilung zwischen IHM und den Mädchen erfolge. Weiters schätzte er, welcher Betrag IHM pro Monat übrig bleibe, und fügte hinzu, daß in den ersten Jahren nur ein oder zwei Prostituierte BEI IHM gewesen seien. Auch anläßlich der Schlußbesprechung vom hat er nicht bestritten, den Club auf eigene Rechnung und Gefahr betrieben zu haben.
Im Hinblick darauf und die damit übereinstimmenden, von der belangten Behörde aufgezählten schriftlichen Unterlagen war es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde den Beschwerdeführer als Clubbetreiber angesehen und seiner erst im Berufungsverfahren nach Beratung durch seinen steuerlichen Vertreter aufgestellten Behauptung, er sei nur Bote, Gehilfe oder Treuhänder der kurz zuvor verstorbenen EB gewesen, keinen Glauben geschenkt hat. Daß diese Prostituierte allenfalls Investitionen finanziert hat, spricht nicht gegen die Betreibereigenschaft des Beschwerdeführers. Vielmehr deutet deren im Akt erliegendes Schreiben an eine "Frau Doktor" darauf hin, daß der Beschwerdeführer den Club betrieb und daß sie deshalb Instandsetzungskosten übernahm, weil sie befürchtete, mit ihrem Alter von 47 Jahren in einem Club nicht mehr tragbar zu sein und vom Beschwerdeführer hinausgeworfen zu werden.
Dem Beschwerdevorbringen ist im einzelnen noch folgendes entgegenzuhalten:
Der Beschwerdeführer rügt, daß die belangte Behörde ihn trotz seines Hinweises, es gäbe Zeugen für die Betreibereigenschaft der EB, nicht aufgefordert habe, diese Zeugen namhaft zu machen, um sie in weiterer Folge einzuvernehmen. Dieser Vorwurf ist aktenwidrig: Als der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung über die Berufung die Existenz solcher Zeugen erwähnte, wurde er vom Vorsitzenden des Berufungssenates befragt, um welche Zeugen es sich handle. Darauf konnte der steuerliche Vertreter keine Namen noch nicht vernommener Zeugen nennen. Die nun in der Beschwerde angeführten Zeugennamen wurden im Verwaltungsverfahren nie bekanntgegeben.
Der Beschwerdeführer bemängelt weiters, die belangte Behörde hätte ermitteln müssen, an wen und in welchem Zusammenhang das an eine "Frau Doktor" gerichtete Schreiben der EB geschrieben worden sei. Selbst wenn dies aber im Zuge eines Strafverfahrens an eine Untersuchungsrichterin geschehen sein sollte, würde sich hieraus nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht schon die Unrichtigkeit des Geschriebenen ergeben. Im übrigen beschränkt sich das diesbezügliche Beschwerdevorbringen auf Spekulationen; der Beschwerdeführer vermag auch in der Beschwerde nicht darzutun, aus welchen Bestandteilen welchen Strafaktes sich etwas für die Entscheidung der belangten Behörde wesentliches ergeben hätte.
Soweit der Beschwerdeführer Mängel der Begründung erstinstanzlicher Bescheide im Zusammenhang mit der Zitierung von Bestimmungen der BAO und des FinStrG behauptet, erübrigt es sich hierauf einzugehen, weil die Bescheide des Finanzamtes nicht Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle sind.
Schließlich vermißt der Beschwerdeführer Erhebungen zu seinem Einwand, es habe erst ab 1987 Einnahmen gegeben; aus der Anmietung des Lokals ab ergebe sich nicht die gleichzeitige Betriebsaufnahme. Richtig ist, daß der Beschwerdeführer in seiner handschriftlichen Berufung ausgeführt hat, von 1985 bis 1987 habe es keinen Club, keinen Eintritt, kein Video und auch keine Getränke gegeben; Beweis sei, daß sein Ansuchen vom am bewilligt worden sei. Hiebei handelt es sich um eine Veranstaltungsbewilligung zum erwerbsmäßigen Betrieb eines Fernsehapparates zum öffentlichen Empfang. Hieraus mußte die belangte Behörde aber keineswegs schließen, daß auch das Bordell erst im Juli 1987 eröffnet wurde, zumal der Betrieb eines solchen Unternehmens auch ohne Veranstaltungsbewilligung für einen Fernsehapparat möglich ist. In den folgenden Schriftsätzen des steuerlichen Vertreters und in der mündlichen Verhandlung über die Berufung wurde ein Clubbetrieb ab 1985 nicht in Zweifel gezogen. Es begründete daher keinen wesentlichen Verfahrensmangel, wenn die belangte Behörde ohne weitere amtswegige Ermittlungen (etwa bei Handwerkern) angenommen hat, daß nach der Anmietung des Lokals bereits im Jahr 1985 Einkünfte (Einnahmen) erzielt wurden.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.