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VwGH vom 24.01.1996, 92/13/0306

VwGH vom 24.01.1996, 92/13/0306

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

92/13/0307

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl und Dr. Zorn, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde 1) des G in S und 2) der M in S, beide vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in O, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, 1) vom , Zl. GA 5 - 2071/2/92, und 2) vom , Zl. GA 5 - 2071/3/92, betreffend Jahresausgleich für 1990 und 1991 sowie Widerruf der Lohnsteuerkarte, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind Ehegatten. Mit dem erstangefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde im Instanzenzug der Antrag des Erstbeschwerdeführers auf Durchführung eines Jahresausgleiches für die Jahre 1990 und 1991 abgewiesen und die dem Erstbeschwerdeführer vom Finanzamt ausgestellte Lohnsteuerkarte für ungültig erklärt. In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, der Erstbeschwerdeführer habe seinen Wohnsitz in Ungarn, gehe in Österreich einer nichtselbständigen Tätigkeit nach und kehre jeden Tag nach Ungarn zurück. Er sei in Österreich beschränkt steuerpflichtig. Für beschränkt Steuerpflichtige seien die Bestimmungen über den Jahresausgleich nicht anwendbar. Der Erstbeschwerdeführer bringe vor, durch die beschränkte Steuerpflicht wäre er einer höheren steuerlichen Belastung unterworfen als österreichische Staatsbürger, dies würde der Gleichbehandlungsbestimmung im Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Ungarn widersprechen. Gemäß Art. 23 des Doppelbesteuerungsabkommens dürften die Staatsangehörigen eines Vertragsstaates in dem anderen Vertragsstaat weder einer Besteuerung noch einer damit zusammenhängenden Verpflichtung unterworfen werden, die anders oder belastender als die Besteuerung und die damit zusammenhängenden Verpflichtungen sei, denen die Staatsangehörigen des anderen Staates unter gleichen Verhältnissen unterworfen seien oder unterworfen werden könnten. Zu dieser Bestimmung sei den Erläuterungen zu Art. 24 des Musterabkommens der OECD - diese Bestimmung sei in Art. 23 des Doppelbesteuerungsabkommens unverändert übernommen worden - zu entnehmen, daß eine unterschiedliche Behandlungsweise beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtiger der genannten Abkommensbestimmung nicht widerspreche. Eine unterschiedliche steuerliche Behandlung aufgrund der Staatsbürgerschaft sei nicht erfolgt, weil zwischen beschränkter und unbeschränkter Steuerpflicht unterschieden worden sei, die Staatsbürgerschaft hingegen nicht als Unterscheidungskriterium herangezogen worden sei. Die Lohnsteuerkarte sei mangels eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich zu Unrecht ausgestellt worden, weshalb der Widerruf habe erfolgen müssen.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde im Instanzenzug der Antrag der Zweitbeschwerdeführerin auf Durchführung eines Jahresausgleiches für 1990 und 1991 abgewiesen und die ihr vom Finanzamt ausgestellte Lohnsteuerkarte für ungültig erklärt. Die Bescheidbegründung entspricht im wesentlichen wörtlich jener des erstangefochtenen Bescheides.

Gegen diese Bescheide wenden sich die vorliegenden Beschwerden.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihren Gegenschriften die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat den Beschluß gefaßt, die Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung zu verbinden, und über die Beschwerden erwogen:

Gemäß § 70 Abs. 2 Z. 2 EStG 1988, in der Fassung vor dem Steuerreformgesetz 1993, BGBl. Nr. 818, wird bei beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern - wenn nicht Arbeitslohn aus inländischen öffentlichen Kassen vorliegt - die Lohnsteuer wie folgt berechnet: Bei Zahlung von laufendem Arbeitslohn mit 10 % des vollen Betrages der steuerpflichtigen Bezüge bis zu einem Taglohn von S 120,--, Wochenlohn von S 720,--, Monatslohn von S 3.120,--; für den darüber hinausgehenden laufenden Arbeitslohn einschließlich der den Freibetrag gemäß § 68 übersteigenden Zulagen und Zuschläge sowie für die sonstigen Bezüge gemäß § 67 mit 20 % des vollen Betrages der steuerpflichtigen Bezüge. Für ausschließlich körperlich tätige Arbeitnehmer, die in der Land- und Forstwirtschaft tätig sind, beträgt der Steuersatz für alle Bezüge 10 %. Gemäß § 70 Abs. 5 leg. cit. sind die Bestimmungen über Lohnsteuerkarten auf beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer nicht anzuwenden.

Art. 23 des Abkommens vom , BGBl. 52/1976, zwischen der Republik Österreich und der Ungarischen Volksrepublik zur Vermeidung von Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen, Ertrag und Vermögen lautet:

" G l e i c h b e h a n d l u n g

(1) Die Staatsangehörigen eines Vertragsstaates dürfen in dem anderen Vertragsstaat weder einer Besteuerung noch einer damit zusammenhängenden Verpflichtung unterworfen werden, die anders oder belastender sind als die Besteuerung und die damit zusammenhängenden Verpflichtungen, denen die Staatsangehörigen des anderen Staates unter gleichen Verhältnissen unterworfen sind oder unterworfen werden können.

(2) Der Ausdruck "Staatsangehörige" bedeutet:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
alle natürlichen Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Vertragsstaates besitzen;
b)
alle juristischen Personen, Personengesellschaften und andere Personenvereinigungen, die nach dem in einem Vertragsstaat geltenden Recht errichtet worden sind.

(3) ...

(4) ...

(5) In diesem Artikel bedeutet der Ausdruck "Besteuerung" Steuern jeder Art und Bezeichnung.

(6) ..."

Die Beschwerdeführer hatten die Durchführung eines Jahresausgleiches für 1990 und 1991 sowie im Rahmen dessen die Berücksichtigung des Grenzgängerabsetzbetrages (§ 33 Abs. 5 Z. 3 EStG 1988) - der Erstbeschwerdeführer zudem die Berücksichtigung von Sonderausgaben im Sinn des § 18 Abs. 1 Z. 2 EStG 1988 - beantragt.

Ein Grenzgängerabsetzbetrag steht gemäß § 33 Abs. 5 Z. 3 EStG 1988 Grenzgängern zu. Grenzgänger sind gemäß § 16 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. im Inland ansässige Arbeitnehmer, die im Ausland ihren Arbeitsort haben und sich in der Regel an jedem Arbeitstag von ihrem Wohnort dorthin begeben. Es ist unbestritten, daß die Beschwerdeführer nicht in Österreich ansässig gewesen sind.

Die Beschwerdeführer sind in den Streitjahren beschränkt (lohn)steuerpflichtige Arbeitnehmer gewesen und haben Einkünfte bezogen, die unter § 70 Abs. 2 Z. 2 EStG 1988 (in der für die Streitjahre geltenden Fassung) fallen. Die Bemessungsgrundlage der Besteuerung nach § 70 Abs. 2 Z. 2 ist der Bruttolohn unter Berücksichtigung des Freibetrages nach § 68 Abs. 1. Diese Art der Besteuerung läßt daher - im Gegensatz zur Regelung des § 70 Abs. 2 Z. 1 - einen Abzug von Sonderausgaben nicht zu. Die Regelung einer Bruttolohnbesteuerung steht der Durchführung eines Jahresausgleiches entgegen (vgl. Quantschnigg-Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 72 Tz 5). Die Einkommensteuer gilt als durch den Steuerabzug abgegolten (§ 102 Abs. 4 EStG 1972).

Die Beschwerdeführer bestreiten nicht, daß das Recht des EStG 1988 für sie die Durchführung eines Jahresausgleiches samt der Berücksichtigung der von ihnen beantragten steuermindernden Positionen nicht vorsieht.

Die Bestimmungen über Lohnsteuerkarten - die Lohnsteuerkarte ist eine öffentliche Urkunde (vgl. Hofstätter-Reichel, § 48 Tz 2 EStG 1988) - sind gemäß § 70 Abs. 5 EStG 1988 auf beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer nicht anzuwenden. Auch dies wird von den Beschwerdeführern nicht bestritten. Daß eine Urkunde, wenn sich ihre Unrichtigkeit herausstellt, von der Behörde für unrichtig erklärt werden kann, entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Adamovich/Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht3, 285, mit Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Slg. 6547/A).

Das Vorbringen der Beschwerdeführer erschöpft sich darin, daß die angefochtenen Bescheide der Regelung des Art. 23 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Österreich und Ungarn widersprächen. Nach dieser Bestimmung dürften die Beschwerdeführer keiner höheren Besteuerung welcher Art immer unterworfen werden als österreichischer Staatsbürger.

Die Regelung des Art. 23 Abs. 1 und 2 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Österreich und Ungarn enthält nach ihrem klaren Wortlaut ein Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsbürgerschaft. Nach dem OECD-Kommentar zum Art. 24 des Musterabkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung des Einkommens und Vermögens, auf dem diese Bestimmung des Doppelbesteuerungsabkommens beruht, untersagt die Regelung eine an die Staatsangehörigkeit anknüpfende steuerliche Diskriminierung und normiert, daß unter dem Vorbehalt der Gegenseitigkeit die Staatsangehörigen eines Vertragsstaates im anderen Vertragsstaat unter gleichen Verhältnissen nicht ungünstiger behandelt werden dürfen als die Staatsangehörigen des letzteren Staates.

Entscheidend ist im gegenständlichen Fall somit, ob eine Benachteiligung aufgrund der "Staatsangehörigkeit" vorliegt (vgl. hg. Erkenntnis vom , 89/16/0085, zu einer vergleichbaren Regelung in einem anderen Staatsvertrag). Da aber das EStG 1988 im gegenständlichen Fall keine andere Rechtsfolge herbeiführte, wenn unterstellt wird, die Beschwerdeführer wären (beschränkt steuerpflichtige) österreichische Staatsbürger, kann es der Verwaltungsgerichtshof nicht als rechtswidrig erkennen, daß die belangte Behörde einen Anwendungsfall des Art. 23 des Doppelbesteuerungsabkommens nicht angenommen hat.

Da sohin die Beschwerdeführer durch den jeweils angefochtenen Bescheid im Rahmen des Beschwerdepunktes nicht in ihren Rechten verletzt sind, waren die Beschwerden als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.