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VwGH vom 11.11.1992, 92/13/0179

VwGH vom 11.11.1992, 92/13/0179

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Büsser, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der FLD für für Wien, NÖ und Bgld als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz, Berufungssenat I, vom , GZ. GA 10 - 152/2/92, BS I - 7/92, betreffend Bestrafung wegen Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Nach dem Inhalt der Akten betreibt der Beschwerdeführer seit dem Jahre 1979 ein gewerbliches Unternehmen. Im Jahre 1981 wurde hinsichtlich des Veranlagungsjahres 1979 eine Betriebsprüfung durchgeführt, wobei verschiedene Buchführungsmängel festgestellt wurden.

Nach der Aktenlage gab der Beschwerdeführer in den Jahren 1981 bis 1987 keine Umsatzsteuervoranmeldungen ab.

Für die Jahre 1981, 1982 und 1983 reichte der Beschwerdeführer trotz verschiedener Aufforderungen keine Abgabenerklärungen betreffend Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer ein. Eine Veranlagung dieser Abgaben wurde im Schätzungswege durchgeführt (Bescheide betreffend Umsatzsteuer 1981 vom , betreffend Umsatzsteuer 1982 vom , und betreffend Umsatzsteuer 1983 vom ). Nach einer 1985 vorgenommenen Betriebsprüfung hinsichtlich der Jahre 1981 bis 1983 wurden die angeführten Abgaben mittels einer präzisierten Schätzung neu festgesetzt.

Ebensowenig gab der Beschwerdeführer für die Jahre 1984 bis 1987 Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuererklärungen ab, worauf diese Abgaben jeweils durch eine griffweise Schätzung der Bemessungsgrundlagen ermittelt wurden (Bescheide betreffend Umsatzsteuer 1984 vom , betreffend Umsatzsteuer 1985 vom , betreffend Umsatzsteuer 1986 vom und betreffend Umsatzsteuer 1987 vom ).

Mit Bescheid vom wurde gegen den Beschwerdeführer das Finanzstrafverfahren wegen des Verdachtes, eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für die Jahre 1981 bis 1987 in bestimmter Höhe unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1972 entsprechenden Voranmeldungen bewirkt zu haben, eingeleitet.

Mit Erkenntnis der Finanzstrafbehörde erster Instanz (Spruchsenat) wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, vorsätzlich eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für Jänner 1981 bis Dezember 1987 im Gesamtbetrag von S 665.068,-- bewirkt und dadurch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen zu haben.

Der Berufung gegen dieses Straferkenntnis wurde mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid dahin Folge gegeben, daß der strafbestimmende Wertbetrag auf S 400.000,-- herabgesetzt und die verhängten Strafen entsprechend vermindert wurden. Im übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt. Nach Abs. 2 lit. a dieser Gesetzesstelle macht sich der Abgabenhinterziehung weiters schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1972 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß hält.

Wie der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung eines verstärkten Senates vom , 14 Os 127/90-17, EvBl 1992/26, JBl 1992, 656, mit Anmerkung Robert Seiler, dargelegt hat, wird durch die Bestimmung des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG die Strafbarkeit einer (wissentlichen) Verkürzung von Umsatzsteuer im Voranmeldungsstadium gegenüber einer unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch eine zeitlich nachfolgende unrichtige Jahresumsatzsteuererklärung nach § 33 Abs. 1 FinStrG zwecks Durchsetzung eines möglichst umgehenden und kontinuierlichen Umsatzsteueraufkommens bloß vorverlegt, ohne daß dadurch der Umfang der verpönten Abgabenverkürzung insgesamt eine Änderung erführe. Durch die spätere Abgabe einer der unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldung entsprechenden, ihrerseits falschen Jahresumsatzsteuererklärung werde somit eine Verkürzung der Umsatzsteuer in keinem größeren Ausmaß bewirkt, als dies durch die Umsatzsteuerverkürzung im Voranmeldungsstadium ohnedies bereits geschehen ist. Die Voraussetzung einer Betrachtung als scheinbare Konkurrenz, nämlich daß sich die Vortat gegen dasselbe Rechtsgut richtet wie die Haupttat und keinen über diese hinausgehenden Schaden verursacht, die Folgen der Vortat also ganz im Schaden der Haupttat aufgehen, ist dabei nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes gegeben: Schon nach der einheitlichen Deliktsbezeichnung ("Abgabenhinterziehung"), vor allem aber nach dem gemeinsamen Tatbestandsmerkmal der "Abgabenverkürzung" (nämlich: der Umsatzsteuer) bzw. der "Verkürzung von Umsatzsteuer" ist von den Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 FinStrG und § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG als Rechtsgut jeweils die Umsatzsteuer schlechthin betroffen. Weiters werde durch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG der gesamte Verkürzungsbetrag voll erfaßt. Ein darüber hinausgehender tatbestandsmäßiger Verkürzungsschaden könne durch die Abgabe einer unrichtigen Jahresumsatzsteuererklärung nicht mehr eintreten. Das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG werde, wenn in der Folge mit Beziehung auf den gleichen Betrag und denselben Steuerzeitraum auch das Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 FinStrG versucht wird, von letzterem konsumiert.

Der Verwaltungsgerichtshof tritt der dargestellten Auffassung des Obersten Gerichtshofes bei. Dies gilt auch für solche Fälle, in denen sowohl die Abgabenverkürzung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG als auch die nach § 33 Abs. 1 FinStrG durch Unterlassung der Einbringung der Umsatzsteuer-Voranmeldungen bzw. der (Jahres-)Umsatzsteuererklärungen bewirkt bzw. zu bewirken versucht werden. Im Beschwerdefall hat es der Beschwerdeführer unterlassen, Voranmeldungen im Sinne des § 21 UStG 1972 für die Voranmeldungszeiträume Jänner 1981 bis Dezember 1987 abzugeben. Ebensowenig wurden von ihm Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 1981 bis 1987 eingereicht. Damit war schon im Zeitpunkt der Einleitung des gegenständlichen Finanzstrafverfahrens wegen des Verdachtes der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG (), insbesondere aber im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (Zustellung am ) klargestellt, daß die Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG mit Beziehung auf den gleichen Abgabenbetrag und denselben Steuerzeitraum bewirkt bzw. zu bewirken versucht worden ist.

Daraus ergibt sich, daß die Strafbarkeit einer Abgabenhinterziehung im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn der Strafbarkeit infolge der nachfolgenden Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG wegen des gleichen Umsatzsteuerbetrages für denselben Zeitraum kein Hindernis entgegensteht, sodaß die Tathandlung im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG als eine - durch die Ahndung nach § 33 Abs. 1 FinStrG - nachbestrafte Vortat zu betrachten ist (vgl. dazu grundsätzlich Pallin im Wiener Kommentar zum StGB, Vorbemerkungen zu § 28, Rz 20). Da die belangte Behörde dies verkannt hat, war der angefochtene Bescheid schon deswegen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, sodaß auf die Beschwerdeausführungen nicht weiter einzugehen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Der Beschwerdeführer, der sich auf die Erteilung der Vollmacht an seinen Vertreter berufen hat, hat eine Vollmacht - entgegen dem Hinweis auf der Beschwerdeausfertigung - nicht vorgelegt, sodaß ein Ersatz des Vollmachtstempels nicht zugesprochen werden konnte.