VwGH vom 26.07.2000, 97/14/0070
Beachte
Besprechung in:
SWI 2000, 420-421;
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Graf, Mag. Heinzl, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Urtz, über die Beschwerde der N AG in B (Schweiz), vertreten durch Dr. Franz Schneider, Dr. Graham Schneider und Dr. Günther Loibner, Rechtsanwälte in 1010 Wien,
Stephansplatz 8a-Jasomirgottstraße 2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 92/12-6/Kr-1997, betreffend Rückerstattung von Kapitalertragsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin begehrte mit Antrag vom - unter Berufung auf das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweiz, BGBl. Nr. 64/1975, (im Folgenden: DBA-Schweiz) und die dazu geschlossene Vereinbarung über die Durchführung der Entlastung bei Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren, BGBl. Nr. 65/1975 - die Rückerstattung der österreichischen Kapitalertragsteuer in der Höhe von S 300.000,--. Nach der dem Antrag beiliegenden Verständigung über die Gewinnausschüttung der W. GmbH betrug der Gewinnanteil der Beschwerdeführerin (aufgrund ihrer Stammanteile an der W. GmbH im Betrag von S 5 Millionen) für das Jahr 1992 S 1,500.000,--, wovon 25 % Kapitalertragsteuer in der Höhe von S 375.000,-- abgezogen und an das Finanzamt abgeführt wurden.
Mit Schreiben vom ersuchte das Finanzamt die Beschwerdeführerin um Bekanntgabe ihrer Gesellschafter, um Beschreibung des Unternehmensgegenstandes, um Bekanntgabe der Zahl der ihr zur ausschließlichen Nutzung zur Verfügung stehenden Räume und der ganztägig beschäftigten Arbeitnehmer sowie um Vorlage einer Kopie der letzten Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung.
Dieses Schreiben beantwortete für die Beschwerdeführerin die S. Treuhandgesellschaft dahingehend, dass Gesellschafter der Beschwerdeführerin Dr. T. und Dr. L. (mit Wohnsitz in der Schweiz) seien, der Gegenstand des Unternehmens die Beteiligung an in- und ausländischen Unternehmen sei und keine Räume und keine Arbeitnehmer vorhanden seien. Nach der dem Schreiben angeschlossenen Bilanz war die Beschwerdeführerin ausschließlich an der W. GmbH beteiligt.
Nach einem Auszug aus dem Firmenbuch vom waren am Stammkapital der W. GmbH in der Höhe von S 20 Millionen die K. GmbH mit einer Stammeinlage von S 12 Millionen, die Beschwerdeführerin mit einer Stammeinlage von S 5 Millionen und J.W. mit einer Stammeinlage von S 3 Millionen beteiligt. Geschäftsführer der W. GmbH waren J.R. und A.M.
Das Stammkapital der K. GmbH betrug nach einem Firmenbuchauszug vom S 70 Millionen. Geschäftsführer dieser GmbH war Mag. H.R. Dieser war am Stammkapital mit einer Stammeinlage von S 700.000,-- beteiligt, ebenso J.R. und A.R. Die R. Industrieverwaltungs GmbH hatte Stammanteile im Betrag von S 39,900.000,--, die Etablissement P. in Vaduz hatte Stammanteile im Betrag von S 28 Millionen.
An der R. Industrieverwaltungs GmbH mit Sitz in Österreich (Stammkapital S 15 Millionen) waren J.R. (Stammeinlage S 6 Millionen), Mag. H.R. Stammeinlage S 3 Millionen) und A.R. (Stammeinlage S 6 Millionen) beteiligt. J.R. und Mag. H.R. waren Geschäftsführer dieser Gesellschaft. J.R. und A.R. waren nach dem Firmenbuchauszug an einer näher bezeichneten Anschrift im Fürstentum Monaco wohnhaft.
Der als Gesellschafter der Beschwerdeführerin genannte Dr. L. ist in einem schweizerischen Telefonbuch als Rechtsanwalt eingetragen. Aus dem schweizerischen Verzeichnis der Verwaltungsräte ergibt sich, dass Dr. T. neben dem Verwaltungsratsmandat für die Beschwerdeführerin noch weitere 13 Verwaltungsratsmandate für schweizerische Gesellschaften inne hatte. Dr. L. hat noch zehn weitere Verwaltungsratsmandate inne. Dr. B. der ebenfalls Verwaltungsratsmitglied der Beschwerdeführerin ist, hat nach dem Verwaltungsratsverzeichnis 1995 noch für sechs weitere Gesellschaften Verwaltungsratsmandate.
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Rückerstattungsantrag der Beschwerdeführerin vom mit der Begründung ab, die Einschaltung der Beschwerdeführerin erweise sich als Rechtsmissbrauch. Die Beschwerdeführerin entfalte keine eigene wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne einer Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Die Beschwerdeführerin verfolge neben dem Halten der Beteiligung an der W. GmbH keine eigenen Interessen und verfüge über kein eigenes Büro und Personal.
In der dagegen erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, nach dem DBA-Schweiz sei die Kapitalertragsteuer im Umfang von 20 % der Bruttodividende rückforderbar, weshalb die Abweisung des Begehrens gegen das Doppelbesteuerungsabkommen verstoße, welches gegenüber dem nationalen Recht Vorrang habe.
Mit Schreiben vom forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin auf, einen Handelsregisterauszug betreffend die Beschwerdeführerin vorzulegen und bekannt zu geben, worin der wirtschaftliche Zweck für die Gründung der Beschwerdeführerin gelegen sei, welche Personen das Nominalkapital aufgebracht hätten, ob diese als Treuhänder oder in sonstiger Weise für andere Personen aufgetreten seien, wer Verwaltungsrat der Beschwerdeführerin sei, ob dieser als Treuhänder oder durch sonstige vertragliche Bindungen an Weisungen anderer Personen gebunden sei, worin der Gegenstand des Unternehmens bestehe und für welche Gesellschaften eine Holding-Funktion ausgeübt werde, sowie ob die Aktien der Beschwerdeführerin an der Börse gehandelt würden. Die Beschwerdeführerin wurde weiters aufgefordert, Kopien von Steuerbescheiden (betreffend Wehrsteuer sowie Kantons- und Gemeindesteuer) vorzulegen, in denen die im Rückerstattungsansuchen angeführte Ausschüttung erfasst werde. Auf die erhöhte Mitwirkungspflicht der Partei bei Auslandssachverhalten wurde hingewiesen.
Diesen Vorhalt beantwortete für die Beschwerdeführerin die S. Treuhandgesellschaft mit Schreiben vom , in welchem ausgeführt wird, die Beschwerdeführerin sei eine nach dem Schweizer Recht gegründete Gesellschaft. Sie erfülle die im Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehenen Bedingungen für die Rückerstattung der österreichischen Quellensteuer, was durch die Unterschrift der Eidgenössischen Steuerverwaltung bestätigt worden sei. Es könne zugesichert werden, dass die Eigentümer keine in Österreich steuerpflichtigen Personen seien. Die Aktien der Beschwerdeführerin seien nicht handelbar und keine an der Börse kotierten Titel.
Mit Schreiben vom richtete die belangte Behörde einen weiteren Bedenkenvorhalt an die Beschwerdeführerin. Darin wurde ausgeführt, nach Lehre und Rechtsprechung des BFH sowie nach Studien internationaler Organisationen könne so genanntes "treaty shopping" Rechtsmissbrauch darstellen. Dies insbesondere dann, wenn eine juristische Person vor allem deshalb errichtet worden sei, um Abkommensvorteile zu erlangen, die sonst der Person, die hinter der Durchlaufgesellschaft stehe, nicht zustünden. Die Beschwerdeführerin verfüge nach ihren Angaben über keinerlei Geschäftsräumlichkeiten und keine Arbeitnehmer, sondern werde durch die S. Treuhandgesellschaft verwaltet. Bei ihr handle es sich um eine so genannte Domizilgesellschaft oder "Briefkastenfirma". Aus der Bilanz zum gehe hervor, dass die einzige Tätigkeit der Beschwerdeführerin in der Verwaltung der Beteiligung an der W. GmbH bestehe. Die bekannt gegebenen Gesellschafter Dr. T. und Dr. L. schienen mehrfach als Verwaltungsräte für diverse Firmen auf, was dafür spreche, dass sie in dieser Eigenschaft (als berufsmäßige Parteienvertreter) bei der Beschwerdeführerin als Treuhänder (Beauftragte o.dgl.) für andere Personen tätig würden, die tatsächlich (wirtschaftlich) Inhaber der Anteile seien und die Gesellschaft beherrschten. Es gebe (im Einzelnen näher geschilderte) Hinweise dafür, dass die tatsächlich Verfügungsberechtigten über die Anteile und damit über die Erträge Personen sein könnten, die nicht in der Schweiz, sondern in Österreich und/oder Monaco ansässig seien, nämlich J.R., A.R. und Mag. H.R. Es werde neuerlich ersucht, die im Bedenkenvorhalt vom gestellten Fragen umfassend und vollständig zu beantworten bzw. die erbetenen Unterlagen vorzulegen. Weiters mögen Unterlagen vorgelegt werden, aus denen in eindeutiger und nachvollziehbarer Weise die Einhaltung der Bestimmungen des schweizerischen Bundesratsbeschlusses vom (BRB 1962) betreffend Maßnahmen gegen die ungerechtfertigte Inanspruchnahme von Doppelbesteuerungsabkommen hervorgehe, oder eine Bestätigung der Eidgenössischen Steuerverwaltung, in der die Einhaltung der Bestimmungen des BRB 1962 bestätigt werde. Wenn eine ausreichende Beantwortung der gestellten Fragen nicht erfolge bzw. die erbetenen Unterlagen nicht vorgelegt würden, werde davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführerin von den angeführten nicht abkommensberechtigten Personen in rechtsmissbräuchlicher Absicht zur Erlangung ungerechtfertigter Abkommensvorteile (Quellensteuerentlastung) errichtet worden sei.
Für die Beschwerdeführerin antwortete wieder die S. Treuhandgesellschaft mit Schreiben vom , in dem ausgeführt wird, die Beschwerdeführerin sei in der Schweiz unbeschränkt steuerpflichtig, sohin ansässig im Sinne des Art. 4 des DBA-Schweiz und demnach berechtigt, die im Abkommen vorgesehene Entlastung in Anspruch zu nehmen. Eine Bestätigung der Eidgenössischen Steuerverwaltung, wonach die Beschwerdeführerin die Bestimmungen des BRB 1962 eingehalten habe, werde nachgereicht. Die Beschwerdeführerin sei zu 100 % schweizerisch beherrscht, was durch die vorzulegende Erklärung der Eidgenössischen Steuerverwaltung bestätigt werde. Damit erübrige sich die Beantwortung der noch offenen Fragen.
Mit Schreiben vom legte die
S. Treuhandgesellschaft ein an sie gerichtetes Schreiben der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom vor, in dem ausgeführt wird, aufgrund der Prüfung der Geschäftsbücher und Gesellschaftsdokumente der Beschwerdeführerin sowie unter Zugrundelegung der bekannt gegebenen und notariell beglaubigten Aktionärsverhältnisse habe die Steuerverwaltung die von der Treuhandgesellschaft unterbreiteten Sachverhalte und die bisherigen Feststellungen bestätigt gefunden, wonach die Beschwerdeführerin schweizerisch beherrscht sei und von den abkommensbegünstigten Erträgen in den geprüften Geschäftsjahren 1993 und 1994 keine die Weiterleitungsschranke verletzenden Verwendungen zur direkten oder indirekten Erfüllung von Ansprüchen nicht abkommensberechtigter Personen erfolgt seien.
Mit Schreiben vom forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin zur Beantwortung der im Schreiben vom gestellten Fragen und zur Vorlage der erbetenen Unterlagen auf. Im Falle des Vorhandenseins von Treuhand-(Mandats-)Vereinbarungen mögen auch diese vorgelegt werden. Wenn keine ausreichende Beantwortung der gestellten Fragen und keine Urkundenvorlage erfolge, werde im Sinne des Vorhaltes vom von einem Abkommensmissbrauch ausgegangen und die Berufung abgewiesen. Auf die Möglichkeit eines Verständigungsverfahrens im Sinne des Art. 25 DBA-Schweiz werde hingewiesen.
Die Beschwerdeführerin antwortete mit Schreiben vom , in dem die unterzeichneten Verwaltungsräte bestätigten, "dass alleinige Besitzer" an der Beschwerdeführerin "eine seit Jahren in der Schweiz domizilierte Person ist". Dabei handle es sich nicht um J.R.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab.
In der Begründung führte sie - nach Wiedergabe des Verfahrensverlaufes - im Wesentlichen aus, nach der vorgelegten Bilanz habe die wirtschaftliche Tätigkeit der Beschwerdeführerin allein im Halten und Verwalten der Beteiligung an der W. GmbH bestanden. Bei der Beschwerdeführerin handle es sich um eine schweizerische Holdinggesellschaft, die selbst keinerlei sonstige Tätigkeit entfalte und nur Einkünfte aus der Beteiligung an der W. GmbH beziehe. Für Holdinggesellschaften bestünden nach schweizerischem Steuerrecht erhebliche Steuerprivilegien. Nach der amtlichen Statistik der Schweiz betrage die steuerliche Belastung einer Holdinggesellschaft in Basel mit einem Reingewinn von über sfr 160.000,-- lediglich sfr 3.150,-- (sfr 1.500,-- Kantons- und Gemeindesteuer, sfr 1.650,-- Bundessteuer).
Nach Art. 2 der Vereinbarung zwischen Österreich und der Schweiz über die Durchführung der Entlastung bei Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren (BGBl. Nr. 65/1975) bestehe ein Anspruch auf Entlastung von der Abzugssteuer, sofern der Empfänger der Dividenden im Zeitpunkt der Fälligkeit der Einkünfte im Sinne des Art. 4 des Abkommens im anderen Staat ansässig sei, ihm in diesem Zeitpunkt das Recht zur Nutzung der den besteuerten Ertrag abwerfenden Kapitalanlage zustehe und er nicht gemäß Art. 28 Abs. 6 und 7 des Abkommens von der Entlastung ausgeschlossen sei. Die Missbrauchsproblematik bei Konstellationen wie der vorliegenden sei in der Literatur (Loukota, Internationale Steuerplanung und "treaty-shopping", ÖStZ 1990, 2 ff) und in einer OECD-Studie behandelt worden. Auch nach der Rechtsprechung des BFH sei die Einschaltung solcher Gebilde rechtsmissbräuchlich, wenn wirtschaftliche oder sonstige beachtliche Gründe für deren Errichtung fehlten oder wenn die Gesellschaft keine eigenen wirtschaftlichen Tätigkeiten entfalte. In seinem Urteil vom , IR201/82, BStBl II 1986, 496 ff, habe der BFH die Auffassung vertreten, die Anwendbarkeit der innerstaatlichen Missbrauchsbestimmungen (§ 42 dAO) sei im Verhältnis zur Schweiz auch dadurch gerechtfertigt, dass die Schweiz einseitig Maßnahmen zur Verhinderung ungerechtfertigter Inanspruchnahme von Doppelbesteuerungsabkommen getroffen habe. Diese Rechtsprechung könne sinngemäß auch auf die österreichische Rechtslage übertragen werden. Das DBA-Schweiz sei daher unter Einbeziehung der österreichischen Missbrauchsregelung des § 22 BAO auszulegen.
Den konkreten Missbrauchsverdacht und eine ausführliche Begründung dazu habe die belangte Behörde mit Schreiben vom der Beschwerdeführerin vorgehalten und die Beantwortung konkreter Fragen und die Vorlage von Urkunden verlangt. Die Beschwerdeführerin habe darauf mit der Vorlage einer Bestätigung der Eidgenössischen Steuerverwaltung reagiert und gemeint, dass sich damit die Beantwortung der weiteren Fragen erübrige. Eine weitere ausdrückliche Aufforderung zur Beantwortung der Fragen und zur Vorlage der Urkunden habe die Beschwerdeführerin mit dem Schreiben ihrer Verwaltungsräte vom beantwortet. Eine konkrete Beantwortung der Fragen nach Namen und Adressen der tatsächlich über die Anteile Verfügungsberechtigten sei nicht erfolgt. Ebenso wenig seien Kopien von schweizerischen Steuerbescheiden vorgelegt worden.
Die Zweifel der belangten Behörde an der tatsächlichen Nutzungsberechtigung an den Anteilen und Erträgen der Beschwerdeführerin sei durch die vorgelegte Bestätigung der Eidgenössischen Steuerverwaltung sowie der Verwaltungsräte nicht ausgeräumt worden.
Nach Art. 2 der zitierten Vereinbarung sei unter anderem Voraussetzung für die abkommensgemäße Entlastung, dass der Empfänger der Dividenden das Recht zur Nutzung der die Erträge abwerfenden Kapitalanlage habe. Diese Frage werde in der vorliegenden Bestätigung der Eidgenössischen Steuerverwaltung nicht beantwortet. Es werde nur die "schweizerische Beherrschung" sowie die Einhaltung des BRB 62 bestätigt. In dem Schreiben erfolge eine ausdrückliche Bezugnahme auf die "bekannt gegebenen, notariell beglaubigten" Aktionärsverhältnisse, d.h. die Eidgenössische Steuerverwaltung bestätige im Grunde genommen lediglich den von der Beschwerdeführerin mitgeteilten Sachverhalt, ohne selbst Ermittlungen angestellt zu haben bzw. ohne die eingereichten Unterlagen anzuschließen und es damit den österreichischen Behörden zu ermöglichen, deren Aussagekraft und Glaubwürdigkeit zu überprüfen.
Aus der Bestätigung der Verwaltungsräte ergebe sich, dass die als Gesellschafter bekannt gegebenen Personen nicht selbst "Besitzer", d.h. Verfügungsberechtigte der strittigen Kapitalanlage seien. Es müsse demnach entsprechende Treuhandvereinbarungen geben. Aus der Nichtbekanntgabe des Namens des wirtschaftlich tatsächlichen Nutzungsberechtigten und der Nichtvorlage der Treuhandvereinbarungen müsse geschlossen werden, dass eine wahrheitsgemäße Beantwortung das Fehlen der tatsächlichen Nutzungsberechtigung der Antragstellerin an der Kapitalanlage ergeben hätte, weil sonst kein Grund ersichtlich sei, der die Beschwerdeführerin gehindert hätte, die gestellten Fragen zu beantworten und die verlangten Unterlagen vorzulegen.
Da somit ein Nachweis der Nutzungsberechtigung gemäß Art. 2 der zitierten Vereinbarung nicht vorliege, sei der Antrag abzuweisen gewesen. Darüber hinaus werde aus dem geschilderten Verhalten geschlossen, dass der Verdacht der rechtsmissbräuchlichen Einschaltung der Beschwerdeführerin durch nicht abkommensberechtigte Personen im gegenständlichen Falle zutreffe, sodass die Verweigerung der Rückzahlung auch aus diesem Grunde zu Recht erfolgt sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach Art. 4 Abs. 1 des DBA-Schweiz bedeutet im Sinne dieses Abkommens der Ausdruck "eine in einem Vertragstaat ansässige Person" eine Person, die nach dem in diesem Staat geltenden Recht dort unbeschränkt steuerpflichtig ist.
Nach Art. 10 Abs. 1 des zitierten Abkommens dürfen Dividenden, die eine Gesellschaft mit Sitz oder Geschäftsleitung in einem Vertragstaat an eine in dem anderen Vertragstaat ansässige Person zahlt, in dem anderen Staat besteuert werden.
Nach Art. 10 Abs. 2 dürfen diese Dividenden jedoch in dem erstgenannten Vertragstaat, in dem die Dividenden zahlende Gesellschaft ihren Sitz oder Geschäftsleitung hat, nach dem Recht dieses Staates besteuert werden; die Steuer darf aber 5 vom Hundert des Bruttobetrages der Dividenden nicht übersteigen.
Nach § 10 Abs. 3 bedeutet der in diesem Artikel verwendete Ausdruck "Dividenden" Einkünfte aus Aktien, Genussaktien oder Genussscheinen, Kuxen, Gründeranteilen oder anderen Rechten - ausgenommen Forderungen - mit Gewinnbeteiligung sowie aus sonstigen Gesellschaftsanteilen stammende Einkünfte, die nach dem Steuerrecht des Staates, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist, den Einkünften aus Aktien gleichgestellt sind.
Werden in einem der beiden Vertragsstaaten die Steuern von Dividenden, Zinsen oder Lizenzgebühren im Abzugswege (an der Quelle) erhoben, so wird das Recht zur Vornahme des Steuerabzuges durch dieses Abkommen nicht berührt (Art. 28 Abs. 1 des Abkommens).
Nach Art. 28 Abs. 2 ist die im Abzugswege (an der Quelle) einbehaltene Steuer jedoch auf Antrag zu erstatten, soweit ihre Erhebung durch das Abkommen eingeschränkt wird.
Nach Art. 1 Abs. 1 lit. a der Vereinbarung zwischen Österreich und der Schweiz über die Durchführung der Entlastung bei Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren gilt als im Abzugswege (an der Quelle) erhobene Steuer, die nach Art. 28 Abs. 1 des Abkommens zum vollen Satz erhoben werden kann, unter anderem die Kapitalertragsteuer. Die Entlastung erfolgt gemäß Art. 1 Abs. 2 der Vereinbarung im Wege der Erstattung.
Nach Art. 2 des Abkommens hat der Empfänger von Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren, die in einem der beiden Staaten einer der in Art. 2 des Abkommens genannten Steuer unterliegen, Anspruch auf Entlastung von dieser Steuer, sofern er im Zeitpunkt der Fälligkeit der Einkünfte im Sinne von Art. 4 des Abkommens im anderen Staat ansässig ist, ihm in diesem Zeitpunkt das Recht zur Nutzung der den besteuerten Ertrag abwerfenden Kapitalanlagen oder Rechte zusteht und er nicht gemäß Art. 28 Abs. 6 und 7 des Abkommens von der Entlastung ausgeschlossen ist.
Im Beschwerdeverfahren ist nicht strittig, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um eine Domizilgesellschaft (Briefkastenfirma) handelt und dass sie ausschließlich Erträge aus der Beteiligung an der W. GmbH erhält.
Im Mittelpunkt des Beschwerdeverfahrens steht die Frage, ob die belangte Behörde bei dieser Konstellation berechtigt war zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin nur deshalb zwischengeschaltet wurde, um die Vorteile aus dem Doppelbesteuerungsabkommen zu lukrieren, weil die wahren wirtschaftlichen Berechtigten an dem Geschäftsanteil die Entlastung nicht hätten beanspruchen können.
Diese Frage ist aus folgenden Erwägungen zu bejahen. Enthält ein Abkommen Bestimmungen über die wirtschaftliche Betrachtungsweise von abgabenrechtlichen Fragen und die Zurechnung von Wirtschaftsgütern, sind diese Bestimmungen anzuwenden. Das Fehlen von solchen Bestimmungen in einem Doppelbesteuerungsabkommen - wie im vorliegenden Fall im DBA-Schweiz - lässt allerdings nicht den Schluss zu, dass das Abkommen Treuhandkonstruktionen zur Erreichung von Abkommensvorteilen oder den Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des Bürgerlichen Rechtes für zulässig erklärt. Derartiges wäre mit dem - für die Auslegung eines völkerrechtlichen Vertrages bedeutsamen (vgl. Art. 31 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge BGBl. Nr. 40/1980) - Ziel und Zweck des Abkommens, die Besteuerungsrechte auf die Staaten nach sachlichen Kriterien aufzuteilen, unvereinbar. Auch bei Fehlen ausdrücklicher Abkommensbestimmungen über die wirtschaftliche Betrachtungsweise und die Zurechnung von Wirtschaftsgütern hat daher ein Staat das Recht, sich vor einer unberechtigten Ausnützung der im Abkommen vorgesehenen Steuervorteile zu schützen (vgl. dazu Loukota, Internationale Steuerplanung und "treaty-shopping", ÖStZ 1990, 2 ff, und die dort referierte Rechtsprechung des BFH). Diese Auffassung entspricht auch der überwiegenden Staatenpraxis (vgl. dazu den bei Loukota, a. a.O., zitierten OECD-Bericht).
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin hat die von ihr vorgelegte Bestätigung der Eidgenössischen Steuerverwaltung die Beantwortung der gestellten Fragen (schon deshalb) nicht entbehrlich gemacht, weil eine Bindung an eine solche Bestätigung nicht besteht und ihr zudem nicht zu entnehmen ist, auf welche konkreten Ermittlungsergebnisse sich die Beurteilung der Eidgenössischen Steuerverwaltung stützt.
Der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Erklärung ihrer Verwaltungsräte ist nicht zu entnehmen, welche Person der wirtschaftlich Nutzungsberechtigte hinsichtlich der Beteiligung an der W. GmbH ist. Es geht aus dieser Bestätigung vielmehr hervor, dass die von der Beschwerdeführerin zunächst angegebenen Gesellschafter Dr. T. und Dr. L. lediglich Treuhänder für eine Person sind, deren Identität nicht bekannt gegeben wurde und hinsichtlich der demnach nicht beurteilt werden kann, ob sie "abkommensberechtigt" ist.
Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am