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VwGH vom 25.03.1996, 95/10/0052

VwGH vom 25.03.1996, 95/10/0052

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde 1. des A,

2. der B, beide in Z 3. der C in S 4. des D und 5. der E, beide in T, alle vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 13/01-RI-154/2-1995, betreffend Anordnung der Ersatzvornahme und Kostenvorauszahlung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 12.830,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Salzburger Landesregierung vom wurde die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung (in der Folge: BH) vom , betreffend Anordnung der Ersatzvornahme und Vorauszahlung der Kosten als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Überdies wurde der Antrag, der Berufung aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, als unzulässig zurückgewiesen. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, mit Bescheid der BH vom sei Ernst W. der Auftrag erteilt worden, eine näher beschriebene Holzhütte zu entfernen. Dieser Bescheid sei aufgrund der Entscheidung der Salzburger Landesregierung vom rechtskräftig geworden. In der Folge sei gegenüber Ernst W. die Vollstreckung dieses Auftrages durch Ersatzvornahme rechtskräftig verfügt und die Vorauszahlung der voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme rechtskräftig aufgetragen worden. Mittlerweile sei allerdings vom Erst-, Zweit- und vom Drittbeschwerdeführer mitgeteilt worden, daß ihnen Miteigentum an dieser Hütte zukomme, die Sanierung von allen gemeinsam veranlaßt worden sei und diese Maßnahme auch von den damaligen Grundeigentümern, dem Viertbeschwerdeführer und der Fünftbeschwerdeführerin geduldet worden sei. In der Folge sei die Beseitigung der Hütte mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Salzburger Landesregierung vom (auch) den Beschwerdeführern vorgeschrieben worden. Die dagegen an den Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde sei mit

hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/10/0132, abgewiesen worden. Weil diese bescheidmäßige Verpflichtung jedoch nicht erfüllt worden sei, sei mit Bescheid der BH vom gegenüber den Beschwerdeführern die zuvor angedrohte Ersatzvornahme verfügt und ihnen gleichzeitig als Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme die Erlegung eines Betrages von S 78.048,-- aufgetragen worden. Dieser Bescheid sei den Beschwerdeführern im Wege ihres Rechtsvertreters zugestellt worden. Die Berufungsbehörde könne nicht feststellen, daß die Vollstreckungsverfügung - wie von den Beschwerdeführern behauptet - deshalb vom Titelbescheid abweiche, weil sie nicht auch dem Mitverpflichteten Ernst W. zugestellt worden sei. Es stehe der Behörde aufgrund der ungeteilten Haftung der Verpflichteten nämlich frei, die Vollstreckung nur einzelnen Verpflichteten gegenüber zu verfügen bzw. nur diesen die Kosten für die Ersatzvornahme aufzuerlegen. Diese könnten dann die auf die übrigen Miteigentümer entfallenen Kosten im Privatrechtsweg einfordern. Im übrigen sei die Verfügung der Ersatzvornahme bzw. ein Auftrag zur Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme an Ernst W. - wie ausgeführt - bereits im Jahre 1984 erfolgt. Zur Auffassung der Beschwerdeführer, es sei gegen das im Gesetz vorgesehene Schonungsprinzip dadurch verstoßen worden, daß die Höhe der vorgeschriebenen Kosten lediglich durch Einholung eines Gutachtens eines Privatunternehmers festgelegt worden wäre, obwohl die Behörde verpflichtet sei, mindestens drei verschiedene Kostenvoranschläge einzuholen, um deren Angemessenheit überprüfen zu können, sei festzustellen, daß die Beschwerdeführer konkrete Umstände, die geeignet gewesen wären, die Unrichtigkeit der behördlichen Annahme über die Höhe der voraussichtlichen Kosten darzutun, nicht angegeben hätten. Aufgrund des Angebotes der Beschwerdeführer, einen Kostenvoranschlag vorzulegen, seien sie im ergänzenden Ermittlungsverfahren aufgefordert worden, diesen Kostenvoranschlag der Behörde innerhalb angemessener Frist zu übermitteln. Sie seien dieser Aufforderung jedoch ohne weitere Begründung nicht nachgekommen, sodaß die Berufungsbehörde keinen Grund zur Einholung eines weiteren Gutachtens gesehen habe. Schließlich sei dem Vorwurf, daß "alle bisherigen Zustellungen im Vollstreckungsverfahren" lediglich an Rechtsanwalt Dr. Joachim H. ergangen seien, der aber von den Beschwerdeführern im Vollstreckungsverfahren bisher noch nicht bevollmächtigt worden sei, entgegenzuhalten, daß von Dr. H. im Titelverfahren in sämtlichen Fällen Vollmachten vorgelegt worden seien, in denen es ausdrücklich heiße, daß dieser "durch die Unterzeichnenden für "ALLE ANGELEGENHEITEN sowohl VOR Gerichts-, VERWALTUNGS- und Finanzbehörden als auch außerbehördlich zu vertreten, Prozesse anhängig zu machen und

davon abzustehen, ZUSTELLUNGEN ALLER ART, ... ANZUNEHMEN ...

und überhaupt alles vorzukehren, was er für nützlich und notwendig erachten wird", bevollmächtigt" werde. Aufgrund dieser umfassenden Vollmacht habe die BH berechtigterweise von einer Vertretungsbefugnis des Dr. H. auch im Vollstreckungsverfahren ausgehen können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht "auf persönliche Zustellung von behördlichen Verfügungen und auf geringstmögliche finanzielle Belastung durch ein uns betreffendes Verwaltungshandeln verletzt". Sie bringen in Ausführung dieses Beschwerdepunktes zunächst vor, die belangte Behörde habe den Einwand, daß die von ihnen Herrn Dr. H. im Titelverfahren erteilte Vollmacht nicht auch für das Vollstreckungsverfahren gelte und daher die an diesen erfolgte Zustellung des Bescheides der BH vom unzulässig gewesen sei, mit einer unrichtigen Begründung "zurückgewiesen". Auf den Inhalt der jeweils erteilten Vollmacht komme es nämlich im Zusammenhang mit der Frage, für welches Verfahren diese Vollmacht Gültigkeit habe bzw. ob in einem neuen Verfahren eine neuerliche Vollmacht vorgelegt werden müsse, überhaupt nicht an. Die Vollmachtsurkunde sei lediglich das Dokument, welches über einen Bevollmächtigungsvertrag ausgestellt werde bzw. werden könne. Der Bevollmächtigungsvertrag selbst bestehe aber aus Auftrag und Ermächtigung. Gerade die üblichen Vollmachtsformulare für Rechtsanwälte - soweit es sich nicht um Spezialvollmachten handle - ermächtigten den Bevollmächtigten zu einer Vielzahl von Tätigkeiten, zu denen er nicht beauftragt sei (auftragslose Ermächtigung). Dies bedeute daher, daß üblicherweise der Auftrag enger gefaßt sei als die Ermächtigung, sodaß derartige Vollmachten gesondert für jedes eigene Verfahren vorgelegt werden müßten, weil die Behörde nicht davon ausgehen könne, daß der in einem früheren Verfahren Bevollmächtigte auch in einem späteren oder anderem Verfahren bevollmächtigt werde. Dies gelte vor allem für einleitende Verfügungen. Die Tatsache, daß Dr. H. von den Beschwerdeführern im Titelverfahren laut Vollmachtsurkunde ermächtigt worden sei, alle Zustellungen aller Behörden in allen Verfahren für die Beschwerdeführer entgegenzunehmen, berechtige die Behörde daher keineswegs, auch im Vollstreckungsverfahren davon auszugehen, daß die Beschwerdeführer denselben Anwalt bevollmächtigt hätten.

Die Beschwerdeführer sind mit diesem Vorbringen im Ergebnis im Recht:

Nach der ständigen hg. Judikatur ist die Behörde aufgrund der Vorlage einer allgemeinen Vollmacht in einem bestimmten Verfahren nicht berechtigt, die Partei auch im Verfahren über eine andere bereits schwebende oder erst später anhängig werdende Rechtsangelegenheit ebenfalls als durch den einmal ausgewiesenen Gewalthaber vertreten zu behandeln, es sei denn, die Partei hat ihren Willen, sich auch in diesem weiteren Verfahren eben dieses Vertreters zu bedienen, unmißverständlich zu erkennen gegeben. Hiezu reicht die Tatsache alleine, daß in der einen Rechtssache eine Vollmacht vorgelegt worden ist, die eine Ermächtigung zur Vertretung "in allen Angelegenheiten" beurkundet, allerdings nicht aus (vgl. z.B. die

hg. Erkenntnisse vom , Zl. 82/03/0018 und vom , Zl. 90/04/0128). Für die Beurteilung der Frage, ob eine Vollmacht auch für ein anderes Verfahren als erteilt anzusehen ist, ist daher zunächst entscheidend, ob ein so enger Verfahrenszusammenhang besteht, daß von derselben Angelegenheit oder Rechtssache gesprochen werden kann (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom , Slg. 13221/A). Das Vorliegen eines solchen Verfahrenszusammenhanges zwischen Titelverfahren und Vollstreckungsverfahren ist nach der hg. Judikatur allerdings zu verneinen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/06/0190). Da im vorliegenden Fall - abgesehen von der nicht als ausreichend anzusehenden Erklärung in den im Titelverfahren vorgelegten Vollmachten - auch eine Parteienerklärung, die so gedeutet werden könnte, daß von der Vertretungsbefugnis des im Titelverfahren Bevollmächtigten auch das Vollstreckungsverfahren erfaßt sein soll, fehlt, besteht der Standpunkt der Beschwerdeführer, Dr. H. sei im Vollstreckungsverfahren zum Zeitpunkt der Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides, der Behörde gegenüber (noch) nicht zur Empfangnahme von Schriftstücken für die Beschwerdeführer i.S.d. § 9 Abs. 1 ZustellG bevollmächtigt gewesen, zu Recht.

Daran vermag auch der Umstand, daß die Beschwerdeführer in der Folge gegen diesen Bescheid und zwar nunmehr vertreten durch Dr. H. Berufung erhoben, - im Gegensatz zu der in ihrer Gegenschrift geäußerten Auffassung der belangten Behörde - nichts zu ändern, weil die Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten gemäß § 9 Abs. 1 ZustellG erst mit der Bevollmächtigung gegenüber der Behörde i.S.d. § 10 Abs. 1 AVG wirksam wird. Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten konnte die belangte Behörde daher erst ab der Einbringung der Berufung, in der sich Dr. H. auf die ihm (gemäß § 9 RAO) erteilte Vollmacht berief, davon ausgehen, daß die Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren über einen Zustellungsbevollmächtigten i.S.d. § 9 Abs. 1 ZustellG verfügten.

Die Rechtswirksamkeit der Erlassung des Bescheides der BH vom an die Beschwerdeführer und damit die Beantwortung der Frage, ob die belangte Behörde aufgrund der Berufung der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid zur Entscheidung in der Sache gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 10 Abs. 1 VVG ermächtigt war, hängt daher davon ab, ob der - in der zu Unrecht an Dr. H. erfolgten Bescheidzustellung liegende - Zustellmangel gemäß § 7 ZustellG saniert wurde. Dies wäre dann der Fall, wenn der Bescheid der BH zufolge seiner Adressierung für die Beschwerdeführer bestimmt gewesen und diesen auch tatsächlich zugekommen wäre. Daß angesichts der Adressierung dieses Bescheides an die Beschwerdeführer "alle vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. J.H." davon auszugehen sei, daß der Bescheid auch für die Beschwerdeführer und nicht nur für Dr. H. i.S.d. § 7 ZustellG "bestimmt" gewesen sei - so die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift -, ist einzuräumen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Slg. 11245/A und den hg. Beschluß vom , Zl. 88/11/0243). Es fehlt allerdings jeglicher Anhaltspunkt dafür, daß der Bescheid den Beschwerdeführern auch "tatsächlich zugekommen" ist und sie nicht etwa bloß Kenntnis von seinem Inhalt erlangt haben (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/18/0371).

Die belangte Behörde hat daher, indem sie in Verkennung der Rechtslage entsprechende Feststellungen unterlassen, aber dennoch in der Sache entschieden hat, den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Dieser war daher - ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil mit dem zuerkannten Pauschbetrag gemäß Art. I Z. 1 der zitierten Verordnung sämtliche mit der Einbringung der Beschwerde verbundenen Aufwendungen abgegolten sind.