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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 16.07.2024, RV/7102413/2023

Zurückweisung eines mangels rechtswirksamer Zustellung einer Beschwerdevorentscheidung unzulässigen Vorlageantrages

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Anna Radschek in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Steuerspezialist Steuerberatungs GmbH, Löwengasse 47A Tür 3, 1030 Wien, und Wertreal Immobilien GmbH, Hoher Markt 4/2 A, 1010 Wien, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom über die Festsetzung einer Zwangsstrafe, Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:

  1. Der Vorlageantrag vom wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a iVm § 264 Abs. 4 lit. e der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 idgF. (BAO) als nicht zulässig zurückgewiesen.

  2. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

I. Verfahrensgang

1. Erinnerungsschreiben:

Mit an die beschwerdeführende GmbH & Co KG zuhanden ihrer vertretungsbefugten Kommanditgesellschaft gerichtetem Erinnerungsschreiben vom (zugestellt am ) teilte das Finanzamt der beschwerdeführenden Gesellschaft mit, dass sie offenbar übersehen habe, die von ihr zu erstattende Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer entsprechend den Bestimmungen des § 5 Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG) vorzunehmen. Die Beschwerdeführerin wurde ersucht, diese Meldung bis längstens nachzuholen. Sei die Meldung zwischenzeitig erfolgt, so möge die Beschwerdeführerin umgehend mit dem Finanzamt in Kontakt treten.

Für den Fall, dass die beschwerdeführende KG diesem Ersuchen nicht Folge leiste, würde gemäß § 111 BAO eine Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 € festgesetzt werden.

2. Bescheid:

Mit an die beschwerdeführende GmbH & Co KG zuhanden ihrer vertretungsbefugten Kommanditgesellschaft gerichtetem Bescheid vom setzte das Finanzamt eine Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 € fest. Gleichzeitig forderte das Finanzamt die Beschwerdeführerin auf, die bisher unterlassene Handlung bis nachzuholen. Für den Fall, dass die Beschwerdeführerin dieser Aufforderung nicht Folge leiste, würde eine weitere Zwangsstrafe in Höhe von 4.000,00 € festgesetzt werden.

Begründend stellte die belangte Behörde nach Wiedergabe der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen fest, dass die Zwangsstrafe in Höhe von 1.000 € festgesetzt werde, weil die geforderte Meldung von der beschwerdeführenden GmbH & Co KG nicht in der vom Gesetz geforderten Weise erstattet wurde.

3. Beschwerde:

In der rechtzeitig eingebrachten Beschwerde führte die steuerliche Vertretung der beschwerdeführenden GmbH & Co KG aus, die Meldung sei am gleichen Tag umgehend nachgeholt worden. Die Mandantschaft habe die steuerliche Vertretung mit beiliegendem Schreiben beauftragt, die Meldung als berufsmäßiger Parteienvertreter zu erstatten. Irrtümlicherweise sei die steuerliche Vertretung davon ausgegangen, dass es sich bei dieser Erinnerung um die [gleichnamige] GmbH (St.Nr. [St.Nr.]) handle. Für diese Gesellschaft habe die steuerliche Vertretung die Meldung (siehe Beilage) am eingebracht. Dieses Versehen sei aufgrund der Ähnlichkeit des Namens passiert. Die Festsetzung einer Zwangsstrafe und die Höhe lägen im Ermessen der Abgabenbehörde. Bei der Ermessensübung sei das bisherige Verhalten der Partei, der Grad des Verschuldens, die wirtschaftlichen Verhältnisse, sowie die abgabenrechtliche Bedeutung zu berücksichtigen. Die Mandantschaft habe die beiden Gesellschaften im Jahr 2022 erworben, die Meldeverpflichtung sei davor von einem anderen Parteienvertreter wahrgenommen worden. Unter Berücksichtigung des bisherigen zuverlässigen Verhaltens der Mandantschaft und der Namensverwechslung durch die Parteienvertretung werde die Aufhebung der Zwangsstrafe beantragt.

4. Beschwerdevorentscheidung:

Mit als Beschwerdevorentscheidung intendierter Erledigung vom , die an die beschwerdeführende GmbH & Co KG zuhanden ihrer steuerlichen Vertretung gerichtet war, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und in der Begründung ausgeführt, der Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe vom sei am zugestellt worden. Am sei die Meldung in das Register der wirtschaftlichen Eigentümer veranlasst worden.

5. Vorlageantrag:

Der rechtzeitig eingebrachte Vorlageantrag vom wandte sich gegen die Ermessensübung der belangten Behörde, die die in der Beschwerde dargelegten Umstände nicht gewürdigt und nachvollziehbar in ihrer Ermessensentscheidung berücksichtigt habe.

6. Vorlagebericht

Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte im Vorlagebericht vom die Abweisung der Beschwerde. In den Grunddaten des Vorlageberichtes wurde angegeben, dass die steuerliche Vertretung der beschwerdeführenden GmbH & Co KG über keine Zustellvollmacht verfügt.

7. Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht:

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde die belangte Behörde aufgefordert,

1. bekanntzugeben, ob die steuerliche Vertretung der beschwerdeführenden GmbH & Co KG zum Zeitpunkt der Zustellung der Beschwerdevorentscheidung über eine Zustellvollmacht verfügt habe, und

2. für den Fall, dass keine Zustellvollmacht vorlag, zu ermitteln, ob die Beschwerdevorentscheidung der beschwerdeführenden GmbH & Co KG im Original zugekommen ist.

Über das Ergebnis der Ermittlungen sollte dem Bundesfinanzgericht innerhalb der angeführten Frist berichtet werden.

Begründend wurde angeführt, im Hinblick auf die Angaben im Vorlagebericht sei die Rechtswirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung vom zu überprüfen.

Mit Schreiben vom gab die belangte Behörde bekannt, bei der Bearbeitung des gegenständlichen Falls sei leider übersehen worden, dass die steuerliche Vertretung der beschwerdeführenden GmbH & Co KG über keine Zustellvollmacht verfügte.

Am sei die Beschwerdevorentscheidung postalisch an die steuerliche Vertretung der beschwerdeführenden GmbH & Co KG zugestellt worden. Laut deren Auskunft habe sie die Beschwerdevorentscheidung am per Mail an den Vertreter nach § 81 BAO, die ***K*** GmbH weitergeleitet, das Original sei dieser somit nicht zugegangen.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhalt:

Wie aus dem oben dargestellten Verfahrensgeschehen ersichtlich, verfügt die steuerliche Vertretung der beschwerdeführenden GmbH & Co KG über keine Zustellungsbevollmächtigung. Diese kommt ausschließlich der vertretungsbefugten Kommanditgesellschaft zu. Während dieser Umstand im gesamten Verfahren beachtet wurde, wurde dies bei der Erstellung der Beschwerdevorentscheidung vom übersehen. Die als Beschwerdevorentscheidung intendierte Erledigung wurde an die beschwerdeführende GmbH & Co KG zuhanden ihrer steuerlichen Vertretung adressiert und dieser am zugestellt. Die steuerliche Vertretung hat den als Beschwerdevorentscheidung intendierten Schriftsatz per E-Mail an die vertretungsbefugte Kommanditgesellschaft weitergeleitet. Das Original ging der Vertreterin der beschwerdeführenden Gesellschaft somit niemals zu.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der Stellungnahme der belangten Behörde vom und entspricht den vorgelegten Unterlagen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 264 Abs 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97 BAO) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.

Gemäß § 264 Abs. 4 lit e BAO ist § 260 Abs. 1 BAO für Vorlageanträge sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 260 Abs. 1 lit a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262 BAO) oder mit Beschluss (§ 278 BAO) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.

Gemäß § 264 Abs. 5 BAO obliegt die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge dem Verwaltungsgericht.

Gemäß § 97 Abs. 1 erster Satz BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt gemäß § 97 Abs. 1 lit a BAO bei schriftlichen Erledigungen abgesehen von hier nicht interessierenden Ausnahmen durch Zustellung.

Gemäß § 98 Abs 1 BAO sind Zustellungen nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, ausgenommen Abschnitt III (Elektronische Zustellung), vorzunehmen, soweit in der BAO - für den Beschwerdefall unerheblich - nicht anderes bestimmt ist.

Gemäß § 9 Abs 1 Zustellgesetz können die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).

Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde gemäß § 9 Abs 3 Zustellgesetz, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen.

Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung gemäß § 7 Zustellgesetz als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

Ein tatsächliches Zukommen setzt voraus, dass der Empfänger tatsächlich in den Besitz des zuzustellenden Schriftstückes kommt (vgl. bspw. ).

Nicht ausreichend ist die bloße Kenntnisnahme des Inhaltes des Schriftstückes z.B. durch Übermittlung einer Ablichtung (vgl. ), etwa durch Übermittlung per Fax (vgl. ) oder durch Weiterleitung des eingescannten Schriftstücks mit E-Mail (vgl Ritz/Koran, BAO7, § 7 ZustG Rz 7).

Ist ein Bescheid von der Behörde an die Beschwerdeführerin zu Handen ihrer steuerlichen Vertretung adressiert worden, dann ist davon auszugehen, dass der Bescheid auch für die Beschwerdeführerin und nicht nur für ihre steuerliche Vertretung, die über keine Zustellvollmacht verfügt, bestimmt ist.

Wäre daher die Beschwerdevorentscheidung der beschwerdeführenden GmbH & Co KG tatsächlich zugekommen und hätte sie nicht bloß Kenntnis von ihrem Inhalt erlangt, dann wäre der Zustellmangel gemäß § 7 ZustG damit auch saniert worden (vgl. ; , 2000/16/0115).

Im gegenständlichen Fall wurde aber an die Vertreterin der beschwerdeführenden GmbH & Co KG lediglich die eingescannte Beschwerdevorentscheidung per E-Mail weitergeleitet. Damit konnte der Zustellmangel auch nicht gemäß § 7 ZustG geheilt werden (vgl. Ritz/Koran, BAO7, ZustG § 7 Rz 7; sowie z.B. ).

Die als Beschwerdevorentscheidung intendierte Erledigung der Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe wurde daher der beschwerdeführenden GmbH & Co KG nicht rechtswirksam zugestellt, und konnte daher mangels rechtswirksamer Zustellung dieser gegenüber keine Rechtswirksamkeit entfalten.

Ein Vorlageantrag setzt unabdingbar eine Beschwerdevorentscheidung voraus (vgl. ; , 2006/15/0373). Vorher gestellte Vorlageanträge sind vom Verwaltungsgericht zurückzuweisen (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 264 Rz 6).

Da sich der gegenständliche Vorlageantrag gegen eine mangels rechtswirksamer Zustellung rechtlich nicht existent gewordene Beschwerdevorentscheidung richtet und daher nicht zulässig ist, war er gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO iVm. § 264 Abs. 4 lit. e BAO mit Beschluss (§ 278 BAO) als nicht zulässig zurückzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Rechtsfolge der Zurückweisung eines unzulässigen Vorlageantrages unmittelbar aus dem Gesetz ergibt und die Beurteilung der Zulässigkeit eines Vorlageantrages der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt (vgl. ), war die Unzulässigkeit der Revision auszusprechen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 7 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
Verweise








Ritz/Koran, BAO7, § 7 ZustG Rz 7
Ritz/Koran, BAO7, § 264 Rz 6
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102413.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at