VwGH vom 31.05.2000, 97/13/0228
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fössl, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. Eva Riess, Rechtsanwalt in Wien VIII, Zeltgasse 3/12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat II) vom , Zl. GA 15-94/1276/09, betreffend u.a. Einkommen- und Gewerbesteuer für die Jahre 1991 und 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer bezieht u.a. gewerbliche Einkünfte aus seiner Tätigkeit als konzessionierter Fremdenführer. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist hinsichtlich der Jahre 1991 und 1992 der Betriebsausgabenabzug für Reisen nach Finnland/Schweden (1991) und Barcelona/Südfrankreich (1992) strittig.
Im Bericht über eine abgabenbehördliche Prüfung vom ist zur Gewinnermittlung unter "Tz 20 Reisekosten" zu lesen, über die Reise nach Finnland und Schweden im Jahr 1991 sei ein Programm von der 4. Internationalen Reiseführertagung in Finnland vom 10. bis vorgelegt worden. Nach diesem Programm sei der Ablauf der Tagung so gestaltet gewesen, dass eineinhalb Tage Vorträge stattgefunden und die übrigen Tage für Stadtbesichtigungen und Ausflüge vorgesehen gewesen seien. Über die Reise nach Barcelona und Südfrankreich im Jahr 1992 sei kein Programm vorgelegt worden. Die als Studienreisen bezeichneten Reisen seien nach Ansicht der Prüferin ihrem Inhalt nach Besichtigungsreisen gewesen und damit nach § 20 EStG nicht abzugsfähig (Gewinnzurechnung 1991 10.202 S und 1992 18.469 S).
Gegen die auf der Grundlage des Betriebsprüfungsberichtes ergangenen Einkommen- und Gewerbesteuerbescheide u.a. für die Jahre 1991 und 1992 brachte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom Berufung ein. Er vertrat darin den Standpunkt, die Reisen zum Fremdenführer-Weltkongress in Finnland sowie nach Barcelona und Südfrankreich seien eindeutig betrieblich veranlasst gewesen. Der Weltkongress in Finnland (für den als Anlage ein Prospekt vorgelegt werde) mache einen eindeutigen Unterschied zwischen dem Programm für Fremdenführer und jenem für Begleitpersonen. Aus der Beschreibung der Reise nach Barcelona/Südfrankreich in einem Beitrag zu einer - ebenfalls der Berufung angeschlossenen - Festschrift ergebe sich eindeutig, dass das Programm dieser vom Verein der geprüften Wiener Fremdenführer veranstalteten Reise für Fremdenführer zusammengestellt worden sei. Alte Kirchen, Museen, Burgen seien sicherlich für jeden interessant, nicht jedoch in einer dermaßen konzentrierten Menge. Zu beachten sei auch das höhere Niveau der Führungen, die jene Fachkenntnisse zur Voraussetzung hätten, über die ein Fremdenführer verfügen müsse (z.B. Kenntnisse des Fachwortschatzes der Kunstgeschichte und der Architektur). Einem nicht berufsspezifischen Besucherkreis könne man dieses Programm niemals zumuten (z.B. Kirchenführungen, die anderthalb Stunden dauern, etc.). Für Fremdenführer seien "Museen, Kirchen, Burgen" das tägliche Handwerk. Die im Ausland gewonnenen Kenntnisse könnten bei Ausübung des Berufes im Inland konkret verwendet werden, weil immer wieder Beziehungen herzustellen seien (beispielsweise sei hier an die Beeinflussung der Architektur durch die mittelalterliche Architektur in Frankreich zu denken und sei insbesondere die Kirchenarchitektur in Finnland "etwas, was ein weltoffener, aufgeschlossener Fremdenführer sehr wohl kennen muss"). Auch bei Führungen mit Touristen aus diesen Ländern könne die Führung viel besser aufgebaut werden, wenn ein Vergleich zwischen Wien und dem Herkunftsland der Gäste hergestellt werden könne. Die Wirtschaftskammer als Pflichtvertretungsorganisation der Fremdenführer betrachte solche Reisen als selbstverständlichen Faktor des Weiterbildungsprogrammes der Fremdenführer.
In einer abweisenden Berufungsvorentscheidung vom vertrat das Finanzamt die Ansicht, ein allgemeines berufliches Interesse an einer Reise sei nicht ausreichend, um diese als beruflich bedingte Betriebsausgabe anzuerkennen. Außerdem müsse das Reiseprogramm und die Durchführung einseitig und nahezu ausschließlich auf interessierte Teilnehmer der Berufsgruppe abgestellt sein und jeglicher Anziehungskraft auf andere als in der spezifischen Richtung beruflich interessierte Personen entbehren. Die Barcelona/Südfrankreich-Reise sei von allgemeinem Interesse und somit nach § 20 EStG nicht abzugsfähig. Bei der Finnland/Schweden-Reise spielten auch private Belange eine Rolle ("Besichtigungen vom 13. - sind von allgem. Interesse"), sodass die Reisekosten wegen des Aufteilungsverbotes insgesamt nicht absetzbar seien.
Am stellte der Beschwerdeführer - ohne weitere Ausführungen - den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde die Nichtanerkennung der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren strittigen Reisekosten. Hinsichtlich der Reise nach Finnland - so die belangte Behörde in ihrer Begründung - verbleibe auszuführen, dass diese ein so genanntes Mischprogramm beinhaltet habe. Dem Beschwerdeführer sei zwar zuzustimmen, dass ein Teil des Programmes (Sitzungen und Workshops) eindeutig auf die Berufsgruppe der Fremdenführer abgestimmt gewesen sei, der Reiseverlauf betreffend den 13. und (Besichtigungen in Helsinki und Turku) sowohl den Kongressteilnehmern als auch den Begleitpersonen gegenüber jedoch völlig ident gewesen sei. Hiezu sei auch anzumerken, dass die gegenteiligen Ausführungen in der Berufung, es sei ein eindeutiger Unterschied zwischen Reiseführern und Begleitpersonen angestrebt gewesen, am klaren und unmissverständlichen Inhalt des vorgelegten Reiseprogramms vorbeigingen. Betreffend die Reisekosten nach Schweden (2.432 S) habe es der Beschwerdeführer bis dato unterlassen, ein geeignetes, die Betriebsausgabeneigenschaft belegendes Beweismittel vorzulegen. Zur Reise nach Barcelona und Südfrankreich könne aus dem in Form eines Artikels in der Zeitschrift "Der Fremdenführer" geschilderten Reiseablauf nicht auf eine Qualifikation als steuerlich beachtliche Studienreise geschlossen werden. Die beschriebenen Besichtigungsziele seien auch für berufsfremde Personen von Interesse. Der Reiseverlauf zeige keinen Unterschied zu einer auch einem allgemeinen Interessentenkreis angebotenen Besichtigungsreise.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zu den von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes herausgearbeiteten - sowohl im angefochtenen Bescheid als auch in der Beschwerde wiedergegebenen - Voraussetzungen für die steuerliche Berücksichtigung so genannter "Studienreisen", die kumulativ vorliegen müssen, zählt u.a., dass das Reiseprogramm und seine Durchführung derart einseitig und nahezu ausschließlich auf interessierte Teilnehmer der Berufsgruppe des Steuerpflichtigen abgestellt sein müssen, dass sie jeglicher Anziehungskraft auf andere als in der spezifischen Richtung beruflich interessierte Teilnehmer entbehren. Der Verwaltungsgerichtshof hat dementsprechend auch die Kosten von Studienreisen, deren Gegenstand ein so genanntes "Mischprogramm" ist, (im Hinblick auf das Aufteilungsverbot zur Gänze) in den Bereich der privaten Lebensführung verwiesen (vgl. beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 86/14/0031, vom , 89/14/0106, und vom , 92/15/0150).
Der Verwaltungsgerichtshof hat auch bereits wiederholt festgestellt, dass es in weiten Bevölkerungskreisen üblich geworden ist, der Allgemeinbildung dienende Reisen mit mehr oder weniger anstrengendem Programm unter fachkundiger Führung zu unternehmen. Auch ein Teilnehmer an einer Bildungsreise ist an einer möglichst intensiven Befassung mit dem Gegenstand der Reise einschließlich eines möglichst sachkundigen Reiseführers und entsprechender Vorträge vorbereitenden und aufarbeitenden Inhaltes interessiert (vgl. beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 90/14/0266, und vom , 92/14/0133).
Nach der auch zusammen mit der Beschwerde vorgelegten Reisebeschreibung "Reise auf den Straßen der Geschichte Europas" in der Zeitschrift "Die Wiener Fremdenführer" kann nicht gesagt werden, dass die vom Beschwerdeführer im Jahr 1992 unternommene Reise nach Barcelona/Südfrankreich nicht auch für nicht der Berufsgruppe der Fremdenführer angehörende Personen (Bildungsreisende) attraktiv gewesen wäre. Mag auch die vom 10. bis stattgefundene Reise ein intensives Besichtigungsprogramm beinhaltet haben, so lassen doch Stadtrundfahrten beispielsweise in Barcelona, Museumsbesuche und Besichtigungen von Stätten kulturellen, geschichtlichen oder religiösen Interesses (so führte die Reise von Barcelona über die Pyrenäen nach Südfrankreich, in die Provence bis zur Cote D'Azur zum Endpunkt Nizza) nicht erkennen, dass die genannte Reise ausschließlich Anziehungskraft für die Berufsgruppe der Fremdenführer gehabt hätte. Dass allein das Verständnis des Reiseberichts, der u.a. davon spricht, in alter Tradition hätten sich "die Reiselustigen unserer Gilde entschlossen, in den südlichen Teilen Europas auf geschichtliche und kunstgeschichtliche Entdeckung zu gehen" (es seien "Tage voll Sonne, Freude und Harmonie" gewesen), laut dem Beschwerdevorbringen ein "ausgesprochenes Fachwissen" voraussetzt, kann außerdem nicht gesagt werden.
Zur Reise nach Finnland/Schweden räumt die Beschwerde betreffend den Schweden umfassenden Reiseteil (15. bis ) ein, dass der Beschwerdeführer diesbezüglich über kein detailliertes Reiseprogramm verfüge. Da der Beschwerdeführer auch ansonsten keine Beweismittel darüber beibrachte, dass die Reise nach Schweden jeglicher Anziehungskraft auf andere als Fremdenführer entbehrte, konnte die belangte Behörde diesen Reiseteil zu Recht dem nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit a EStG 1988 nicht abzugsfähigen Bereich der Lebensführung zuordnen. Zum Aufenthalt im Finnland konnte die belangte Behörde im Einklang mit dem vom Beschwerde vorgelegten Programm über die "Convention 10-15 February 1991, Tampere" ein gemeinsam mit den Begleitpersonen unternommenes Besichtigungsprogramm am 13. und annehmen. Soweit der Beschwerdeführer nunmehr in der Beschwerde darauf hinweist, er habe am (offenbar gesamten) Nachmittag des an einem Delegiertentreffen teilgenommen (somit habe die Konferenz insgesamt nur eineinhalb Tage allgemeines Programm umfasst) verstößt er gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach § 41 Abs. 1 VwGG geltende Neuerungsverbot (der Standpunkt der Behörde betreffend die Annahme des Tagungsablaufes mit den Besichtigungsprogrammen war dem Beschwerdeführer aus dem Betriebsprüfungsbericht und aus der Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes bekannt, ohne dass diesbezüglich der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren ein gegenteiliges Vorbringen erstattet hätte). Berücksichtigt man damit, dass insgesamt an den Tagen vom
13. bis zumindest im Wesentlichen eine der Privatsphäre zurechenbare Reise vorlag, führte dies unter Berücksichtigung der oben erwähnten Nichtabzugsfähigkeit von Mischreisen dazu, dass auch jenen Kosten, die anteilig auf einen ausschließlich beruflichen Zwecken gewidmeten Reiseabschnitt entfielen, die steuerliche Berücksichtigung zu versagen war (vgl. etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 92/13/0166, und vom , 90/14/0211). Der belangten Behörde ist somit keine Rechtswidrigkeit anzulasten, wenn sie auch für die restlichen Reisetage in Finnland keine Reisekosten (Tages-, und Nächtigungsgelder) anerkannte. Im Übrigen unterliegt auch hier das Beschwerdevorbringen, wonach der Beschwerdeführer bereits ab in Finnland an Delegiertentreffen in seiner Eigenschaft u.a. als Mitglied des Weltverbandes der Fremdenführer teilgenommen habe, dem Neuerungsverbot (der Betriebsprüfungsbericht spricht - im Verwaltungsverfahren unwidersprochen - nur von einer Reiseführertagung in Finnland vom 10. bis ). Seine in der Beschwerde behauptete Funktion als ständiger Ansprechpartner für die österreichischen als auch die übrigen Teilnehmer des Kongresses (sodass er daher die gesamte Reise ausschließlich dienstlich wahrgenommen habe), hat der Beschwerdeführer ebenfalls im Verwaltungsverfahren nicht vorgetragen. Ob seine Funktionärs- und Vereinstätigkeit aus den Buchhaltungsunterlagen ersichtlich gewesen und dies im Zuge der Betriebsprüfung von der Prüferin zur Kenntnis genommen worden sei (er daher nicht in seiner Berufung darauf ausdrücklich hingewiesen habe), bedeutet noch keine Darlegung der Wahrnehmung konkreter "dienstlicher" Funktionen während der gesamten Reise.
Waren die Kosten für die Auslandsreisen schon deshalb nicht anzuerkennen, weil diese nicht derart einseitig und nahezu ausschließlich auf interessierte Teilnehmer der Berufsgruppe des Abgabepflichtigen abgestellt waren, dass sie jeglicher Anziehungskraft auf andere als in der spezifischen Richtung beruflich interessierte Teilnehmer entbehrten, können die in der Beschwerde weiters aufgeworfenen Fragen der beruflichen Verwertbarkeit der dabei gewonnenen Kenntnisse, der Organisation oder des Teilnehmerkreises dahingestellt bleiben.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am