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VwGH vom 30.01.2003, 2000/15/0018

VwGH vom 30.01.2003, 2000/15/0018

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde der L in W, vertreten durch Dr. Michael Buresch und Dr. Ilse Korenjak, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Gußhausstrasse 6, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. IVW3-BE-3172301/004-99, betreffend Haftung gemäß §§ 7, 57 NÖ AO (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde V), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 332 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Haftungsbescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom wurde die Beschwerdeführerin als Geschäftsführerin der H GmbH u. a. für folgende Rückstände zur Haftung herangezogen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Kommunalsteuer Rest 1996
S
36.930,--
Kommunalsteuer 1+2/97
S
77.583,--
Nebengebühren wie Säumniszuschlag
S
2.345,17
Mahngebühr
S
200,- -

Begründend wurde ausgeführt, dass trotz diverser Mahnungen die erwähnten Abgaben von der H GmbH nicht entrichtet worden seien. Gemäß § 80 Abs. 1 BAO und § 172 NÖ AO 1977 hätten die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden. Da dies nicht geschehen sei, habe die persönliche Haftung der Beschwerdeführerin für die Einbringung dieser Abgabe geltend gemacht werden müssen.

Mit Schreiben vom erhob die Beschwerdeführerin Berufung und brachte vor, dass über das Vermögen der H GmbH am das Ausgleichsverfahren eröffnet worden sei. Bei der Ausgleichstagsatzung am werde den Gläubigern eine 40 %ige Quote angeboten werden. Die mitbeteiligte Partei habe daher vorerst den offenen Betrag bei obiger Geschäftszahl zur Anmeldung zu bringen. Die Haftung der Geschäftsführerin beziehe sich sohin nur auf denjenigen Betrag, der von der H GmbH nicht einbringlich zu machen sei. Der Haftungsbescheid sei daher mit "Mangelhaftigkeit auf Grund unrichtiger rechtlicher Sachverhaltsdarstellung behaftet". Hätte die mitbeteiligte Partei Erhebungen vorgenommen, so wäre jedenfalls die Haftung der Geschäftsführerin in Höhe von S 133.593,47 nicht gegeben. Zudem beziehe sich die Haftung der Geschäftsführerin gegenüber Alt- und Neugläubigern lediglich auf jene Differenz zwischen der tatsächlich erzielten Quote und derjenigen, die die Gläubiger bei pflichtgemäßer Antragstellung erhalten hätten (Quotenschaden). Die Eröffnung des Ausgleichsantrages sei fristgerecht vorgenommen worden. Die positive Fortbestehensprognose sei jedenfalls im Hinblick auf die Schuldübernahme der H Bau AG gegeben. Erst nachdem ersichtlich gewesen sei, dass die H Bau AG ihre Zahlungsverpflichtungen nicht eingehalten habe, habe die Geschäftsführerin unverzüglich den Ausgleichsantrag gestellt. Es treffe daher die Geschäftsführerin kein wie immer geartetes Verschulden.

Im Hinblick darauf, dass sich die H Bau AG verpflichtet habe, die gesamten Geschäftsführungskosten, wozu auch die Kommunalsteuer, die Grunderwerbsteuer etc. gehörten, zu übernehmen, sei die H Bau AG für den Zeitraum Jänner und Februar 1997 für die Entrichtung dieser Abgaben verantwortlich. Alleine aus diesem Grund sei der Bescheid der mitbeteiligten Partei vom aufzuheben. Als Beweis dafür wurde die Einvernahme der Beschwerdeführerin beantragt sowie eine Managementvereinbarung zwischen der H GmbH und der H Bau AG vorgelegt.

Mit Schreiben vom teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie gesundheitlich nicht in der Lage gewesen sei, sich um die Agenden als Geschäftsführerin zu kümmern und dass die gesamte Gestionierung der Buchhaltung, die Abfuhr der Abgaben sowie die gesamte kaufmännische Verwaltung der H GmbH von Dkfm. M durchgeführt worden sei. Die Darstellung einer Gläubigerbegünstigung entbehre jeglicher Grundlage.

Mit Schreiben vom teilte die mitbeteiligte Partei der Beschwerdeführerin mit, dass zwischenzeitlich eine Kommunalsteuerprüfung erfolgt sei. Dabei sei festgestellt worden:

1. Die Kommunalsteuer sei von Dezember 1996 bis Februar 1997 nicht entrichtet worden. Die Löhne und Gehälter für Dezember 1996 und Jänner 1997 seien von der H GmbH hingegen bezahlt worden. Dementsprechend seien an die Gebietskrankenkasse für November 1996 am und für Dezember 1996 am Zahlungen geleistet worden.

2. Die Beschwerdeführerin sei per aus dem Dienstverhältnis der H GmbH (nicht aus der Geschäftsführung) ausgeschieden. Ihr sei eine gesetzliche Abfertigung in der Höhe von S 510.000,-- brutto im Rahmen der Lohnverrechnung für Dezember 1996 ausbezahlt worden. Ein Gehaltsvorschuss von S 320.000,-- sei bei der Lohnverrechnung Dezember 1996 in Abzug gebracht worden.

3. Dkfm. M sei bis zum als Geschäftsführer bestellt und für die kaufmännischen Agenden zuständig gewesen. Die Beschwerdeführerin sei bis dato als Geschäftsführerin allein zeichnungsberechtigt. Dkfm. M sei nunmehr Gesamtprokurist.

4. Dkfm. M sei mit dem Gehalt für Dezember 1996 eine Urlaubsablöse in Höhe von S 165.358,-- brutto ausbezahlt worden. Dabei handle es sich um Resturlaub aus dem Jahr 1995/96 und aus dem Urlaubsjahr 1996. Urlaubsablösen seien rechtlich unwirksam und verboten.

5. Eine Rechnung der H GmbH an die Beschwerdeführerin über Zinsen in Höhe von S 114.400,-- (Rechnung vom ) sei nicht mit einer Zahlung, sondern über das Verrechnungskonto von Ing. Z in Höhe von S 102.514,-- ausgeglichen worden. Der Restbetrag von S 11.886,-- sei im Rahmen einer Reisekostenabrechnung des Sohnes Johannes beglichen worden.

6. Es werde mitgeteilt, dass laut der Kontonachricht des Finanzamtes für Körperschaften seitens der H GmbH vom bis zum Zahlungen in der Höhe von rund S 35 Mio verbucht worden seien.

Weiters werde ein Schreiben der H Bau AG vom beigelegt. In diesem Schreiben werde mitgeteilt, dass zu keiner Zeit ein Beschäftigungsverhältnis zwischen Arbeitnehmern der H GmbH und der H Bau AG bestanden habe.

Die gesundheitlichen Probleme der Beschwerdeführerin bestünden erst ab Mitte 1997. Sie hätte die Geschäftsführung an einen anderen Geschäftsführer übergeben müssen.

Mit Schreiben vom legte die Beschwerdeführerin ärztliche Bestätigungen vor, aus denen sich der schlechte Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin ergebe. Sie habe einen Schlaganfall gehabt und leide an Attacken der Diarrhoen, sei teilweise bewegungsunfähig und habe schwere nervliche Störungen. Dass sie auf Grund ihres schwerst angeschlagenen Gesundheitszustandes seit langem nicht mehr in der Lage sei, die Geschäftsführung auszuüben, befreie die Beschwerdeführerin von der Haftung, da ihr kein vorwerfbares schuldhaftes Verhalten anzulasten sei. Zum Beweis dafür werde die Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens beantragt.

Zudem sei die gesamte "Gestimierung" durch Dkfm. M vorgenommen worden. Dieser habe die Geschäftsführung auch nach seinem Rücktritt als Geschäftsführer inne gehabt. Mit den gesamten finanziellen Agenden sei ausschließlich er betraut gewesen. Die Beschwerdeführerin habe nicht einmal eine Bankzeichnungsberechtigung gehabt.

Die H Bau AG habe auf Grund der abgeschlossenen Vereinbarung die Zusage gegeben, ab dem die bestehenden Baustellen aus eigenen Mitteln und auf eigene Gefahr zu versorgen und die - für die ordnungsgemäße Fortführung der Baustellen - erforderlichen Betriebsmitteln auf eigene Kosten und Gefahr zur Verfügung zu stellen, sodass ein ordnungsgemäßer Fortbetrieb gewährleistet sei. Diese Vereinbarung sei tatsächlich in Vollzug gesetzt worden. Die H Bau AG habe gegenüber einzelnen Sublieferanten den Schuldbeitritt erklärt.

Zudem habe zwischen der Bank Austria AG und der ehemaligen H GmbH eine Generalzessionsvereinbarung bestanden, sodass diese auf Grund der bestehenden Kreditverträge Absonderungsrechte gehabt habe und zur Kompensation berechtigt gewesen sei.

Ausdrücklich werde auf die Akzessorität der Haftung verwiesen. Da der Ausgleich der H GmbH noch nicht vollständig erfüllt sei und mit Erfüllung des Ausgleiches die Haftung entfalle, werde auch beantragt, mit der Klärung der Frage der Haftung bis nach Erfüllung des Ausgleiches der H GmbH zuzuwarten.

Auf eine Anfrage der mitbeteiligten Partei teilte Dkfm. M im Schreiben vom mit, dass es richtig sei, dass die Beschwerdeführerin keine Bankzeichnungsberechtigung gehabt habe. Nicht richtig sei, dass er die tatsächliche Geschäftsführung inne gehabt habe. Wenn er auch bis formell gemeinsam mit der Beschwerdeführerin als Geschäftsführer im Firmenbuch eingetragen gewesen sei, habe die tatsächliche Unternehmensleitung und materielle Geschäftsführung der (beinahe) Alleingesellschafter Ing. Z ausgeübt. Ing. Z habe dies auf Grund einer unbeschränkten Handlungsvollmacht getan und sei zumindest bis zum Tag der Ausgleichseröffnung für alle Konten der H GmbH allein zeichnungsberechtigt gewesen. Dkfm. M habe weder vor und schon gar nicht nach seinem Rücktritt als formeller Geschäftsführer die tatsächliche Geschäftsführung inne gehabt.

Auf Schreiben der mitbeteiligten Partei vom und vom , mit welchen die Stellungnahme des Dkfm. M zur Kenntnis gebracht worden war, teilte die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom unter Verweis auf ein beiliegendes ärztliches Gutachten mit, dass sich aus diesem ergebe, dass die Beschwerdeführerin aus gesundheitlichen Gründen für die Geschäftsführung nicht verantwortlich gewesen sei. Ab 1995 sei sie als eingeschränkt geschäftsfähig zu betrachten, da ihr keinerlei psychische und körperliche Belastung zumutbar gewesen sei. Seit 1996 sei sie nicht mehr arbeitsfähig gewesen.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei vom wurde der Berufung teilweise Folge gegeben und der Betrag auf S 91.262,54 eingeschränkt, da die zwischenzeitige teilweise Entrichtung der Abgaben im Rahmen der Ausgleichsquote zu berücksichtigen gewesen sei.

Weiters wurde ausgeführt, dass bei der Einschau in die Aufzeichnungen trotz vorheriger Anmeldung weder die Beschwerdeführerin noch Ing. Z angetroffen worden seien. Auch eine nachfolgende Anfrage sei bis heute unbeantwortet geblieben. Die in der Berufung vorgebrachten Verpflichtungen der H Bau AG seien von dieser mit Schreiben vom widerlegt worden und es sei ausdrücklich erklärt worden, dass die H Bau AG keine Beschäftigungsverhältnisse übernommen und somit keine Geschäftsführungskosten und damit verbundene Abgaben zu tragen habe. Das Berufungsvorbringen hätte sich auf Grund der Erhebungen der mitbeteiligten Partei insgesamt als nicht haltbar erwiesen.

Die Fälligkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben (ab Jänner 1997) liege außerhalb jenes Zeitraumes, in dem Dkfm. M als Geschäftsführer im Firmenbuch eingetragen gewesen sei. Mit Schreiben vom sei der Geschäftsführerin Gelegenheit gegeben worden, darzulegen, warum sie die Geschäftsführung nicht aus gesundheitlichen Gründen zurückgelegt habe. Dazu sei bis zuletzt keine Stellungnahme abgegeben worden. Die Haftung der Geschäftsführerin bestehe trotz der Funktionsbeeinträchtigung. Sie habe es verabsäumt, die Geschäftsführung rechtzeitig zurückzulegen.

Mit Schreiben vom erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung und wiederholte ihr Vorbringen betreffend Kostenübernahme durch die H Bau AG. Weiters führte sie aus, dass die Abgabenbehörde zweiter Instanz die vorgelegten Gutachten, denen zufolge die Beschwerdeführerin aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, ihre Agenden selbst vorzunehmen, übergangen habe. Die gesamte steuerliche und kaufmännische Gestionierung der Gesellschaft sei durch Dkfm. M erfolgt sei. Dies sei von ihm auch anlässlich einer Aussage bei der Wiener Gebietskrankenkasse bestätigt worden. Dieses Protokoll werde in der Anlage übermittelt. Daraus ergebe sich, dass Dkfm. M die gesamte kaufmännische Gestionierung inne gehabt habe. Auf Grund der jahrzehntelangen ordnungsgemäßen Gestionierung habe die Beschwerdeführerin davon ausgehen können, dass die Geschäftsführung im Hinblick auf die Ressortverteilung auch weiterhin ordnungsgemäß vorgenommen werde. Im Jänner und Februar 1997 sei diese Gestionierung von der H Bau AG übernommen worden. Diese Vereinbarung mit der H Bau AG sei auch tatsächlich in Vollzug gesetzt worden.

Gegen die Beschwerdeführerin sei weiters ein Strafverfahren beim Landesgericht für Strafsachen wegen des Verdachtes der fahrlässigen Krida anhängig. Auf Grund des Gesundheitszustandes sei die Beschwerdeführerin jedoch nicht vernehmungsfähig. Aus dem beigelegten Gutachten sei ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin nicht in der Lage gewesen sei, ihre Geschäftsführungsfunktion zurückzulegen. Im Hinblick auf den mehr als 70-jährigen Bestand des Unternehmens und die jahrzehntelange ordnungsgemäße Gestionierung habe die Geschäftsführerin davon ausgehen können, dass die Geschäftsführung im Hinblick auf die Ressortverteilung auch weiterhin ordnungsgemäß vorgenommen werde. Es sei ihr daher mangels Verschulden kein wie immer gearteter Vorwurf zu machen.

Es werde darauf hingewiesen, dass es sich bei der Haftung für die Kommunalsteuer um eine akzessorische Haftung handle. Das Ausgleichsverfahren der H GmbH sei derzeit nach wie vor anhängig. Die Haftung sei nur subsidiär und werde nur für den Fall, dass die H GmbH ihren Ausgleich nicht erfüllen könne, schlagend. Das Ausgleichsverfahren sei nach wie vor anhängig, sodass der Bescheid schon allein aus diesem Grunde nicht hätte erlassen werden dürfen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde führte in ihrer Begründung aus, dass der Vorstellung in mehrfacher Hinsicht keine Berechtigung zukomme. Zunächst sei zur behaupteten Übernahme der Geschäftsführung der H Bau AG bzw. der behaupteten Schuldübernahme durch die H Bau AG festzuhalten, dass im Rahmen der Managementvereinbarung vom keine Rede davon sei, dass Schulden der H Firmengruppe durch die H Bau AG übernommen werden. Diese Vereinbarung entfalte keine Außenwirkung, da sie im Innenverhältnis erfolgt sei. Es sei auch keine Kenntnisnahme durch die Abgabenbehörde erfolgt. Art. II der angeführten Vereinbarung lege fest, dass nur die bei den laufenden Baustellen anfallenden Personalkosten von der H Bau AG übernommen würden. Von der Übernahme von Abgabenschuldigkeiten sei in dieser Managementvereinbarung keine Rede. Dessen ungeachtet werde festgehalten, dass gemäß den Bestimmungen der §§ 1405 und 1406 des ABGB eine allenfalls getroffene Schuldübernahme der Einwilligung des Gläubigers bedürfe. Eine derartige Zustimmung sei aber seitens der Abgabenbehörde nicht erteilt worden.

Zum vermeintlich nicht schuldhaften Verhalten der Beschwerdeführerin werde festgehalten, dass diese offenbar gesundheitlich beeinträchtigt sein dürfte, aber nach dem Gutachten des Prof. Dr. D vom sehr wohl als geschäftsfähig zu betrachten sei. Daraus folge, dass jedenfalls davon auszugehen sei, dass die Beschwerdeführerin ihre Obliegenheiten als Geschäftsführerin im streitgegenständlichen Zeitraum hätte wahrnehmen müssen. Selbst wenn sie durch ihre Krankheit so behindert worden sei, dass sie die Geschäftsführung nicht mehr hätte ausüben können, hätte sie im Rechtsweg sofort alles ihr rechtlich zu Gebote stehende unternehmen müssen, um diesen Zustand abzustellen, bzw. ihre Geschäftsführerbefugnis zurücklegen müssen. Dadurch, dass sie weiterhin als Geschäftsführerin tätig geblieben sei, habe sie auch ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen Entrichtung der die H GmbH treffenden Abgaben verletzt.

Der Behauptung, dass im Jänner und Februar 1997 tatsächlich die abgabenrechtlichen und kaufmännischen Belange beim ausgeschiedenen Geschäftsführer Dkfm. M verblieben wären, stehe die Aussage des Dkfm. M entgegen. Aus der Einvernahme vor der Wiener Gebietskrankenkasse komme klar hervor, dass Dkfm. M nur bis als Geschäftsführer tätig gewesen sei. Für den nachfolgenden Zeitraum verfüge Dkfm. M zwar offenbar über ein umfangreiches Detailwissen, gebe aber ausdrücklich bekannt, dass jede finanzielle Transaktion letztlich von Ing. Z entschieden worden sei. Selbst wenn man der Aussage von Dkfm. M keinen Glauben schenken wollte, könne dies nichts daran zu ändern, dass die Beschwerdeführerin als alleinige Geschäftsführerin alle Pflichten zu erfüllen gehabt habe, die der GmbH oblegen seien. Damit hätte sie auch dafür zu sorgen gehabt, dass die Abgaben aus den Mitteln der GmbH, die sie zu verwalten gehabt habe, entrichtet würden. Im Hinblick auf diese Rechtslage eigne sich das Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass sie gar nicht für die laufende Verwaltung bzw. Abrechnung der Abgaben zuständig gewesen sei, nicht zum Nachweis, sie sei zu Unrecht zur Haftung herangezogen worden.

Zur vermeintlichen Rechtswidrigkeit infolge Akzessorität sei festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 96/15/0049, im Rahmen eines verstärkten Senates eine Neuorientierung für den Bereich der steuerlichen Haftung vorgenommen habe. Demzufolge könne der haftende Vertreter einer Gesellschaft die durch den Ausgleich der Gesellschaft bewirkte Befreiung von Abgabenschulden nicht für sich in Anspruch nehmen, da dem Haftungsbescheid keine konstitutive Wirkung für das Entstehen des Haftungsanspruches zukomme.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Gemäß § 7 Niederösterreichische Abgabenordnung 1977, LGBl. 3400 (NÖ AO), haften die in den §§ 57 ff. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

§ 57 Abs. 1 NÖ AO bestimmt, dass die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen haben, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und dass sie befugt sind, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass sie aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, die Geschäftsführung auszuüben. Sie habe sich aber anderer geeigneter Personen zur Übernahme der Geschäftsführertätigkeit bedient. Auf Grund des langjährigen Funktionierens und Bedienens der abgabenrechtlichen Verpflichtungen habe die Beschwerdeführerin davon ausgehen können, dass diese Verpflichtungen auch weiterhin eingehalten werden.

Behauptet ein Geschäftsführer, er sei etwa durch Krankheit an der Erfüllung seiner Verpflichtungen gehindert worden, so schließt dies ein Verschulden an der Verletzung seiner Pflichten nicht aus, da der Geschäftsführer - wie auch in anderen Fällen, in denen er nicht in der Lage ist, die Geschäftsführerfunktion ordnungsgemäß auszuüben bzw. die Umstände, welche zu der Behinderung führen, zu beseitigen - dazu verhalten ist, diese Funktion zurückzulegen. Welcher Zeitraum zwischen dem Erkennen der Behinderung bzw. der Ergebnislosigkeit der Bemühungen, diese zu beseitigen und dem Rücktritt haftungsrelevant ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl. dazu Ritz, Bundesabgabenordnung, Rz 17 zu § 9 BAO und die dort zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Die Betrauung Dritter (z. B. Angestellter) mit abgabenrechtlichen Pflichten reicht für sich nicht aus, um eine Behinderung an der Ausübung der Geschäftsführerfunktion zu beseitigen, da der Geschäftsführer das Personal in solchen Abständen zu überwachen hat, die es ausschließen, dass ihm die Verletzung abgaberechtlicher Verpflichtungen, insbesondere die Verletzung abgaberechtlicher Zahlungsverpflichtungen verborgen bleiben (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 97/14/0080).

Unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin seit Jahren an einer Erkrankung leidet. Die Beschwerdeführerin hat jedoch nicht dargelegt, aus welchen entschuldbaren Gründen sie unter diesen Umständen die Geschäftsführerfunktion nicht zurückgelegt hat, zumal "langjähriges ordnungsgemäßes Funktionieren und Bedienen der abgabenrechtlichen Verpflichtungen" auch ohne Mitwirkung der Beschwerdeführerin diese von ihren Kontroll- und Überwachungspflichten als Geschäftsführerin nicht befreit. Dass sie aus gesundheitlichen Gründen am Rücktritt von ihrer Geschäftsführungsfunktion gehindert war, lässt sich weder dem Beschwerdevorbringen noch den von ihr vorgelegten ärztlichen Attesten entnehmen, zumal - wie sich aus letzteren ergibt - der Krankheitsverlauf periodisch auch über mehrere Monate andauernde Phasen relativer Beschwerdefreiheit beinhaltet hat.

Wenn die Beschwerdeführerin rügt, dass sie über die Ausgleichsquote hinaus keine Haftung treffe, da diese akzessorisch sei, ist sie darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 96/15/0049, ausdrücklich von seiner früheren Rechtsmeinung Abstand genommen hat und zu dem Ergebnis gelangt ist, dass eine rechtskräftige Bestätigung eines (Zwangs-)Ausgleichs der Geltendmachung der Haftung auch für die die Ausgleichsquote übersteigenden Abgabenschulden nicht entgegensteht.

Dem Beschwerdevorbringen, dass auf Grund der Aufgabenteilung zwischen der Beschwerdeführerin und Dkfm. M für den Zeitraum bis sie selbst nicht für die Abfuhr von Steuern zuständig gewesen sei, ist entgegenzuhalten, dass die Fälligkeit der haftungsgegenständlichen Kommunalsteuer gemäß § 11 Abs. 2 KommunalsteuerG 1993 (idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 142/2000) am (für Dezember 1996) bzw. am (für Jänner 1997) in einen Zeitraum fällt, in welchem Dkfm. M laut Firmenbuch keine Geschäftsführung mehr innehatte.

Was das Beschwerdevorbringen hinsichtlich einer Geschäftsführung durch die H Bau AG betrifft, ist die Beschwerdeführerin daran zu erinnern, dass im gegenständlichen Zeitraum laut Firmenbuch sie allein als Geschäftsführerin gemäß § 18 GmbHG bestellt wurde. Abgesehen davon ist Punkt IV des in den Verwaltungsakten befindlichen Managementvertrages zu entnehmen, dass dieser unter der aufschiebenden Bedingung der schriftlichen Zustimmung einer namentlich genannten Bank abgeschlossen wurde. Das Vorliegen dieser Zustimmung wurde von der Beschwerdeführerin nicht behauptet. Da von der H Bau AG eine Geschäftsführertätigkeit in Abrede gestellt und auch sonst nicht dokumentiert ist (weitere Beweisanträge sind im Verwaltungsverfahren durch die Beschwerdeführerin nicht gestellt worden), konnte die belangte Behörde unbedenklich davon ausgehen, dass die Beschwerdeführerin weiterhin alleine die Geschäftsführungsfunktion innehatte.

Die Abtretung sämtlicher Buchforderungen an ein Kreditinstitut zur Kreditbesicherung (Mantelzessionsvertrag) stellt dann eine Pflichtverletzung dar, wenn der Vertreter damit rechnen muss, durch die Zession dem Vertretenen seine liquiden Mittel zur Tilgung anderer Schulden als der Bankschulden (insbesondere der Abgabenforderungen) zu entziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 96/15/0107). Die Beschwerdeführerin hat weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde dargetan, dass die Generalzessionsvereinbarung mit der Bank keine Benachteiligung des Abgabengläubigers bewirkt hat noch dass eine solche Benachteiligung zum Zeitpunkt des Abschlusses der Zessionsvereinbarung nicht absehbar gewesen ist.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am