VwGH vom 21.01.1982, 81/16/0021

VwGH vom 21.01.1982, 81/16/0021

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Närr, Mag. Meinl und Dr. Kramer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Ratz, über die Beschwerde des Dkfm. Dr. E I in D, vertreten durch Dr. Ekkehard Pachl, Rechtsanwalt in Dornbirn, Eisengasse 2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom , Zl. 2219-3/1980, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Notariatsakt vom stellten W W und H W ein "Anbot auf Abtretung", dessen wesentliche Bestimmungen wie folgt lauten:

"IV.

... Im Falle der Annahme des Anbotes treten daher die Herren

W W seinen Geschäftsanteil von S 9,900,000,-- (Schilling neun Millionen neunhunderttausend) und H W seinen Geschäftsanteil von S 1,100.000,-- (Schilling eine Million einhunderttausend) an der Firma "B-Gesellschaft m.b.H." an die Firma "T-AG" oder eine von dieser Firma namhaft gemachte Person oder mehrere Personen ab.

V.

Da die Herren W W und H W die gegenständlichen Geschäftsanteile nur treuhänderisch innehaben, wird der Abtretungspreis mit S 1,-- festgesetzt.

Mit weiterem Notariatsakt vom nahm der Beschwerdeführer als namhaft gemachter Übernehmer dieses Anbot vollinhaltlich an.

Daraufhin setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Feldkirch mit vorläufigem Bescheid vom gegenüber dem Beschwerdeführer 8 % Grunderwerbsteuer in Höhe von S 288.000,-- fest und begründete dies damit, mit Abtretungsvertrag vom 24. (richtig wohl: 23.) Mai 1978 seien sämtliche Anteile an der "B-Ges.m.b.H." in der Hand des Treuhänders vereinigt worden. Da zum Vermögen der Gesellschaft auch Grundstücke gehörten und zwar zum Zeitpunkt der Anteilsvereinigung, sei Grunderwerbsteuerpflicht gegeben. Das Finanzamt ging hiebei von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von S 3,600.000,-- als geschätztem Einheitswert der Liegenschaften aus.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er ausführte, der festgestellte Einheitswert betrage für das zum "Abtretungsvertragszeitpunkt" vorhandene Fabriksgrundstück KG. S EZ.1241 3,039.000,--.

Mit Bescheid vom setzte sodann das Finanzamt die Grunderwerbsteuer mit S 243.120,-- endgültig fest, wobei es als Bemessungsgrundlage den vom Beschwerdeführer in seiner Berufung gegen den vorläufigen Bescheid angegebenen Einheitswert des Grundstückes heranzog. Gleichzeitig erklärte das Finanzamt die Berufung gemäß § 274 BAO für gegenstandslos.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer neuerlich Berufung mit der Begründung, daß das Finanzamt zu Unrecht Grunderwerbsteuer beim unentgeltlichen Übergang der Anteile von zwei Treuhändern auf einen Treuhänder vorschreibe.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wies die Finanzlandesdirektion für Vorarlberg diese Berufung ab und setzte die Grunderwerbsteuer mit S 277.040,-- (das sind 8 % von S 3,463.000,--) fest. Zur Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des Berufungsvorbringens aus, sie habe im Verlaufe des Verfahrens festgestellt, daß die B-Ges.m.b.H. gemäß Kaufvertrag vom die Liegenschaft EZ.1240 KG. S mit einem zum festgestellten Einheitswert von S 424.000,-- erworben und die Liegenschaft im Zeitpunkt der Anteilsvereinigung zu ihrem Vermögen gehört habe. Gegen die Richtigkeit dieses Sachverhaltes habe der Beschwerdeführer auf Vorhalt nichts einzuwenden vermocht.

Weiters führte die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides nach Hinweis auf die Vorschrift des § 1 Abs. 3 Z. 1 GrEStG aus, es sei unbestritten, daß die Gesellschafter W und H W, die das ganze Stammkapital der grundstücksbesitzenden Kapitalgesellschaft "B-Ges.m.b.H." treuhänderisch innegehabt hätten, ihre Geschäftsanteile auf den Beschwerdeführer übertragen hätten. Dadurch seien in dessen Hand als Treuhänder alle Anteile vereinigt worden. Mit der rechtsgeschäftlichen Abtretung sei zweifellos der steuerpflichtige Tatbestand des § 3 Abs. 1 Z. 1 (gemeint offenbar: § 1 Abs. 3 Z. 1) GrEStG erfüllt worden. Daran ändere der Umstand nichts, daß als Abtretungsentgelt nur ein Betrag von S 1,-- vereinbart worden sei. Für die Auslösung der Steuerpflicht bleibe es ohne Einfluß, ob das den Anspruch auf Übertragung begründende Rechtsgeschäft sich als entgeltliches oder unentgeltliches darstelle. Die im § 1 Abs. 3 GrEStG angeführten Vorgänge stellten besondere Steuertatbestände dar, durch deren Einführung dem sonst unvermeidlichen und unerwünschten Ergebnis habe vorgebeugt werden sollen, daß bei Grundstücken, die im Eigentum einer Kapitalgesellschaft stünden, auch ein völliger Wechsel aller Mitglieder der Gesellschaft niemals zur Einhebung der Grunderwerbsteuer führen könnte. Mit dem Berufungshinweis, daß der Beschwerdeführer die Anteile als Treuhänder übernommen habe, sei nichts zu gewinnen. Denn der Treuhänder trete nach außen hin kraft eigenen Rechts auf. Der Umstand, daß der Treugeber der wahre Eigentümer der Treuhandsache sei und daß der Treuhänder im Innenververhältnis dem Treugeber verpflichtet sei und dessen Weisungen nach Maßgabe der getroffenen Treuhandvereinbarung zu befolgen habe, falle demgegenüber nicht ins Gewicht, weil die Beziehungen zwischen Treugeber und Treuhänder nur "obligatorischer" Natur seien. Die Zurechnungsvorschriften für Treuhandvermögen (§ 24 Abs. 1 lit. b und c BAO) gingen von der Vorstellung der wirtschaftlichen Verknüpfung der Steuertatbestände aus. Seien den Einzelvorschriften zufolge Rechtsfolgen mit Rechtsgeschäften und Rechtsstellungen verbunden, die erkennbar bloß formal erfüllt sein müßten, um den entsprechenden Tatbestand zu erfüllen, dann reichten die Treuhandstellung und der treuhändige Erwerb aus, um in der Sphäre des Treuhänders die entsprechenden Rechtswirkungen auszulösen. Die Zurechnungsvorschriften seien auf die Grunderwerbsteuer, die auf bestimmte Rechtsvorgänge abstelle, nicht anzuwenden. Bei der Maßgeblichkeit der wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Bereich der Grunderwerbsteuer sei davon auszugehen, daß die steuerpflichtigen Tatbestände in der Hauptsache an die äußere zivil- bzw. formalrechtliche Gestaltung anknüpften und daraus abgabenrechtliche Folgen ableiteten. Bei solchen Tatbeständen sei daher schon aus den Merkmalen heraus zur Beantwortung der Frage, ob der Sachverhalt unter eine Norm subsumiert werden könne, die entsprechende formalrechtliche Beurteilung geboten und nur in diesem tatbestandsmäßigen Rahmen für die wirtschaftliche Betrachtungsweise Raum gegeben. Da es sich herausgestellt habe, daß zum Vermögen der Gesellschaft im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld auch die Liegenschaft EZ. 1240 KG S gehört habe, sei die Bemessungsgrundlage im bekämpften Bescheid um deren Wert auf zusammen S 3,463.000,-- zu erhöhen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach dem Inhalt seiner Ausführungen erachtet sich der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof in dem Recht verletzt, daß der vorliegende Rechtsvorgang der Grunderwerbsteuer nicht unterzogen werde. Er beantragt, den bekämpften Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß dem § 1 Abs. 3 Z. 1 GrEStG unterliegt der Steuer, wenn zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück gehört, außerdem (d.h. neben den in den Abs. 1 und 2 dieser Gesetzesstelle genannten Rechtsvorgängen) unter anderem ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung alle Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers allein vereinigt werden würden. Abgabenpflichtiger Tatbestand nach dieser Gesetzesstelle ist also nicht der Grundstückserwerb als solcher, sondern die Vereinigung der Gesellschaftsanteile in einer Hand. Dadurch soll verhindert werden, daß auch ein völliger Wechsel aller Mitglieder der Gesellschaft niemals zur Einhebung einer Grunderwerbsteuer vom Grundbesitz führen könnte (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 747/F, und vom , Slg. Nr. 4095/F).

Erwerber, in dessen Händen die Anteile vereinigt werden, kann jeder Rechtsträger im Sinn des Grunderwerbsteuergesetzes, also auch ein Treuhänder sein. Erwirbt jemand als Treuhänder Gesellschaftsanteile und vereinigt er dadurch alle Anteile in seinen Händen, so wird der Erwerb des Treuhänders selbst gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 leg. cit. grunderwerbsteuerpflichtig (vgl. Gassner, Anteilsvereinigung im Grunderwerbsteuerrecht 1970, S. 60; Dorazil-Schwärzler, Das Grunderwerbsteuergesetz2 1977, S. 96; Czurda, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz, Lieferung März 1980, Tz. 361 c zu § 1).

Dagegen wendet der Beschwerdeführer ein, der Zweck des Grunderwerbsteuergesetzes sei darauf gerichtet, entgeltliche Erwerbsvorgänge einer Verkehrsteuer zu unterwerfen. Handle der Treuhänder nicht bewußt rechtswidrig, was man bei einer Treuhandschaft zu unterstellen nicht berechtigt sei, so erlange ein Treuhänder niemals und zu keiner Zeit eine effektive Verfügungsmacht über den einer juristischen Person eigentümlichen Grundbesitz. Der Beschwerdeführer sei als Treuhänder nicht Geschäftsführer der Ges.m.b.H. und könne daher über den Grundbesitz ohnedies nie verfügen.

Der Beschwerdeführer verkennt, daß die Vorschriften des Grunderwerbsteuergesetzes nicht auf entgeltliche Erwerbsvorgänge beschränkt sind. Dies erhellt unter anderem auch aus der Vorschrift des § 10 Abs. 2 Z. 1 leg. cit., wonach die Steuer vom Wert des Grundstückes zu berechnen ist, soweit eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist. Darauf, ob dem Treuhänder im Innenverhältnis eine Verfügungsmacht über den der juristischen Person eigentümlichen Grundbesitz zusteht oder nicht, kommt es nicht an, weil die Vorschrift des § 1 Abs. 3 Z. 1 leg. cit. lediglich auf die Vereinigung aller Anteile in einer Hand abstellt und der Treuhänder im Außenverhältnis unbeschränkter Eigentümer (Vollberechtigter) ist. Ebensowenig kommt es darauf an, ob der Treuhänder Geschäftsführer der Ges.m.b.H. ist oder nicht, da er als Alleingesellschafter jederzeit die allenfalls bestellten Geschäftsführer gemäß dem § 16 Abs. 1 Ges.m.b.HG abberufen und sich selbst zum Geschäftsführer bestellen könnte.

Auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Vorschrift des § 21 Abs. 1 BAO (wirtschaftliche Betrachtungsweise) geht fehl. Die Tatbestände des Grunderwerbsteuergesetzes knüpfen in der Hauptsache an die äußere zivil- bzw. formalrechtliche Gestaltung an und gestatten daher nur in diesem durch das Gesetz gegebenen Rahmen eine Beurteilung gemäß dem § 21 Abs. 1 BAO zur Lösung von Tatfragen (vgl. unter anderem das hg. Erkenntnis vom , Zl. 16/1265/78, mit weiteren Nachweisen).

Insoweit der Beschwerdeführer in der weiteren Folge seiner Ausführungen abermals darauf verweist, daß er als Treuhänder weder eine Verfügungsmacht noch einen Anspruch auf eine Erlangung einer Verfügungsmacht über die Grundstücke der erwähnten Gesellschaft habe noch haben könne, kann auf die obigen Darlegungen zu dieser Frage verwiesen werden. Wenn der Beschwerdeführer meint, es sei widersinnig, ihm persönlich Grunderwerbsteuer vorzuschreiben, ist er auf die Vorschrift des § 17 Z. 3 lit. a leg. cit. zu verweisen, wonach Steuerschuldner bei der Vereinigung aller Anteile einer Gesellschaft derjenige ist, in dessen Hand die Anteile vereinigt werden.

Auch mit seinem Hinweis auf die Auslegungsregel des § 6 ABGB wiederholt der Beschwerdeführer lediglich sein bereits oben widerlegtes Vorbringen. Soweit sich der Beschwerdeführer auf die Bestimmung des § 24 Abs. 1 lit. c BAO beruft, wonach Wirtschaftsgüter, die zu treuen Handen für einen Treugeber erworben worden sind, dem Treugeber zugerechnet werden, ist ihm zu erwidern, daß im Hinblick auf den Charakter der Grunderwerbsteuer als Verkehrsteuer, die ausschließlich den sogenannten Grundstücksumsatz erfaßt und an die von den Beteiligten gewählte Rechtsform anknüpft, für eine Anwendung der Zurechnungsvorschriften des § 24 BAO kein Raum bleibt (vgl. Dorazil-Schwärzler a.a.0. S. 42; Czurda a.a.0. Tz. 2 zu § 1).

Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegt daher nicht vor. Worin die vom Beschwerdeführer weiters behauptete Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften liegen soll, ist der Beschwerde nicht zu entnehmen. Auch der Verwaltungsgerichtshof vermag einen den Bescheid allenfalls belastenden, rechtlich relevanten Verfahrensmangel nicht zu erkennen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Der Kostenausspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom , BGBl. Nr. 221, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2.

Soweit in diesem Erkenntnis auf nichtveröffentlichte Erkenntnisse des Verwaltunsgerichtshofes hingewiesen wird, sei an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, erinnert.

Wien, am