VfGH vom 07.12.2002, g85/02

VfGH vom 07.12.2002, g85/02

Sammlungsnummer

16754

Leitsatz

Zulässigkeit eines Drittelantrags von Nationalratsabgeordneten trotz zwischenzeitig erfolgter Auflösung des Nationalrats und Durchführung von Neuwahlen; Einbeziehung der Unfallrenten in die Einkommensteuerpflicht grundsätzlich sachlich gerechtfertigt; Verletzung des Vertrauensschutzes jedoch durch Einführung der Steuerpflicht für diese Bezüge aus der gesetzlichen Unfallversorgung ohne jede einschleifende Übergangsbestimmung; kein bloß geringfügiger Eingriff, kein Vorliegen bloß einzelner Härtefälle aufgrund der Anzahl der Betroffenen; Ausdehnung der Anlaßfallwirkung auf die Einkommensteuerbemessung in den Jahren 2001 und 2002 unter Bedachtnahme auf allfällige Abgeltungen nach dem Bundesbehindertengesetz aufgrund der Intensität des Eingriffs

Spruch

I. In § 3 Abs 1 Z 4 litc des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988), BGBl. Nr. 400, in der Fassung des ArtI Z 1a des Euro-Steuerumstellungsgesetzes - EuroStUG 2001, BGBl. I Nr. 59/2001, werden das Wort "einmalige" sowie die Wortfolge ", soweit nicht Ansprüche auf laufende Zahlungen abgefunden werden," als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

Die aufgehobenen Teile der Gesetzesbestimmung sind für die Bemessung der Einkommensteuer der Jahre 2001 und 2002 nicht mehr anzuwenden, soweit die aus der seit geltenden Besteuerung von Bezügen aus einer gesetzlichen Unfallversicherung oder aus einer gesetzlichen Unfallversorgung entstandene Mehrbelastung nicht nach den Bestimmungen der §§33 ff des Bundesbehindertengesetzes, BGBl. Nr. 83/1990 in der Fassung des Art 1 des Bundesgesetzes, mit dem das Bundesbehindertengesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2001 geändert werden, BGBl. I Nr. 60/2001, abgegolten worden ist.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

II. Im übrigen wird der Antrag abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Bezüge aus einer gesetzlichen Unfallversorgung waren (jedenfalls) seit Inkrafttreten des - 1939 in Österreich eingeführten - deutschen Einkommensteuergesetzes (EStG), dRGBl. 1939 I, S 297, ausdrücklich von der Einkommensteuer ausgenommen (vgl. dessen § 3 Z 8); ebenso nach dem - das deutsche Einkommensteuerrecht in Österreich ablösenden - EStG 1953 (BGBl. Nr. 1/1954; § 3 Abs 1 Z 4), nach dem EStG 1967 (BGBl. Nr. 268/1967; § 3 Abs 1 Z 4) sowie nach dem EStG 1972 (BGBl. Nr. 440/1972; § 3 Z 3).

1.2. Mit dem EStG 1988, BGBl. Nr. 400, wurde dagegen eine allgemeine Einkommensteuerpflicht für "Bezüge aus einer gesetzlichen Kranken- oder Unfallversorgung" eingeführt. Die insoweit angesprochenen Bezüge wurden als "Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit" (§25 Abs 1 Z 1 litc EStG 1988) erfaßt. Allein Zusatzrenten für Schwerversehrte (§205a ASVG) blieben auch künftig einkommensteuerbefreit (§3 Abs 1 Z 4 litc EStG 1988).

In den Materialien zum EStG 1988 (RV 621 BlgNR XVII. GP, 63) wurde diese Maßnahme wie folgt begründet:

"... derartige Transferleistungen [sollen] insoweit steuerpflichtig werden, als sie Einkommensersätze darstellen."

1.3. Mit dem Abgabenänderungsgesetz 1989, BGBl. Nr. 660/1989, wurde bestimmt, daß Bezüge aus einer gesetzlichen Unfallversorgung jedenfalls zu 20 vH bzw. zu jenem (höheren) Prozentsatz, welcher der der Bemessung der Versehrtenrente zugrunde gelegten Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht, von der Einkommensteuer ausgenommen bleiben (§3 Abs 1 Z 4 litc EStG 1988 idF ArtI Z 2 Abgabenänderungsgesetz 1989). Diese Änderung wurde rückwirkend für Veranlagungs- bzw. Abzugszeiträume nach dem in Kraft gesetzt (vgl. ArtII Z 1 Abgabenänderungsgesetz 1989).

In den Materialien zum Abgabenänderungsgesetz 1989 (AB 1162 BlgNR XVII. GP, 3) wurde hiezu folgendes ausgeführt:

"Die volle Besteuerung von Unfallrenten hat in der Praxis gezeigt, daß insbesondere bei Personen mit einem hohen Grad an Behinderung Härtefälle auftreten. Es wird nunmehr vorgesehen, daß von sämtlichen nach der derzeitigen Rechtslage steuerpflichtigen Leistungen 20 % dieser Leistungen steuerfrei sind. ...

Erhält ein zu mehr als 20 % Erwerbsgeminderter selbst Leistungen aus der Unfallversorgung, so sollen diese in jenem prozentmäßigen Ausmaß steuerfrei sein, das dem prozentmäßigen Grad der Behinderung entspricht. Eine allfällige Zusatzrente für Schwerversehrte bleibt immer in vollem Umfang steuerfrei. Beispielsweise wären bei einem 30%igen Ausmaß der Behinderung 30 % der Bezüge steuerfrei, bei einem 60%igen Ausmaß der Behinderung 60 % der Grundrente und die gesamte Zusatzrente und bei einer 100%igen Behinderung die gesamte Grundrente und die gesamte Zusatzrente steuerfrei. ..."

Im Rahmen des Pensionskassengesetzes, BGBl. Nr. 281/1990, wurde - wieder rückwirkend für Veranlagungs- bzw. Abzugszeiträume nach dem - ein Redaktionsversehen in § 3 Abs 1 Z 4 litc EStG 1988 idF des Abgabenänderungsgesetzes 1989 berichtigt.

1.4. Mit Erkenntnis VfSlg. 13.115/1992 wurde die durch das Abgabenänderungsgesetz 1989 in § 3 Abs 1 Z 4 litc EStG 1988 geschaffene Differenzierung als gleichheitswidrig aufgehoben; diesem Erkenntnis waren die folgenden Bedenken zugrunde gelegen (aaO S 750):

"[D]ie ... Motivation des Ausschußberichtes, Härtefälle (insbesondere) bei Personen mit einem hohen Grad an Behinderung zu vermeiden, [berücksichtigt] nur einen, und zwar jenen Gesichtspunkt, der dem Gesetzgeber sogar den größeren rechtspolitischen Spielraum läßt, während eben jene - vielleicht weniger deutlich ins Auge springenden - Fälle vernachlässigt werden, in denen die Versehrtenrente kein Einkommensersatz ist. Steht nämlich gerade bei Renten aufgrund einer niedrigen Minderung der Erwerbsfähigkeit der Ausgleich von Erschwernissen, künftigen Berufsunsicherheiten und des Verschleißes an körperlicher Substanz im Vordergrund, so dürfte die Steuerfreiheit der Bezüge 'im Prozentsatz dieser Behinderung' mit einer Mindestgrenze von 20 % ein untaugliches und daher unsachliches Kriterium für die Abgrenzung steuerpflichtiger Einkommensersätze von steuerfreiem Ausgleich für andere Nachteile sein."

Dieses Bedenken erwies sich im Gesetzesprüfungsverfahren als begründet (aaO, S 751):

"Der in der vorliegenden Regelung unternommene Abgrenzungsversuch innerhalb der Bezüge aus der gesetzlichen oder dieser gleichartigen Unfallversicherung ist jedenfalls untauglich. Da gerade bei Renten aufgrund einer niedrigen Minderung der Erwerbsfähigkeit der Ausgleich von Erschwernissen, künftigen Berufsunsicherheiten und des Verschleißes an körperlicher Substanz im Vordergrund steht, ist die Steuerfreiheit der Bezüge im Ausmaß der Behinderung mit einer Mindestgrenze von 20 ein unsachliches Kriterium für die angestrebte Abgrenzung steuerpflichtiger Einkommensersätze von steuerfreiem Ausgleich für andere Nachteile."

1.5. Mit dem Bundesgesetz, mit dem das EStG 1988 geändert wird, BGBl. Nr. 28/1991, wurde die vor Inkrafttreten des EStG 1988 geltende Rechtslage wiederhergestellt, indem Bezüge aus einer gesetzlichen Unfallversorgung zur Gänze von der Einkommensteuer befreit wurden. Diese Änderung wurde rückwirkend für alle nach dem endenden Veranlagungs- bzw. Abzugszeiträume in Kraft gesetzt (vgl. ArtII des bezeichneten Bundesgesetzes).

In den Materialien (AB 34 BlgNR XVIII. GP) wurde diese Maßnahme wie folgt begründet:

"Im EStG 1972 waren Bezüge aus der gesetzlichen Unfallversorgung steuerfrei. Diese Steuerbefreiung wurde in das EStG 1988 nicht übernommen. Es war geplant, anstelle der bis zum Jahr 1988 gegebenen Steuerfreiheit Anpassungen im Leistungsrecht der gesetzlichen Unfallversorgung vorzunehmen. Zu derartigen Anpassungen ist es aber nicht gekommen. Es soll daher zur Rechtslage, wie sie vor dem Inkrafttreten des EStG 1988 gegolten hat, zurückgekehrt und wieder eine generelle Steuerfreiheit für Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversorgung eingeführt werden."

"Bezüge aus einer gesetzlichen Unfallversorgung" waren somit durch § 3 Abs 1 Z 4 litc EStG 1988 (in jener Fassung, die bis zum gegolten hat) einkommensteuerfrei gestellt worden.

2.1. Mit Art 7 Z 2 Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I Nr. 142/2000 (ausgegeben am ), wurde die litc des § 3 Abs 1 Z 4 EStG 1988 mit Wirkung vom aufgehoben. § 3 Abs 1 Z 4 EStG 1988 erhielt dadurch künftig folgende Fassung:

"2. ABSCHNITT

Steuerbefreiungen

§3. (1) Von der Einkommensteuer sind befreit:

... [Z1-3]

4. a) das Wochengeld und vergleichbare Bezüge aus der gesetzlichen Sozialversicherung sowie dem Grunde und der Höhe nach gleichartige Zuwendungen aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen

b) Erstattungsbeträge aus einer gesetzlichen Sozialversicherung für Kosten der Krankenheilbehandlung und für Maßnahmen der Rehabilitation sowie dem Grunde und der Höhe nach gleichartige Beträge aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen

c) [aufgehoben]

d) Sachleistungen aus der gesetzlichen Sozialversicherung oder aus einer ausländischen gesetzlichen Sozialversicherung, die der inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entspricht

e) Übergangsgelder aus der gesetzlichen Sozialversicherung.

... [Z5 ff]"

2.2. In § 124b EStG 1988 wurde die folgende - hier auszugsweise wiedergegebene - Z 48 eingefügt:

"48. § 3 Abs 1 Z 4, [...], jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 142/2000, sind anzuwenden, wenn


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-
die Einkommensteuer veranlagt wird, erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2001;


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-
die Einkommensteuer (Lohnsteuer) durch Abzug eingehoben oder durch Veranlagung festgesetzt wird, erstmalig für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem enden."

2.3. Bezüge aus einer gesetzlichen Unfallversorgung waren damit künftig als steuerpflichtiges Einkommen zu erfassen.

In den Materialien (EB 311 BlgNR XXI. GP, 166) wurde diese Maßnahme wie folgt begründet:

"Die Steuerbefreiung für Unfallrenten entfällt ab . Die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung für Arbeitnehmer sind Betriebsausgabe beim Arbeitgeber, ohne dass gleichzeitig beim Arbeitnehmer ein Vorteil aus dem Dienstverhältnis vorliegt. Die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversorgung des Unternehmers sind als Betriebsausgabe im Zeitpunkt der Zahlung abzugsfähig. Der Systematik des Steuerrechts folgend stellen daher Leistungen aus der Unfallversorgung einen Einkommensersatz dar, der zu entsprechenden Einkünften führt (Unfallrenten wurden bereits bisher unter die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im § 25 Abs 1 Z 1 litc bis e subsumiert). Wie schon bisher Invaliditätsrenten sind daher ab auch Unfallrenten lohnsteuerpflichtig."

2.4. In der Absicht, die durch die künftige Einkommensteuerpflicht gegebene Belastung "sozial abzufedern" (s. im einzelnen EB 311 BlgNR XXI. GP, 239), wurde mit dem Budgetbegleitgesetz 2001 die Zusatzrente für Schwerversehrte (dh. Versicherte, deren Versehrtenrente mindestens 50 vH der Bemessungsgrundlage beträgt; § 205 Abs 4 ASVG) erhöht: Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 70 vH gebührt - seit dem (s. § 589 Abs 1 ASVG) - eine Zusatzrente in Höhe von 50 vH der Versehrtenrente, ist die Erwerbsfähigkeit um 50-70 vH gemindert, so beträgt die Zusatzrente 20 vH der Versehrtenrente (§205a Abs 1 ASVG idF Art 66 Z 16 Budgetbegleitgesetz 2001).

Bis zum hatte die Zusatzrente für Schwerversehrte einheitlich 20 vH der Versehrtenrente betragen.

3.1. Mit ArtI Z 1a Euro-Steuerumstellungsgesetz - EuroStUG 2001, BGBl. I Nr. 59/2001 (ausgegeben am ), wurde in den § 3 Abs 1 Z 4 EStG 1988 von neuem eine litc eingefügt (die vom vorliegenden Aufhebungsantrag umfaßten Ausdrücke sind hervorgehoben). Folgende Bezüge aus einer gesetzlichen Unfallversorgung unterliegen demnach auch künftig nicht der Einkommensteuer:

"c) Erstattungsbeträge für Kosten im Zusammenhang mit der Unfallheilbehandlung oder mit Rehabilitationsmaßnahmen, weiters einmalige Geldleistungen, soweit nicht Ansprüche auf laufende Zahlungen abgefunden werden, aus einer gesetzlichen Unfallversorgung sowie dem Grunde und der Höhe nach gleichartige Beträge aus einer ausländischen gesetzlichen Unfallversorgung, die einer inländischen gesetzlichen Unfallversorgung entspricht, oder aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbstständig Erwerbstätigen".

Auch die Übergangsbestimmung des § 124b Z 48 EStG 1988 in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2001 wurde geändert. Der darin enthaltene Ausdruck "§3 Abs 1 Z 4," wurde ersetzt durch:

"§3 Abs 1 Z 4 litc in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 59/2001 sowie".

Beide Änderungen gehen auf einen in der zweiten Lesung des Nationalrates von den Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll und Kollegen eingebrachten Abänderungsantrag zurück (s. StenProt NR XXI. GP, 71. Sitzung, S 198 ff).

3.2. Gleichzeitig wurde mit Art 1 Z 15 des Bundesgesetzes, mit dem das Bundesbehindertengesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz und das Bundesfinanzgesetz 2001 geändert werden, BGBl. I Nr. 60/2001 (ausgegeben am ), in das Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990, folgender - neuer - Abschnitt IVa eingefügt (die vom in eventu gestellten Aufhebungsantrag betroffenen Teile sind hervorgehoben):

"ABSCHNITT IVa

ZUWENDUNGEN ZUR UNTERSTÜTZUNG FÜR BEZIEHER VON RENTEN

AUS DER UNFALLVERSICHERUNG

§33. (1) Zuwendungen aus dem Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung können nach Maßgabe der für diesen Zweck verfügbaren Mittel außerdem jenen Personen gewährt werden, denen auf Grund der seit geltenden Besteuerung ihrer Bezüge aus der gesetzlichen Unfallversicherung oder aus einer gesetzlichen Unfallversorgung Mehrbelastungen entstehen.

(2) Die Mehrbelastung wird bis zu dem sich aus Abs 3 ergebenden Betrag abgegolten, wenn das zu versteuernde Einkommen (§33 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400) eines Beziehers einer Dauerleistung aus der gesetzlichen Unfallversicherung oder aus einer gesetzlichen Unfallversorgung den Betrag von 230 000 S 16 714,75 Euro) jährlich nicht übersteigt.

(3) Die Mehrbelastung ist der Unterschiedsbetrag zwischen jener Einkommensteuer, die bei Einbeziehung der Dauerleistung in das steuerpflichtige Einkommen anfällt, und jener Einkommensteuer, die sich ergibt, wenn die Dauerleistung nicht in das steuerpflichtige Einkommen einbezogen wird.

(4) Übersteigt das zu versteuernde Einkommen den Betrag von 230 000 S 16 714,75 Euro) jährlich, wird die Mehrbelastung teilweise abgegolten, sofern der übersteigende Betrag nicht höher ist als der Unterschiedsbetrag im Sinne des Abs 3. Bei einer teilweisen Abgeltung ist der Unterschiedsbetrag im Sinne des Abs 3 um den übersteigenden Betrag zu kürzen.

(5) Über die Abgeltung nach Abs 4 hinaus kann die Mehrbelastung nach Maßgabe der Richtlinien gemäß § 34 Abs 2 teilweise abgegolten werden.

§34. (1) Ansuchen auf Gewährung einer Zuwendung können innerhalb von drei Jahren nach Ablauf des Jahres, für das die Abgeltung der Mehrbelastung begehrt wird, bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen eingebracht werden, in dessen Sprengel der Ansuchende seinen ständigen Aufenthalt hat.

(2) Die Entscheidung über die Gewährung von Zuwendungen nach diesem Abschnitt hat nach den vom Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen als Verwalter des Fonds erlassenen Richtlinien zu erfolgen. Die Richtlinien haben für Fälle einer teilweisen Abgeltung nach § 33 Abs 5 vorzusehen, dass eine solche insoweit erfolgt, als durch die Mehrbelastung eine unvermeidliche besondere Härte durch Entfall eines den Umständen nach erheblichen Einkommensteils oder eine Gefährdung des angemessenen Unterhalts bewirkt wird. Dabei ist auf

a) die seit dem Eintritt des Versicherungsfalles und dem Inkrafttreten der Steuerpflicht vergangene Zeit,

b) das Gesamteinkommen,

c) die Familienverhältnisse und Unterhaltspflichten,

d) den Anteil der Unfallrente am Gesamteinkommen und den durch die Steuerpflicht eingetretenen Einkommensentfall im Verhältnis zu dem zur Verfügung stehenden Gesamteinkommen,

e) sonstige im Vertrauen auf die bisherige Rechtslage eingegangene Zahlungsverpflichtungen im Zusammenhang mit Wohnraumbeschaffung oder Wohnraumadaptierung im notwendigen Ausmaß sowie mit der Aufrechterhaltung der eigenen Mobilität und

f) eine allfällige Erhöhung der Zusatzrente gemäß § 205a Abs 1 Z 2 ASVG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 142/2000 bzw. gleichartiger Bestimmungen Bedacht zu nehmen.

Die Höhe von teilweisen Abgeltungen nach § 33 Abs 5 kann auch in entsprechenden Pauschalbeträgen festgesetzt werden. Die Richtlinien haben weiters Bestimmungen über das Verfahren und die Vorschüsse zu enthalten.

(3) § 24 ist auf Zuwendungen nach diesem Abschnitt nicht anzuwenden; §§25 und 26 sind sinngemäß anzuwenden. Die Auszahlung der Zuwendung erfolgt einmal pro Kalenderjahr; Vorschüsse können gewährt werden.

(4) Die Abgabenbehörden haben dem Fonds jene Daten, die eine wesentliche Voraussetzung zur Wahrnehmung der ihnen durch dieses Bundesgesetz übertragenen Aufgaben darstellen, elektronisch zu übermitteln. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen den Inhalt und das Verfahren der elektronischen Übermittlung durch Verordnung festzulegen. In dieser Verordnung kann auch ein Verfahren festgelegt werden, das die Gewährung einer Zuwendung nach § 33 Abs 1 bis 4 und die auf Grund einer Veranlagung zur Einkommensteuer anfallende Abgabenschuld zeitlich abstimmt.

§35. (1) Aus Mitteln der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt sind dem Fonds für Zwecke der Abgeltung von Aufwendungen nach diesem Abschnitt 100 Millionen Schilling jährlich zu überweisen. Die erste Zahlung hat zum zu erfolgen; die weiteren Zahlungen jeweils bis Ende Jänner der darauf folgenden Jahre.

(2) Der Aufwand, der dem Fonds für die Abgeltung der Mehrbelastungen nach diesem Abschnitt erwächst, ist vom Bund insoweit zu ersetzen, als er den jährlichen Beitrag der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt nach diesem Abschnitt übersteigt, wobei bedarfsgerechte Vorschüsse zu leisten sind.

(3) Der Fonds ist verpflichtet, die Mittel gemäß Abs 1 von den übrigen Fondsmitteln zu trennen und in einem gesonderten Verrechnungskreis darzustellen. Die Abrechnung hat mit dem Rechnungsabschluss zu erfolgen."

3.3. Die in § 34 Abs 3 Bundesbehindertengesetz in Bezug genommenen - durch die erwähnte Novelle unverändert gebliebenen - §§25 und 26 dieses Gesetzes lauten wie folgt:

"§25. (1) Auf die Gewährung von Zuwendungen besteht kein Rechtsanspruch.

(2) Zuwendungen dürfen nur auf Grund eines Vertrages gewährt werden und sind stets an den Nachweis der widmungsgemäßen Verwendung zu binden. Die Verwendung ist vom Fonds zu überprüfen. Hiebei hat sich der Fonds auszubedingen, daß die erforderlichen Auskünfte erteilt und die notwendigen Unterlagen vorgelegt werden.

§26. (1) Der Fonds hat sich vor Gewährung von Zuwendungen auszubedingen, daß die Leistung zurückzuzahlen ist oder deren Auszahlung zu unterbleiben hat, wenn

1. er vom Empfänger der Zuwendung über wesentliche Umstände unvollständig oder falsch unterrichtet wird;

2. das geförderte Vorhaben nicht oder durch Verschulden des Empfängers nicht rechtzeitig durchgeführt wird;

3. die Zuwendung widmungswidrig verwendet oder Bedingungen aus Verschulden des Empfängers nicht eingehalten werden;

4. vom Empfänger der Zuwendung die Überprüfung der widmungsgemäßen Verwendung vereitelt wird.

(2) Bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände, insbesondere im Bereich der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Empfängers, kann auf die Rückzahlung verzichtet, die Forderung gestundet oder die Abstattung in Raten bewilligt werden. Alle noch aushaftenden Teilbeträge werden aber sofort fällig, wenn der Ersatzpflichtige mit mindestens zwei Raten im Verzug ist."

3.4. Das Inkrafttreten des Abschnitts IVa des Bundesbehindertengesetzes ist in dessen § 55 Abs 1 (idF des Art 1 Z 24 des erwähnten Bundesgesetzes) wie folgt geregelt:

"§55. (1) Abschnitt IVa dieses Bundesgesetzes gilt für Personen, die einen Rentenanspruch aus der gesetzlichen Unfallversicherung oder einer gesetzlichen Unfallversorgung aus einem spätestens am eingetretenen Versicherungsfall haben.

(2) ..."

Die soeben wiedergegebenen Bestimmungen (idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 60/2001) wurden mit Wirkung vom in Kraft gesetzt (§54 Abs 6 Bundesbehindertengesetz; diese Bestimmung ist hinsichtlich der darin enthaltenen Ausdrücke "Abschnitt IVa," und ", § 55" ebenfalls vom Aufhebungsantrag umfaßt).

3.5. Im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (650 BlgNR XXI. GP) wird zu Abschnitt IVa des Bundesbehindertengesetzes begründend folgendes ausgeführt:

"Der in das Bundesbehindertengesetz neu eingefügte Abschnitt IVa in der Fassung dieses Abänderungsantrages soll im Ergebnis eine zeitlich und nach dem Einkommen abgestufte Übergangsregelung für die mit wieder eingeführte Steuerpflicht für Unfallrenten auf Grund von Unfällen bis schaffen. Demnach wird die durch die Steuerpflicht entstandene Mehrbelastung bei einem zu versteuernden Einkommen bis 230 000 S pro Jahr refundiert. Personen mit Einkommen über diese Grenze werden durch § 33 Abs 4 zunächst so gestellt, dass ihr Einkommen durch die Steuerpflicht jedenfalls nicht unter diese Grenze sinken kann (‚einschleifende Sockelung’). Darüber hinaus allenfalls im Einzelfall entstehende besondere Härten werden gemäß § 33 Abs 5 nach Maßgabe der zu erlassenden Richtlinien abgefedert. Insgesamt werden durch diese Regelung über die in der verfassungsrechtlichen Diskussion aufgeworfenen Fragen hinaus insbesondere Unfallrentenbezieher mit niedrigen Einkommen sehr wirksam entlastet und diese Regelung daher im Bundesbehindertengesetz getroffen.

In der Diskussion wurde in letzter Zeit auch die Frage aufgeworfen, ob denn nicht auch Versorgungsleistungen etwa nach dem Heeresversorgungsgesetz der Einkommensteuer zu unterwerfen wären. Dazu ist festzuhalten, dass das Versicherungssystem der gesetzlichen Unfallversicherung bei einkommensbezogenen - und als Betriebsausgaben steuerlich absetzbaren - Beitragsleistungen der Betriebe gegen Risiken schützen soll, die alle Erwerbstätigen Österreicher in einer Durchschnittsbetrachtung im Wesentlichen gleichermaßen über lange Zeiträume und letztlich im eigenen Interesse - ein Erwerbseinkommen zu erzielen oder sich für das Erwerbsleben auszubilden - treffen; Beiträge und Leistungen der Unfallversicherung knüpfen unmittelbar an das Erwerbseinkommen an. Demgegenüber dient ein Versorgungssystem wie die Heeresversorgung dazu, das besondere Risiko, das eine sehr kleine Gruppe der Bevölkerung für jeweils vergleichsweise sehr kurze Zeit im Interesse der Allgemeinheit auf Grund öffentlich-rechtlicher Dienstpflicht auf sich nehmen muss, ohne Beitragsleistung nach dem Alimentationsprinzip auszugleichen. Diese beiden Systeme erscheinen daher an sich unvergleichbar und daran ändern auch Ähnlichkeiten bei der Definition ersatzfähiger Beschädigungen oder der Berechnung darauf aufbauender Geldleistungen dem Grunde nach nichts, sodass eine auf die grundlegenden Unterschiede Bedacht nehmende Differenzierung im Steuersystem jedenfalls zulässig erscheint."

Im übrigen heißt es in diesem Bericht, daß die Bestimmungen des Abschnitts IVa Bundesbehindertengesetz zwar keine einklagbaren Rechtsansprüche vermittelten, den Regelungen komme aber "Selbstbindungscharakter" zu.

Da soziale Härten hinsichtlich der Einkommensteuerpflicht für Versehrtenrenten nicht durch die Einkommensteuerpflicht an sich, sondern durch die - bei Zusammentreffen mit anderen Einkünften gegebene - Progression entstünden, werde bei der vorgesehenen Entlastung an das steuerprogressionswirksame Einkommen angeknüpft. Es werde auch die Möglichkeit eröffnet, über die in § 33 Abs 2 Bundesbehindertengesetz normierte Einkommensgrenze hinaus die Mehrbelastung auf Grund gesetzlich näher bestimmter Richtlinien teilweise abzugelten. Diese Richtlinien hätten insbesondere die Einkommens- und Familienverhältnisse zu berücksichtigen; bei höheren Einkommen sei allerdings ein "strengerer Maßstab" anzulegen und das gesamte Einkommen zu Vergleichszwecken heranzuziehen.

Zu § 55 Abs 1 Bundesbehindertengesetz wird begründend folgendes ausgeführt:

"Die Änderung des § 55 Abs 1 zielt auf eine klare Umschreibung des Stichtages ab, der nunmehr als relevantes Datum den Eintritt des Versicherungsfalles (Unfalles) bis spätestens bestimmt, um jede Unwägbarkeit etwa durch eine Verzögerung im Rentenzuerkennungsverfahren auszuschließen. Darüber hinaus wird dadurch sichergestellt, dass alle Personen, die auf die Steuerpflicht vielleicht deshalb nicht reagieren konnten, weil der Versicherungsfall bereits eingetreten war, wirksam entlastet werden."

3.6. Die damit im Ergebnis ab geschaffene Rechtslage sieht somit unter Berücksichtigung der zum Teil rückwirkend vorgenommenen nachträglichen Änderungen der Rechtslage vor, daß Versehrtenrenten ab erstmals, und zwar in vollem Umfang, der Besteuerung unterliegen, daß die Zusatzrente für Schwerversehrte teilweise, nämlich für Schwerversehrte mit einer MdE von mindestens 70 vH, von 20 vH auf 50 vH (der Versehrtenrente) erhöht wurde und daß Rentenbeziehern, deren Versehrtenrenten bis einschließlich angefallen sind und deren steuerpflichtiges Jahreseinkommen S 230.000,-- (€ 16.714,75) nicht überschreitet, in jedem Jahr im nachhinein die auf die Versehrtenrente entfallende Mehrbelastung an Einkommensteuer auf Antrag von den Bundessozialämtern im Weg einer Beihilfe aus dem Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung abgegolten werden kann. Übersteigt das Einkommen den Grenzbetrag, so gilt bis zu dem um die Höhe der durch die Versehrtenrente verursachten steuerlichen Mehrbelastung erhöhten Grenzbetrag eine Einschleifregelung. Ein Rechtsanspruch auf Abgeltung der entstandenen Mehrbelastung dürfte nicht bestehen (§34 Abs 3 iVm § 25 Abs 1 Bundesbehindertengesetz).

II. 1. Mit einem beim Verfassungsgerichtshof am eingelangten Schriftsatz begehren 64 Abgeordnete zum Nationalrat - gestützt auf Art 140 Abs 1 zweiter Satz B-VG -, der Verfassungsgerichtshof möge in § 3 Abs 1 Z 4 litc EStG 1988 idF des Euro-Steuerumstellungsgesetzes, BGBl. I Nr. 59/2001, die Ausdrücke "einmalige" sowie ", soweit nicht Ansprüche auf laufende Zahlungen abgefunden werden," sowie in § 124b Z 48 EStG 1988 idF des Euro-Steuerumstellungsgesetzes den Ausdruck "§3 Abs 1 Z 4 litc in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 59/2001 sowie", in eventu die entsprechenden Novellierungsanordnungen des Euro-Steuerumstellungsgesetzes, als verfassungswidrig aufheben.

Darüber hinaus begehren die Antragsteller (mit einem Eventualantrag), der Verfassungsgerichtshof möge näher bezeichnete - vorhin hervorgehobene - Teile des Bundesbehindertengesetzes idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 60/2001 als verfassungswidrig aufheben.

1.1. Zum (Haupt-)Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge Teile des § 3 Abs 1 Z 4 litc EStG 1988 sowie des § 124b Z 48 EStG 1988, beide idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 59/2001, als verfassungswidrig aufheben, wird von den Antragstellern - aus dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes (Art7 Abs 1 B-VG iVm Art 2 StGG) wie auch des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG, Art 1 1. ZP-EMRK) - auf das Wesentliche zusammengefaßt folgendes ausgeführt:

1.1.1. Es sei unsachlich, Versehrtenrenten in vollem Ausmaß als steuerpflichtige Bezüge zu erfassen, weil sie nicht bzw. nicht bloß die Funktion eines Einkommensersatzes hätten, sondern auch sonstige negative Folgen eines Unfalls auszugleichen bestimmt seien.

1.1.2. Darüber hinaus sei die Versehrtenrente als "Nettorente" bemessen worden, die unmittelbar einen Ersatz jenes Nettoeinkommens bilden soll, das wegen des Unfalls bzw. der daraus resultierenden Minderung der Erwerbsfähigkeit verloren gegangen ist. Dieses gesetzgeberische Konzept schließe es aus, die Versehrtenrente selbst mit Einkommensteuer zu belasten. Durch die kritisierte Einkommensteuerpflicht würden Versehrtenrenten überdies gegenüber gleichartigen zivilrechtlichen Schadenersatzleistungen, die - nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte - auch die auf sie entfallende Einkommensteuer umfassen, sodaß dem Geschädigten der volle Nettobetrag verbleibt, schlechter gestellt.

1.1.3. Die Einkommensteuerpflicht für Versehrtenrenten sei auch deshalb verfassungswidrig, weil in unsachlicher Weise zwischen steuerpflichtigen und auch künftig steuerbefreiten Renten differenziert werde: Die nunmehr gegebene Differenzierung zwischen - steuerpflichtigen - Versehrtenrenten nach dem ASVG und insbesondere Beschädigtenrenten nach dem Heeresversorgungsgesetz (die auch künftig von der Einkommensteuer ausgenommen blieben) sei sachlich nicht gerechtfertigt.

1.1.4. Der Gesetzgeber habe schließlich bei Einführung der Einkommensteuerpflicht für Versehrtenrenten dem - aus dem Gleichheitssatz erfließenden - Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht Rechnung getragen. An diesem Kritikpunkt könne auch nichts ändern, daß die Zusatzrente für Schwerversehrte erhöht worden sei und die sich ergebende Nettokürzung der Versehrtenrente in manchen Fällen - den Vorschriften des Bundesbehindertengesetzes gemäß - abgegolten werden könne.

1.2. Zum (hilfsweise gestellten) Antrag, näher bezeichnete Teile des mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 60/2001 eingefügten Abschnitts IVa des Bundesbehindertengesetzes als verfassungswidrig aufzuheben, wird begründend im wesentlichen folgendes ausgeführt:

1.2.1. Es sei unsachlich, die Höhe des erstattbaren Betrags nicht von der Höhe der steuerpflichtigen Versehrtenrente, sondern vom Gesamteinkommen abhängig zu machen.

1.2.2. Als gleichheitswidrig sei es auch anzusehen, bloß jenen Beziehern von Versehrtenrenten die anteilige Einkommensteuer (zur Gänze) zu erstatten, deren jährliches (Gesamt-)Einkommen € 16.714,75 nicht übersteigt. Diese Einkommensgrenze sei mit dem Motiv des im Bundesbehindertengesetz vorgesehenen "Härteausgleichs", dem Aspekt des Vertrauensschutzes Rechnung zu tragen, nicht vereinbar.

1.2.3. Bedenken bestünden schließlich auch gegen § 55 Abs 1 Bundesbehindertengesetz: Es sei unsachlich, eine Abgeltung der Einkommensteuer auf Versehrtenrenten vom Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls des Arbeitsunfalls abhängig zu machen.

2. Die Bundesregierung hat eine Äußerung zum Gegenstand erstattet, worin die Verfassungsmäßigkeit der zur Aufhebung beantragten Normen verteidigt wird.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Zulässigkeit:

1.1. Die einschreitenden 64 Abgeordneten zum Nationalrat verkörpern mehr als ein Drittel der Mitglieder des Nationalrates (vgl. § 1 Abs 1 Nationalrats-Wahlordnung 1992 - NRWO), sodaß dem in Art 140 Abs 1 zweiter Satz B-VG normierten Erfordernis entsprochen ist.

Wie sich aus dem Erkenntnis VfSlg. 8644/1979 (S 109 ff) ergibt, wurde der Antrag auch nicht dadurch unzulässig, daß der Nationalrat nach Einbringung des vorliegenden Antrags seine Auflösung beschlossen hat (BGBl. I Nr. 154/2002) und mittlerweile - am - Wahlen zum Nationalrat stattgefunden haben.

1.2. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren (vgl. zB VfSlg. 8155/1977, 8461/1978, 12.464/1990) schon wiederholt dargelegt hat, notwendig so zu ziehen, daß einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und daß andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfaßt werden. Dieser Grundposition folgend hat der Gerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, daß im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrags nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. zB VfSlg. 8155/1977, 12.235/1989, 13.915/1994, 14.131/1995, 14.498/1996, 14.890/1997).

Der Antrag entspricht diesem Formerfordernis: Angesichts der vom Gesetzgeber gewählten Regelungstechnik ist die (teilweise) Bekämpfung der Ausnahmebestimmung des § 3 Abs 1 Z 4 lit. c EStG 1988 in der im Spruch genannten Fassung erforderlich, um den - bei Zutreffen der vorgetragenen Bedenken - verfassungswidrigen Rechtszustand zu beseitigen.

Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, erweist sich der Antrag auf Aufhebung der im Spruch bezeichneten Teile des § 3 Abs 1 Z 4 litc EStG 1988 als zulässig.

2. In der Sache:

2.1. Vorausgeschickt sei, daß der Verfassungsgerichtshof in auf Grund eines entsprechenden Antrags eingeleiteten Normenprüfungsverfahren ausschließlich die im Antrag vorgebrachten Bedenken aufgreifen darf (zB VfSlg. 14.802/1997 [S 404 mwN]).

2.2. Dem Gesetzgeber kommt in der Frage, ob bzw. in welchem Ausmaß Bezüge aus einer gesetzlichen Unfallversorgung - unter Bedachtnahme auf ihre vielfältigen (auch sozialpolitischen) Funktionen - von der Einkommensteuerpflicht ausgenommen werden, grundsätzlich ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu.

2.2.1. Die Annahme der Antragsteller, die Festlegung der Höhe der Vollrente mit bloß 66 2/3 vH der Bemessungsgrundlage (s. dazu §§178 ff ASVG) sei als gesetzliche "Vorwegbesteuerung" der Versehrtenrente im Ausmaß von 33 1/3 vH ihres (angenommenen) "Bruttobetrags" zu werten, ist nicht zutreffend.

a) Bereits das Gesetz vom 28. Dezember 1887, betreffend die Unfallversicherung der Arbeiter, RGBl. Nr. 1/1888, hatte in seinem § 6 Abs 8 lita bestimmt:

"Die Rente beträgt:

a) im Falle gänzlicher Erwerbsunfähigkeit und für die Dauer derselben 60 Procent des Jahresarbeitsverdienstes;

b) ..."

Mit ArtII des Gesetzes vom , betreffend die Abänderung einiger Bestimmungen über die Unfallversicherung der Arbeiter, RGBl. Nr. 363/1917, wurde rückwirkend zum (vgl. ArtVII) ua. § 6 Abs 8 wie folgt neu gefaßt:

"Die Rente beträgt:

a) im Falle gänzlicher Erwerbsunfähigkeit und für deren Dauer zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes;

b) ..."

Diese Bestimmung sollte auf Entschädigungsansprüche Anwendung finden, wenn der zu entschädigende Unfall sich nach dem ereignet hatte (vgl. ArtVII Abs 2).

b) Das seit dem geltende Ausmaß der Vollrente von 66 2/3 vH der Bemessungsgrundlage dürfte sein Vorbild im deutschen Unfallversicherungsgesetz vom 6. Juli 1884, dRGBl. 1884,

S 69, haben, das bereits von Anfang an eine solche Regelung enthalten hatte (vgl. § 5 Abs 6). Den Motiven zum Entwurf für das Unfallversicherungsgesetz 1884 (Stenographische Berichte über die Verhandlungen des deutschen Reichstages Bd 3 [1881] 232) ist hiezu folgendes zu entnehmen (Hervorhebung im Original):

"... Dagegen kann es nicht als Erfordernis einer

befriedigenden Regelung hingestellt werden, daß durch die

Versicherung der v o l l e Ersatz aller durch den Unfall

herbeigeführten Vermögensnachtheile gedeckt werde. Der Anspruch auf

volle, durch unbeschränktes richterliches Urtheil festzustellende

Entschädigung, welche neben dem Ersatze der durch die Heilung des

Verletzten ... entstehenden Kosten die volle Höhe des bisherigen

Arbeitsverdienstes des Verunglückten erreichen kann, wird selbst bei den jetzigen Voraussetzungen des Entschädigungsanspruchs nicht als der Gerechtigkeit und Billigkeit entsprechend angesehen werden können. Wie es als selbstverständlich gilt, daß den im öffentlichen Dienste stehenden Personen, welche dienstuntüchtig werden, selbst wenn dies in Folge der mit den Dienstverrichtungen verbundenen Gefahren geschieht, als Pension nicht der volle bisherige Gehalt, sondern nur ein Theil desselben gewährt wird, so kann es auch nicht als eine Forderung der Gerechtigkeit gelten, daß dem im Privatdienste stehenden Arbeiter, welcher in Folge der mit seinem Berufe verbundenen Gefahren die Erwerbsfähigkeit einbüßt, eine dem vollen bisherigen Verdienste gleichkommende Rente zu Theil werde. Der Billigkeit und dem Bedürfnisse wird vielmehr genügt werden, wenn ihm der ausreichende Unterhalt nach dem Maße seiner bisherigen wirthschaftlichen Lage gesichert wird: wobei namentlich auch zu beachten ist, daß aus dem arbeitslosen Einkommen, welches ihm in der Entschädigung zu Theil wird, diejenigen besonderen Ausgaben, welche er bis dahin zur Erhaltung und Nutzbarmachung seiner Arbeitskraft aus seinem Arbeitsverdienste zu bestreiten hatte, als Arbeitskleidung, Arbeitsgeräth u. dergl. nicht mehr zu bestreiten sind. ...

Die hiernach gerechtfertigte Beschränkung der Entschädigung auf einen gesetzlich zu bestimmenden Theil des Jahreseinkommens bildet aber auch eine nothwendige Voraussetzung der Durchführbarkeit der beabsichtigten Maßregel. Die Einräumung eines uneingeschränkten Entschädigungsanspruchs für alle durch Unfälle herbeigeführten Vermögensnachtheile würde so erhebliche Aufwendungen erfordern, daß durch deren Ueberlast eine Schädigung der Industrie und damit der gesammten Volkswirthschaft und des Erwerbes der Arbeiter selbst zu befürchten wäre. Wenn die beabsichtigte Maßregel auch im Interesse der Verbesserung der Lage der Arbeiter wünschenswerth ist, so darf doch nicht unberücksichtigt bleiben, daß dasjenige, was den Arbeitern dadurch gewährt werden soll, erheblich über alles hinausgehen wird, was sowohl in Deutschland wie in anderen Ländern bisher zu Recht besteht."

c) Dieser historische Befund bestätigt somit nicht, daß jene Rentenbemessung, wie sie auch heute noch in Geltung steht, mit der bis - abgesehen von den Veranlagungs- bzw. Abzugszeiträumen 1989 bis 1990 ununterbrochen - bestehenden Ausnahme der Versehrtenrente von der Einkommensbesteuerung in einem Zusammenhang stünde. Es handelt sich bei § 205 Abs 2 Z 1 ASVG vielmehr - wie die Bundesregierung in ihrer Äußerung zu Recht ins Treffen führt - um eine Bemessungsvorschrift, die etwa jener des § 261 Abs 6 ASVG vergleichbar ist, wonach der Steigerungsbetrag (und damit die Pensionsleistung) in der Pensionsversicherung 80 vH der höchsten Bemessungsgrundlage nicht übersteigen darf. Der Gesetzgeber bedient sich bei der Bemessung von Rentenansprüchen aus versicherungspflichtigen Arbeitsverdiensten üblicherweise bestimmter, von Rechtsgebiet zu Rechtsgebiet meist unterschiedlicher Techniken, denen unterschiedliche rechtspolitische Anliegen bzw. Auffassungen über die anzustrebende Relation zwischen Versicherungsleistung und Bemessungsgrundlage zugrunde liegen. Auch sonstige Anhaltspunkte dafür, daß die Bestimmung des § 205 Abs 2 ASVG als Normierung eines "pauschalierten (Einkommensteuer-)Abzugs" zu deuten wäre, konnte der Verfassungsgerichtshof nicht finden.

2.2.2. Der Verfassungsgerichtshof vermag auch dem Vorbringen nicht beizutreten, es sei aus dem Blickwinkel der schadenersatzrechtlichen Funktion der Versehrtenrente sachlich geboten, sie von der Einkommensteuer auszunehmen:

a) Wie sich aus § 32 Z 1 lita EStG 1988 ergibt, zählen ua. "Entschädigungen, die gewährt werden ... als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen einschließlich eines Krankengeldes und vergleichbarer Leistungen", zu den steuerpflichtigen Einkünften iS des § 2 Abs 3 EStG 1988. Nach § 29 Z 1 EStG 1988 sind bestimmte "wiederkehrende Bezüge" sowie Renten (zur Qualifikation wiederkehrender Bezüge als eigene - außerbetriebliche [vgl. VwSlg. 6845 F/1993] - Einkunftsart vgl. das Erkenntnis des /0155) als "sonstige Einkünfte" iS des § 2 Abs 3 Z 7 EStG 1988 zu erfassen, sofern nicht eine der in § 29 Z 1 EStG 1988 angeführten Ausnahmen vorliegt. § 29 Z 1 EStG 1988 bildet einen Sondertatbestand, der nicht an das Vorhandensein einer Einkunftsquelle, sondern im wesentlichen bloß an den wiederkehrenden Zufluß von Bezügen anknüpft (/0167). Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Judikatur annimmt, zählen auch Rentenzahlungen iS des § 1327 ABGB zu den nach § 29 Z 1 EStG 1988 steuerpflichtigen wiederkehrenden Bezügen (Schadenersatzrenten - zB /0171, und dazu etwa Stoll, Rentenbesteuerung4 [1997] Rz 1060 ff, sowie Doralt/Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts I7 [2000] 254; s. in diesem Zusammenhang auch jene ständige Judikatur des Obersten Gerichtshofes, wonach dem Geschädigten künftig erwachsende, im Zuge des Schadenersatzprozesses nicht vorhersehbare steuerliche Nachteile einen zusätzlichen Schaden darstellen, dessen Ersatz im nachhinein geltend gemacht werden kann, zB Z 2 Ob 68/95 mwN).

b) Auch unter der Annahme, die Versehrtenrente sei dazu bestimmt, jenen Verdienstentgang auszugleichen, der sich auf Grund eines (aus Fremdverschulden) erlittenen Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit ergibt, entspricht es somit durchaus der Systematik des Einkommensteuerrechts, die Versehrtenrenten aus einer gesetzlichen Unfallversorgung nicht anders als einkommensersetzende Schadensrenten als steuerpflichtige Bezüge zu qualifizieren.

c) Schließlich vermag auch der Blick auf andere sozialpolitische Funktionen der Versehrtenrente die Bedenken der Antragsteller nicht zu erhärten: Die Versehrtenrente ist eine öffentlich-rechtliche Transferleistung, die ungeachtet dieser Funktionen mit einer nicht wiederkehrenden (und daher nicht unter § 29 Z 1 EStG 1988 fallenden) einkommensteuerfreien Schadenersatzleistung nicht vergleichbar ist. Auch soweit sie im Ergebnis an die Stelle von Schadenersatzansprüchen tritt, die nicht der Einkommensteuer unterworfen wären, muß sie nicht steuerfrei belassen werden:

Durch die Versehrtenrente soll nämlich nicht nur die zivilrechtliche Schadenersatzpflicht des Unternehmers gegenüber den bei ihm beschäftigten Arbeitnehmern - zum Teil - "abgelöst" werden (s. EB 599 BlgNR VII. GP, 100; ähnlich AB 613 BlgNR VII. GP, 29; s. auch OGH SZ 44/48: "Ablösefunktion der gesetzlichen Unfallversicherung" und dazu Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht Bd II2 [1984] 221 mwN); auch tritt sie in Fällen, in denen der geschädigte Arbeitnehmer den Schädiger auf zivilrechtlichem Wege in Anspruch nehmen könnte, nicht bloß an die Stelle konkreter oder abstrakter Schadensrenten: Dem Geschädigten wird vielmehr ein Ausgleich für eine Minderung der Erwerbsfähigkeit gewährt, der von einem fiktiven Schadenersatzanspruch vollkommen losgelöst ist, gebührt doch die Versehrtenrente in voller Höhe ohne Rücksicht auf die Verschuldensfrage (vgl. OGH SZ 30/37 uva.), dh. etwa auch dann, wenn sich der eingetretene Schaden als "Zufall" in der alleinigen Risikosphäre des Geschädigten ereignet hat oder wenn den Geschädigten am Arbeitsunfall ein Mit- oder wenn ihn gar das Alleinverschulden trifft (sofern dadurch nicht der Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gelöst ist).

Auch läßt sich der Katalog der versicherten Unfälle (des sog. Schutzbereichs der gesetzlichen Unfallversicherung; vgl. die §§175 ff ASVG) nur mehr zum geringeren Teil mit einer Art Gefährdungshaftung aus der eigentlichen betrieblichen Tätigkeit in einen Zusammenhang bringen.

2.2.3. Dem Gesetzgeber steht es daher offen, unter Bedachtnahme auf die zuvor dargestellte eigenständige Rechtsnatur der Versehrtenrente auch bloß an die rechtliche Eigenschaft dieser Einkünfte als Teil der Einkünfte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit anzuknüpfen und sie - wie dies auch für andere vergleichbare Renten, wie zB "abstrakte" Renten (vgl. und Stoll, Rentenbesteuerung Rz 1064 mwN) kraft § 29 Z 1 (erster Satz) EStG 1988 gilt - in die Einkommensbesteuerung einzubeziehen.

a) Dabei kann der Gesetzgeber im Interesse einer einfach handhabbaren, ausschließlich an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Beziehers - wie sie in der Rentenhöhe zum Ausdruck kommt - orientierten steuerlichen Regelung auch davon absehen, Versehrtenrenten zumindest zum Teil und insoweit einkommensteuerfrei zu stellen, als sie im Einzelfall oder bei einer Gruppe Betroffener in höherem Maße an die Stelle einer steuerbegünstigten Schadenersatzleistung treten, als dies in anderen Fällen sein mag.

b) Für jede der genannten Anknüpfungen läßt sich somit ein sachlicher Grund ins Treffen führen. Dem Gesetzgeber stehen im gegebenen Zusammenhang mehrere rechtspolitische Alternativen zur Verfügung, die letztlich gewählte Lösung muß bloß in sich sachlich bleiben.

2.2.4. Nichts anderes ist der von den Antragstellern zitierten Vorjudikatur zu entnehmen:

a) Im Erkenntnis VfSlg. 9936/1984 hatte sich der Verfassungsgerichtshof mit der Frage zu befassen, ob eine die Versehrtenrenten gegenüber Invaliditätspensionen hinsichtlich der Pfändbarkeit begünstigende gesetzliche Regelung dem Gleichheitssatz entspricht. Dies wurde auf Grund der verschiedenen Funktionen beider Leistungen bejaht, wobei die schadenersatzrechtliche Bedeutung der Versehrtenrente als geeignet erachtet wurde, die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung sachlich zu rechtfertigen. Der Verfassungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis aber weder ausgesprochen noch angedeutet, daß daraus ein Verfassungsgebot des Inhalts abzuleiten sei, Versehrtenrenten und Pensionsbezüge beim Pfändungsschutz verschieden zu behandeln.

b) Im Erkenntnis VfSlg. 13.115/1992 hatte der Verfassungsgerichtshof eine steuerliche Regelung zu beurteilen, die "derartige Transferleistungen insoweit steuerpflichtig werden [lassen wollte], als sie Einkommensersätze darstellen" (vgl. die zuvor - Pkt. I.1.2. - zitierten Gesetzesmaterialien). In diesem Zusammenhang hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen (s. bereits oben Pkt. I.1.4.), daß "die Steuerfreiheit der Bezüge im Ausmaß der Behinderung mit einer Mindestgrenze von 20 % ein unsachliches Kriterium für die angestrebte Abgrenzung steuerpflichtiger Einkommensersätze von steuerfreiem Ausgleich für andere Nachteile" sei. Die Frage, welche öffentlichen Geldleistungen der Gesetzgeber als Einkommen der Steuer unterwerfen dürfe, blieb in diesem Erkenntnis indes ausdrücklich offen, lediglich der Versuch des Gesetzgebers, Bezüge aus der gesetzlichen oder dieser gleichartigen Unfallversorgung nach einem bestimmten Kriterium steuerrechtlich verschieden zu behandeln, wurde für "untauglich" erachtet (aaO S 751).

2.3. Es begegnet also aus verfassungsrechtlicher Sicht keinen Bedenken, Versehrtenrenten aus einer gesetzlichen Unfallversorgung als einkommensteuerpflichtige Bezüge zu behandeln.

3. Entscheidet sich der Gesetzgeber dafür, Versehrtenrenten als einen zufließenden wirtschaftlichen Vorteil gleich anderen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu besteuern, so darf er dabei nicht in der Weise vorgehen, daß er innerhalb der gesetzlichen Unfallversorgung ohne sachlichen Grund eine Gruppe herausgreift und im Wege der Auferlegung einer Steuerpflicht belastet, dadurch aber Personen, deren Einkünfte weiterhin steuerbefreit sind, begünstigt:

3.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist es dem Gesetzgeber zwar gestattet, innerhalb eines von ihm selbst gewählten steuerlichen Ordnungssystems einzelne Tatbestände auf nicht systemkonforme Art zu regeln, er darf von diesem Ordnungssystem aber nicht ohne sachlichen Grund abweichen (vgl. VfSlg. 5269/1966 [S 254], 6030/1969 [S 586], 8457/1978 [S 453 f], 11.368/1987). Im Rahmen des Einkommensteuerrechts müssen die Bezieher von Einkommen gleich behandelt werden, es sei denn, die Verschiedenheit der Einkunftsart rechtfertigt die allenfalls vorgenommene steuerrechtliche Differenzierung (VfSlg. 6874/1972 [S 979 ff], 8487/1979 [S 78], sowie zuletzt das hg. Erkenntnis vom , B1437/00).

3.2. Der Verfassungsgerichtshof vermag der Ansicht der Antragsteller nicht beizupflichten, es sei gleichheitswidrig, Versehrtenrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung mit Einkommensteuer zu belasten, nicht dagegen auch die gleichartigen für Präsenzdiener und Zeitsoldaten vorgesehenen Beschädigtenrenten nach dem Heeresversorgungsgesetz (HVG), BGBl. Nr. 27/1964 idgF (vgl. § 3 Abs 1 Z 1 EStG 1988).

Bei diesen Beschädigtenrenten handelt es sich einerseits nicht um Leistungen im Rahmen eines Versicherungssystems, sondern um staatliche Transferleistungen, die unmittelbar aus dem allgemeinen Bundeshaushalt getragen werden. Andererseits knüpft das HVG ausdrücklich an die gesetzliche Wehrpflicht (iS des Art 9a Abs 3 B-VG), dh. an eine besonders intensive Inanspruchnahme der Staatsbürger im Interesse der Sicherheit des Landes (in mehrfacher Hinsicht, so etwa auch im Katastrophenfall - vgl. Art 79 Abs 2 Z 2 B-VG), an. In § 1 Abs 1 HVG werden als versorgungsberechtigt im wesentlichen jene Personen bezeichnet, die in ursächlichem Zusammenhang mit dem von ihnen geleisteten Präsenzdienst Gesundheitsschäden erlitten haben und deren Erwerbsfähigkeit hiedurch vermindert worden ist. Dem entspricht es, daß bestimmte, Heeresangehörigen zufließende Bezüge ebenfalls von der Einkommensteuer ausgenommen sind (vgl. § 3 Abs 1 Z 22 lita EStG 1988; im einzelnen handelt es sich um die Bezüge von Soldaten nach dem II. ["Bezüge"], III. ["Sachleistungen und Aufwandsersatz"] und V. Hauptstück ["Familienunterhalt und Wohnkostenbeihilfe"] des HeeresgebührenG 1992, BGBl. Nr. 422 [nunmehr: Heeresgebührengesetz 2001, BGBl. I Nr. 31/2001]).

Angesichts dieser zwischen Beschädigtenrenten nach dem HVG und Versehrtenrenten aus einer gesetzlichen Unfallversorgung im Tatsächlichen bestehenden Unterschiede erweist sich der Vorwurf als unbegründet, der Gesetzgeber habe den ihm zukommenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraum dadurch überschritten, daß er beide Bezüge im Rahmen des Einkommensteuerrechts nunmehr verschieden behandelt. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß das Leistungsrecht des HVG (§§21 ff) dem der gesetzlichen Unfallversicherung weitgehend nachgebildet ist.

4. Der Antrag ist jedoch insoweit begründet, als darin auch vorgebracht wird, der Gesetzgeber habe bei Einführung der Einkommensteuerpflicht für Versehrtenrenten aus einer gesetzlichen Unfallversorgung den verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht beachtet.

4.1. Die Bundesregierung sucht dieses Bedenken der Antragsteller im wesentlichen wie folgt zu entkräften:

"Ohne die im Antrag umfassend dargelegte verfassungsgerichtliche Rechtsprechung zu dem aus dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgebot erfließenden Vertrauensschutz in extenso wiedergeben zu wollen, wird auf die jüngere Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zum Vertrauensschutz im Bereich des Steuerrechtes hingewiesen, wo sich der Grundsatz heraus kristallisiert hat, dass der einfache Gesetzgeber nicht plötzlich eine Änderung von begünstigenden Rechtsvorschriften, die den Steuerpflichtigen zu einem bestimmten Verhalten veranlassen sollen, in Richtung einer Steuerbelastung herbeiführen darf. So dürfen Sonderabschreibungen, die dazu gedacht sind, den Steuerpflichtigen in seinem Verhalten in eine bestimmten Richtung zu prägen, nicht überfallsartig und ohne Auslaufensregelung abgeschafft werden ().

Davon kann aber im [vorliegenden Fall] überhaupt nicht die Rede sein.

Wie oben unter Punkt 2 bereits dargelegt wurde, ist die Besteuerung der Versehrtenrente nach der Systematik des Ertragsteuerrechtes durchaus gerechtfertigt. Die Steuerpflichtigen konnten daher einerseits schon bisher nicht darauf vertrauen, dass sich der Gesetzgeber nicht für eine systemkonforme Besteuerung entscheidet. Eine andere Betrachtung hätte zur Konsequenz, dass es dem einfachen Gesetzgeber verfassungsrechtlich untersagt wäre, Steuerreformen mit der Zielsetzung einer systemgerechteren Besteuerung durchzuführen.

Es wird in diesem Zusammenhang andererseits darauf hingewiesen, dass die bisherige Steuerfreistellung keineswegs den Effekt gehabt hat, das Verhalten des Steuerpflichtigen in eine bestimmte Richtung zu prägen. Es kann nämlich wohl nicht ernsthaft behauptet werden, der Steuerpflichtige hätte sich im Wissen der Steuerfreiheit der Versehrtenrente etwa eines erhöhten Berufsrisikos ausgesetzt oder gar bewusst einen Arbeitsunfall herbeigeführt, nur weil er sich der Steuerfreiheit der Versehrtenrente sicher wusste.

Nach Ansicht der Bundesregierung sind die Bedenken hinsichtlich der 'besonders großen' Intensität des Eingriffs nicht berechtigt. Dies schon deshalb, weil die Intensität der in Rede stehenden Besteuerung bloß geringfügig ist, da - wie bereits oben ausgeführt - bei dem im Antrag genannten Durchschnittswert des Gesamteinkommens von rund S 14.000,-- beispielsweise die Mehrbelastung - in Abhängigkeit von der Höhe der Versehrtenrente - im unteren Bereich rund S 160,-- (Pension S 13.500,--; Versehrtenrente S 500,--), im oberen Bereich rund S 1.175,-- (Pension S 500,--; Versehrtenrente S 13.500,--) beträgt. In Relation zum Gesamteinkommen von S 14.000,-- entspricht dies einer Verminderung um 1,2 % bis 8,4 %.

Des Weiteren wird hinsichtlich der Intensität des Eingriffs auf Folgendes hingewiesen:

* Die durchschnittliche Höhe einer Versehrtenrente betrug im Monat Februar 2001 S 3.892,--, dabei betrug die Höhe einer Versehrtenrente S 3.534,-- und jene einer Witwen/Witwerrente S 5.965,--.

* Die Mehrbelastung aus der Besteuerung darf nicht lediglich auf die Versehrtenrente bezogen werden, sondern muss in Relation zum Gesamteinkommen ermittelt werden. Sonst wird eine extrem verzerrte Verschlechterung der Einkommenssituation signalisiert, die de facto in diesem Ausmaß nicht gegeben ist.

* Zur Auswirkung der Besteuerung der Versehrtenrenten in Relation zum Gesamteinkommen sei nur ein Beispiel herausgegriffen:

Bei einer Bruttopension von S 11.000,-- pro Monat und einer Versehrtenrente von S 3.000,-- pro Monat (MdE 20%) kommt es zu einem Einkommensverlust - bezogen auf das Gesamteinkommen - von rund 7%.

* Überdies wird darauf hingewiesen, dass die Erhöhung der Zusatzrente ab dem Jahr 2001 stets zu berücksichtigen ist.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die Intensität der von der in Rede stehenden Regelung bewirkten Steuerpflicht im Durchschnittsfall jedenfalls bloß geringfügig ist. Allein im Hinblick darauf und auf die durch den Abschnitt IVa des Bundesbehindertengesetzes geschaffenen Mechanismen [...] ist es nach Ansicht der Bundesregierung auszuschließen, dass die von den Antragstellern gerügte Aufhebung der Steuerbefreiung im Hinblick auf den Vertrauensschutz unsachlich sein könnte (vgl. VfSlg. 14.888/1997).

Dieses Ergebnis wird nach Ansicht der Bundesregierung auch durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes im Verfahren G59/00 u. a. betreffend die Sonderzahlungen für Rechtspraktikanten nicht verändert. In diesem Erkenntnis hat der Gerichtshof ausgeführt, dass 'eine (plötzliche) Bezugskürzung von maximal etwas über 14% bei einem vergleichsweise als gering anzusehenden Einkommen der Rechtspraktikanten nicht unerheblich ins Gewicht fällt'. Er hat in diesem Zusammenhang aber auch als maßgebliches Argument gebracht, 'dass das Vorliegen eines berechtigten Vertrauens in die Rechtslage stets an der konkreten Fallkonstellation zu beurteilen ist und somit von unterschiedlichen Faktoren abhängen kann'. Wie oben ausgeführt wurde, führt die Fallkonstellation der hier ggst. Regelung im Ergebnis zu ihrer Verfassungskonformität. So führt die der Einkommensteuer innewohnende Progression durchschnittlich betrachtet zu einer geringeren Betroffenheit von Beziehern kleinerer Einkommen. Auch auf die als begleitende Übergangsregel zum Ausgleich von Härtefällen geschaffene Änderung des BundesbehindertenG [...] ist in diesem Zusammenhang hinzuweisen. Schließlich liegt - wie erwähnt - die durchschnittliche Intensität der ggst. Regelung unter 10%.

Die Antragsteller bringen vor, dass die Aufhebung der Steuerfreiheit von Versehrtenrenten mit einer 'unüberbietbaren Plötzlichkeit' erfolgte und weisen darauf hin, dass das Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, am ausgegeben wurde und bereits am , also zwei Tage später in Kraft getreten ist, die 'Unfallrentner die Steuerpflicht gewissermaßen über Nacht getroffen hat'. Die Bundesregierung verweist in diesem Zusammenhang auf Folgendes:

Mit den Änderungen des BundesbehindertenG hat der Gesetzgeber versucht, eine begleitende Übergangsregel zum Ausgleich von Härtefällen zu schaffen. Durch diese wird gerade die Intensität des 'Eingriffes' im Sinne der Vertrauensschutzjudikatur in einem Maße herabgesetzt, dass keineswegs von einem gleichheitswidrigen Eingriff die Rede sein kann. [...]"

4.2. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner bisherigen Rechtsprechung zum Grundsatz des Vertrauensschutzes ausgesprochen hat, ist der Schutz wohlerworbener Rechtspositionen grundsätzlich durch keine Verfassungsbestimmung gewährleistet. Vielmehr bleibt es dem Gesetzgeber auf Grund des ihm zukommenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes unbenommen, eine einmal geschaffene Rechtsposition auch zu Lasten des Betroffenen zu verändern (zB VfSlg. 11.309/1987, 11.665/1988, 14.846/1997, 14.960/1997, 15.269/1998); dem Gesetzgeber steht es offen, die Rechtslage für die Zukunft anders und - entgegen den Erwartungen einzelner - ungünstiger zu gestalten (vgl. VfSlg. 12.368/1987, 13.461/1993, 13.657/1993, 14.842/1997, 14.868/1997, 15.373/1998).

Indessen ist der Gesetzgeber durch den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitssatz gehalten, bei seinen Regelungen dem Vertrauensschutz Beachtung zu schenken. Der Verfassungsgerichtshof hat dabei nicht nur (echte) Rückwirkungen von gesetzlichen Regelungen, sondern auch Eingriffe in bestehende Rechtspositionen unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes geprüft. Im Erkenntnis VfSlg. 12.186/1989 hat der Gerichtshof - unter Vertiefung früherer Rechtsprechung - dargetan, daß gesetzliche Vorschriften mit dem Gleichheitssatz in Konflikt geraten können, weil und insoweit sie die im Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage handelnden Bürger nachträglich belasten, und daß schwerwiegende und plötzlich eintretende Eingriffe in erworbene Rechtspositionen, auf deren Bestand der Bürger mit guten Gründen vertrauen konnte, zur Gleichheitswidrigkeit des belastenden Eingriffes führen können. Auch wenn das Vertrauen auf die Fortdauer einer bestimmten Rechtslage im allgemeinen keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz genießt, so können dennoch Eingriffe in bestehende Rechtspositionen, auf deren Bestand der Betroffene berechtigterweise vertrauen durfte, dann den Gleichheitssatz verletzen, wenn sie schwerwiegend sind und "überfallsartig" vorgenommen werden (vgl. zuletzt VfSlg. 15.936/2000 mwN). In solchen Konstellationen müssen gesetzliche Vorkehrungen getroffen werden, die den Betroffenen ausreichend Gelegenheit geben, sich auf die geänderten Verhältnisse einzustellen.

Bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung von gesetzlichen Eingriffen in Pensionsleistungen (entweder in Form der direkten Reduzierung ihrer Höhe oder in Form von Ruhensbestimmungen) hat der Verfassungsgerichtshof es als besonders ins Gewicht fallend erachtet, daß deren Bezieher darauf vertrauen würden, daß ihre Erwartungen über die Verfügbarkeit finanzieller Mittel für die Lebensführung nicht durch plötzliche, ihre Lebensführung direkt treffende Maßnahmen des Gesetzgebers beeinträchtigt werden. Eine Mißachtung dieses Vertrauens wiege bei Pensionisten besonders schwer, weil sie sich nachträglich meist nicht mehr auf geänderte Umstände einstellen könnten, wenn ihre Erwartungen infolge einer Änderung der Gesetzeslage nicht erfüllt würden (VfSlg. 11.665/1988; ähnlich VfSlg. 14.846/1997 [S 650]).

4.2.1. Wenn die Bundesregierung vorbringt, die bisherige Einkommensteuerfreiheit für Versehrtenrenten sei keinesfalls geeignet gewesen, in den Betroffenen ein berechtigtes Vertrauen entstehen zu lassen und so ihr Verhalten in eine bestimmte Richtung zu prägen, so etwa, daß sie sich - im Vertrauen auf die Steuerfreiheit der Versehrtenrente - bewußt einem erhöhten beruflichen Gesundheitsrisiko ausgesetzt oder gar einen Arbeitsunfall herbeigeführt hätten, so trifft dies an sich zu. Indessen geht es im vorliegenden Fall in erster Linie darum, daß bereits bestehende Einkommen plötzlich dadurch gekürzt wurden, daß ein bisher steuerfrei belassener - vielfach beachtlicher - Teil dieses Einkommens (nämlich die Versehrtenrente) ohne einschleifenden Übergang in die Einkommensteuerpflicht voll einbezogen, dh. der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer ungekürzt zugeschlagen, worden ist, maW daß plötzlich geänderte Verhältnisse im Sinne der zuletzt erwähnten Judikatur geschaffen wurden.

4.2.2. Eine Disposition über künftiges Einkommen - im Sinne der vorhin (Pkt. 4.2.) zusammengefaßten, zu Pensionsleistungen ergangenen Rechtsprechung - ist bei vergleichbar stabilen, öffentlichen, dem Unterhalt dienenden Transferleistungen im Regelfall zu erwarten: Dies gilt für die in den Haushalten übliche Finanzierung mittel- und langfristiger Bedürfnisse im Kreditwege ebenso wie etwa für das Eingehen von Dauerrechtsverhältnissen, in denen regelmäßig wiederkehrende Zahlungen anfallen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Wohnen. Solchen Dispositionen ist gemeinsam, daß sie im allgemeinen bei plötzlich wirkenden Eingriffen nicht im gleichen zeitlichen Ablauf rückgängig gemacht werden können.

Im vorliegenden Fall ist überdies zu berücksichtigen, daß Versorgungsbezüge aus einer gesetzlichen Unfallversicherung seit Bestehen einer Einkommensbesteuerung im modernen Sinne (die steuerrechtliche Qualifikation der Versehrtenrenten auf dem Boden des vor 1939 geltenden Personalsteuergesetzes kann angesichts der darin normierten, vergleichsweise niedrigen Steuersätze zwischen 0,6 und 5 vH außer Betracht bleiben) von der Einkommensteuerpflicht ausgenommen waren. Wie weiter oben (Pkt. I.1.5.) bereits dargestellt, hat der Gesetzgeber von seinem bisher einzigen Versuch, diese Befreiung (teilweise) zu beseitigen, nach kurzer Zeit wieder Abstand genommen.

4.2.3. Nach Ansicht der Bundesregierung sei durch den Entfall der Einkommensteuerfreiheit für Versehrtenrenten allerdings bloß in geringfügiger Weise in die Rechtsposition der Rentenbezieher eingegriffen worden.

Dem kann nicht gefolgt werden:

a) Im Dezember 2001 haben 107.634 Personen eine Versehrtenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bezogen (Quelle: Die österreichische Sozialversicherung in Zahlen, 12. Ausgabe März 2002).

Wie die Bundesregierung mitgeteilt hat, haben im Dezember 2000 - dh. in dem der Einführung der als verfassungswidrig kritisierten Einkommensteuerpflicht unmittelbar vorangegangenen Monat - 66.710 Personen neben einer Versehrtenrente eine Pension aus der gesetzlichen Pensionsversicherung bezogen.

Die von der Bundesregierung vorgelegten statistischen Auswertungen zeigen (Tabelle 1a iVm Tabelle 4b), daß die mit eingeführte Einkommensteuerpflicht für Versehrtenrenten die Einkommenssituation dieses Personenkreises wie folgt verändert hat:

Personen, die neben Bei Einbeziehung der Versehrtenrente in das

einer gesetzlichen zu versteuernde Gesamteinkommen sich

Pension eine ergebende zusätzliche Einkommensteuer in

Versehrtenrente Prozent des zu versteuernden

beziehen Gesamteinkommens

22.651 (33,9 %) 0

13.707 (20,6 %) höchstens 5

18.520 (27,8 %) über 5, höchstens 10

7.650 (11,5 %) über 10, höchstens 15

2.621 ( 3,9 %) über 15, höchstens 20

1.561 ( 2,3 %) über 20

66.710

Daraus wird deutlich, daß sich bei rd 30.000 Betroffenen das monatliche Gesamteinkommen um mehr als 5 vH vermindert. 12.000 haben Einkommenskürzungen von mindestens 10 vH und darüber hinzunehmen, davon immerhin rd 1600 Rentenbezieher solche von mehr als 20 vH, wobei sich etwa ab einem steuerpflichtigen Gesamteinkommen (Pension zuzüglich Versehrtenrente) von rd S 15.000,-- monatlich - bei Bezug einer Versehrtenrente von mindestens S 5.500,--/Monat - eine Kürzung von 10 vH ergibt, die mit zunehmendem Gesamteinkommen auf über 25 vH ansteigt.

Es ist unmittelbar einsichtig, daß sich ein Eingriff wie der hier zu beurteilende, nämlich die Anwendung eines progressiven Einkommensteuertarifs auf einen bisher davon ausgenommenen Einkommensteil bei Personen mit unterschiedlich hohem sonstigen Einkommen ganz unterschiedlich auswirken muß. Eine Maßnahme, durch die das Einkommen von - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - Behinderten bereits ab einer Höhe von ca. S 15.000,-- monatlich um mindestens 10 vH netto absinkt, kann aber nicht als geringfügiger Eingriff qualifiziert werden. Angesichts der Anzahl der hievon Betroffenen kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß es sich nur um - auf Grund besonderer, vom Gesetzgeber nicht vermeidbarer Umstände - vereinzelte "Härtefälle" handelte.

b) Daran vermag auch die Bedachtnahme auf Begleitmaßnahmen bei einem Teil der Schwerversehrten durch die Erhöhung der Zusatzrente für Schwerversehrte (§205a ASVG) nichts zu ändern.

4.2.4. In dem von der Bundesregierung zugunsten ihres Rechtsstandpunkts ins Treffen geführten Erkenntnis VfSlg. 14.888/1997 ging es um eine durch das Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201/1996, verfügte Reduktion des Mehrleistungsanteils der Verwendungszulage leitender Beamter von ca. 1,5 vH des Bruttobezugs (aaO [S 956, Pkt. II.4.2.6.]). Für den vorliegenden Fall läßt sich daraus somit schon mangels Vergleichbarkeit des maßgebenden Sachverhalts nichts gewinnen.

4.3. Schließlich vermag die Argumentation der Bundesregierung, der Eingriff sei durch die Möglichkeit der Abgeltung der Steuermehrbelastung im Rahmen des in § 33 des Bundesbehindertengesetzes eingerichteten Beihilfensystems in entscheidendem Maße gemildert worden, nicht zu überzeugen:

a) Wohl trifft es zu, daß, soweit durch Zuwendungen des Unterstützungsfonds Mehrbelastungen tatsächlich abgegolten werden, die Wirkung des steuergesetzlichen Eingriffs im nachhinein wieder aufgehoben und damit der zunächst vorgenommene Eingriff im wirtschaftlichen Ergebnis wieder beseitigt wird.

Es können aber die durch die Besteuerung der Versehrtenrenten eintretenden Mehrbelastungen nur bis zu einem steuerpflichtigen Jahreseinkommen von S 230.000,-- (€ 16.714,75) abgegolten, darüber hinaus bloß zum Teil sowie in Abhängigkeit von den persönlichen Verhältnissen der Rentenbezieher ausgeglichen werden. Ganz abgesehen davon muß der im Rahmen des Bundesbehindertengesetzes vorgesehene "Härteausgleich" (ungeachtet seiner Ausgestaltung) schon deshalb ohne Einfluß auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen einkommensteuergesetzlichen Normen bleiben, weil er - unabhängig davon, ob und in welchem Umfang den Rentenbeziehern überhaupt ein Rechtsanspruch auf Abgeltung der Mehrbelastung zukommt (vgl. § 34 Abs 3 iVm § 25 Abs 1 Bundesbehindertengesetz) - den plötzlichen und intensiven Eingriff nicht ungeschehen macht, sondern ihn bloß im nachhinein wieder beseitigt. Daran kann auch die Möglichkeit der Gewährung von Vorschüssen (§34 Abs 3 Bundesbehindertengesetz) nichts ändern, weil diese Maßnahme frühestens im Jahr 2002 wirksam werden konnte, nicht aber bereits im Jahr 2001, mit dem die Einkommensteuerpflicht für Versehrtenrenten in Kraft gesetzt wurde.

b) Ferner hat die von der Bundesregierung vorgelegte schematische Darstellung des Ausmaßes der mit der Einführung der Einkommensbesteuerung verbundenen Einkommensbelastung gezeigt, daß ein jedenfalls als intensiv zu bezeichnender Eingriff in der Größenordnung von 9,5 bis 10 vH des Nettoeinkommens ab einem Monatseinkommen von ca. S 15.000,-- (Pensionseinkommen zuzüglich Versehrtenrente), dh. ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von rd. S 180.000,--, einsetzt, dem für die Erstattung im Beihilfenweg - von Einschleif- und Härteregelungen abgesehen - im Prinzip eine Jahreseinkommensobergrenze von S 230.000,-- gegenübersteht. Damit zeigt sich, daß die in § 33 Bundesbehindertengesetz getroffene Beihilfenregelung die von der Einkommensteuerpflicht besonders intensiv betroffene Gruppe überhaupt bloß zum Teil erfaßt.

4.4. Der Gesetzgeber hat somit dadurch, daß er mit dem Budgetbegleitgesetz 2001 die Einkommensteuerpflicht für laufende Bezüge aus einer gesetzlichen Unfallversorgung ohne jede (einschleifende) Übergangsbestimmung und durchaus "überfallsartig" eingeführt hat, gegen den aus dem allgemeinen Gleichheitssatz erfließenden Grundsatz des Vertrauensschutzes verstoßen.

5. § 3 Abs 1 Z 4 litc EStG 1988 idF des Euro-Steuerumstellungsgesetzes BGBl. I Nr. 59/2001 war daher - soweit durch diese Bestimmung laufende Bezüge aus einer gesetzlichen Unfallversorgung von der Einkommensteuerfreiheit ausgenommen werden - als verfassungswidrig aufzuheben.

Der Verfassungsgerichtshof hat nach seiner ständigen Rechtsprechung im Falle der Verfassungswidrigkeit von Gesetzesbestimmungen diese in einem Umfang aufzuheben, daß die Verfassungswidrigkeit beseitigt wird, dabei aber einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand auszuscheiden, als Voraussetzung für die Entscheidung im Anlaßfall ist, und andererseits der verbleibende Teil des Gesetzes eine möglichst geringe Veränderung seiner Bedeutung erfährt. Da beide Ziele gleichzeitig nie vollständig erreicht werden können, hat der Verfassungsgerichtshof in jedem einzelnen Fall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt (zB VfSlg. 11.190/1986, 14.805/1997; ua. Zlen.; , G219/01).

Da § 3 Abs 1 Z 4 litc EStG 1988 nicht zur Gänze als verfassungswidrig zu erkennen war, ist der mitangefochtene § 124b Z 48 EStG 1988 idF des Euro-Steuerumstellungsgesetzes BGBl. I Nr. 59/2001 - soweit er sich auf die nunmehr bereinigte Fassung des § 3 Abs 1 Z 4 litc EStG 1988 bezieht - verfassungsrechtlich unbedenklich. Dem Antrag, es möge auch diese Gesetzesbestimmung als verfassungswidrig aufgehoben werden, war deshalb keine Folge zu geben.

6. Da die mit dem Budgetbegleitgesetz 2001 eingeführte Einkommensteuerpflicht für Versehrtenrenten nur deshalb als verfassungswidrig zu erkennen war, weil sie ohne Rücksicht auf ihre tatsächlichen Auswirkungen plötzlich (dh. ohne einen der Intensität des damit verbundenen Eingriffs angemessenen Übergangszeitraum bzw. ohne eine solche Legisvakanz) in Wirksamkeit gesetzt worden ist, sieht sich der Verfassungsgerichtshof zum einen veranlaßt, von der ihm in Art 140 Abs 7 zweiter Satz, zweiter Halbsatz, B-VG eingeräumten Befugnis Gebrauch zu machen und auszusprechen, daß die aufgehobenen Teile des § 3 Abs 1 Z 4 litc EStG 1988 für Einkommensteuerbemessungen betreffend die Jahre 2001 und 2002 - unter Bedachtnahme auf allenfalls mittlerweile durchgeführte Abgeltungen auf Grund der Beihilfenregelung des Bundesbehindertengesetzes - nicht mehr anzuwenden sind.

Zum anderen aber war eine Frist bis zu setzen, um allfällige legistische Vorkehrungen zu ermöglichen. Dieser Ausspruch stützt sich auf Art 140 Abs 5 vorletzter und letzter Satz

B-VG.

7. Der Ausspruch über die den Bundeskanzler treffende Kundmachungspflicht ergibt sich aus Art 140 Abs 5 erster Satz B-VG iVm § 64 Abs 2 VfGG sowie § 2 Abs 1 Z 4 BGBlG, BGBl. Nr. 660/1996.

8. Dies konnte ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden (§19 Abs 4 erster Satz VfGG).