VfGH vom 29.06.1990, g81/90

VfGH vom 29.06.1990, g81/90

Sammlungsnummer

12420

Leitsatz

Aufhebung der Bestimmung über die Kürzung der Notstandshilfe bei gemeinsamen Notstandshilfebezug von Ehegatten oder Lebensgefährten wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz; Unsachlichkeit der Regelung mangels Festsetzung von Höchstbeträgen für Alleinstehende; Aufhebung einer Verordnungsbestimmung wegen Fehlens eines unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten erforderlichen Mindestmaßes an Verständlichkeit; Fristsetzung zur Neuformulierung der aufgehobenen Verordnungsbestimmungen

Spruch

I. § 36 Abs 3 litB sublit. c des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977, BGBl. Nr. 609/1977, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 615/1987, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

Frühere Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt verpflichtet.

II. § 4 Abs 2 der Verordnung des Bundesministers für soziale Verwaltung vom , BGBl. Nr. 352/1973, betreffend Richtlinien für die Gewährung der Notstandshilfe (Notstandshilfeverordnung) in der Fassung vom , BGBl. Nr. 319/1988, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Arbeitslosen, die den Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Karenzurlaubsgeld erschöpft haben, kann auf Antrag nach den §§33ff ArbeitslosenversicherungsG 1977, BGBl. 609 (AlVG), Notstandshilfe gewährt werden, wenn sie arbeitsfähig und arbeitswillig sind und sich in Notlage befinden.

Nach § 36 AlVG erläßt der Bundesminister für soziale Verwaltung (jetzt für Arbeit und Soziales) Richtlinien über das Ausmaß der Notstandshilfe (Abs1), in denen auch die näheren Voraussetzungen festzulegen sind, unter denen Notlage als gegeben angesehen wird (Abs2 Satz 1). Bei der Beurteilung, ob eine die Gewährung von Notstandshilfe rechtfertigende Notlage vorliegt, sind die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen selbst sowie seiner Angehörigen zu berücksichtigen, die zur gesetzlichen Unterhaltsleistung verpflichtet sind (wobei Lebensgefährten, Wahleltern, Stiefeltern, Wahlkinder und Stiefkinder den unterhaltspflichtigen Angehörigen gleichgehalten werden; Abs 2 Satz 2). Das Gesetz enthält unter anderem auch Vorschriften über die Berücksichtigung des Einkommens des Arbeitslosen (§36 Abs 3 litA) und des Einkommens der Angehörigen des Arbeitslosen (§36 Abs 3 litB). Danach ist vom Einkommen der Angehörigen bei der Anrechnung ein zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes notwendiger Betrag (Freibetrag) freizulassen (litB sublit. a). In der Stammfassung bestimmte § 36 Abs 3 litB sublit. c sodann:

"Steht der Ehegatte (Lebensgefährte) einer Arbeitslosen im Vollverdienst oder ist er selbständig erwerbstätig oder hat er ein zur Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse hinreichendes Kapitaleinkommen, so ist Notlage nicht anzunehmen, es sei denn, daß besonders berücksichtigungswürdige Umstände vorliegen, wie z.B. größere Kinderzahl, Krankheit in der Familie, geringer Verdienst trotz Vollarbeit."

Durch die Novelle BGBl. 615/1987 (ArtI Z 15 lith) wurde § 36 Abs 3 litB sublit. c wie folgt neu gefaßt:

"Ist seit Erschöpfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld oder Karenzurlaubsgeld ein längerer Zeitraum verstrichen, so kann unbeschadet Abs 2 für die Beurteilung der Notlage bzw. für das Ausmaß der Notstandshilfe unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse ein bestimmter Grenzbetrag des Familieneinkommens festgesetzt werden, der durch die Summe von Einkommen des Ehegatten bzw. der Ehegattin (des Lebensgefährten bzw. der Lebensgefährtin), der Notstandshilfe und allfälliger eigener Einkommen des Arbeitslosen nicht überschritten werden darf."

Die Änderung geht auf einen Antrag des Ausschusses für soziale Verwaltung anläßlich der Beratung der Regierungsvorlage zu dieser Novelle und eines Initiativantrages der Abgeordneten Blau-Meissner und Genossen betreffend Gleichstellung von Frauen und Männern im Bereich der Notstandshilfe zurück. Nach dem Bericht des Ausschusse (372 BlgNR 17. GP, 2) sollte "die Aufhebung der Vollverdienstbestimmung - wonach eine Frau bei Vollverdienst ihres Ehegatten (Lebensgefährten) keinen Anspruch auf Notstandshilfe hat - ab " erfolgen. Demgemäß bestimmt ArtIII der Novelle, daß die Änderung des § 36 Abs 3 litB sublit. c mit in Kraft tritt (Abs1 Satz 2). Allerdings verfügt der Abs 3 des ArtIII:

"Der bisherige § 36 Abs 3 litB litc des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977, der durch ArtI Z 15 lith abgeändert wird, ist weiterhin auf alle Fälle anzuwenden, in denen der Anspruch auf Arbeitslosengeld und Karenzurlaubsgeld vor dem erschöpft wurde."

(Mittlerweile hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis G73/88 ua vom die im Umfang des ArtIII Abs 3 der Novelle in Kraft gebliebene sublit. c des § 36 Abs 3 litB AlVG in der Stammfassung wegen sachlich nicht zu rechtfertigender unterschiedlicher Behandlung von männlichen und weiblichen Arbeitslosen als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, daß die Aufhebung mit Ablauf des in Kraft tritt).

Aufgrund der AlVG-Novelle 1987 änderte der Bundesminister für Arbeit und Soziales mit Verordnung vom , BGBl. 319, den einschlägigen § 4 der gemäß § 36 AlVG erlassenen Notstandshilfeverordnung, BGBl. 352/1973 (NHV), unter anderem dahin, daß dessen Abs 2 nunmehr wie folgt lautet:

"Wenn seit der Zuerkennung der Notstandshilfe mehr als drei Jahre vergangen sind, bei Personen, die im Zeitpunkt der Zuerkennung der Notstandshilfe das 50. Lebensjahr vollendet haben, mehr als vier Jahre vergangen sind, so sind ab dem folgenden 1. Jänner die Notlage und das Ausmaß der Notstandshilfe unter Berücksichtigung des Familieneinkommens wie folgt zu beurteilen:

1. Unter Familieneinkommen ist das jeweilige Einkommen nach Abzug der Steuern und sozialen Abgaben der im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten bzw. Lebensgefährten zu verstehen. Handelt es sich um Einkommen des Ehegatten bzw. der Ehegattin (des Lebensgefährten bzw. der Lebensgefährtin) des Arbeitslosen, so finden die §§3, 6 Abs 2, Abs 5, soweit auf § 5 Abs 3 und 6 verwiesen wird, Abs 6 und Abs 7, handelt es sich um Einkommen des Arbeitslosen selbst, die §§3, 5 Abs 2 bis 6, sinngemäß Anwendung.

2. Übersteigt das Einkommen des Ehegatten bzw. der Ehegattin (des Lebensgefährten bzw. der Lebensgefährtin) des Arbeitslosen zuzüglich allfälliger Einkommen des Arbeitslosen selbst im Monat die doppelte Freigrenze nach § 6 Abs 3 erster Satz, so liegt Notlage nicht vor. Dieser Betrag erhöht sich bei Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit um 409,50 S monatlich und je unterhaltsberechtigtem Angehörigen, der kein eigenes hinreichendes Einkommen im Sinne des § 20 Abs 2 AlVG hat, um die Freigrenze nach § 6 Abs 3 dritter Satz.

3. In den übrigen Fällen darf die nach Durchführung allfälliger Anrechnungen gebührende Notstandshilfe gemeinsam mit dem Einkommen nach Z 1 die Betragsgrenzen nach Z 1 nicht übersteigen."

Von den in Z 1 bezogenen anderen Bestimmungen der Verordnung enthält § 3 einen Katalog der bei Feststellung der Notlage außer Betracht zu lassenden Einkommen (darunter in litf die Familienbeihilfe); § 5 regelt die Anrechnung von Einkommen des Arbeitslosen, wobei Abs 2 die Berechnung des Einkommens aus einer vorübergehenden Beschäftigung betrifft, Abs 3 Einkommensteile nennt, die zur Hälfte anzurechnen sind, Abs 4 sich mit der Ermittlung des Einkommens aus land(forst)wirtschaftlichem Betrieb und Abs 5 mit jener des Einkommens aus anderer selbständiger Erwerbstätigkeit befaßt und Abs 6 Sachbezüge mit dem Geldwert veranschlagen läßt; § 6 ordnet die Anrechnung des Einkommens der Angehörigen näher, wobei Abs 2 wieder auf das land(forst)wirtschaftliche Einkommen bezug nimmt, Abs 5 unter anderem die sinngemäße Anwendung des schon genannten § 5 Abs 3 über die Hälfteanrechnung und des § 5 Abs 6 über Sachbezüge vorsieht, Abs 6 gewisse Transferleistungen als Einkommen zu behandeln gebietet, die beim Arbeitslosen dem Notstandshilfebezug überhaupt entgegenstünden, und nur die niedrigere Notstandshilfe auf die höhere anrechnen läßt, während Abs 7 die Feststellung des sonstigen selbständigen Einkommens betrifft.

Die in Z 2 genannte Freigrenze ist in § 6 Abs 3 mit monatlich 4.365 S sowie 2.200 S für jede Person bestimmt, für deren Unterhalt der Angehörige aufgrund einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht tatsächlich wesentlich beiträgt (gegebenenfalls gekürzt um die für diese Person gewährte Familienbeihilfe: § 6 Abs 3 dritter Satz).

Schließlich bestimmt der ebenfalls neu gefaßte § 5 Abs 1 NHV unter anderem, daß das Einkommen des Arbeitslosen nach Abzug der Steuern und sozialen Abgaben sowie des zur Erwerbung dieser Einkommen notwendigen Aufwandes auf die Notstandshilfe, die im Folgemonat gebührt, anzurechnen ist.

Die Neufassung der Verordnung trat mit in Kraft (ArtII Abs 1). Die Übergangsvorschrift des ArtII Abs 3 bestimmt jedoch wieder:

"Für Personen, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Karenzurlaubsgeld vor dem erschöpft ist, gelten die bis in Kraft stehenden Bestimmungen des § 4 Abs 1 litb und Abs 2 der Notstandshilfeverordnung weiter."

II. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B598/89 ein Beschwerdeverfahren anhängig, in dem es um die Anwendbarkeit des neuen Abs 2 des § 4 NHV geht. Aus Anlaß dieses Beschwerdeverfahrens hat der Verfassungsgerichtshof die vorliegenden Normenprüfungsverfahren eingeleitet (G 81/90, V179/90):

Der Beschwerdeführer bezog seit Notstandshilfe, und zwar im Jahre 1988 zuletzt (samt Familienzuschlag für drei Kinder) in der Höhe von 11.700 S monatlich. Seine Ehefrau erhielt zugleich Notstandshilfe (samt Familienzuschlag für das vierte Kind) von 7.317 S monatlich. Nachdem die der Ehefrau gebührende Hilfe mit Bescheid des Arbeitsamtes vom für die Zeit ab. von täglich 243,90 S auf 230,70 S, also auf monatlich 6.921 S gekürzt worden war (diese Kürzung war hier zu B597/89 erfolglos angefochten), wurde mit Bescheid des Arbeitsamtes vom auch die dem Beschwerdeführer gewährte Hilfe neu bemessen und festgestellt, daß sie ab aufgrund der NHV idF BGBl. 319/1988 nur mehr in der Höhe von 192,70 S täglich (anstatt bisher 390 S), monatlich also von 5.781 S gebühre. Auf eine Familienobergrenze von 13.098 S war dabei die Notstandshilfe der Ehefrau in der Höhe von 7.317 S angerechnet worden. Das Landesarbeitsamt bestätigte diese Vorgangsweise.

1. Die Beschwerde rügt die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit vor dem Gesetz:

a) Die Behörde habe offenbar die Übergangsbestimmung des ArtIII Abs 3 der AlVG-Novelle 1987 (und die gleichartige Übergangsbestimmung des ArtII Abs 3 der NHV BGBl. 319/1988) außer Acht gelassen. Diese Bestimmung verhindere, daß die (schärfere) Neuregelung in bereits laufende Ansprüche eingreife. Die Anwendung des neuen § 4 Abs 2 sei daher überhaupt denkunmöglich und willkürlich.

b) Die (zu Unrecht) angewendete Verordnung ziehe in § 4 Abs 2 nicht nur unterhaltspflichtige Angehörige zur Anrechnung heran, sonderen begnüge sich mit dem gemeinsamen Haushalt und ermögliche überdies die Anrechnung der niedrigeren Notstandshilfe des Ehegatten auf die Notstandshilfe des Arbeitslosen (§6 Abs 6 letzter Satz), obwohl der Ehegatte mit niedrigerem Einkommen niemals dem mit höherem Einkommen unterhaltspflichtig werden können und der den Haushalt führende schon damit seinen Beitrag leiste (§94 Abs 2 ABGB). Die Heranziehung des Einkommens nicht unterhaltspflichtiger Angehöriger sei nicht nur gesetzwidrig, sondern verletzte - wie sich aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs zum Kärntner und zum Tiroler SozialhilfeG (G 158/87 ua vom und G219/88 vom ) ergebe - auch die Verfassung.

c) Die Verordnung sei ferner deshalb gesetzwidrig, weil die Anrechnung des Einkommens des Ehegatten in vollem Umfang ohne Berücksichtigung eines Freibetrages angeordnet sei und die Freigrenze des § 4 Abs 2 Z 2 NHV unter Anrechnung der Familienbeihilfe ermittelt werde (§6 Abs 3 dritter Satz NHV).

d) Schließlich sei ohne Rechtsgrundlage das Einkommen der Ehegattin aus dem Vormonat herangezogen worden. § 4 Abs 2 Z 1 NHV verweise für die Berechnung des Familieneinkommens betreffs der Angehörigen auf § 6 Abs 5 nur, "soweit auf § 5 Abs 3 und 6 verwiesen wird" (während § 6 Abs 5 in seinem ursprünglichen Geltungsbereich - der einfachen Anrechnung des Angehörigeneinkommens - anordne, daß "§5 Abs 1 erster Satz, 3 und 6 sinngemäß anzuwenden" seien), es sei aber der erste - folglich nicht anwendbare - Satz des § 5 Abs 1, der anordne, daß das Einkommen auf die Notstandshilfe, die im Folgemonat gebührt, anzurechnen sei. Für das Familieneinkommen sei daher das laufende Einkommen des Ehegatten maßgebend, und das sei bereits von 7.317 S auf 6.921 S gekürzt gewesen.

2. Die Gegenschrift der belangten Behörde hält der Beschwerde entgegen, daß

a) die Übergangsbestimmung des ArtIII Abs 3 der AlVG-Novelle 1987 (wie des ArtII Abs 3 NHV) nur für weibliche Arbeitslose von Bedeutung sei, deren Ehegatte im Vollverdienst stand, weshalb für den Beschwerdeführer die Neuregelung über den Grenzbetrag des Familieneinkommens uneingeschränkt gelte;

b) das Gesetz nicht auf das tatsächliche Bestehen einer Unterhaltspflicht abstelle, sondern auf die Möglichkeit, zur Unterhaltsleistung herangezogen zu werden, und daß es bei der Feststellung des Familieneinkommens nicht um die Anrechnung von Notstandshilfe auf Notstandshilfe gehe, sodaß selbst eine sinngemäße Anwendung des letzten Satzes des § 6 Abs 6 NHV nicht in Betracht komme; ferner

c) daß es keinen Anhaltspunkt für die Belassung eines Freibetrages bei Feststellung des Familieneinkommens gebe und § 4 Abs 2 Z 2 NHV zwar die Freigrenze unter Abzug der Familienbeihilfen bestimme, dadurch aber nicht Familienbeihilfen auf das Familieneinkommen anzurechnen seien, und schließlich

d) daß § 5 Abs 1 NHV im ersten Satz auch die allgemeine Regel enthalte, aus welchem Zeitraum das Einkommen für die Berechnung heranzuziehen sei, sodaß er insoweit doch auch bei der Berechnung des Familieneinkommens greife.

3. Schließlich ist beim Verfassungsgerichtshof zu B820/89 ein Beschwerdeverfahren anhängig, in dem es um die Einstellung der Gewährung der Notstandshilfe an einen Beschwerdeführer geht, dessen Ehefrau eine Beschäftigung aufgenommen hat. Auch in diesem Fall hat die Behörde § 4 Abs 2 NHV angewendet. Er gab daher gleichfalls Anlaß zur Einleitung von Normenprüfungsverfahren (G 82/90, V180/90).

III. Der Verfassungsgerichtshof ist vorläufig davon ausgegangen, daß er in den anhängigen Beschwerdefällen (nach dem Vorgang der Behörde) ungeachtet der Übergangsbestimmung des ArtIII Abs 3 AlVG-Novelle 1987 § 4 Abs 2 NHV und die dieser Bestimmung zugrundeliegende sublit. c des § 36 Abs 3 litB AlVG anzuwenden hätte.

Gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Gesetzesbestimmung und die Gesetzmäßigkeit der auf sie gegründeten Verordnungsbestimmung hatte er jedoch folgende Bedenken:

"1. Die Bedenken gehen zunächst dahin, daß ein bestimmter, von der Höhe der bisher gebührenden Notstandshilfe unabhängiger Grenzbetrag des (Familien-)Einkommens nach Verstreichen einer längeren Zeit seit Erschöpfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld oder Karenzurlaubsgeld nur in Fällen festgelegt wird, in denen der Arbeitslose mit einem Ehegatten (Lebensgefährten) im gemeinsamen Haushalt lebt, nicht aber auch für alleinstehende Arbeitslose. Es ist keine sachliche Rechtfertigung dafür erkennbar, daß die Hilfe für Personen, die in gemeinsamen Haushalt leben, unter Umständen empfindlich gekürzt wird, während alleinstehende Arbeitslose die Notstandshilfe in voller (am Arbeitslosengeld und damit am früheren Arbeitseinkommen orientierter) Höhe weiter beziehen. Zwar hält der Verfassungsgerichtshof eine Kürzung der Notstandshilfe für unbedenklich, soweit sie dem Umstand Rechnung trägt, daß die Tatsache des Zusammenlebens im gemeinsamen Haushalt zu einer verhältnismäßigen Minderung des zur Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse erforderlichen Aufwandes führt. Eine solche Ersparnis scheint aber auch bei einer Durchschnittsbetrachtung nur im Verhältnis zur Höhe der jeweils gebührenden Notstandshilfe einzutreten und schlechthin keinen 'bestimmten Grenzbetrag' zu rechtfertigen, auf den das (gemeinsame) Einkommen unabhängig von der Höhe der bisher gewährten Hilfe zu kürzen wäre. Andrerseits müßte eine von allfälligen Ersparnissen unabhängige, verfassungsrechtlich gleichfalls zulässige Kürzung der Notstandshilfe auf einen 'bestimmen Grenzbetrag' auch alleinstehende Arbeitslose treffen und dürfte nur insoweit zwischen Alleinstehenden und in gemeinsamen Haushalt Lebenden differenzieren, als es der für diesen Grenzbetrag dann typischen Ersparnis entspricht.

Es scheint, daß das Gesetz mit der Wortfolge 'bestimmter Grenzbetrag des Familieneinkommens' in Einklang mit der Absicht des Gesetzgebers eine der durchschnittlichen Ersparnis entsprechende verhältnismäßige Kürzung ebenso ausschließt wie umgekehrt eine dem Gleichheitssatz entsprechende Anwendung von Kürzungsbestimmungen auf alleinstehende Arbeitslose.

Sollte das Gesetz aber die eine oder andere dem Gleichheitssatz entsprechende Auslegung erlauben, scheint die in Prüfung gezogene Verordnung dem Gesetz zu widersprechen. Denn es scheint, daß dann § 4 Abs 2 NHV aus den genannten Gründen dem Gesetz widerspricht.

2. Gegen die in Prüfung gezogene Verordnungsbestimmung besteht ferner das Bedenken, daß sie nicht jenes Mindestmaß an Verständlichkeit aufweist, das jedes - im Lichte des Rechtsstaatsprinzips anzuwendende - Gesetz von einer Verordnung verlangt. Im Erkenntnis VfSlg. 3130/1956 hat der Verfassungsgerichtshof aus dem rechtsstaatlichen Prinzip abgeleitet, daß der Inhalt eines Gesetzes der breiten Öffentlichkeit in klarer und erschöpfender Weise zur Kenntnis zu bringen ist, weil der Normunterworfene die Möglichkeit haben muß, sich der Norm gemäß zu verhalten. Diesem Erfordernis entspricht zum Beispiel eine Vorschrift nicht, zu deren Sinnermittlung subtile verfassungsrechtliche Kenntnisse, qualifizierte juristische Befähigung und Erfahrung und geradezu archivarischer Fleiß von Nöten ist.

Es scheint, daß solche rechtsstaatliche Anforderungen nicht nur - wie VfSlg. 3130/1956 zeigt - an die Kundmachung des Normtextes, sondern auch an dessen Formulierung zu stellen sind, und daß sie nicht nur für Gesetze, sondern für jede Norm und daher auch für die aufgrund verfassungsmäßiger Gesetze erlassenen Verordnungen gelten, so zwar, daß nur solche Verordnungen dem verfassungskonform ausgelegten Gesetz entsprechen, die ein gleiches Mindestmaß an Verständlichkeit aufweisen.

Dieses Mindestmaß scheint hier nicht erreicht zu sein:

Zunächst ist dem Eingangssatz des in Prüfung gezogenen Abs 2 des § 4 NHV ('. . . bei Personen, die . . .') nicht zu entnehmen, daß die dort geregelte Prozedur insgesamt nur für Ehegatten (Lebensgefährten) im gemeinsamen Haushalt gilt. Nur die Bezeichnung 'Familieneinkommen' und der Umstand, daß in Z 1 von den im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten (Lebensgefährten) die Rede ist, kommen als Anhaltspunkte dafür in Betracht. Da Z 3 jedoch von 'den übrigen Fällen' spricht, bleibt unklar, ob die Regelung nicht doch auch auf alleinstehende Arbeitslose bezogen werden kann. Andrerseits scheinen sich Z 2 und Z 3 darin zu unterscheiden, daß Z 2 bestimmt, wann Notlage nicht vorliegt, Z 3 ('in den übrigen Fällen') aber festlegt, welche 'Betragsgrenze' die Notstandshilfe nicht übersteigen darf. Soweit freilich Z 3 auf die 'Betragsgrenze nach Z 1' hinweist, läßt sie sich wieder nicht sinnvoll deuten, denn die Z 1 enthält nichts, was als Grenze angesprochen werden könnte, vielmehr geht es dort um den Begriff und die Berechnung des 'Familieneinkommens'. Die Formulierung 'Z 1' in Z 3 sollte anscheinend richtig 'Z 2' heißen, oder Z 3 muß so verstanden werden, daß die von ihr angezogene Z 1 nur auf Z 2 weiter verweist.

Z 1 regelt die Berechnung des Familieneinkommens durch Verweisung auf Bestimmungen, die sich mit dem Begriff der Notlage (§3), mit der Anrechnung vom Einkommen des Arbeitslosen (§5) oder von Angehörigen des Arbeitslosen (§6) beschäftigen; diese Bestimmungen sollen 'sinngemäß Anwendung' finden. Eine der verwiesenen Stellen (§6 Abs 5) verweist ihrerseits wieder auf '§5 Abs 1 erster Satz, 3 und 6', die sinngemäß anzuwenden sind (wobei dieser Sinn in § 5 letztlich ein anderer ist als in § 6 und dort wieder ein anderer als in § 4). Doch ist auf § 6 Abs 5 in § 4 nur insoweit verwiesen, als dort 'auf § 5 Abs 3 und 6 verwiesen wird'. Daher scheint eine sinngemäße Anwendung (zweiten Grades) des ersten Satzes des § 5 Abs 1 bewußt ausgeschlossen zu sein. Gleichwohl scheint die Praxis der Arbeitsmarktverwaltung dies so zu verstehen, daß die in diesem ersten Satz des § 5 Abs 1 getroffene Anordnung, daß das erzielte Einkommen 'auf die Notstandshilfe, die im Folgemonat gebührt', anzurechnen ist, doch auch bei Berechnung des Familieneinkommens heranzuziehen ist (freilich nur irgendwie sinngemäß, weil es in Z 1 noch nicht um die Anrechnung von Einkommen, sondern erst um die Berechnung des Familieneinkommens geht). Es scheint, daß auch sachliche Gründe für diese Praxis sprechen, weil diesem ersten Satz des § 5 Abs 1 insoweit eine systemtragende Rolle zukommen dürfte.

Die in Prüfung stehende Verordnung verweist in Z 1 ferner ('sinngemäß') auch auf § 6 Abs 6. Im letzten Satz dieser - die Anrechnung des Einkommens von Angehörigen regelnden - Bestimmung wird angeordnet, daß nur die niedrigere Notstandshilfe auf die höhere anzurechnen ist. Dieser letzte Satz ist von der Verweisung des § 4 Abs 2 Z 1 nicht ausgeschlossen (obwohl diese Stelle bei einer anderen Verweisung auf eine Verweisung - wie eben dargestellt


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diese Verweisung nur teilweise ausspricht). Es ist also hier anzunehmen, daß auch diesem Satz bei der Prozedur nach § 4 Abs 2 ('sinngemäß') Bedeutung zukommt. Er könnte dort - da es nicht um eine Anrechnung des Einkommens des Angehörigen, sondern um die Berechnung des Familieneinkommens geht - die Folge haben, daß eine
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bisher - höhere Notstandshilfe dann nicht in die Rechnung einzubeziehen ist, wenn es um die Berechnung des Familieneinkommens zum Zweck der Feststellung der Notlage und des Ausmaßes der Notstandshilfe für den Ehegatten (Lebensgefährten) mit - bisher - niedriger Notstandshilfe geht (wohl aber die Notstandshilfe des anderen Teils, wenn es um die bisher höhere Notstandshilfe geht). Gleichwohl scheint die Praxis der Arbeitsmarktverwaltung mit guten Gründen der Auffassung zu sein, daß § 6 Abs 6 im Fall des § 4 Abs 2 keinen entsprechenden ('sinngemäßen') Anwendungsbereich hat.

Es soll nicht von vornherein in Abrede gestellt werden, daß es möglich ist, solche Zweifelsfragen durch umfassende Analyse der in Prüfung stehenden Bestimmung im Kontext der gesamten Verordnung letzten Endes doch zu klären. Es scheint aber, daß nur mit subtiler Sachkenntnis, außerordentlichen methodischen Fähigkeiten und einer gewissen Lust zum Lösen von Denksport-Aufgaben überhaupt verstanden werden kann, welche Anordnungen hier getroffen werden."

Unter Hinweis auf diese Bedenken stellt auch der Verwaltungsgerichtshof aus Anlaß einer bei ihm zu B90/08/0078 anhängigen Beschwerde betreffend Widerruf und Rückforderung von Notstandshilfe wegen Überschreitung der Familieneinkommensobergrenze den Antrag auf Aufhebung der sublit. c des § 36 Abs 3 litB AlVG idF BGBl. 615/1987 und des § 4 Abs 2 der NHV idF BGBl. 319/1988 (G 115/90, V197/90).

IV. In den Gesetzesprüfungsverfahren hat die Bundesregierung, in den Verordnungsprüfungsverfahren der Bundesminister für Arbeit und Soziales eine Äußerung erstattet.

1. Die Bundesregierung verteidigt die Verfassungsmäßigkeit der geprüften Gesetzesstelle. Sowohl für das Ausmaß der Notstandshilfe wie auch für die Voraussetzungen, unter denen Notlage als gegeben anzusehen sei, würde das Einkommen des Ehegatten oder Lebenspartners berücksichtigt. Die neue Regelung ersetze nur die Vollverdienstklausel:

"Die Überlegung ging dabei dahin, daß das Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt zu einer verhältnismäßigen Minderung des zur Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse erforderlichen Aufwandes führt, sowie auch, daß durch das Einkommen des Ehepartners (Lebensgefährten) die materielle Existenz des Arbeitslosen gesichert ist und damit eine Notlage ab einer bestimmten Einkommenshöhe, die auch auf zu versorgende Kinder Bedacht nimmt, nicht mehr vorliegt."

§ 36 Abs 1 AlVG ermächtige den Bundesminister, das Ausmaß der Notstandshilfe entsprechend der Dauer der Arbeitslosigkeit abzustufen. Dabei dürfe die Notstandshilfe im Falle eines alleinstehenden Arbeitslosen nicht unter 75 v.H. des Arbeitslosengeldes absinken. Die Ungleichbehandlung der mit einem Ehegatten (Lebensgefährten) im gemeinsamen Haushalt lebenden Arbeitslosen im Verhältnis zu Alleinstehenden könne bei gebotener Durchschnittsbetrachtung

"... damit gerechtfertigt werden, daß eine alleinstehende Person aufgrund des größeren Einflusses von starren und kaum beeinflußbaren Fixkosten der Lebensführung (z.B. Wohnungskosten) wesentlich schwieriger auf Einkommensschwankungen reagieren kann als mehrere gemeinsam in einem Haushalt lebende Personen. Stärkere Einkommensschwankungen würden daher bei einem alleinstehenden Arbeitslosen eher zu einer Existenzgefährdung führen."

Daß der Grenzbetrag von der bisher gebührenden Notstandshilfe unabhängig sei und nicht auf die tatsächliche Minderung der Aufwendungen abstelle, sei mit dem Fürsorgecharakter der Notstandshilfe zu erklären:

"Dazu ist festzuhalten, daß mehr noch als bei der Gewährung von Arbeitslosengeld, bei dem der Konnex zur versicherungspflichtigen Beschäftigung und auch der Versicherungsgedanke noch eine stärkere Rolle spielt, bei der Gewährung der Notstandshilfe der Fürsorgecharakter im Vordergrund steht. Wenn durch die Riskengemeinschaft der unselbständig Beschäftigten die Daseinsvorsorge durch einen langandauernden Zeitraum finanziert wird, scheint es gerechtfertigt zu sein, diese Fürsorgeleistungen auf die bloße Daseinsvorsorge (in Grenzfällen auf eine bloße Existenzsicherung) zu beschränken, wenn ein anderweitiges Familieneinkommen vorliegt."

Schließlich merkt die Bundesregierung an,

"... daß eine tatsächliche Kürzung der Notstandshilfe gemäß Art 36 Abs 3 litB sublit. c AlVG unter den nach den normalen Anrechnungsvorschriften des Einkommens des Ehepartners (Lebensgefährten) zu errechnenden Betrag vor Ablauf einer längeren Zeit seit Erschöpfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld oder Karenzurlaubsgeld durch die entsprechende Festsetzung eines ausreichenden Grenzbetrages nicht zu Lasten jener Fälle gehen kann, in denen das Familieneinkommen sehr niedrig liegt. Im Hinblick auf den Versorgungscharakter der Notstandshilfe ist daher festzuhalten, daß eine Kürzung von Notstandshilfe in derartig besonders zu berücksichtigenden Fällen praktisch ausgeschlossen erscheint."

2. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales begründet zunächst aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes, warum § 4 Abs 2 NHV nicht für Alleinstehende gelte, und führt zur Frage der Verständlichkeit dieser Bestimmung folgendes aus:

"Zur Erfassung der umfangreichen und auf weiten Strecken auch sehr kasuistischen Regelungen bestanden zwei Möglichkeiten:

Entweder ausführliche, detaillierte Gesetzestexte oder zur Vermeidung von Weitschweifigkeiten Verweisungen. Aus den eingangsweise dargelegten Gründen führen bedauerlicherweise diese Verweisungen zu einer Verminderung der Verständlichkeit.

Im einzelnen darf bemerkt werden:

In dem Einleitungssatz wird festgelegt, daß die Voraussetzung für die Anwendung der verschärften Notlagebeurteilung unter Berücksichtigung des Familieneinkommens vorliegt, wenn der Zeitpunkt der Zuerkennung der Notstandshilfe drei Jahre, bei Arbeitslosen, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, vier Jahre zurückliegt. Von den durchschnittlich rund 43.000 Notstandshilfebeziehern trifft diese Voraussetzung des langen Bezuges nur auf rund 800 bis 1.000 Fälle zu, sodaß der Einleitungssatz eine starke Selektion darstellt.

Für den Normadressaten, der schon längere Zeit im Bezug der Notstandshilfe steht und bei dem daher das Familieneinkommen zu berücksichtigen ist, wird sodann das Familieneinkommen definiert. Das Familieneinkommen ist nach Z 1 das Nettoeinkommen der im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten bzw. Lebensgefährten. Weiters wird durch die Verweisungen auf die maßgeblichen Bestimmungen der Notstandshilfeverordnung festgelegt, daß als Familieneinkommen nur Einkünfte gelten, die auch bei der Einkommensanrechnung herangezogen werden können.

Die Z 2 legt sodann fest, daß Notlage nicht vorliegt, wenn das Familieneinkommen die Einkommensgrenze übersteigt.

In den übrigen Fällen - was sprachlich nur so verstanden werden kann, daß das Familieneinkommen die Einkommensgrenze nicht übersteigt - erfolgt nach Z 3 eine Einkürzung der Notstandshilfe auf die Einkommensgrenze. Bei dem Verweis auf die Betragsgrenzen nach 'Z 1' handelt es sich um einen bedauerlichen Druckfehler, dessen Berichtigung auf 'Z 2' eingeleitet wurde.

In der Z 1 wird u.a., soweit es sich um das Einkommen des Ehepartners oder des Lebensgefährten(in) des Arbeitslosen handelt, grundsätzlich auf die sinngemäße Anwendung des § 6 der Notstandshilfeverordnung verwiesen, die die Anrechnung des entsprechenden Einkommens behandelt.

Daß ein Verweis auf § 5 Abs 1 erster Satz fehlt, kann nach ho. Auffassung nur so verstanden werden, daß diese Bestimmung nicht anzuwenden ist. Während bei der Einkommensanrechnung die Anrechnung im Folgemonat erfolgt, wird das Familieneinkommen im laufenden Monat festgestellt. Die Z 2 bestimmt daher auch: 'Übersteigt das Einkommen ... im Monat'.

Der Verweis auf die sinngemäße Anwendung des § 6 Abs 6 bedeutet, daß auch Transfereinkommen bei der Beurteilung heranzuziehen sind, insbesondere auch Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz und damit auch die Notstandshilfe. Nun kann der Fall eintreten, daß beide Ehepartner schon mehr als drei bzw. vier Jahre im Bezug der Notstandshilfe stehen. Auch hier gilt der Grundsatz, daß durch die gemeinsamen Notstandshilfebezüge kein Familieneinkommen über der festgelegten Grenze gewährleistet sein soll.

§ 6 Abs 6 letzter Satz bestimmt, daß bei der Einkommensanrechnung aus sozialen Erwägungen heraus, nicht die höhere auf die niedrigere Notstandshilfe angerechnet wird (sie würde sonst immer vernichtet), sondern nur die niedrigere auf die höhere Notstandshilfe.

Die gleichen Überlegungen gelten für die Beurteilung nach § 4 Abs 2. Es soll nicht die höhere Notstandshilfe herangezogen werden, um zu beurteilen, ob die niedrigere Notstandshilfe zur Gänze oder teilweise wegfällt. Dagegen soll die niedrigere Notstandshilfe für die Beurteilung herangezogen werden, ob es bei der höheren Notstandshilfe zu Einkürzungen kommt. Ein gänzlicher Wegfall der höheren Notstandshilfe ist dabei höchst unwahrscheinlich.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales verkennt nicht, daß die Anrechnungsbestimmungen bei der Notstandshilfe insbesondere seit der Anrechnung von Transfereinkommen nicht ganz einfach sind. Eine bessere und gerechtere Lösung konnte noch nicht gefunden werden. Jedoch ist die Bestimmung des § 4 Abs 2 der Notstandshilfeverordnung durch einfache Wortinterpretation der vorliegenden Regelungen voll verständlich."

Für den Fall der Aufhebung der Verordnung hält der Bundesminister für Arbeit und Soziales legistische Vorkehrungen für nötig und beantragt deshalb, eine Frist von einem Jahr zu bestimmen.

V. Die Normenprüfungsverfahren sind zulässig.

Zweifel an der Zulässigkeit der Anlaßbeschwerden sind nicht entstanden. Soweit sich die Bundesregierung - entgegen der Haltung des Bundesministers für Arbeit und Soziales im Anlaßbeschwerdeverfahren - auf den Standpunkt des Beschwerdeführers des führenden Anlaßverfahrens stellt und die Anwendbarkeit der Neuregelung überhaupt verneint (oben II 1 a), kann ihr der Verfassungsgerichtshof nicht folgen. Wie sich aus dem mit der späteren Praxis der Arbeitsmarktverwaltung übereinstimmenden Ausschußbericht ergibt, sollte die Vollverdienstklausel nur für jene Arbeitslosen in Geltung bleiben, für die sie schon gegolten hatte (arg. "weiterhin ... anzuwenden"), und das konnten nur weibliche Arbeitslose sein; für männliche Arbeitslose sollte die Neuregelung jedenfalls mit in Kraft treten.

Die in Prüfung gezogenen Vorschriften sind daher auch präjudiziell. Der Antrag des Verwaltungsgerichtshofes ist zulässig.

VI. Die Bedenken des Gerichtshofs treffen zu. Die sublit. c des § 36 Abs 3 litB Arbeitslosenversicherungsgesetz ist verfassungswidrig und § 4 Abs 2 der Notstandshilfeverordnung gesetzwidrig.

1. Der Verfassungsgerichtshof hat schon im Prüfungsbeschluß eingeräumt, daß er es für unbedenklich hält, wenn die verhältnismäßige Minderung des zur Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse erforderlichen Aufwandes durch die Tatsache des Zusammenlebens im gemeinsamen Haushalt zum Anlaß für eine Kürzung der Notstandshilfe genommen wird. Er hat es aber auch als zulässig angesehen, eine von der Minderung des Aufwandes unabhängige Kürzung der Notstandshilfe auf einen bestimmten Grenzbetrag vorzusehen. Es ist der Bundesregierung also durchaus beizupflichten, daß die größeren Schwierigkeiten alleinstehender Personen berücksichtigt werden können und daß die Kürzung der Notstandshilfe nach Verstreichen eines längeren Zeitraumes und die Unabhängigkeit des Grenzbetrages vom Ausmaß der bisher bezogenen Notstandshilfe aus dem Fürsorgecharakter der Sozialleistung gerechtfertigt werden kann. Die im Prüfungsbeschluß formulierten Bedenken gehen aber dahin, daß eine Minderung des Aufwandes durch die Tatsache des Zusammenlebens Verheirateter (oder in Lebensgemeinschaft Lebender) nur eine zur bisherigen Notstandshilfe im Verhältnis stehende Kürzung rechtfertigen könne, während eine Herabminderung auf den fixen Betrag eine Fürsorgeleistung grundsätzlich auch Alleinstehende treffen müßte und auf die Tatsache eines gemeinsamen Haushaltes nur soweit Bedacht nehmen dürfte, als es der für den gewählten Grenzbetrag typischen Minderung des Aufwandes entspricht.

Auch die Ausführungen der Bundesregierung tun nicht dar, warum (bei längerer Arbeitslosigkeit) einerseits die im gemeinsamen Haushalt Lebenden auf einen bestimmten Grenzbetrag des Familieneinkommens (also auf eine "Fürsorgeleistung") gekürzt werden, andererseits alleinstehende Arbeitslose die (am Arbeitslosengeld und damit am früheren Einkommen orientierte) Notstandshilfe in voller Höhe weiter beziehen. Der vom anderen Teil geleistete Beistand und die Teilhabe an seinen Gütern lassen sich insoweit nicht ins Treffen führen, weil es nicht um die Anrechnung seines Einkommens, sondern um das Einziehen der vom Einkommen und Vermögen unabhängigen Obergrenze geht. Der Grenzbetrag des Familieneinkommens ist ja auch dann für die Höhe der (gekürzten) Notstandshilfe maßgeblich, wenn der Ehegatte (Lebensgefährte) keinerlei Einkommen hat, keinen Beistand leisten kann und den Notstandshilfeempfänger an keinen Gütern teilhaben lassen kann. Daß das im Gesetz grundgelegte System einseitiger Kürzung für die gemeinsam Lebenden nicht nur zufällig (in "Härtefällen"), sondern gezielt zur Benachteiligung von Ehegatten und Lebensgefährten führt, wird an dem geradezu absurden, wenngleich nur bei verhältnismäßig hoher Notstandshilfe eintretenden Ergebnis deutlich, daß die Notstandshilfe bei jenem Arbeitslosen (auf den Grenzbetrag des Familieneinkommens) gekürzt wird, der für einen einkommenslosen Ehegatten zu sorgen hat, während er als Alleinstehender von jeder Kürzung verschont bliebe.

Der in der Tat auch für Alleinstehende in Betracht kommende § 36 Abs 1 AlVG, wonach die Richtlinien das Ausmaß der Notstandshilfe außer nach dem Familienstand, den Sorgepflichten und dem Alter des Arbeitslosen auch nach der Dauer der Arbeitslosigkeit abstufen können - wobei die Notstandshilfe nach dem dritten Satz derselben Gesetzesstelle mit keinem höheren Betrag als dem des Arbeitslosengeldes festgesetzt werden und (abgesehen von Bestimmungen über die Anrechnung) nicht unter 75 % des Arbeitslosengeldes sinken darf -, kann diese Bedenken nicht zerstreuen. Denn einerseits stellt die in Prüfung stehende Ermächtigung gegenüber dieser Bestimmung eine lex specialis dar, von der die Richtlinien auch dann Gebrauch machen können sollen (und tatsächlich Gebrauch gemacht haben), wenn eine vergleichbare Abstufung nach der Dauer der Arbeitslosigkeit nicht allgemein vorgesehen ist, und andererseits zwingt der (soeben wiedergegebene) dritte Satz des § 36 Abs 1 zur Annahme, daß die Notstandshilfe ungeachtet aller in Abs 1 vorgesehenen Abstufungen an der Höhe des Arbeitslosengeldes orientiert bleiben muß (sich also zwischen dem Betrag des Arbeitslosengeldes und 75 v.H. zu bewegen hat), während die in Prüfung gezogene Vorschrift für den Fall eines gemeinsamen Haushaltes vom Betrag des Arbeitslosengeldes gerade absieht und insoweit auch nicht durch gewissermaßen "flankierende Maßnahmen" der allgemeinen Bemessung nach dem zweiten Satz des § 36 Abs 1 zu einer verfassungsmäßigen Gesamtregelung vervollständigt werden könnte.

Mit anderen Worten: Sieht der Gesetzgeber in der zur Prüfung stehenden Bestimmung vor, daß zusammenlebende Ehegatten (Lebensgefährten) ungeachtet des Zutreffens der Voraussetzungen für höhere Notstandshilfeleistungen sich nach längerer Dauer der Arbeitslosigkeit mit einem bestimmten gemeinsamen Höchstbetrag an Einkommen begnügen müssen, so hat er auch einen entsprechenden Höchstbetrag für alleinstehende Arbeitslose vorzusehen (der freilich die Hälfte des gemeinsamen Höchstbetrages überschreiten dürfte, weil die Vorteile des Zusammenlebens wegfallen). Selbst wenn man in Betracht zieht, daß das Arbeitslosengeld - und damit im Ergebnis auch die Notstandshilfe - der Höhe nach ohnehin begrenzt ist (weil der Grundbetrag über jenen für die höchste vorgesehene Lohnklasse nicht hinausgehen kann), ist doch durch keine gesetzliche Vorschrift vorgekehrt, daß durch den Grenzbetrag des Familieneinkommens die Zusammenlebenden (auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit, gewisse Bedürfnisse gemeinsam zu decken) im Ergebnis nicht schlechtergestellt werden als Alleinstehende.

Der Gesetzgeber hat bei Berücksichtigung des Familienstandes von Notstandshilfeempfängern also wohl einen weiten Gestaltungsspielraum. Billigt er aber zusammenlebenden Ehegatten oder Lebensgefährten selbst dann, wenn beide für sich die Voraussetzungen der Notstandshilfe erfüllen, nicht oder nur unwesentlich mehr zu als einem Alleinstehenden, so handelt er unsachlich. Die Bedenken des Gerichtshofs, daß die in Prüfung stehende Vorschrift zu einem solchen Ergebnis führt, sind im Verfahren nicht zerstreut, sondern erhärtet worden.

§ 36 Abs 3 litB sublit. c AlVG ist daher als verfassungswidrig aufzuheben.

Die Aussprüche über die Kundmachung und das Inkrafttreten der Aufhebung stützen sich auf Art 140 Abs 5 B-VG. Eine allfällige Neuregelung soll nahtlos an die aufgehobene Fassung anschließen können.

2. Die Aufhebung der ihr zugrundeliegenden Gesetzesstelle führt zwangsläufig die Aufhebung der in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmung nach sich.

Der Gerichtshof sieht aber auch die gegen die Verordnung allein erhobenen Bedenken wegen Verletzung der rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verständlichkeit einer Norm nicht entkräftet. Die Äußerung des Bundesministers für Arbeit und Soziales kann allenfalls aufzeigen, wie die in den Anlaßbeschwerdefällen aufgetretenen Fragen gelöst werden können, hat den Gerichtshof aber nicht davon überzeugt, daß die gewählten Formulierungen auch nur ein Mindestmaß an Verständlichkeit aufweisen:

Zunächst läßt die in Prüfung stehende Verordnung nirgends erkennen, daß die Kürzung nicht immer Anwendung findet, wenn "seit der Zuerkennung der Notstandshilfe mehr als drei Jahre vergangen sind" (was nach dem Eingangssatz die alleinige Voraussetzung der Prozedur ist), sondern nur dann, wenn der Arbeitslose mit einem Ehegatten (Lebensgefährten) im gemeinsamen Haushalt lebt. Der Eingangssatz sagt nämlich nur, daß die Notlage und das Ausmaß der Notstandshilfe "unter Berücksichtigung des Familieneinkommens" wie folgt zu beurteilen sei. Herauszufinden, daß das Einkommen des mit dem Arbeitslosen im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten (Lebensgefährten) nicht nur zu "berücksichtigen" ist, sondern der Grenzbetrag des Familieneinkommens überhaupt nur im Falle eines solchen Zusammenlebens maßgeblich wird, bedarf genauer Kenntnis der Entstehungsgeschichte und daran orientierter Rückschlüsse aus der Umschreibung des zu Berücksichtigenden und der daran anknüpfenden Berechnungsvorschrift (die durch den noch immer nicht berichtigten "Druckfehler" in Z 3 - wo schon in der Vorlage und in allen Entwürfen für die Verordnung statt auf Z 2 auf Z 1 verwiesen wird - noch erheblich erschwert werden).

Es ist also wohl klar, daß das Familieneinkommen berücksichtigt werden muß, von dem Z 1 und Z 2 sprechen. Da aber nirgends gesagt ist, wie das Ausmaß der Notstandshilfe und die Notlage bei längerfristig Arbeitslosen zu beurteilen ist, die nicht mit einem Ehegatten (Lebensgefährten) im gemeinsamen Haushalt leben, könnten die "übrigen Fälle" der Z 3 auch alleinstehende Arbeitslose betreffen; die Textierung der Z 3 spräche nicht dagegen.

Warum die Z 1 der in Prüfung stehenden Verordnungsbestimmung nicht einfach nur ausspricht, was nach Meinung des Bundesministers im übrigen ihr Sinn sein soll, daß nämlich als Familieneinkommen nur Einkünfte gelten, die auch bei der Einkommensanrechnung herangezogen werden können, ist ebenso unerfindlich wie der Nutzen einer bloßen Verweisung auf - nachfolgende - Vorschriften, die ihrerseits Verweisungen enthalten, obwohl alle Vorschriften immer nur "sinngemäß" gelten sollen, ohne daß der Sinn irgendwie zum Ausdruck käme (und ohne daß der Leser auch nur den andersartigen Sinn der verwiesenen - erst nachfolgenden - Vorschriften überhaupt in Rechnung stellen könnte). Die Folgen illustrieren die Anlaßfälle:

Was die (sinngemäße) Anwendung des ersten Satzes des § 5 Abs 1 betrifft, hat die Berufungsbehörde folgendes ausgeführt:

"Die Verweisungen in § 4 Abs 1 Z 1 ..., die den Normtext für den Beschwerdeführer offenbar nur mit größter Mühe leserlich machen, definieren lediglich, welches Einkommen als 'Familieneinkommen' heranzuziehen ist.

Im übrigen wird bei genauer Lesart auf § 6 Abs 5 ..., soweit dieser auf § 5 Abs 1 erster Satz verweist, schon verwiesen.

Für den Zeitpunkt der Berücksichtigung dieses Einkommens auf das Ausmaß der Notstandshilfe muß aber eine allgemeine Regel herangezogen werden, die in § 5 Abs 1 ... zu finden ist, und die bestimmt, daß die vorliegenden Einkommen die Notstandshilfe, die im Folgemonat gebührt, betreffen."

Der Vertreter der Behörde hat dies in der Verhandlung über die Beschwerdesache dahin ergänzt, daß der letzte Satz der Z 1 nur deshalb bloß auf § 5 Abs 2 bis 6 verweise, weil die Wendung "nach Abzug der Steuern und sozialen Abgaben" in § 5 Abs 1 auf die Berechnung des Familieneinkommens nicht passe. Demgegenüber meint der Bundesminister - offenbar mit dem Beschwerdeführer des Anlaßverfahrens -, daß das Familieneinkommen aus demjenigen Monat heranzuziehen sei, für welches nach der Notlage und dem Ausmaß der Notstandshilfe gefragt werde. Geht man allerdings davon aus, daß die Beurteilung der Notlage und des Ausmaßes der Notstandshilfe einen ähnlichen Zweck verfolgt wie die Anrechnung von Einkommen des Arbeitslosen (oder eines Verwandten), so bleibt es unerfindlich, warum gerade hier der umständlichere Weg der Anrechnung im selben Monat statt im Folgemonat gewählt werden soll. Daß das Wort "im Monat" entgegen der Meinung des Bundesministers zur Lösung dieser Frage nichts hergibt, liegt auf der Hand. Dem Interpreten scheint also wegen der Ausnahme des Abs 1 von der Verweisung auf § 5 ein Weg versperrt zu sein, den systematische Betrachtung nahelegt, ohne daß teleologische Überlegungen für die Abweichung eine Erklärung böten, sodaß ein Mißlingen der Verweisung vorliegen dürfte. Mit anderen Worten: Der Bundesminister unterstellt einen Gegenschluß, den verständige Auslegung nach Abwägung allen Für und Widers ablehnen würde. Schon in diesem Punkt ist daher der Vorwurf äußerster Unklarheit nicht widerlegt.

Was den letzten Satz des § 6 Abs 6 (niedrigere Notstandshilfe auf höhere) betrifft, nimmt ihn die in Prüfung stehende Bestimmung in Z 1 von ihrer Verweisung auf den die Berücksichtigung von Transfereinkommen anordnenden Absatz nicht ausdrücklich aus. Die belangte Behörde hat auf den im Prüfungsbeschluß (oben II 1 b) wiedergegebenen Einwand des Beschwerdeführers nach dem Hinweis auf den Zweck der Bestimmung, zu verhindern, daß die höhere Notstandshilfe die niedrigere ganz vernichte (und den Arbeitslosen nicht mehr als Notstandshilfeempfänger erscheinen lasse), folgendes ausgeführt:

"Diese Bestimmung kann aber beim § 4 Abs 2 ... insofern nicht sinngemäß zum Tragen kommen, da es bei dieser Norm nicht um die Anrechnung von Notstandshilfe auf Notstandshilfe geht, sondern um die bloße, aber grundsätzliche Feststellung, welches Einkommen als 'Familieneinkommen' heranzuziehen ist.

Der letzte Satz des § 6 Abs 6 ... wurde daher im gegenständlichen Fall auch nicht angewandt."

Der Bundesminister für Arbeit und Soziales meint dagegen, daß die hinter § 6 Abs 6 stehenden Überlegungen auch für die Beurteilung nach § 4 Abs 2 gelten. Es solle nicht die höhere Notstandshilfe herangezogen werden, um zu beurteilen, ob die niedrigere zur Gänze oder teilweise wegfällt, wohl aber die niedrigere für die Beurteilung, ob es bei der höheren zu Einkürzungen kommt.

Die Auffassung des Bundesministers mag im Ergebnis wahrscheinlicher sein. Der belangten Behörde ist aber einzuräumen, daß die Frage, welche Notstandshilfe auf die andere anzurechnen sei, sich nach dem Wortlaut der in Prüfung stehenden Bestimmung erst im Stadium der Z 3 stellt, bei Feststellung des Familieneinkommens nach Z 1 aber beide Notstandshilfen einzubeziehen sind und sich die Anrechnungsbestimmung daher bei Zutreffen der Auffassung des Bundesministers regelmäßig als eine weitere Voraussetzung der Anwendung der in Prüfung stehenden Bestimmung überhaupt darstellen würde: Die Notlage und das Aumaß der Notstandshilfe wären nur dann unter Berücksichtigung des Familieneinkommens zu beurteilen, wenn (a) seit der Zuerkennung der Notstandshilfe mehr als drei Jahre vergangen sind, (b) der Arbeitslose mit einem Ehegatten oder Lebensgefährten im gemeinsamen Haushalt lebt und (c) nicht eine nach der allgemeinen Regel bemessen geringere Notstandshilfe bezieht als der Ehegatte (Lebensgefährte). Die "sinngemäße Anwendung" des § 6 Abs 6 führte diesfalls zu einer völlig anderen Wirkung als in ihrem angestammten Anwendungsbereich, weil es nicht bloß um eine Anrechnung, sondern darum geht, bei wem die mit der Prozedur der Feststellung des Familieneinkommens verbundene Kürzung auf den Grenzbetrag stattzufinden hat. Das alles kann niemand verstehen, der nach dem Eingangssatz der in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmung annehmen muß, die Notlage und das Ausmaß der Notstandshilfe für schon längerfristig Arbeitslose sei (unter Berücksichtigung des Einkommens der "Familie") nach dieser Bestimmung festzustellen.

Wie der Bundesminister für Arbeit und Soziales unter diesen Umständen zum Urteil kommen kann, es ergebe sich das "aus einfacher Wortinterpretation der vorliegenden Regelung", ist schlechterdings unerfindlich. Die Bedenken des Prüfungsbeschlusse wurden im Verfahren vielmehr bestätigt: Nur mit subtiler Sachkenntnis, außerordentlichen methodischen Fähigkeiten und einer gewissen Lust zum Lösen von Denksport-Aufgaben kann überhaupt verstanden werden, welche Anordnungen hier getroffen werden sollen. Die Verordnung ist daher schon aus diesem - von der Aufhebung des Gesetzes unabhängigen - Grund aufzuheben.

Die übrigen Aussprüche stützen sich auf Art 139 Abs 5 B-VG. Da die Erlassung einer dem - bis Ablauf des weitergeltenden - Gesetz entsprechenden verständlichen Verordnung nicht einer Jahresfrist, sondern nur einer für die Neuformulierung angemessenen Zeit bedarf, ist das Außerkrafttreten mit Ablauf des zu befristen.