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VfGH vom 14.12.2001, g181/01

VfGH vom 14.12.2001, g181/01

Sammlungsnummer

16407

Leitsatz

Verfassungswidrigkeit einer Bestimmung des Güterbeförderungsgesetzes 1995 idF vor der Novelle 2001 mangels sachlicher Rechtfertigung einer Mindestgeldstrafe von S 20.000,-- für Lenker eines Lastkraftwagens bei Verletzung unmittelbar anwendbarer Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße (Ökopunktesystem); seit Novellierung nur mehr Höchststrafe für Lenker in Höhe der halben ursprünglichen Mindeststrafe und Strafen für den Unternehmer bei Verletzung von Vorsorgepflichten

Spruch

Die Wortfolge "und Z 7 bis 9" im zweiten Satz des § 23 Abs 2 des Bundesgesetzes über die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen (Güterbeförderungsgesetz 1995), BGBl. Nr. 593, in der Fassung BGBl. I Nr. 17/1998, war verfassungswidrig.

Die verfassungswidrige Bestimmung ist insofern nicht mehr anzuwenden, als sie sich auf die Z 8 bezieht.

Der Bundeskanzler ist verpflichtet, diese Aussprüche unverzüglich im Bundesgesetzblatt I kundzumachen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Beim Unabhängigen Verwaltungssenat Salzburg (im folgenden: UVS Salzburg) sind zwei Berufungsverfahren gegen Straferkenntnisse des Bezirkshauptmannes von Salzburg-Umgebung jeweils vom anhängig.

1.2. Mit diesen Straferkenntnissen wurde über die Berufungswerber eine Geldstrafe iHv je S 20.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von je 3 Tagen, verhängt. In beiden Fällen hätten die Berufungswerber als Lenker von Sattelkraftfahrzeugen in Zusammenhang mit der gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern im grenzüberschreitenden Güterverkehr von Österreich nach Deutschland keine beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz im Fahrzeug mitgeführt. Die Berufungswerber hätten dadurch eine Übertretung des § 23 Abs 1 Z 8 des GüterbeförderungsG 1995 iVm Art 5 Abs 4 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom begangen, weshalb sie gemäß § 23 Abs 1 Z 8 und Abs 2 GüterbeförderungsG 1995 bestraft wurden.

1.3. Aus Anlaß dieser beiden bei ihm anhängigen Berufungsverfahren stellte der UVS Salzburg die zu G181/01 und G299/01 protokollierten Anträge an den Verfassungsgerichtshof (wobei der ursprünglich zu G181/01 eingebrachte Antrag in der Folge in diesem Sinne modifiziert wurde), gemäß Art 140 Abs 1 iVm Art 129a Abs 3 und Art 89 B-VG die Wortfolge "und Ziffer 7 bis Ziffer 9" (gemeint wohl: "und Z 7 bis 9") in § 23 Abs 2 zweiter Satz des GüterbeförderungsG 1995, BGBl. 593, idF BGBl. I 17/1998, als verfassungswidrig aufzuheben.

2.1. Beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (im folgenden: UVS des Landes Oberösterreich) sind vier Berufungsverfahren anhängig:

2.2. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes Braunau am Inn vom wurde über den Berufungswerber eine Strafe verhängt, weil er am als Lenker eines LKW einen grenzüberschreitenden gewerbsmäßigen Güterkraftverkehr vorgenommen habe, ohne die erforderliche Gemeinschaftslizenz mitgeführt zu haben. Er habe deshalb eine Übertretung des § 23 Abs 1 Z 8 des GüterbeförderungsG 1995 iVm Art 3 Abs 1 und Art 5 Abs 4 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom begangen, weshalb gegen ihn gemäß § 23 Abs 1 Z 8 und Abs 2 GüterbeförderungsG 1995 eine Geldstrafe iHv S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 67 Stunden) verhängt wurde.

2.3. Mit Straferkenntnissen des Bezirkshauptmannes von Schärding bzw. von Ried im Innkreis wurden die Berufungswerber deswegen bestraft, weil sie - als Lenker von LKW - gewerbsmäßig einen Straßengütertransitverkehr durch Österreich durchgeführt hätten, für welchen Ökopunkte zu entrichten seien. In keinem dieser Fälle seien jedoch die in der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 vom , vorgesehenen Unterlagen, nämlich - ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt oder - ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als "Umweltdatenträger" ("ecotag") bezeichnet wird, mitgeführt worden. Es liege demnach ein Verstoß gegen die Verordnung (EG) Nr. 3298/94 vom vor, weshalb gegen die Berufungswerber gemäß § 23 Abs 1 Z 8 und Abs 2 GüterbeförderungsG 1995 eine Geldstrafe iHv S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 67 Stunden bzw. 3 Tage) verhängt wurde.

Aus Anlaß dieser bei ihm anhängigen Berufungsverfahren stellte der UVS des Landes Oberösterreich die zu G276/01, G282/01, G290/01 und G305/01 protokollierten Anträge, wobei er im zu G276/01 protokollierten Verfahren ausschließlich die Aufhebung der Wortfolge "und Z 7 bis 9" in § 23 Abs 2 zweiter Satz des GüterbeförderungsG 1995, BGBl. 593, idF BGBl. I 17/1998, begehrt. In den zu G282/01 und G305/01 protokollierten Verfahren beantragt er zudem, in eventu die Worte "7 bis" bzw. in eventu "bis 9" als verfassungswidrig aufzuheben. Im zu G290/01 protokollierten Antrag begehrt der UVS des Landes Oberösterreich, der Verfassungsgerichtshof möge aussprechen, daß die Worte "und Z 7 bis 9", in eventu die Worte "7 bis", in eventu die Worte "bis 9" in § 23 Abs 2 zweiter Satz des GüterbeförderungsG 1995, BGBl. 593, idF BGBl. I 17/1998, verfassungswidrig waren.

2.4. Zu den Eventualanträgen führt der UVS des Landes Oberösterreich ua. im zu G282/01 protokollierten Verfahren folgendes aus:

"3. Die im gegenständlichen Fall präjudizielle Z 8 ist in § 23 Abs 2 GütbefG nicht ausdrücklich angeführt, sondern durch die Wendung

'Z 7 bis 9' miterfasst.

Von der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ausgehend, dass im Zuge einer Gesetzesaufhebung einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlassfall ist, dass aber andererseits der verbleibende Text keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt (vgl. die Nachweise bei Klecatsky-Öhlinger, Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts, Wien 1984, 119), wäre wohl an sich auch die Aufhebung bloß der Worte 'bis 9' geeignet, die vermutete Verfassungswidrigkeit zu beseitigen: der - unpräjudizielle - Tatbestand der Z 7 des § 23 Abs 2 GütbefG verbliebe so im Rechtsbestand, während jener nach Z 8, aber auch der im gegenständlichen Fall nicht präjudizielle Tatbestand nach Z 9 eliminiert würden, wobei insgesamt eine auch weiterhin verständliche Textierung des § 23 Abs 2 GütbefG gegeben wäre.

Analoges würde aber auch gelten, wenn bloß die Worte '7 bis' aufgehoben würden: Während hier der - unpräjudizielle - Tatbestand nach Z 9 verbleibt, würden der nicht präjudizielle Tatbestand nach Z 7 und jener hier präjudizielle nach Z 8 entfallen.

§ 23 Abs 1 Z 7 GütbefG soll allgemein die Nichtbefolgung von Ge- und Verboten auf Grund von Abkommen mit Staatengemeinschaften über den Güterverkehr mit Kraftfahrzeugen sanktionieren; darauf aufbauend stellt sich der Tatbestand der Z 8 als eine lex specialis in Bezug auf Vorschriften der Europäischen Union dar, während - insoweit beziehungslos dazu - in Z 9 die Verletzung einer im Ergebnis den praktischen Vollzug der Vorschrift wesentlich erleichternde Ordnungsnorm (nämlich: Festlegung des Zwanges zur Verwendung standardisierter Kontrollgeräte) pönalisiert wird. Auf Grund des dargestellten, normsystematisch engen Zusammenhanges zwischen Z 7 und Z 8 in § 23 Abs 2 GütbefG könnte man daher zur Auffassung gelangen, dass dieser Umstand eher für die Aufhebung der Worte '7 bis' spricht; demgegenüber könnte die vergleichsweise höhere rechtspolitische Bedeutsamkeit - es handelt sich hiebei schließlich um eine völkerrechtliche Verpflichtung - für eine weitere Beibehaltung der Z 7 und stattdessen für eine Eliminierung der Worte 'bis 9' sprechen.

Schließlich ist aber auch zu bedenken, dass es im Zuge eines Normprüfungsverfahrens primär auf rechtliche denn auf rechtspolitische Argumente ankommt, sodass es wohl dem antragstellenden Gericht nicht zustehen dürfte, die Frage, ob entweder die - aufgrund der konkret gegebenen Formulierung der Norm unausweichliche - Mitaufhebung der Z 7 oder jene der Z 9 dem Willen des Gesetzgebers besser entspricht, selbst zu entscheiden und auf diese Weise durch seine Antragsformulierung in der Folge auch den Verfassungsgerichtshof selbst zu präjudizieren. Dies würde es wiederum nahelegen, die Aufhebung der Wortfolge 'und Z 7 bis 9' zu beantragen, um solcherart das Normprüfungsverfahren von der Lösung eines rechtspolitischen Interessenskonfliktes überhaupt zu befreien.

Da ein vergleichbarer Fall nach h. Wissensstand vom Verfassungsgerichtshof bislang noch nicht entschieden wurde, musste daher im gegenständlichen Fall aus prozessökonomischen Erwägungen die Methode der Gesetzesanfechtung im Wege eines Hauptantrages, verbunden mit entsprechenden Eventualanträgen, gewählt werden."

2.5. In der Sache selbst hegen der UVS Salzburg wie auch der UVS des Landes Oberösterreich gegen die tlw. angefochtene Bestimmung gleichheitsrechtliche Bedenken.

Sie verweisen in diesem Zusammenhang auf die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom , G130/00 ua. Zlen. bzw. VfSlg. 15.785/2000, welche die Aufhebung von im AWG vorgesehenen Mindeststrafen betrafen, und führen aus, daß die dort angestellten Überlegungen auch auf den konkreten Fall übertragbar seien.

Normadressat der Strafbestimmung des § 23 Abs 1 Z 8 GüterbeförderungsG 1995 sei nicht etwa der Zulassungsbesitzer jenes Kraftfahrzeuges, mit dem die Verwaltungsübertretung begangen wurde - idR also der Speditionsunternehmer -, sondern gemäß Art 1 Abs 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 (idF der VO Nr. 609/2000) der jeweilige LKW-Fahrer. Die Mindestgeldstrafe von S 20.000,-- treffe daher nicht gewerbsmäßig tätige Unternehmer, sondern ausschließlich die eher im unteren Einkommensbereich werktätigen Personen. Allein zum Zweck der Sicherung der Einhaltung der Vorschriften des GüterbeförderungsG 1995 und der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 (idF der VO Nr. 609/2000) bzw. zur Verwirklichung von deren Zielen erscheine aber eine derart hohe Mindestgeldstrafe von S 20.000,--, die bereits 20 vH der Höchststrafe entspreche - und damit im unteren Fünftel des gesetzlichen Strafrahmens keinerlei Bedachtnahme auf den Grad des persönlichen Verschuldens bzw. auf den durch das Vergehen bewirkten Schaden ermögliche -, unter dem Sachlichkeitsaspekt des Gleichheitsgrundsatzes als überschießend.

"Zur plakativen Verdeutlichung" wird im zu G290/01 protokollierten Antrag nachstehendes ausgeführt:

"Noch augenfälliger wird die Unangemessenheit dieser Mindeststrafe in Ansehung der (hier zwar nicht verfahrensgegenständlichen, aber ebenfalls möglichen) Übertretung der Vorschrift des Art 1 Abs 1 litd) der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 idF der VO Nr. 609/2000:

Wenn der LKW-Lenker bei einer Fahrt, die keine Transitfahrt ist, den elektronischen Umweltdatenträger (ecotag) nicht auf transitbefreite Fahrt stellt, obwohl dies in litd) der VO verlangt ist, so hat er das Delikt des § 23 Abs 1 Z 8 GütbefG verwirklicht und ist gemäß § 23 Abs 2 zweiter Satz GütbefG mit der Mindeststrafe von 20.000 S zu bestrafen. Dies obwohl er den Zielen der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 de facto nicht zuwidergehandelt hat, weil er - ohne selbst eine Transitfahrt durchzuführen - die seinem Unternehmer zugewiesenen Ökopunkte verbraucht und diesem somit die Möglichkeit einer Transitfahrt genommen hat!"

3. Die Bundesregierung hat im zu G181/01 protokollierten Verfahren aufgrund ihres Beschlusses vom eine Äußerung erstattet, auf welche sie in den weiteren Verfahren verweist. In dieser begehrt sie, den Antrag als unzulässig zurückzuweisen, nimmt jedoch von der Erstattung einer meritorischen Stellungnahme Abstand.

Sie weist zudem darauf hin, "dass der Nationalrat am (gemeint wohl 2001) ein Bundesgesetz, mit dem das Güterbeförderungsgesetz 1995 geändert wird, beschlossen hat. Mit dieser Novelle werden die Strafbestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes dahingehend geändert, dass ab Inkrafttreten der Novelle der Lenker für Verletzungen unmittelbar anwendbarer Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße nur mehr mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S zu bestrafen ist."

4. Der Verfassungsgerichtshof hat die Normprüfungsverfahren in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm § 35 VerfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden.

II. Zur Rechtslage:

1. Das Bundesgesetz über die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen (Güterbeförderungsgesetz 1995), BGBl. 593, idF BGBl. I 17/1998 (die Novelle BGBl. I 106/2001 hat hier außer Betracht zu bleiben - siehe unten III.1.), im folgenden:

GüterbeförderungsG 1995, bestimmt in seinem § 23 folgendes:

"§23. (1) Abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der Gewerbeordnung 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 100 000 S zu ahnden ist, wer


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1.
die Anzahl der Kraftfahrzeuge ohne Genehmigung gemäß § 3 Abs 2 vermehrt;
2.
§6 zuwiderhandelt;
3.
Beförderungen gemäß §§7 bis 9 ohne die hiefür erforderliche Bewilligung durchführt oder Gebote oder Verbote von zwischenstaatlichen Vereinbarungen nicht einhält;
4.
§11 zuwiderhandelt;
5.
die gemäß § 12 festgelegten Tarife nicht einhält;
6.
andere als die in Z 1 bis 5 genannten Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nicht einhält;
7.
Ge- und Verbote auf Grund von Abkommen mit Staatengemeinschaften über den Güterverkehr mit Kraftfahrzeugen nicht befolgt;
8.
unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist;
9.
einen von einer nicht gemäß § 9 Abs 2a ermächtigten Stelle programmierten Umweltdatenträger benützt.

(2) Bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs 1 Z 1, 2, 5 und 6 sowie bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994 hat die Geldstrafe mindestens 5 000 S zu betragen. Bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs 1 Z 3 und Z 7 bis 9 hat die Geldstrafe mindestens 20 000 S zu betragen."

2.1. Den konkreten Anlaßfällen lag eine Bestrafung wegen Übertretung nachstehender unter Punkt 2.2. und 2.3. tlw. wörtlich wiedergegebener unmittelbar anwendbarer Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße zugrunde:

2.2. Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission vom über ein System von Ökopunkten für Lastkraftwagen im Transit durch Österreich, ABl. 1994, L 341, S 20, hat der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreich die nachstehend angeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf

Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen:


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"a)
ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt; ein Muster dieser als 'Ökokarte' bezeichneten Bestätigung ist in Anhang A enthalten; oder
b)
ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als 'Umweltdatenträger' ('ecotag') bezeichnet wird; oder
c)
die in Artikel 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, daß es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder
d)
geeignete Unterlagen aus denen hervorgeht, daß es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, daß dieser für diesen Zweck eingestellt ist.

Die zuständigen österreichischen Stellen geben die Ökokarte gegen Entrichtung der bei der Herstellung und Verteilung der Ökopunkte und Ökokarten anfallenden Kosten aus und errichten an geeigneten Stellen die erforderlichen Einrichtungen zum Lesen der Umweltdatenträger."

2.3. Gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten (ABl. 1992, L 95, S 1) gilt folgendes:

"Artikel 3

(1) Der grenzüberschreitende Verkehr unterliegt einer Gemeinschaftslizenz.

(2) Die Gemeinschaftslizenz wird von einem Mitgliedstaat gemäß den Artikel 5 und 7 jedem gewerblichen Güterkraftverkehrsunternehmer erteilt, der


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-
in einem Mitgliedstaat (nachstehend 'Niederlassungsmitgliedstaat' genannt) gemäß dessen Rechtsvorschriften niedergelassen ist;
-
in diesem Mitgliedstaat gemäß den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und dieses Mitgliedstaats über den Zugang zum Beruf des Verkehrsunternehmers zur Durchführung des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs berechtigt ist.

Artikel 4

Die Gemeinschaftslizenz gemäß Artikel 3 ersetzt - soweit es vorhanden ist - das von den zuständigen Behörden des Niederlassungsmitgliedstaats ausgestellte Dokument, in dem bescheinigt wird, daß der Transportunternehmer zum grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrsmarkt zugelassen ist.

Sie ersetzt für die unter diese Verordnung fallenden Beförderungen auch die gemeinschaftlichen bzw. die unter Mitgliedstaaten ausgetauschten bilateralen Genehmigungen, die bis zum Inkrafttreten dieser Verordnung erforderlich sind.

Artikel 5

(1) Die Gemeinschaftslizenz gemäß Artikel 3 wird von den zuständigen Behörden des Niederlassungsmitgliedstaats ausgestellt.

(2) Die Mitgliedstaaten händigen dem Inhaber das Original der Gemeinschaftslizenz, das von dem Transportunternehmen aufbewahrt wird, sowie so viele beglaubigte Abschriften aus, wie dem Inhaber der Gemeinschaftslizenz Fahrzeuge als volles Eigentum oder aufgrund eines anderen Rechts, insbesondere aus Ratenkauf-, Miet- oder Leasingvertrag, zur Verfügung stehen.

(3) Die Gemeinschaftslizenz muß dem Muster in Anhang I entsprechen. In diesem Anhang ist auch die Verwendung der Gemeinschaftslizenz geregelt.

(4) Die Gemeinschaftslizenz wird auf den Namen des Transportunternehmers ausgestellt. Sie darf von diesem nicht an Dritte übertragen werden. Eine beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz muß im Fahrzeug mitgeführt werden und ist den Kontrollberechtigten auf Verlangen vorzuzeigen.

Artikel 6

Die Gemeinschaftslizenz wird für einen Zeitraum von fünf Jahren ausgestellt und kann erneuert werden.

Artikel 7

Bei Vorlage eines Antrags auf Erteilung einer Gemeinschaftslizenz und spätestens fünf Jahre nach der Erteilung sowie im weiteren Verlauf mindestens alle fünf Jahre prüfen die zuständigen Behörden des Niederlassungsmitgliedstaats, ob der Transportunternehmer die Voraussetzungen des Artikels 3 Absatz 2 erfüllt bzw. weiterhin erfüllt.

Artikel 8

(1) Sind die in Artikel 3 Absatz 2 genannten Voraussetzungen nicht erfüllt, so lehnen die zuständigen Behörden des Niederlassungsmitgliedstaats die Erteilung oder Erneuerung der Gemeinschaftslizenz durch eine mit Gründen versehene Entscheidung ab.

(2) Die zuständigen Behörden entziehen die Gemeinschaftslizenz, wenn der Inhaber


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-
die Voraussetzungen des Artikels 3 Absatz 2 nicht mehr erfüllt;
-
zu Tatsachen, die für die Erteilung der Gemeinschaftslizenz erheblich waren, unrichtige Angaben gemacht hat.

(3) Bei schweren oder wiederholten leichten Verstößen gegen die Beförderungsbestimmungen können die zuständigen Behörden des Niederlassungsmitgliedstaats dem Transportunternehmer, der gegen die Bestimmungen verstoßen hat, insbesondere zeitweilig und/oder teilweise die beglaubigten Abschriften der Gemeinschaftslizenz entziehen.

Diese Sanktionen richten sich danach, wie schwerwiegend die vom Inhaber einer Gemeinschaftslizenz begangene Zuwiderhandlung ist und über wieviele beglaubigte Abschriften er für seinen grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr verfügt."

III. 1.1. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Frage der Zulässigkeit erwogen:

1.2. Der Verfassungsgerichtshof geht entsprechend seiner ständigen Judikatur (VfSlg. 15.199/1998, ua. Zlen. mwN) davon aus, daß er nicht berechtigt ist, durch seine Präjudizialitätsentscheidung ein Gericht oder einen Unabhängigen Verwaltungssenat, das bzw. der einen Gesetzesprüfungsantrag gemäß Art 140 Abs 1 B-VG stellt, an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung des Gerichts oder des Unabhängigen Verwaltungssenats in der Hauptsache vorgreifen würde. Ein Antrag eines dieser Rechtschutzorgane gemäß Art 140 Abs 1 B-VG darf daher vom Verfassungsgerichtshof mangels Präjudizialität nur dann zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig, also gleichsam denkunmöglich ist, daß die angefochtene Gesetzesbestimmung eine Voraussetzung der Entscheidung eines Gerichts bzw. eines Unabhängigen Verwaltungssenats im Anlaßfall bildet.

1.3. Mit BGBl. I 106/2001 wurde das GüterbeförderungsG 1995 und damit auch der tlw. angefochtene § 23 GüterbeförderungsG 1995 novelliert. Dieser lautet nunmehr wie folgt:

"§23. (1) Abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der Gewerbeordnung 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 100 000 S zu ahnden ist, wer


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1.
die Anzahl der Kraftfahrzeuge ohne Genehmigung gemäß § 3 Abs 2 vermehrt;
2.
als Unternehmer § 6 Abs 1 oder 2 zuwiderhandelt;
3.
als Unternehmer Beförderungen gemäß §§7 bis 9 ohne die hierfür erforderliche Bewilligung durchführt oder Gebote oder Verbote von zwischenstaatlichen Vereinbarungen nicht einhält;
4.
als Unternehmer oder Lenker § 11 zuwiderhandelt;
5.
die gemäß § 12 festgelegten Tarife nicht einhält;
6.
§9 Abs 3 zuwiderhandelt;
7.
andere als die in Z 1 bis 6 genannten Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nicht einhält;
8.
Gebote und Verbote auf Grund von Abkommen mit Staatengemeinschaften über den Güterverkehr mit Kraftfahrzeugen nicht befolgt;
9.
unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist;
10.
einen von einer nicht gemäß § 9 Abs 9 ermächtigten Stelle programmierten Umweltdatenträger benützt.

(2) Wer als Lenker § 6 Abs 1, 3 oder 4 oder § 9 Abs 2 zuwiderhandelt oder unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, ist mit einer Geldstrafe bis zu 10 000 S zu bestrafen.

(3) Strafbar nach Abs 1 Z 3 oder Z 6 ist ein Unternehmer auch dann, wenn er die in §§7 bis 9 genannten Verpflichtungen im Ausland verletzt. Örtlich zuständig ist diesfalls jene Behörde, in deren Sprengel der Lenker im Zuge einer Straßenkontrolle betreten wird, sonst jene Behörde, in deren Sprengel der Grenzübertritt in das Bundesgebiet erfolgte.

(4) Bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs 1 Z 1, 2, 5 und 7 hat die Geldstrafe mindestens 5 000 S zu betragen. Bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs 1 Z 3, 6 und Z 8 bis 10 sowie bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 366 Abs 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 hat die Geldstrafe mindestens 20 000 S zu betragen.

(5) Der Unternehmer haftet für die über die von ihm beschäftigten Lenker verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

(6) Von den eingehobenen Strafgeldern fließen 30 vH der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand jener Behörde zu tragen hat, die das Strafverfahren in erster Instanz durchführt. Weitere 70 vH fließen der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand für die Anschaffung, die Errichtung, den Betrieb und die Erhaltung der Einrichtungen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2012/2000, zu tragen hat, und sind hierfür zu verwenden."

1.4. Gemäß § 1 Abs 2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre. Rechtsänderungen nach abgeschlossener Tat berühren die bereits eingetretene Strafbarkeit nicht. Sie haben gemäß § 1 Abs 2 VStG bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides erster Instanz nur hinsichtlich der Strafe zur Folge, daß ein etwaiges nunmehr für den Täter günstigeres Recht zur Anwendung zu kommen hat. Eine Änderung der Rechtslage nach Fällung des Bescheides erster Instanz muß daher aufgrund des § 1 Abs 2 VStG ohne Bedeutung bleiben (vgl. ua. Zlen.; VfSlg. 15.763/2000).

1.5. Es bestehen demnach keine Zweifel daran, daß der UVS Salzburg bzw. der UVS des Landes Oberösterreich bei Erledigung der bei ihnen anhängigen Rechtssachen, die Anlaß zur Stellung der vorliegenden Anträge boten, die tlw. angefochtene Bestimmung idF BGBl. I 17/1998 anzuwenden hätten.

1.6. Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes schließt der Umstand, daß eine Gesetzesstelle bereits außer Kraft getreten ist, die Zulässigkeit eines Antrages eines Gerichtes oder eines Unabhängigen Verwaltungssenates nicht aus, wenn in ihm begehrt wird, die betreffende Gesetzesstelle als verfassungswidrig aufzuheben (vgl. VfSlg. 15.116/1998, ua. Zlen.). Auch insofern ist die Zulässigkeit der Anträge daher gegeben.

1.7. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, sind die Anträge zulässig.

2. Der Verfassungsgerichtshof hat in der Sache erwogen:

Die Gesetzesprüfungsanträge sind berechtigt.

2.1. In VfSlg. 8934/1980 (betreffend administrativrechtliche Rechtsfolgen, die ein Landesgesetzgeber an eine strafgerichtliche Verurteilung knüpfte) hat der Verfassungsgerichtshof aus dem Gleichheitsgebot den Grundgedanken abgeleitet, daß eine derartige Regelung bei zusammenschauender Betrachtung des (der strafgerichtlichen Verurteilung zugrunde gelegten) Verhaltens und der vom Landesgesetzgeber vorgesehenen Rechtsfolge sachlich begründbar sein müsse. Dieses Sachlichkeitsgebot in bezug auf Sanktionen hat der Gerichtshof in der Folge insbesondere in seinen die Strafe des Verfalls (Einziehung) betreffenden Erkenntnissen VfSlg. 9901/1983, 10.597/1985 und 10.904/1986 bekräftigt. Der Gerichtshof hat es dort als unzulässig angesehen, daß der Verfall als absolute Strafdrohung unabhängig vom Grad des Verschuldens und unabhängig von der Höhe des durch das Finanzvergehen bewirkten Schadens (etwa der Abgabenverkürzung) vorgesehen ist (VfSlg. 9901/1983), daß eine Regelung offenbar ein exzessives Mißverhältnis zwischen der Höhe der Strafe des Verfalls und dem Wert einer den Gegenstand der strafbaren Handlung bildenden Ware nach ihrem System in sich schließt (VfSlg. 10.597/1985), bzw. daß eine Regelung nach ihrem System ein exzessives Mißverhältnis zwischen der Höhe der Strafe der Einziehung einerseits und dem Grad des Verschuldens und der Höhe des verursachten Schadens andererseits einschließt (VfSlg. 10.904/1986).

An dieser Rechtsprechung hat der Gerichtshof in VfSlg. 12.151/1989 festgehalten und ausgesprochen, daß das Sachlichkeitsgebot in gleicher Weise den Fall verpöne, in dem ein exzessives Mißverhältnis zwischen dem unter Strafsanktion gestellten Verhalten und der als primäre Rechtsfolge vorgesehenen Geldstrafe gegeben ist.

Auf der anderen Seite hat der Verfassungsgerichtshof bereits im Erkenntnis VfSlg. 7967/1976 (zum Wiener ParkometerG) ausgesprochen, daß es nicht unsachlich sei, wenn sich die Strafhöhe vor allem am Strafzweck orientiere. Er hat damit klargestellt, daß die Orientierung der Strafhöhe am Strafzweck grundsätzlich zulässig ist (vgl. auch VfSlg. 15.677/1999).

In dem zuletzt zitierten Erkenntnis VfSlg. 15.677/1999 hat der Gerichtshof die in § 6 Abs 3 Gasöl-SteuerbegünstigungsG für den Falle einer vorsätzlichen Abgabenhinterziehung vorgesehene Mindestgeldstrafe iHv S 20.000,-- nicht für bedenklich erachtet. Er ging - wie bereits in VfSlg. 7967/1976 - davon aus, daß bei einer im Einzelfall niedrigen Abgabe die Relation zwischen der verkürzten Abgabe und dem Strafbetrag gegenüber der absoluten Höhe der Strafe zurücktrete. Es sei durchaus nicht unsachlich, wenn sich diese absolute Strafhöhe vor allem am Strafzweck (in diesem Fall war dies die steuerliche Entlastung von für Heizzwecke verwendetem Gasöl) orientiere, welcher aber nur dann erreicht werden könne, wenn die für den Fall des vorsätzlichen rechtswidrigen Verhaltens vorgesehene Strafe derart empfindlich sei, daß ein in der Regel normgemäßes Verhalten durchgesetzt werden könne. Dadurch, daß die Verhängung der Mindestgeldstrafe ausschließlich auf vorsätzliches Handeln beschränkt war, gelangte der Verfassungsgerichtshof im Ergebnis zur Auffassung, daß diese Strafdrohung noch keine betragsmäßige Höhe erreicht hätte, die mit den hergebrachten, der Rechtsordnung immanenten Zwecken der Verwaltungsstrafe nicht mehr vereinbar wäre.

Im hg. Erkenntnis vom , VfSlg. 15.785/2000, auf welches auch in den Anträgen der UVS Bezug genommen wird, hob der Verfassungsgerichtshof die in § 39 Abs 1 lita AWG 1990 festgesetzte Mindestgeldstrafe iHv S 50.000,-- als verfassungswidrig auf. Er wies in dieser Entscheidung ua. - unter Verweis auf VfSlg. 9901/1983 und 11.587/1987 - darauf hin, daß - selbst wenn aus Gründen der General- und Spezialprävention strenge Strafen erforderlich sein sollten - die Strafe in einem angemessenen Verhältnis zum Grad des Verschuldens und zur Höhe des durch das Vergehen bewirkten Schadens stehen müsse, und daß die Sicherung der Einhaltung der Vorschriften des AWG 1990 und damit der Verwirklichung von dessen Zielen nur dann erreicht werden könne, wenn die für den Fall des rechtswidrigen Verhaltens vorgesehene Strafe derart empfindlich sei, daß ein in der Regel normgemäßes Verhalten durchgesetzt werden könne. Ein aus präventiven Erwägungen für erforderlich befundenes Strafausmaß - so der Gerichtshof in dieser Entscheidung weiter - könne aber auch ohne die angefochtene Mindestgeldstrafe erreicht werden, weil durch die Normierung der Höchststrafe iHv S 500.000,-- die angestrebten general- und spezialpräventiven Ziele verwirklicht werden könnten.

Im Erkenntnis VfSlg. 13.790/1994 hat der Gerichtshof (im Zusammenhang mit den in § 28 Abs 1 Z 1 AuslBG vorgesehenen Strafsätzen für die unerlaubte Beschäftigung von Ausländern) festgehalten, daß der Gesetzgeber bei Festsetzung der Strafdrohung für Verwaltungsübertretungen dieser Art insbesondere für Fälle einer lang dauernden Fortsetzung oder wiederholten Begehung der Straftat den möglichen wirtschaftlichen Nutzen in Betracht ziehen dürfe, den der Täter durch das verbotene Verhalten erziele. Andernfalls könne es bei ausreichend hohem wirtschaftlichem Interesse dazu kommen, daß der Strafbetrag als bloßer Preis des erwarteten Nutzens kalkuliert werde, und die Strafdrohung ihren Zweck verfehle. In diesem Sinne hat der Gerichtshof auch in dem zitierten Erkenntnis vom , VfSlg. 15.785/2000, die Auffassung vertreten, daß es im Anwendungsbereich des AWG besondere Situationen für erwerbsmäßige Abfallsammler und Abfallbehandler geben könnte, in welchen im Hinblick auf das dem Regelungsbereich zugrunde liegende Gefährdungspotential und das mögliche Einkalkulieren des Strafausmaßes die angefochtene Mindestgeldstrafe für einen eingeschränkten Personenkreis gerechtfertigt sein könnte.

2.2. Vor dem Hintergrund dieser Judikatur kann der Gerichtshof eine sachliche Rechtfertigung für die Verhängung einer Mindeststrafe iHv S 20.000,-- für Verwaltungsübertretungen gemäß § 23 Abs 1 Z 8 GüterbeförderungsG 1995 nicht erkennen. Mit der hier gewählten Rechtsetzungstechnik wird weder auf das Gewicht und die Zielrichtung der im Einzelfall verletzten, im Gemeinschaftsrecht wurzelnden Vorschrift Bedacht genommen noch auf die konkreten Umstände, unter denen die Verwaltungsübertretung begangen wurde, noch schließlich auf die persönlichen Verhältnisse desjenigen, der die Verwaltungsübertretung begangen hat. Dazu kommt, daß in den in Betracht kommenden unmittelbar anwendbaren Vorschriften der Europäischen Union über das Ökopunktesystem die Verpflichtungen (Gebote und Verbote) in der für Verwaltungsstraftatbestände erforderlichen ausreichend umschriebenen Weise nur für den Lenker eines Lastkraftwagens, nicht jedoch für den Transportunternehmer enthalten sind (vgl. Thaller, Verwaltungsstrafrechtliche Probleme bei der Vollziehung des Ökopunktesystems, ZUV 2001, 13 (18); sowie Zl. 99/03/0128; , Zl. 2000/03/0199). Ein Eingehen auf diese Problematik erübrigt sich jedoch im Hinblick auf die Bindung des Verfassungsgerichtshofes an die in der Anfechtungsschrift vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. VfSlg. 15.509/1999). Eine allfällige Rechtfertigung der Mindeststrafe im Hinblick auf den durch derartige Straftaten erzielbaren wirtschaftlichen Vorteil scheidet daher von vornherein aus, kann doch keinesfalls davon ausgegangen werden, daß der Lenker des LKW aus der Begehung der Verwaltungsübertretung einen unmittelbaren Nutzen zieht. Dieser könnte im Ergebnis nur dem Transportunternehmer zugute kommen, der jedoch - wie dargelegt - nach der hier maßgebenden Rechtslage nicht belangt werden kann. Die Strafdrohung richtet sich somit gegen einen Personenkreis, der an der Begehung der Straftat in der Regel kein eigenes wirtschaftliches Interesse hat, vielmehr diesbezüglich nicht selten unter dem Druck eines Arbeitgebers stehen dürfte, im Hinblick auf die Komplexität der maßgebenden gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften die Tatbestandsmäßigkeit seines Verhaltens meist nur in eingeschränktem Maße erkennen bzw. die für die Einhaltung dieser Vorschriften erforderlichen Vorkehrungen (z.B. Ausstattung mit Ökopunkten) oft gar nicht im eigenen Verantwortungsbereich treffen kann.

Diese Bedenken finden ihre Bestätigung durch die - für die Beurteilung der Anträge noch nicht maßgebende - Novelle zum GüterbeförderungsG 1995, BGBl. I 106/2001. In ihr ist einerseits die Mindeststrafe für Lenker bei Verletzung unmittelbar anwendbarer Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße zur Gänze entfallen und statt dessen eine Höchststrafe von S 10.000,-- getreten. Andererseits hat diese Novelle in § 9 Abs 3 leg.cit. eine Verpflichtung des Unternehmers neu eingeführt, vor Fahrtbeginn Vorsorge zu treffen, daß die Fahrt ohne Verletzung der Ökopunkte-Verordnung durchgeführt wird. Die dafür vorgesehene, neu eingeführte Strafbestimmung des § 23 Abs 1 Z 6 leg.cit. sieht nunmehr für dieses Delikt eine Mindeststrafe von S 20.000,-- vor. In den Erläuterungen zur RV (668 BlgNR, 20. GP, 14) heißt es dazu wörtlich:

"In § 23 Abs 2 wird nunmehr der Strafrahmen für bestimmte vom Lenker begangene Delikte gesondert geregelt. Verstöße des Lenkers gegen § 6, insbesondere gegen die Verpflichtung zum Mitführen der Konzessionsurkunde, und gegen unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße, insbesondere die Ökopunkte-Verordnung und die Gemeinschaftslizenz-Verordnung, werden nur mehr mit einer Geldstrafe von bis zu S 10.000,-- bedroht, eine Mindeststrafe für diese Delikte ist nicht vorgesehen. Der Grund für die Herabsetzung des Strafrahmens hinsichtlich der genannten Lenkerdelikte liegt darin, dass die Vergehen vorwiegend im wirtschaftlichen Interesse des Unternehmers liegen."

Die Novelle beseitigt für den Lenker nicht nur die Mindeststrafe von S 20.000,--, sondern setzt an ihre Stelle eine Höchststrafe, die nur mehr die Hälfte der ursprünglich vorgesehenen Mindeststrafe beträgt.

Die angefochtene Mindestgeldstrafe in der dieser Novelle vorausgegangenen Fassung erweist sich somit als überschießend und ist insofern sachlich nicht zu rechtfertigen, sodaß sie mit dem auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgebot unvereinbar ist.

III. 1. In den Anlaßfällen lag stets eine Verletzung der Z 8 des § 23 Abs 1 GüterbeförderungsG 1995 vor. Diese Z 8 ist durch § 23 Abs 2 zweiter Satz GüterbeförderungsG 1995 insofern mitumfaßt, als es heißt: "Bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs 1 Z 3 und Z 7 bis 9 hat die Geldstrafe mindestens 20 000 S zu betragen." Da die Festsetzung einer Mindeststrafe im Falle einer Verletzung des § 23 Abs 1 Z 8 GüterbeförderungsG 1995 einer sachlichen Rechtfertigung entbehrt und diese durch die - sinnvoll nicht trennbare - Wortfolge "und Z 7 bis 9" im zweiten Satz des § 23 Abs 2 GüterbeförderungsG 1995 mitumfaßt ist, und zudem diese Bestimmung durch die Novelle BGBl. I 106/2001 mit Wirkung vom eine neue Fassung erhalten hat, hatte sich der Verfassungsgerichtshof auf die Feststellung zu beschränken, daß die Wortfolge "und Z 7 bis 9" im zweiten Satz des § 23 Abs 2 GüterbeförderungsG 1995, idF BGBl. I 17/1998, verfassungswidrig war.

2. Damit wird den (Haupt)Anträgen der antragstellenden UVS Rechnung getragen; es erübrigt sich demnach ein Eingehen auf die in den zu G282/01, G290/01 und G305/01 gestellten Eventualanträge.

3. Der Ausspruch, daß die verfassungswidrige Bestimmung, insofern sie sich auf die Z 8 bezieht, nicht mehr anzuwenden ist, stützt sich auf Art 140 Abs 7 zweiter Satz B-VG.

IV. 1. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung im Bundesgesetzblatt I beruht auf Art 140 Abs 5 B-VG.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.