VfGH vom 02.12.2016, G15/2016

VfGH vom 02.12.2016, G15/2016

Leitsatz

Abweisung eines Gerichtsantrages auf Aufhebung von Bestimmungen der ZPO betreffend die Abwendung der Verpflichtung zum Erlag einer Prozesskostensicherheit durch Leistung eines Paupertätseides; nur finanziell leistungskräftige ausländische Kläger von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung betroffen; keine Wahlmöglichkeit zwischen Eidesleistung und Erlag der aktorischen Kaution; Unbedenklichkeit der Regelungen angesichts der - darin zum Ausdruck kommenden - Interessenabwägung des Gesetzgebers zwischen den Interessen des ausländischen Klägers hinsichtlich eines effektiven Zugangs zu Gericht und dem Interesse des Beklagten hinsichtlich der Leistung einer Prozesskostensicherheit

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Das Handelsgericht Wien stellte mit Beschluss vom den Antrag,

"- in § 60 Abs 1 ZPO, RGBl. 1895/112 (Stammfassung), die Wortfolge 'oder die Unfähigkeit zum Erlage vom Kläger eidlich zu bekräftigen',

- in § 60 Abs 2 ZPO, RGBl 1895/112 (Stammfassung), die Wortfolge 'Zum Zwecke der eidlichen Bekräftigung seiner Unfähigkeit zum Erlage der Sicherheitssumme hat der Kläger beim Processgerichte innerhalb der ihm hiezu offen gestellten Frist um Anberaumung einer Tagsatzung anzusuchen. Die Ablegung des Eides kann bei dem Gerichte des Wohnsitzes oder Aufenthaltes des Klägers erfolgen' sowie

- in § 62 Abs 1 ZPO, RGBl 1895/112 (Stammfassung), die Wortfolge 'oder Ableistung des Eides'

nach Art 140 Abs 1 Z 1 lita B VG als verfassungswidrig aufzuheben".

II. Rechtslage

§57 des Gesetzes vom 1.8.1895, über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, RGBl. 113/1895, idF BGBl 135/1983 ("ZPO"), sowie die §§60 und 62 ZPO in der Stammfassung lauten (die angefochtenen Wortfolgen sind hervorgehoben):

"Sicherheitsleistung für Processkosten.

§. 57.

(1) Wenn Ausländer vor einem im Geltungsgebiete dieses Gesetzes gelegenen Gerichte als Kläger auftreten, haben sie dem Beklagten auf dessen Verlangen für die Processkosten Sicherheit zu leisten, sofern nicht durch Staatsverträge etwas anderes festgesetzt ist.

(2) Eine solche Verpflichtung zur Sicherheitsleistung tritt jedoch nicht ein:

1. wenn der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hat;

1 a. wenn eine gerichtliche Entscheidung, die dem Kläger den Ersatz von Prozeßkosten an den Beklagten auferlegte, im Staat des gewöhnlichen Aufenthalts des Klägers vollstreckt würde;

2. wenn der Kläger im Geltungsgebiete dieses Gesetzes ein zur Deckung der Processkosten hinreichendes Vermögen an unbeweglichen Gütern oder an Forderungen besitzt, die auf solchen Gütern bücherlich sichergestellt sind;

3. bei Klagen in Ehestreitigkeiten;

4. bei Klagen im Mandats- und Wechselverfahren, bei Widerklagen, sowie bei Klagen, welche infolge einer öffentlichen, gerichtlichen Aufforderung angestellt werden.

(3) Auf die Ermittlung der Gesetzgebung und des Verhaltens des Staates, in dem der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, ist § 4 Abs 1 des IPR-Gesetzes, BGBl Nr 304/1978, sinngemäß anzuwenden.

[…]

§. 60.

(1) Wird dem Antrage stattgegeben, so ist zugleich der Betrag der zu leistenden Sicherheit und die Frist zu bestimmen, binnen welcher dieser Betrag gerichtlich zu erlegen oder die Unfähigkeit zum Erlage vom Kläger eidlich zu bekräftigen ist.

(2) Bei Bestimmung der Höhe der Sicherheitssumme sind die Kosten, welche der Beklagte zu seiner Vertheidigung wahrscheinlich aufzuwenden haben wird, nicht aber auch die durch eine etwaige Widerklage erwachsenden Kosten in Anschlag zu bringen. Zum Zwecke der eidlichen Bekräftigung seiner Unfähigkeit zum Erlage der Sicherheitssumme hat der Kläger bei dem Processgerichte innerhalb der ihm hiezu offen gestellten Frist um Anberaumung einer Tagsatzung anzusuchen. Die Ablegung des Eides kann bei dem Gerichte des Wohnsitzes oder Aufenthaltes des Klägers erfolgen .

(3) In der dem Kläger zuzustellenden schriftlichen Ausfertigung des Beschlusses ist ihm zu eröffnen, dass im Falle fruchtlosen Ablaufes der im Absatze 1 erwähnten Frist die Klage auf Antrag des Beklagten vom Gerichte für zurückgenommen erklärt, oder, wenn der Antrag während des Rechtsmittelverfahrens gestellt wird (§. 58), das vom Kläger eingelegte Rechtsmittel als zurückgezogen angesehen würde. Beides geschieht mittels Beschluss; der Beschlussfassung hat die mündliche oder schriftliche Einvernehmung des Klägers vorauszugehen.

[…]

§. 62.

(1) Nach rechtzeitigem Erlage der Sicherheitssumme oder Ableistung des Eides ist das Verfahren in der Hauptsache auf Antrag einer Partei fortzusetzen.

(2) Ergibt sich im Laufe des Rechtsstreites, dass die geleistete Sicherheit nicht hinreicht, so kann der Beklagte die Ergänzung derselben beantragen, sofern nicht ein zur Deckung ausreichender Theil des erhobenen Anspruches unbestritten ist. Einem solchen Antrage kommt aufschiebende Wirkung nicht zu; der Beschluss, wodurch die Ergänzung der Sicherheit angeordnet wird, ist nach eingetretener Rechtskraft vollstreckbar."

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem Antrag liegt ein Verfahren vor dem Handelsgericht Wien zugrunde, in dem eine in Wilmington (USA) ansässige Gesellschaft (klagende Partei) von einer in Österreich ansässigen Gesellschaft (beklagte Partei) unter anderem die Zahlung von € 421.990,89 s.A. gegen die Übertragung von acht näher bezeichneten Teilschuldverschreibungen Zug um Zug an die klagende Partei begehrt.

In ihrer rechtzeitigen Klagebeantwortung beantragte die beklagte Partei, die Klage kostenpflichtig abzuweisen und der klagenden Partei die Leistung einer Prozesskostensicherheit in der Höhe von € 50.000, aufzuerlegen.

In ihrer im Hinblick auf diesen Antrag erstatteten Äußerung führte die klagende Partei aus, ihr sei auf Grund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse, nämlich ihrer wirtschaftlichen Vermögenslosigkeit, der Erlag einer Sicherheitsleistung nicht möglich. Gleichzeitig bot die klagende Partei an, einen Paupertätseid zu leisten. Einen Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe stellte die klagende Partei nicht.

2. Aus Anlass dieses Verfahrens stellt das Handelsgericht Wien den angeführten Gesetzesprüfungsantrag und legt seine Bedenken gegen die angefochtenen Bestimmungen wie folgt dar (ohne die Hervorhebungen im Original):

"[…]

2. Verfassungsrechtliche Bedenken:

2.1. Zur Zulässigkeit des Antrags:

[…]

Das Handelsgericht Wien hat im gegenständlichen Verfahren die Bestimmungen über den Paupertätseid in § 60 Abs 1 und Abs 2 sowie § 62 Abs 1 ZPO, RGBI 1895/112, anzuwenden, da sie für den Kläger eine gesetzlich ausdrücklich vorgesehene und damit präjudizielle Alternative zum Erlag einer Prozesskostensicherheit normieren. Bei Prüfung und Anwendung der genannten Bestimmungen sind beim antragestellenden Gericht Bedenken, ob deren Verfassungskonformität entstanden. Insbesondere seit dem Erkenntnis VfSlg 1451 judiziert der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass der Gleichheitssatz auch den (einfachen) Gesetzgeber bindet. Nichts anderes gilt für die Bindung des Gesetzgebers an das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums sowie das Recht auf ein faires Verfahren.

2.2. Zur Zulässigkeit der Auferlegung einer 'aktorischen Kaution' bzw der Ableistung eines Paupertätseids iSd §§57 ff ZPO:

Nach dem Wortlaut des § 57 Abs 1 ZPO idgF haben Ausländer, wenn sie vor einem Gericht als Kläger auftreten, dem Beklagten auf dessen Verlangen für Prozesskosten Sicherheit zu leisten, sofern nicht durch Staatsverträge etwas anderes festgesetzt ist. Teleologischer Hintergrund dieser Bestimmung über die aktorische Kaution ist es, den inländischen Beklagten vor der Gefahr zu schützen, dass er von einem ausländischen Kläger, der ihn erfolglos in Anspruch genommen hat, keinen Prozesskostenersatz erlangt (RIS-Justiz RS0036212).

Diese Verpflichtung zum Erlag einer Prozesskostensicherheit bzw zur Ablegung des Paupertätseids entfällt für die klagende Partei aber etwa dann, wenn die Entscheidung über die Prozesskosten im Staat des gewöhnlichen Aufenthalts/Sitzes der klagenden Partei exequierbar ist (§57 Abs 2 Z 1a ZPO), die siegreiche beklagte Partei demgemäß ihren Anspruch auf Prozesskostenersatz dort effektiv durchsetzen kann. Die Behauptungs- und Beweislast für Befreiungstatbestände iSd § 57 Abs 2 ZPO trifft grundsätzlich den Kläger, der sich auf sie stützt (OLG Wien 1 R 4/11g). Im gegenständlichen Verfahren hat die klagende Partei in der ihr eingeräumten Äußerung vom (ON 8) keine solchen Tatbestände iSd § 57 Abs 2 ZPO ins Treffen geführt, sodass von der grundsätzlichen Verpflichtung der klagenden Partei zum Erlag einer aktorischen Kaution auszugehen ist, zumal bilaterale oder multilaterale Staatsverträge im Sinne des § 57 Abs 1 ZPO über die wechselseitige Anerkennung von Zivilurteilen zwischen Österreich und den USA fehlen. Es existiert ferner keine Vereinbarung zwischen Österreich und den USA über die Befreiung vom Erlag einer aktorischen Kaution (siehe die Nachweise in 1 Ob 63/97i; Rkv 1/01; RIS-Justiz RS0036356; vgl auch Czernich, Die Vollstreckung österreichischer Leistungsurteile in den Vereinigten Staaten von Amerika, WBI 1995, 10).

2.3. Wahlrecht de[s] Klägers — 'Paupertätseid':

Die gesetzlich nicht privilegierte ausländische klagende Partei hat nach § 60 Abs 1 und 2 ZPO im österreichischen Zivilverfahrensrecht die Möglichkeit, den gerichtlich auferlegten Erlag einer Sicherheitsleistung für Prozesskosten, die der beklagten Partei als präventiver Deckungsfonds für ihre potenziellen Ersatzansprüche dienen soll, nach ihrer eigenen Wahl durch eine einmalige Eidesleistung zu Beginn des Verfahrens abzuwenden, ohne dass der Beklagte in irgendeiner Form auf diese Wahl Einfluss nehmen könnte. Ist demgemäß der ausländische Kläger zum Erlag der Sicherheitsleistung unfähig, hat er dies eidlich zu bekräftigen, dh den sogenannten 'Paupertätseid' (früher auch 'Armeneid' genannt) oder besser 'Unfähigkeitseid' (da der Sicherungspflichtige, der die auferlegte Sicherheitsleistung nicht erbringen kann, nur diese Unfähigkeit, die nicht mit Armut gleich bedeutend sein muss, beschwört) abzulegen. Die ordnungsgemäß erfolgte Eidesleistung ersetzt nach dem Modell des § 60 Abs 1 und Abs 2 S 2 ZPO den gerichtlichen Erlag der Sicherheitsleistung und ermöglicht dem ausländischen Kläger die Verfahrensführung (Fucik in Fasching/Konecny 2 § 60 ZPO Rz 4 mwN).

Für die Abwendung der Auferlegung einer solchen Kautionsleistung nach § 60 Abs 1 ZPO durch den ausländischen Kläger genügt daher allein — im Unterschied etwa zum Vermögensverzeichnis nach §§47 - 49 EO, bei dem für den Verpflichteten eine Pflicht zur Offenlegung seiner Vermögensverhältnisse besteht und der ein umfassendes Vermögensverzeichnis vorzulegen und zu unterfertigen hat (im früheren Offenbarungseidverfahren war dies sogar zu beeiden) — die 'eidliche Bekräftigung', dass der sicherheitsleistungspflichtige Ausländer zum Erlag der auferlegten Sicherheit 'unfähig' ist.

3. Verfassungsrechtliche Bedenken:

Für die Abwendung der aktorischen Kaution genügt die schlichte, an keine weiteren Voraussetzungen gebundene eidliche Bekräftigung, dass die klagende Partei zum Erlag der vorgeschriebenen Sicherheit unfähig ist. Der Oberste Gerichtshof vertritt in stRsp die Auffassung, dass § 60 Abs. 1 ZPO die Eidesleistung und den Erlag der aktorischen Kaution als Alternativen ansieht und stellt es allein der klagenden Partei anheim, ob sie die Prozesskostensicherheit leisten oder den Eid ablegen will (SZ25/45). Auch ist das Prozessgericht nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht befugt, die Richtigkeit der Eidesleistung zu prüfen (SZ12/129).

Dieses schrankenlose Wahlrecht allein der klagenden Partei ist nach Auffassung des antragstellenden Gerichts für die Rechtsstellung der beklagten Partei zumindest unbefriedigend, weil letztere nach Disposition der klagenden Partei auf deren Eid verwiesen wird und damit selbst im Obsiegensfall Gefahr läuft, ihre gesamten Verfahrenskosten selbst tragen zu müssen.

Diese Rechtslage ist nach Auffassung des antragstellenden Gerichts nicht nur unbefriedigend, sondern — wie nachfolgend zu zeigen ist — auch verfassungsrechtlich bedenklich: Zum einen scheint die Möglichkeit der Abwendung der aktorischen Kaution durch den Paupertätseid insofern gleichheitswidrig, als sie dem allgemeinen Sachlichkeitsgebot des Art 7 Abs 1 B VG sowie dem Recht auf ein faires Verfahren nach Art 6 MRK widerspricht. Zum anderen bestehen Bedenken wegen des Eingriffs in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums iSd Art 5 StGG (siehe dazu nur I. Welser , Zur Verfassungswidrigkeit des Paupertätseides, AnwBI 1994, 257 ff).

3.1. Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 7 Abs 1 B VG und gegen das Recht auf ein faires Verfahren nach Art 6 MRK:

Eine inländische beklagte Partei, die von einer inländischen klagenden Partei belangt wird, hat die Gewissheit, mit einem rechtskräftigen Urteil, mit dem die Klage abgewiesen und ihm Kostenersatz zugesprochen wird, 30 Jahre lang in das Vermögen der klagenden Partei vollstrecken zu können. Die beklagte Partei ist zwar nicht davor gefeit, von jemandem in Anspruch genommen zu werden, der die gegnerischen Prozesskosten nicht aufbringen kann, doch steht ihr immerhin die grundsätzliche Möglichkeit der Exekutionsführung in das gesamte Vermögen der klagenden Partei zu Gebote. Nur wenn die klagende Partei während 30 Jahren nach Rechtskraft des Urteils vermögenslos bleibt, geht der Anspruch der obsiegenden beklagten Partei ins Leere.

ABER: Ungleich schlechter behandelt wird demgegenüber eine inländische beklagte Partei — wie hier die beklagte […] —, die von einem ausländischen Kläger in Anspruch genommen wird. Ist eine Kostenentscheidung gemäß den §§40 ff ZPO zugunsten der obsiegenden beklagten Partei am Sitz des klagenden Ausländers aus rechtlichen Gründen nicht vollstreckbar, hat diese die — in Zeiten schneller Telekommunikations- und Flugverbindungen einfach zu erbringende — Alternative, den Erlag einer Prozesskostensicherheit, aus der sich die beklagte Partei materiell befriedigen könnte, durch eine schlichte Eidesleistung am Beginn des Verfahrens — die nach § 60 Abs 2 ZPO keine völlige Vermögenslosigkeit sein muss — abzuwenden.

Dazu kommt: Mangels Vollstreckbarkeit eines Urteils in den USA ist für die beklagte Partei selbst dann nichts gewonnen, wenn die klagende Partei innerhalb von 30 Jahren nach Rechtskraft des seine Kostenersatzpflicht aussprechenden Urteils, doch noch zu Vermögen kommt. Die schlichte Eidesleistung hilft der beklagten Partei in diesem Fall nicht weiter, zumal sich daraus — ungeachtet der Strafbarkeit eines falschen Eides nach § 288 Abs 2 3. Fall StGB — selbst dann keine Exekutionsmöglichkeit gegen die klagende Partei in den USA eröffnet.

Tatbestandsgemäß kann in den Fällen, in denen eine aktorische Kaution zu erlegen ist, das abweisende Urteil mit Kostenausspruch zugunsten des Beklagten im Heimatland des Klägers aus rechtlichen Gründen nicht vollstreckt werden (siehe nur § 57 Abs 2 Z 1a ZPO); der Erlag einer Sicherheitsleistung ist durch den Paupertätseid aber bereits abgewendet. So könnte in das Vermögen eines sodann wieder wirtschaftlich florierenden Unternehmens selbst dann nicht vollstreckt werden. Eine solche Verschiedenbehandlung der beklagten Partei nach der 'Beschaffenheit' der klagenden Partei ist sachlich nicht gerechtfertigt und damit gleichheitswidrig iSd Art 7 Abs 1 B VG. Soll doch die aktorische Kaution gerade die mangelnde Vollstreckbarkeit des Kostenanspruchs in das Vermögen des Klägers substituieren. Demgemäß ist die Zulassung einer Eidesleistung dahingehend, dass man zu einem bestimmten Zeitpunkt zum Erlag einer Sicherheitsleistung 'unfähig' sei, als ihr Ersatz sachlich nicht gerechtfertigt. Vielmehr benachteiligt es beklagte Parteien in gleichheitswidriger Weise, wenn die klagende Partei nach eigener Wahl(!) zulasten der beklagten Partei entweder die Sicherheit leisten oder den Paupertätseid ablegen kann, zumal künftige Entwicklungen dabei völlig ausgeblendet werden. Die Position einer inländischen beklagten Partei, der als Haftungsfonds das gesamte Vermögen einer inländischen klagenden Partei für 30 Jahre zur Verfügung steht, ist im Vergleich zur Position einer inländischen beklagten Partei, der nicht einmal die Prozesskostensicherheitsleistung des ausländischen Klägers haftet, weil sie durch den Paupertätseid dieses Haftungsfonds gänzlich exemiert wurde, ungleich stärker. Einem allfälligen Einwand, dass sich die beklagte Partei die ausländische klagende Partei im Sinne der Privatautonomie selbst ausgesucht habe und damit wissen habe müssen, worauf sie sich einlässt, ist zu entgegnen, dass sich die Klage nicht auf eine direkte vertragliche Beziehung zwischen den Parteien, sondern auf Dritthaftung der Konzernabschlussprüferin nach § 275 UGB stützt (Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, siehe 3 Ob 230/12p und 10 Ob 58/12w).

Die Möglichkeit, die aktorische Kaution allein nach dem Gutdünken der klagenden Partei durch den Paupertätseid zu ersetzen, ist auch als solche sachlich nicht gerechtfertigt. Wie gerade Fasching (Lehrbuch 2 Rz 456) lehrt, sind die Prozesskosten im Zivilprozess eine ganz erhebliche Größe, die bei einer Prozessführung entscheidend ins Gewicht fällt. Im Gegensatz zum US-amerikanischen Prozess, bei dem in der Regel jeder Teil seine Kosten endgültig selbst zu tragen hat, ist die Verpflichtung zum Prozesskostenersatz nach dem Obsiegensverhältnis ein grundlegendes Prinzip der österreichischen Rechtsordnung. Insofern ist sie auch Ausfluss des Prinzips eines fairen Verfahrens nach Art 6 MRK; dies umso mehr, als die klagende Partei die beklagte Partei durch Zustellung der Klage in den Prozess hineinzieht. Will und muss sich die beklagte Partei gegen (möglicherweise unberechtigte) Ansprüche einer ausländischen klagenden Partei wehren, liefert sie sich selbst im Obsiegensfall zeitgleich der Gefahr aus, auf ihren Prozesskosten 'sitzen zu bleiben'. Gerade bei einem Streitwert über 421.990,89 EUR(!) — wie vorliegend — sind die von der beklagten Partei selbst im Obsiegensfall wegen Vermögenslosigkeit der Klägerin letztlich allein zu tragenden Vertretungskosten 1. Instanz nach TP 3A RATG exorbitant hoch. Insofern kann die beklagte Partei — nach Ablegung einer Eidesleistung anstelle des Erlags einer Prozesskostensicherheit durch die klagende Partei — mangels Exequierbarkeit des Kostentitels in den USA selbst im Obsiegensfall bei Vermögenslosigkeit der Unterlegenen nur Geld verlieren. Das Recht auf ein faires Verfahren iSd Art 6 MRK ist damit nach Auffassung des antragstellenden Gerichts verletzt.

Will man demgegenüber der klagenden Partei im Fall ihrer Vermögenslosigkeit nicht den 'Zugang zum Recht' grundsätzlich verwehren, drängt sich ein Blick auf die Bestimmungen über die Erlangung der Verfahrenshilfe auf. Gemäß § 63 Abs 2 ZPO idgF ist auch juristischen Personen ua bei Vermögenslosigkeit Verfahrenshilfe zu bewilligen (zur Aufhebung des Art 15 Z 3 Budgetbegleitgesetz 2009, BGBI I 2009/52, durch den Verfassungsgerichtshof, siehe etwa VfGH G26/10 ua). § 64 Abs 1 Zif 2 ZPO sieht für die Verfahrenshilfe genießende Partei die (antragsgebundene) Befreiung von der Sicherheitsleistung für die Prozesskosten vor, sodass ihr bereits insofern der Zugang zum Recht (Rechtswegegarantie) gesichert ist. Nun hat aber die klagende Partei nach der Aktenlage einen solchen Antrag auf Befreiung von der Sicherheitsleistung für Prozesskosten iSd § 64 Abs 1 Zif 2 ZPO bislang nicht gestellt.

Im Übrigen vermag allein der Umstand, dass die klagende Partei gegenständlich Verfahrenshilfe nach den §§63 ff ZPO beantragen könnte, die Verfassungswidrigkeit der Bestimmungen über den Paupertätseid nach Auffassung des antragstellenden Gerichts nicht per se zu beseitigen, da diese Bestimmungen nur die Verfahrenshilfe genießende Partei von der Tragung ihrer EIGENEN Kosten befreien; niemals aber gewährt die bewilligte Verfahrenshilfe der obsiegenden Gegenpartei einen Anspruch auf Prozesskostenersatz gegen den Staat (siehe nur Fucik in Rechberger, ZPO 4 § 63 Rz 1 mwN). Die Verfahrenshilfe im Umfang des § 64 Abs 1 Zif 2 ZPO (Befreiung von der Sicherheitsleistung für Prozesskosten) verbessert die Position einer obsiegenden beklagten Partei, die weiterhin über keinen exequierbaren Kostenersatzanspruch in den USA verfügt, in keiner Weise.

Die schlichte Abgabe eines Paupertätseids (OHNE Erlag einer Prozesskostensicherheit) nimmt der klagenden Partei — selbst im Falle der Bewilligung von Verfahrenshilfe und Obsiegens der beklagten Partei — das Risiko des Prozesskostenersatzes ab, weil eine Vollstreckung von Prozesskosten — wie oben dargestellt — in den USA rechtlich nicht möglich ist. Darin ist nach Auffassung des antragstellenden Gerichts im Paupertätseid einmal mehr ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz sowie das Recht auf ein faires Verfahren zu erkennen.

3.2. Verstoß gegen das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums gemäß Art 5 StGG:

Nach Art 5 StGG ist das Eigentum unverletzlich. Der Verfassungsgerichtshof vertritt in stRsp einen umfassenden verfassungsrechtlichen Schutz des Eigentums (siehe nur VfSlg 9283, 9987, 10.322 ua). Dadurch, dass der beklagten Partei bei Ablegung des Paupertätseides durch die klagende Partei faktisch jede Möglichkeit genommen ist, den ihr im Obsiegensfall zugesprochenen Kostenersatz exekutiv hereinzubringen, wird in deren Eigentumsrecht eingegriffen. Ein solcher Eingriff ist bei Grundrechten mit Gesetzesvorbehalt — wie beim verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums — verfassungswidrig, wenn eine Verletzung des Wesensgehaltes vorliegt, wenn demgemäß der Gesetzgeber in das Grundrecht unverhältnismäßig eingreift.

Dies ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs der Fall, wenn

a) das Eingriffsmittel nicht im öffentlichen Interesse gelegen und damit sachlich nicht gerechtfertigt ist; oder

b) das Eingriffsmittel ungeeignet ist oder ein unsachliches Mittel angewendet wird; oder

c) das Eingriffsmittel nicht erforderlich ist, weil es ein gelinderes Mittel gibt; oder

d) Eingriffsziel und Eingriffsmittel nicht in einem angemessenen Verhältnis stehen.

Obwohl für die Bejahung der Verfassungswidrigkeit das Vorliegen einer dieser vier Voraussetzungen genügen würde, sind im vorliegenden Fall nach Auffassung der antragstellenden Gerichts alle vier Varianten verwirklicht:

a) Zunächst ist das Eingriffsziel, nämlich die Möglichkeit der klagenden Partei, auch bei Unfähigkeit zum Erlag der aktorischen Kaution prozessieren zu können, weder sachlich gerechtfertigt noch im öffentlichen Interesse gelegen. Vielmehr wird durch die Einsparung der aktorischen Kaution nur das Interesse der ausländischen klagenden Partei zu Lasten der inländischen beklagten Partei, in deren Eigentum eingegriffen wird, befriedigt.

b) Weiters ist das Eingriffsmittel, nämlich die Möglichkeit der Abwendung durch einmalige Eidesleistung und damit die einseitige Belastung der beklagten Partei mit dem vollen Risiko ihrer eigenen Kosten, unsachlich und ungeeignet. Widerspricht es doch der sonst gültigen generellen Maxime des österreichischen Zivilprozesses, im Obsiegensfall die Kosten vom Gegner ersetzt zu erhalten. Hinsichtlich der Unsachlichkeit ist im [Ü]brigen auf die bereits oben genannten Argumente zu verweisen.

c) Ferner stellt das österreichische Zivilprozessrecht eine Reihe gelinderer Mittel zur Verfügung, die das Eigentumsrecht der beklagten Partei in weniger einschneidender Weise beeinträchtigen. Dazu zählt beispielsweise die Möglichkeit, anstatt des Barerlages eine andere taugliche Sicherstellung zu bieten, zB durch Bürgschaft (§56 Abs 2 ZPO), Bankgarantie oder eine Verpflichtung zum Zug-um-Zug-Erlag der jeweils anfallenden Kosten. Nicht zuletzt sehen auch die Bestimmungen über die Verfahrenshilfe in § 64 Abs 1 Zif 2 ZPO die antragsgebundene Befreiung von der Sicherheitsleistung für Prozesskosten vor. Die völlige Befreiung vom Prozesskostenrisiko durch einen einmaligen Eid — ohne weitere Überprüfung der Vermögenslage auf Seiten der klagenden Partei etwa wie bei der Verfahrenshilfe (siehe § 71 Abs 1 ZPO iVm § 169 GeO; M. Bydlinski in Fasching/Konecny 3 II/1 § 71 Rz 1) — ist daher exzessiv.

d) Schließlich stehen auch Eingriffsziel — nämlich die Möglichkeit, auch bei Unfähigkeit zum Erlag der Kaution Rechtsschutz zu erhalten — und Eingriffsmittel nicht in einem angemessenen Verhältnis: Vielmehr wird damit einseitig das Prozesskostenrisiko zu Lasten der beklagten Partei verschoben, die zwar die gänzliche Gefahr trifft, bei Unterliegen der klagenden Partei kostenersatzpflichtig zu werden, die aber bei Obsiegen keine rechtliche Möglichkeit hat, von der Gegenseite Kostenersatz zu erhalten: Ist doch Voraussetzung einer aktorischen Kaution, dass mit dem Heimatstaat der klagenden Partei keine Gegenseitigkeit besteht, also eine allfällige Kostenentscheidung dort nicht vollstreckbar ist. Die aktorische Kaution kann aber die klagende Partei durch den schlichten Paupertätseid abwenden (so zutreffend bereits I. Welser, Zur Verfassungswidrigkeit des Paupertätseides, AnwBI 1994, 257 ff).

4. Ergebnis:

Insgesamt erweist sich nach Auffassung des antragstellenden Gerichts die Verfassungskonformität der Abgabe eines schlichten Paupertätseides — allein nach Wahl der klagenden Partei — anstelle des Erlags einer Prozesskostensicherheit mit Blick auf Art 7 Abs 1 B VG, Art 6 MRK und Art 5 StGG mehr als fraglich. Dies umso mehr, als die Bestimmungen über die Verfahrenshilfe in § 64 Abs 1 Zif 2 ZPO ohnedies die antragsgebundene Befreiung von der Sicherheitsleistung für Prozesskosten vorsehen und die klagende Partei (nach der Aktenlage) einen solchen Verfahrenshilfeantrag bislang nicht gestellt hat. In diesem Sinn vertritt auch Fucik (in Fasching/Konecny 2 § 60 Rz 5 f mwN: 'Die gesetzliche Alternative zum Erlag der Sicherheit durch den ausländischen Kläger, die eidliche Bekräftigung der Unfähigkeit zum Erlag — eine Besonderheit des österr Verfahrensrechts, das dt Recht kennt auch nach seiner Novellierung 1998 zB keine vergleichbare Einrichtung — wurde weder anlässlich der Reform des Armenrechts durch das VerfahrenshilfeG 1973, der großen Zivilverfahrensreformen 1983, 1989, 1997 und 2002, noch anlässlich der EO-Novelle 1991, die sogar den Offenbarungseid abgeschafft und durch ein Vermögensverzeichnis ersetzt hat, oder der folgenden EO-Novellen 1995 bis 2014 angetastet. Ob eine sachliche Rechtfertigung für diese Privilegierung im (seit 1895 unveränderten) § 60 ZPO heute noch erkennbar ist, scheint zumindest seit dem VerfHG 1973 und der ZVN 1983 fragwürdig, zumal der Zugang zu österr Zivilgerichten und die Überwindung der Kostenbarriere iSd Art 6 EMRK für mittellose Ausländer nunmehr auch im Rahmen der österr Verfahrenshilfe — mit ihrem Ausschluss der Sicherheitsleistungspflicht für Verfahrenshilfe genießende mittellose Ausländer in § 64 Abs 1 Z 2 ZPO — umfassend gewährleistet ist.'

5. Zum Anfechtungsumfang:

[…]

Gegenständlich beziehen sich die angefochtenen Gesetzesstellen samt den damit thematisch untrennbar verbundenen Bestimmungen in § 60 Abs 1 und Abs 2 ZPO, RGBI 1895/112, und § 62 Abs 1 ZPO, RGBI 1895/112, allein auf die — nach Wahl der klagenden Partei — Ableistung eines Paupertätseids anstelle des Erlags einer Prozesskostensicherheit. Sämtliche genannten Bestimmungen stehen somit in inhaltlichem Zusammenhang.

[…]."

Mit Beschluss vom teilte das antragstellende Gericht mit, dass in seinem Beschluss vom auf Grund eines Übertragungsfehlers die Stammfassung der Zivilprozessordnung irrtümlich mit "RGBl. 112/1895" bezeichnet worden sei und die korrekte Nummer des Reichsgesetzblattes "RGBl. 113/1895" laute.

3. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegentritt (ohne die Hervorhebungen im Original):

"[...]

I.

Zur Rechtslage:

[…]

3. Zweck der im Fünften Titel des Ersten Abschnitts des Ersten Theils der ZPO geregelten Vorschriften betreffend die 'Processkosten' ist es, die Last der für die Prozessführung erforderlichen finanziellen Aufwendungen und ihre angemessene Verteilung zu regeln (vgl. M. Bydlinski in Fasching/Konecny [Hrsg.] Zivilprozessgesetze II/1 3 [2014] Vor §§40 ff ZPO, Rz. 1).

3.1. Die Regelungen knüpfen im Wesentlichen an den Prozesserfolg an: Gemäß § 41 Abs 1 ZPO hat die im Rechtsstreit vollständig unterliegende Partei ihrem Gegner 'alle durch die Processführung verursachten, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsvertheidigung notwendigen Kosten zu ersetzen'; für den Fall, dass jede Partei 'theils obsiegt, theils unterliegt' ordnet § 43 Abs 1 ZPO an, dass die Kosten 'gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu theilen' sind.

3.2. Diese dem 'Erfolgsprinzip' folgenden Regelungen werden durch Vorschriften ergänzt, die die Tragung gewisser Prozesskosten unabhängig vom Prozessausgang (aus Billigkeitserwägungen) jener Partei auferlegen, die sie durch ihr (schuldhaftes) Verhalten — etwa durch Verzögerung oder verspätetes Sachverhaltsvorbringen (vgl. §§44 und 48 ZPO) oder durch Klagsführung, obwohl der unterliegende Beklagte dem obsiegenden Kläger keinen Anlass dazu gab und den Klagsanspruch bei der ersten Tagsatzung anerkennt (§45 ZPO) — verursacht hat.

4. Die im anschließenden Sechsten Titel des Ersten Abschnitts des Ersten Theils der ZPO geregelten 'Sicherheitsleistungen' (§§56 ff ZPO) sollen die künftige Leistungsfähigkeit eines (aufgrund eines Prozesses) potentiell Leistungspflichtigen sicherstellen, um Ersatzansprüche von Betroffenen abzusichern, die aus der Prozessführung resultieren (vgl. Fucik in Fasching/Konecny [Hrsg.] Zivilprozessgesetze II/1 3 [2014] Vor §§56 ff ZPO, Rz. 2).

4.1. Gemäß § 57 Abs 1 ZPO hat ein Ausländer, der vor einem im Geltungsbereich der ZPO gelegenen Gericht als Kläger auftritt, auf Verlangen des Beklagten Sicherheit für die Prozesskosten zu leisten, sofern nicht durch Staatsverträge anderes festgesetzt ist. Bis zur Entscheidung über den Antrag auf Sicherheitsleistung ist der Beklagte gemäß § 61 Abs 1 ZPO nicht zur Fortsetzung des Verfahrens in der Hauptsache verpflichtet. Wird dem Antrag stattgegeben, hat der ausländische Kläger gemäß § 60 Abs 1 ZPO die Sicherheitsleistung zu erlegen oder — wenn ihm dies mangels hinreichenden Vermögens nicht möglich ist — eidlich seine Unfähigkeit zum Erlag der Sicherheitsleistung zu bekräftigen (sog. 'Paupertätseid' oder 'Unfähigkeitseid', vgl. Fucik in Rechberger [Hrsg.] ZPO 4 [2014] § 60 Rz. 4). Erst nach Erlag der Sicherheitssumme oder Ableistung eines Eides, dass der Kläger zum Erlag nicht fähig ist, ist das Verfahren in der Hauptsache gemäß § 62 Abs 1 ZPO auf Antrag einer Partei fortzusetzen. Im Fall des fruchtlosen Ablaufs der Frist bzw. wenn weder die Sicherheitssumme erlegt noch ein Eid abgeleistet wird (vgl. RIS-Justiz RS0036088), kann das Gericht die Klage bzw. das Rechtsmittel auf Antrag des Beklagten gemäß § 60 Abs 3 ZPO für zurückgenommen bzw. zurückgezogen erklären. Ergibt sich im Laufe des Rechtsstreits, dass die geleistete Sicherheit nicht hinreicht, kann der Beklagte gemäß § 62 Abs 2 ZPO eine Ergänzung der Sicherheitsleistung beantragen. Ein solcher Antrag kann auch gestellt werden, wenn der Kläger zunächst seine Unfähigkeit zum Erlag der Sicherheitsleistung eidlich bekräftigt, danach jedoch Vermögen erworben hat (vgl. Fucik in Fasching/Konecny [Hrsg.] Zivilprozessgesetze II/1 3 [2014] § 62 ZPO, Rz. 10).

4.2. Die Verpflichtung zur Sicherheitsleistung dient dem Schutz eines vor einem inländischen Gericht Beklagten vor missbräuchlicher und kostenverursachender Rechtsanmaßung durch einen ausländischen Kläger. Sie soll jene Vorteile, die ein (vermögender) ausländischer Kläger — im Hinblick auf die Schwierigkeiten der Durchsetzung allfälliger vermögensrechtlicher Ansprüche im Ausland — gegenüber inländischen Beklagten hat, ausgleichen (vgl. VfSlg 12.329/1990). Etwaigen Schwierigkeiten bei der Realisierung der Prozesskostenansprüche wegen notwendiger Rechtsverfolgung im Ausland soll vorgebeugt werden (vgl. Mosser in Fasching/Konecny [Hrsg.] Zivilprozessgesetze II/1 3 [2014] Vor §§56 ff ZPO, Rz. 2; Fucik in Rechberger [Hrsg.] ZPO 4 [2014] § 57 Rz. 1; ). In diesem Sinne nimmt § 57 Abs 2 ZPO gewisse Fälle, in denen derartige Schwierigkeiten nicht zu befürchten sind — wie den Fall, dass der ausländische Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hat (Z1), die Möglichkeit der Vollstreckung einer gerichtlichen Entscheidung zum Ersatz der Prozesskosten im Aufenthaltsstaat besteht (Z1a) oder der Kläger im Geltungsgebiet der ZPO über ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Vermögens verfügt (Z2) — von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung aus.

5. Nach § 60 ZPO ersetzt die ordnungsgemäß erfolgte Eidesleistung den gerichtlichen Erlag der Sicherheitsleistung und ermöglicht dem ausländischen Kläger gemäß § 62 Abs 1 ZPO die Fortsetzung des Verfahrens (vgl. Fucik in Rechberger [Hrsg.] ZPO 4 [2014] § 60 Rz. 4). Dadurch wird das Recht des Klägers auf Zugang zu Gericht sichergestellt.

5.1. Mit dem Eid wird die 'Unfähigkeit zum Erlage' der Sicherheitsleistung bekräftigt. Nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes ergibt sich aus dem Schutzgedanken, der dem Rechtsinstitut der Sicherheitsleistung für Prozesskosten zu Grunde liegt, dass die Unfähigkeit zum Erlag der Sicherheit in den unzureichenden Vermögensverhältnissen des Klägers begründet sein muss. Eine durch tatsächliche Verhältnisse oder durch gesetzliche Maßnahmen herbeigeführte vorübergehende Unmöglichkeit über vorhandene oder ausreichende Vermögenswerte zu verfügen, fällt daher nicht unter den Begriff der Unfähigkeit nach § 60 Abs 1 ZPO (vgl. ). Allerdings ist die Unfähigkeit zum Erlag der Sicherheitsleistung nicht mit den in § 63 Abs 1 ZPO als Voraussetzungen der Verfahrenshilfe normierten Kriterien der Armut (Beeinträchtigung des notwendigen Unterhaltes, Fehlen der zur Verfahrensführung erforderlichen Mittel) gleichzusetzen. Dies ergibt sich einerseits aus dem Umstand, dass § 63 Abs 1 ZPO sämtliche — in ihrer Höhe im Vorhinein nicht abschätzbare — Kosten der Verfahrensführung betrifft, während sich § 60 ZPO auf eine im Vorhinein ziffernmäßig bestimmte Geldsumme (die Sicherungssumme) bezieht. Andererseits hat die Nichtbewilligung der Verfahrenshilfe im Ergebnis zwar zur Folge, dass die Partei die mit dem Prozess auflaufenden Kosten zu tragen hat, berührt jedoch die Zulässigkeit der Prozessführung an sich nicht. Im Gegensatz dazu ist die Prozessführung gemäß § 60 Abs 3 ZPO nicht mehr möglich, wenn die Sicherheitsleistung nicht erlegt bzw. der Eid nicht abgelegt wird. Im Vergleich zur Gewährung von Verfahrenshilfe unterliegt die Befreiung von der Prozesskostensicherheit daher milderen Voraussetzungen. Demgemäß spricht auch der Umstand, dass einem Kläger die Verfahrenshilfe nicht gewährt worden ist, nicht per se gegen dessen Zulassung zur Eidesleistung ( 7 Ob 5[9]6/89).

5.2. Aus dem systematischen Zusammenhang der Regelungen über die Sicherheitsleistung — insbesondere aus § 62 ZPO (betreffend die Ergänzung der Sicherheitsleistung) — ergibt sich, dass das Gericht die Umstände des Einzelfalles bei jeder Entscheidung betreffend die Sicherheitsleistung entsprechend zu berücksichtigen hat (vgl. ). Die bloße — unter Eid vorgebrachte — Behauptung des Klägers, er sei zum Erlag der Sicherheitsleistung nicht fähig, reicht daher nicht aus. Das Gericht hat vielmehr auch bei der Entscheidung über die Zulassung des Klägers zum Eid die Umstände des Falles zu berücksichtigen und im Wege einer Ermessensentscheidung zu prüfen, was dem Kläger zugemutet werden kann. Auf Grund einer Abwägung des Beklagtenschutzes mit dem Recht des (finanziell) 'unfähigen' Klägers auf Zugang zum Recht kann auch eine geringere Sicherheit festgesetzt und mit einer Eidesleistung bezüglich des weiteren Prozesskostenrisikos verbunden werden (vgl. Fucik in Fasching/Konecny [Hrsg.] Zivilprozessgesetze II/1 3 [2014] § 60 Rz. 8).

5.3. Die Entscheidung über die (Art der) Prozesskostensicherheit durch das Gericht setzt daher voraus, dass der Kläger dem Gericht die für seine Ermessensentscheidung erforderlich erscheinenden Angaben erstattet und damit seine (finanzielle) Unfähigkeit entsprechend begründet (; Fucik aaO § 60 Rz. 9).

6.1. Ist der ausländische Kläger somit 'fähig' — weil finanziell dazu in der Lage —, die Sicherheitsleistung zu erlegen, hat er dies zu tun, will er die nachteiligen Rechtsfolgen des § 60 Abs 3 ZPO — den auf Antrag des Beklagten erfolgenden Ausspruch, dass die Klage bzw. das Rechtsmittel als zurückgenommen anzusehen ist — verhindern bzw. das Verfahren gemäß § 62 Abs 1 ZPO fortsetzen. Ein Wahlrecht dahingehend, stattdessen — wahrheitswidrig — die Unfähigkeit zum Erlag der Sicherheitsleistung eidlich zu bekräftigen, besteht bei entsprechender finanzieller Leistungsfähigkeit nicht; dies zumal eine wahrheitswidrige eidliche Bekräftigung der Unfähigkeit gemäß § 288 Abs 2 StGB unter strafrechtlicher Sanktion steht (vgl. Plöchl/Seidl in Höpfel/Ratz [Hrsg.] Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch [48. Lieferung 2010] § 288 Rz. 51).

6.2. Ist der ausländische Kläger hingegen tatsächlich nicht 'fähig' — weil finanziell nicht dazu in der Lage —, die Sicherheitsleistung zu erlegen, hat er dem Gericht darzutun, dass ihm die Mittel zu der aufgetragenen Sicherheitsleistung nach seinem Vermögen nicht zur Verfügung stehen und diesen Umstand eidlich zu bekräftigen. Nur in diesem Fall kann er die nachteiligen Rechtsfolgen des § 60 Abs 3 ZPO durch eidliche Bekräftigung verhindern bzw. kann das Verfahren gemäß § 62 Abs 1 ZPO fortgesetzt werden.

II.

In der Sache

[…]

3. Den Bedenken des Handelsgerichts Wien scheint die unzutreffende Ansicht zu Grunde zu liegen, dass die angefochtenen Regelungen ein Wahlrecht des ausländischen Klägers zwischen dem Erlag der Sicherheitsleistung und der eidlichen Bekräftigung der Unfähigkeit zum Erlag der Kaution normierten. Wie unter Punkt I.5. und I.6. dargelegt, treffen die angefochtenen Regelungen jedoch Vorkehrung für zwei unterschiedliche Sachverhalte, an die sie jeweils unterschiedliche Rechtsfolgen knüpfen: Verfügt der Kläger über entsprechende finanzielle Mittel, hat er die Sicherheitsleistung zu erlegen; stehen ihm hingegen die Mittel für die aufgetragene Sicherheitsleistung nach seinem Vermögen nicht zur Verfügung, hat er dies dem Gericht entsprechend darzutun. Dieses hat zu prüfen, was dem Kläger zugemutet werden kann und auf Grund dieser Prüfung zu entscheiden, ob der Kläger zum Eid zugelassen wird.

Nach den angefochtenen Regelungen kann ein ausländischer Kläger — entgegen dem Antragsvorbringen — daher keineswegs frei darüber entscheiden, ob er die aufgetragene Prozesskostensicherheit erlegt oder seine Unfähigkeit zum Erlag eidlich bekräftigt. Die Bedenken des Handelsgerichts Wien gehen vor diesem Hintergrund von vornherein ins Leere.

4. Die Bundesregierung vermag aber auch im Übrigen nicht zu erkennen, weshalb die nach dem zu Grunde liegenden Sachverhalt differenzierenden Regelungen unsachlich sein sollten, das Recht auf ein faires Verfahren verletzen oder einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums darstellen sollten:

4.1. Entgegen der offenbar vom Handelsgericht Wien vertretenen Auffassung besteht keine verfassungsrechtliche Verpflichtung der Gesetzgebung, Prozesskostenersatz nach dem Obsiegensverhältnis vorzusehen. Insofern steht der Gesetzgebung nach Auffassung der Bundesregierung bei der Regelung der Prozesskostentragung ein rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu. Es steht ihr prinzipiell frei, jede Partei grundsätzlich ihre eigenen Kosten tragen zu lassen und etwa nur die Tragung der Kosten gerichtlicher Handlungen zu regeln. Sieht die Gesetzgebung Ersatzansprüche für Prozesskosten zwischen den Prozessgegnern vor, kann sie auf den Prozesserfolg und damit das (vollständige) Obsiegen abstellen oder nach dem Verschulden bzw. Verursachen gewisser (Mehr)Kosten differenzieren; sie kann auch alle oder einzelne Elemente dieser Zuordnungskriterien kombinieren. Auch bei der konkreten Ausgestaltung etwaiger Ersatzansprüche — sowie auch bei der Entscheidung über die Art einer allfälligen Absicherung späterer Ersatzansprüche — kann sich die Gesetzgebung von rechtspolitischen Vorstellungen leiten lassen.

Nach Auffassung der Bundesregierung liegen die angefochtenen Bestimmungen innerhalb dieses rechtspolitischen Gestaltungsspielraums der Gesetzgebung und sind sachlich gerechtfertigt:

4.2. Entgegen der offenbaren Auffassung des Handelsgerichts Wien zielen die angefochtenen Bestimmungen der Sache nach nicht primär auf eine Absicherung eines Kostenersatzanspruchs des Beklagten ab. Die Möglichkeit der Anordnung einer Sicherheitsleistung für (voraussichtliche) Prozesskosten dient vielmehr dem Schutz der vor inländischen Gerichten Beklagten vor missbräuchlicher und/oder kostenverursachender Rechtsanmaßung durch einen ausländischen Kläger und vor allfälligen Schwierigkeiten bei der Rechtsverfolgung im Ausland (vgl. Mosser in Fasching/Konecny [Hrsg.] Zivilprozessgesetze II/1 3 [2014] Vor § 57 ZPO, Rz. 1). Der Sache nach geht es also darum, jene Vorteile, die vermögende ausländische Kläger — im Hinblick auf die schwierigere Vollstreckung allfälliger vermögensrechtlicher Ansprüche im Ausland — gegenüber inländischen Beklagten haben, auszugleichen (vgl. VfSlg 12.329/1990). Dem Interesse des inländischen Beklagten an einer Sicherheit für seine voraussichtlichen Prozesskosten steht aber das Interesse des (nicht vermögenden) ausländischen Klägers an der Klagsführung entgegen. Diesem Interesse dient die Möglichkeit des ausländischen Klägers zur Ablegung des 'Paupertätseides':

4.2.1. Die angefochtenen Regelungen verpflichten einen ausländischen Kläger, der über die entsprechenden finanziellen Mittel verfügt, zum Erlag einer Sicherheitsleistung; dadurch wird der inländische Beklagte für den Fall abgesichert, dass der ausländische Kläger zwar über hinreichendes Vermögen verfügt, auf dieses jedoch nicht im Wege der Vollstreckung zugegriffen werden kann, weil es sich im Ausland befindet. Das Interesse des ausländischen Klägers an der Klagsführung wird durch die Verpflichtung zum Erlag der Sicherheitsleistung in diesem Fall nicht beeinträchtigt.

4.2.2. Anderes würde jedoch gelten, wenn dem ausländischen Kläger die entsprechenden finanziellen Mittel für den Erlag der Sicherheitsleistung nicht zur Verfügung stehen. Wenn auch in diesem Fall die Fortsetzung des Verfahrens vom Erlag einer Sicherheitsleistung abhängig wäre, hätte dies die Unmöglichkeit der (gerichtlichen) Rechtsdurchsetzung für den Kläger zur Folge (vgl. § 60 Abs 3 ZPO). Dies würde im Hinblick auf den Gleichheitssatz und das Recht des Klägers auf Zugang zum Gericht gemäß Art 6 EMRK Bedenken begegnen, darf der Zugang zum Gericht doch nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) und des Verfassungsgerichtshofes nicht aus wirtschaftlichen Gründen unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden (vgl. EGMR , Kreuz gegen Polen, Appl. 28.249/95, Z 59; , Podbielski und PPU Polpure gegen Polen, Appl. 39.199/98, Z 64, jeweils zur Frage der Zulässigkeit von Gerichtsgebühren; vgl. VfSlg 18.070/2007, S. 130).

Zwar räumen — worauf auch das Handelsgericht in seinem Antrag hinweist (S. 8 f) — die §§63 ff ZPO der vermögenslosen Partei einen Anspruch auf Verfahrenshilfe ein, die gemäß § 64 Abs 1 Z 2 ZPO auch die Befreiung von der Sicherheitsleistung für Prozesskosten beinhalten kann. Bei der (Gewährung von) Verfahrenshilfe und der eidlichen Bekräftigung der Unfähigkeit zum Erlag der Sicherheitsleistung für Prozesskosten handelt es sich jedoch — ungeachtet der Berücksichtigung der Prozesskosten auch im Rahmen der Verfahrenshilfe — um zwei voneinander unabhängige Rechtsinstrumente, deren vermögensrechtliche Voraussetzungen im Hinblick auf die vergleichsweise strengeren Vorgaben für die Verfahrenshilfe nicht übereinstimmen (s. dazu auch oben Punkt I.5.1.). Ein Kläger kann daher — obwohl er die Voraussetzungen für die Gewährung von Verfahrenshilfe nicht erfüllt — im Sinne von § 60 Abs 1 ZPO unfähig zum Erlag der Prozesskostensicherheit sein.

4.2.3. Vor diesem Hintergrund stellen die angefochtenen Regelungen hinreichend sicher, dass das Instrument der Prozesskostensicherheit in keinem Fall zu einer Rechtsverweigerung führt. Die Beschränkung der Verpflichtung zum Erlag der Prozesskostensicherheit auf finanziell ausreichend leistungskräftige ausländische Kläger und die — eine fehlende finanzielle Leistungskraft kompensierende — Möglichkeit der eidlichen Bekräftigung der Unfähigkeit zum Erlag der Sicherheitsleistung gewährleisten (auch im Sinne der oben angeführten Judikatur), dass einem Kläger nicht aus wirtschaftlichen Gründen der effektive Zugang zum Gericht verwehrt wird.

4.3. Die geltende Rechtslage trifft auf der anderen Seite ausreichende Vorkehrungen dafür, dass ein Kläger nicht missbräuchlich — ohne dass die Voraussetzungen dafür vorliegen würden — von der Möglichkeit zur Eidesleistung Gebrauch machen kann:

4.3.1. Zunächst reicht die bloße Behauptung, zum Erlag der Prozesskostensicherheit unfähig zu sein, nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht aus, um zur Eidesleistung zugelassen zu werden. Vielmehr hat ein ausländischer Kläger ausreichende Informationen zum Beleg dieser Behauptung vorzulegen. Das Gericht hat sodann unter Berücksichtigung der Umstände des Falles nach seinem Ermessen zu prüfen, was dem Kläger zugemutet werden kann (vgl. dazu die Ausführungen oben unter Punkt I.5.2.). Die Entscheidung darüber, ob die Prozesskostensicherheit zu erlegen oder aber die Unfähigkeit zum Erlag eidlich zu bekräftigen ist, wird daher vom Gericht — und nicht allein vom Kläger — getroffen. Das Gericht kann den Kläger dabei auch zum Erlag eines Teils der Prozesskostensicherheit verpflichten und im Übrigen zur eidlichen Bekräftigung zulassen.

4.3.2. Darüber hinaus ist die wahrheitswidrige Eidesleistung gemäß § 288 Abs 2 StGB mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen. Im Hinblick darauf, dass die strafrechtliche Sanktionierung menschlichen Verhaltens das schärfste Mittel zur Effektuierung gesetzlicher Anordnungen darstellt, genießt die Richtigkeit der Eidesleistung den größtmöglichen, in einer Rechtsordnung vorgesehenen Schutz.

4.3.3. Der Umstand, dass es in Einzelfällen trotz dieser Schutzgarantien zu einer wahrheitswidrigen eidlichen Bekräftigung der Unfähigkeit zum Erlag der Sicherheitsleistung kommen kann, führt nach Ansicht der Bundesregierung nicht zur Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen.

4.4. Vor diesem Hintergrund beruhen die angefochtenen Regelungen nach Auffassung der Bundesregierung auf einer angemessenen Abwägung der potentiell gegenläufigen Interessen von Klägern und Beklagten. Die Bundesregierung vermag daher nicht zu erkennen, aus welchem Grund die angefochtenen Regelungen gegen den Gleichheitssatz, das Recht auf Zugang zu einem Gericht und das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums eines Beklagten verstoßen sollten (sodass auch dahingestellt bleiben kann, ob die auf bestimmte Fälle eingeschränkte Auferlegung einer Prozesskostensicherheit überhaupt in das Recht des Beklagten auf ein faires Verfahren und die Eigentumsgarantie eingreift, vgl. zur Eigentumsgarantie VfSlg 12.329/1990).

[…]."

4. Die im Verfahren vor dem Handelsgericht Wien beklagte Partei erstattete eine Äußerung, in der sie sich den Bedenken des Handelsgerichtes Wien anschließt.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art 140 Abs 1 Z 1 lita B VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

1.2. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Dieser Grundposition folgend hat der Gerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. zB VfSlg 8155/1977, 12.235/1989, 13.915/1994, 14.131/1995, 14.498/1996, 14.890/1997, 16.212/2001). Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Gesetzesbestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).

1.3. Im Verfahren hat sich nichts ergeben, was am Vorliegen dieser Voraussetzungen zweifeln ließe. Der Antrag erweist sich somit als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art 140 B VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl. VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2.2. Der Antrag ist nicht begründet.

Gemäß § 57 Abs 1 ZPO haben Ausländer – ausgenommen in den Fällen des § 57 Abs 2 ZPO – "vor einem im Geltungsgebiete dieses Gesetzes gelegenen Gerichte … dem Beklagten auf dessen Verlangen für die Processkosten Sicherheit zu leisten, sofern nicht durch Staatsverträge etwas anderes festgesetzt ist".

Wird dem Antrag auf Sicherheitsleistung stattgegeben, ist der Betrag der zu leistenden Sicherheit und die Frist zu bestimmen, innerhalb welcher dieser Betrag gerichtlich zu erlegen oder die Unfähigkeit zum Erlage vom Kläger eidlich zu bekräftigen ist (§60 Abs 1 ZPO). Zum Zwecke der eidlichen Bekräftigung seiner Unfähigkeit zum Erlag der Sicherheitssumme hat der Kläger beim Prozessgericht innerhalb der ihm dazu gesetzten Frist um Anberaumung einer Tagsatzung anzusuchen. Die Ablegung des Eides kann beim Gericht des Wohnsitzes oder Aufenthaltes des Klägers erfolgen (§60 Abs 2 ZPO). Nach rechtzeitigem Erlag der Sicherheitssumme oder Ablegung des Eides ist das Verfahren in der Hauptsache auf Antrag der Partei fortzusetzen (§62 Abs 1 ZPO). Ergibt sich im Laufe des Rechtsstreites, dass die geleistete Sicherheit nicht hinreicht, kann der Beklagte die Ergänzung derselben beantragen, sofern nicht ein zur Deckung ausreichender Teil des erhobenen Anspruches unbestritten ist. Einem solchen Antrag kommt aufschiebende Wirkung nicht zu; der Beschluss, wodurch die Ergänzung der Sicherheit angeordnet wird, ist nach eingetretener Rechtskraft vollstreckbar (§62 Abs 2 ZPO).

2.2.1. Die entscheidende Prämisse des antragstellenden Gerichtes geht dahin, dass die (gesetzlich nicht privilegierte) ausländische klagende Partei nach § 60 Abs 1 und 2 ZPO die Möglichkeit habe, den gerichtlich auferlegten Erlag einer Sicherheitsleistung für Prozesskosten nach ihrer eigenen Wahl durch eine einmalige Eidesleistung abzuwenden, ohne dass der Beklagte in irgendeiner Weise auf diese Wahl Einfluss nehmen könne. Für die Abwendung der Auferlegung einer Kautionsleistung gemäß § 60 Abs 1 ZPO durch den ausländischen Kläger genüge allein – im Unterschied etwa zu einem Vermögensverzeichnis nach §§47-49 EO, bei dem für den Verpflichteten eine Pflicht zur umfassenden Offenlegung seiner Vermögensverhältnisse bestehe – die "eidliche Bekräftigung", dass der sicherheitsleistungspflichtige Ausländer zum Erlag der auferlegten Sicherheit "unfähig" sei. Für die Abwendung der aktorischen Kaution genüge daher die schlichte, an keine weiteren Voraussetzungen gebundene eidliche Bekräftigung, dass die klagende Partei zum Erlag der vorgeschriebenen Sicherheit unfähig sei. Der Oberste Gerichtshof vertrete in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass § 60 Abs 1 ZPO die Eidesleistung und den Erlag der aktorischen Kaution als Alternativen ansehe und stelle es allein der klagenden Partei anheim, ob sie die Prozesskostensicherheit leisten oder den Eid ablegen wolle (). Das Prozessgericht sei nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht befugt, die Richtigkeit der Eidesleistung zu prüfen ().

Diese Rechtslage sei nach Auffassung des antragstellenden Gerichts nicht nur unbefriedigend, sondern auch verfassungsrechtlich bedenklich: Zum einen scheine die Möglichkeit der Abwendung der aktorischen Kaution durch den Paupertätseid insofern gleichheitswidrig, als sie dem allgemeinen Sachlichkeitsgebot des Art 7 Abs 1 B VG sowie dem Recht auf ein faires Verfahren nach Art 6 EMRK widerspreche. Zum anderen bestünden Bedenken wegen des Eingriffs in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums iSd Art 5 StGG.

2.2.2. Der Verfassungsgerichtshof pflichtet der Bundesregierung bei, dass die für den Antrag des Handelsgerichtes Wien entscheidende Prämisse unzutreffend ist (und [auch] nicht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entspricht).

Beim Eid nach § 60 Abs 1 ZPO handelt es sich nicht um eine bloße Formalangelegenheit derart, dass der ausländische Kläger lediglich behaupten müsse, er sei zum Sicherheitserlag unfähig. Aus dem systematischen Zusammenhang der Regelungen, insbesondere mit § 62 ZPO, ergibt sich, dass das Gericht sowohl bei der erstmaligen Festsetzung der Prozesskostensicherheit als auch bei jeder Entscheidung, die eine Änderung bezüglich dieser Sicherheit mit sich bringen soll, die Umstände des Falles entsprechend berücksichtigen muss. Es ist hiebei auch die Festsetzung einer geringeren Sicherheit in Verbindung mit einer Eidesleistung bezüglich des weiteren Prozesskostenrisikos denkbar. Das Gericht hat im Rahmen seines Ermessens zu entscheiden, was dem ausländischen Kläger zumutbar ist. Dies setzt aber voraus, dass der Kläger nicht nur die bloße Behauptung, er sei zum Erlag der Prozesskostensicherheit unfähig, zu beeiden hat, sondern dass er seiner Eidesleistung auch die dem Gericht für seine Ermessensentscheidung notwendig scheinenden Angaben zugrunde legen muss. Diese Angaben können sich ohne weiteres auch auf jene Umstände beziehen, die einen Schluss auf die Zumutbarkeit des Erlages der Sicherheit zulassen (; Fucik in: Fasching/Konecny [Hrsg.], Zivilprozessgesetze II/1 3 , 2014, § 60 Rz 8 f.). Der Verfassungsgerichtshof erachtet es als geboten, dass das Gericht im Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit des Sicherheitserlages auch zu prüfen hat, ob die beabsichtigte Klagsführung rechtsmissbräuchlich ist. Sollte dies der Fall sein, scheidet eine Befreiung von der Sicherheitsleistung und die Leistung des Paupertätseides aus.

Dazu kommt, dass eine wahrheitswidrige eidliche Bekräftigung der Unfähigkeit zum Sicherheitserlag durch den ausländischen Kläger unter der strafrechtlichen Sanktion des § 288 Abs 2 StGB steht.

2.2.3. Das antragstellende Gericht erachtet – unter Zugrundelegung der Prämisse, dass ein ausländischer Kläger nach § 60 Abs 2 ZPO ein Wahlrecht habe – die angefochtenen Regelungen für gleichheitswidrig, weil eine beklagte Partei, die von einer inländischen Partei geklagt werde, 30 Jahre lang in das Vermögen der klagenden Partei wegen des Ersatzes der zugesprochenen Kosten Vollstreckung führen könne; dies sei bei einem ausländischen Kläger nicht möglich, (auch) wenn er zwischenzeitig zu Vermögen gekommen sei.

Die klagende Partei ziehe die beklagte Partei durch Zustellung der Klage in den Prozess hinein. Wolle und müsse sich die beklagte Partei gegen (möglicherweise unberechtigte) Ansprüche einer ausländischen klagenden Partei wehren, liefere sie sich selbst im Obsiegensfall der Gefahr aus, auf ihren Prozesskosten "sitzen zu bleiben". Damit sei das Recht auf ein faires Verfahren im Sinne des Art 6 EMRK verletzt.

Im Übrigen vermöge allein der Umstand, dass die klagende Partei Verfahrenshilfe nach den §§63 ff. ZPO beantragen könne, die Verfassungswidrigkeit der Bestimmungen über den Paupertätseid nicht zu beseitigen, weil diese Bestimmungen nur die Verfahrenshilfe genießende Partei von der Tragung ihrer eigenen Kosten befreiten, niemals aber gewähre die bewilligte Verfahrenshilfe der obsiegenden Gegenpartei einen Anspruch auf Prozesskostenersatz gegen den Staat.

2.2.4. Diesen Bedenken des Handelsgerichts Wien liegt die nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes unzutreffende Auffassung zugrunde, dass die Regelung des § 60 Abs 2 ZPO ausschließlich im Zusammenhang mit der Absicherung des Prozesskostenersatzes des Beklagten steht. Es ist sicherlich richtig, dass die Möglichkeit der Anordnung des Erlags einer Sicherheit für (voraussichtliche) Prozesskosten gemäß § 60 Abs 2 ZPO dem Schutz des vor einem inländischen Gericht Beklagten vor missbräuchlicher und/oder kostenverursachender Rechtsanmaßung durch einen ausländischen Kläger und vor allfälligen Schwierigkeiten bei der Rechtsverfolgung im Ausland dient (vgl. Mosser in: Fasching/Konecny [Hrsg.], Zivilprozessgesetze II/1 3 , 2014, § 57 ZPO, Rz 2). Dem steht allerdings – was das antragstellende Gericht übersieht – das Interesse des ausländischen Klägers an der Klagsführung gegenüber. Ohne die Regelung des § 60 Abs 2 ZPO über den sogenannten Paupertätseid hätte ein ausländischer Kläger, der nicht über ausreichendes Vermögen verfügt, keinen entsprechenden Zugang zu Gericht. Wenn auch in diesem Fall die Fortsetzung des Verfahrens vom Erlag einer Sicherheitsleistung abhängig wäre, hätte dies die Unmöglichkeit der (gerichtlichen) Rechtsdurchsetzung für den Kläger zur Folge (vgl. § 60 Abs 3 ZPO). Dies wäre im Hinblick auf den Gleichheitssatz und das Recht des Klägers auf Zugang zum Gericht gemäß Art 6 EMRK verfassungswidrig; nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte läge nämlich ein Verstoß gegen Art 6 EMRK vor, wenn der Zugang aus wirtschaftlichen Gründen unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert würde (vgl. zB EGMR , Fall Kreuz , Appl. 28.249/95 [Z59]; , Fall Podbielski und PPU Polpure , Appl. 39.199/98 [Z64]; vgl. auch VfSlg 18.070/2007).

Zwar räumen die §§63 ff. ZPO der vermögenslosen Partei den Anspruch auf Verfahrenshilfe ein, die gemäß § 64 Abs 1 Z 2 ZPO auch die Befreiung von der Sicherheitsleistung für Prozesskosten beinhalten kann. Bei der Gewährung von Verfahrenshilfe und der eidlichen Bekräftigung der Unfähigkeit zum Erlag der Sicherheitsleistung für Prozesskosten handelt es sich jedoch um zwei voneinander unabhängige Rechtsinstrumente, deren vermögensrechtliche Voraussetzungen im Hinblick auf die vergleichsweise strengeren Vorgaben für die Verfahrenshilfe nicht übereinstimmen (vgl. ). Diese Unterscheidung ist auch deshalb sachlich gerechtfertigt, weil die Gewährung von Verfahrenshilfe wesentlich weiter reichen kann als die bloße Befreiung von der Sicherheitsleistung für Prozesskosten, etwa durch Befreiung von den Gerichtsgebühren oder durch die kostenlose Beigebung eines Rechtsanwaltes.

Vor diesem Hintergrund stellen die angefochtenen Regelungen hinreichend sicher, dass das Instrument der Prozesskostensicherheit in keinem Fall zu einer Rechtsverweigerung führt. Die Beschränkung durch Verpflichtung zum Erlag der Prozesskostensicherheit auf finanziell ausreichend leistungskräftige ausländische Kläger und die – eine fehlende finanzielle Leistungskraft kompensierende – Möglichkeit der eidlichen Bekräftigung der Unfähigkeit zum Erlag der Sicherheitsleistung gewährleisten, dass einem Kläger nicht aus wirtschaftlichen Gründen der effektive Zugang zum Gericht verwehrt wird. Dabei ist auch – wie bereits dargelegt – seitens des Gerichtes zu prüfen, ob die Klagsführung rechtsmissbräuchlich ist, was nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes eine (teilweise) Befreiung von der Sicherheitsleistung und die Leistung des Paupertätseides ausschließen würde.

2.2.5. Letztlich meint das antragstellende Gericht, dass eine Verletzung des Eigentumsgrundrechtes vorliege, weil das österreichische Zivilprozessrecht eine Reihe gelinderer Mittel zur Verfügung stelle, die das Eigentumsrecht der beklagten Partei in weniger einschneidender Weise beeinträchtigten. Dazu zähle beispielsweise die Möglichkeit, anstatt des Barerlages eine andere taugliche Sicherstellung zu bieten (zB durch Bürgschaft gemäß § 56 Abs 2 ZPO, durch eine Bankgarantie oder eine Verpflichtung zum Zug-um-Zug Erlag des jeweiligen Betrages an anfallenden Kosten). Nicht zuletzt würden auch die Bestimmungen über die Verfahrenshilfe in § 64 Abs 1 Z 2 ZPO die antragsgebundene Befreiung von der Sicherheitsleistung für Prozesskosten vorsehen. Die völlige Befreiung vom Prozesskostenrisiko durch einen einmaligen Eid – ohne weitere Überprüfung der Vermögenslage auf Seiten der klagenden Partei wie etwa bei der Verfahrenshilfe – sei daher exzessiv.

2.2.6. Auch mit diesem Vorbringen wird keine Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen aufgezeigt:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. dazu VfSlg 6780/1972 und die dort angeführte Vorjudikatur; VfSlg 12.227/1989, 15.367/1998, 15.771/2000) gilt der erste Satz des Art 5 StGG auch für Eigentumsbeschränkungen. Der Gesetzgeber kann aber angesichts des in Art 1 1. ZPEMRK enthaltenen Gesetzesvorbehalts Eigentumsbeschränkungen verfügen, soweit die Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt und nicht unverhältnismäßig ist (vgl. VfSlg 19.635/2012 mwN). Das Funktionieren einer geordneten Rechtspflege – auch im Bereich des Zivilprozesses – liegt im öffentlichen Interesse. Hievon ist auch ein effektiver Zugang zu Gericht umfasst. Die Möglichkeit der Befreiung von der Prozesskostensicherheit durch Ablegung eines Paupertätseides beruht auf einer Interessenabwägung des Gesetzgebers zwischen den Interessen des ausländischen Klägers hinsichtlich eines effektiven Zugangs zu Gericht und dem Interesse des Beklagten hinsichtlich der Leistung einer Prozesskostensicherheit. Diese Interessenabwägung vermag der Verfassungsgerichtshof aus den bereits oben dargelegten Argumenten betreffend die sachliche Rechtfertigung der angefochtenen Bestimmungen nicht als unverhältnismäßig zu erkennen. Ferner übersieht das antragstellende Gericht mit dem Hinweis auf die Möglichkeiten, andere Sicherheitsleistungen (etwa eine Bürgschaft oder eine Bankgarantie) zu leisten, dass auch derartige Sicherheitsleistungen regelmäßig mit beträchtlichen Kosten verbunden sind, die eine entsprechende finanzielle Leistungsfähigkeit voraussetzen.

V. Ergebnis

1. Der Antrag auf Aufhebung der Wortfolge "oder die Unfähigkeit zum Erlage vom Kläger eidlich zu bekräftigen" in § 60 Abs 1 ZPO, RGBl. 113/1895, der Wortfolge "Zum Zwecke der eidlichen Bekräftigung seiner Unfähigkeit zum Erlage der Sicherheitssumme hat der Kläger bei dem Processgerichte innerhalb der ihm hiezu offen gestellten Frist um Anberaumung einer Tagsatzung anzusuchen. Die Ablegung des Eides kann bei dem Gerichte des Wohnsitzes oder Aufenthaltes des Klägers erfolgen" in § 60 Abs 2 ZPO, RGBl. 113/1895, und der Wortfolge "oder Ableistung des Eides" in § 62 Abs 1 ZPO, RGBl. 113/1895, wegen Verfassungswidrigkeit wird als unbegründet abgewiesen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VFGH:2016:G15.2016