TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 02.06.2009, 9Ob5/08p

OGH vom 02.06.2009, 9Ob5/08p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L*****, Italien, vertreten durch Tramposch & Partner, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei ASFINAG Autobahnen- und Schnellstraßen Finanzierungs AG, Rotenturmstraße 5-9, 1011 Wien, vertreten durch Doralt Seist & Csoklich, Rechtsanwalts-Partnerschaft in Wien, wegen 30.011,10 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 5 R 101/07w-13, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 30 Cg 104/06f-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin betreibt ein Transportunternehmen und hat ihren Sitz in Italien. Sie ließ im Zeitraum vom bis mit ihren Lkws, die jeweils mehr als drei Achsen und mehr als 3,5 t höchstzulässiges Gesamtgewicht aufweisen, die Gesamtstrecke der Brenner-Autobahn befahren. Sie bezahlte dafür die jeweils von der Beklagten berechneten Mautgebühren einschließlich Umsatzsteuer. Auf der von Innsbruck zum Brennerpass parallel führenden Bundesstraße besteht ein Fahrverbot für Kfz von mehr als 7,5 t Gesamtgewicht.

Die Beklagte erhob im hier relevanten Zeitraum die für die Benützung der Brenner-Autobahn anfallende Maut aufgrund der Bestimmungen des BGBl 135/1964 ein. Nachdem die Bemautung der Brenner-Autobahn in zwei Urteilen des Europäischen Gerichtshofs (s unten) bemängelt worden war, teilte die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie mit Schreiben vom mit, dass durch die geänderten, aktuell festgesetzten Mauttarife die Proportionalität zwischen Teilstrecken und Gesamtstrecke verbessert erscheine und das Problem der Diskriminierung aufhöre zu existieren (Blg ./6).

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage vom die Zahlung von 30.011,10 EUR sA, nämlich für 154 Fahrten im Zeitraum vom bis 10.044,02 EUR, für 157 Fahrten im Zeitraum vom bis 9.962,80 EUR und für 59 Fahrten im Zeitraum bis 10.004,28 EUR. Die Einhebung dieser von der Klägerin geleisteten Mautgebühren sei rechtswidrig gewesen:

Nach Aufhebung der Mauttarifverordnung BGBl II 48/2000 mit habe zwischen und dem keine Verordnung bestanden, die gemäß § 3 BundesstraßenfinanzierungsG (BStFG 1996), BGBl Nr 63/1996, die Höhe der Mauttarife für die Brenner-Autobahn (A 13) geregelt hätte. Zudem habe der zuständige Bundesminister keine Verordnung iSd § 2 Abs 2 BStFG 1996 hinsichtlich des Beginns der Mauteinhebung erlassen. Mit sei das Bundesstraßenmautgesetz (BStMG, BGBl I 109/2002) in Kraft getreten. Der Beginn der Einhebung der fahrleistungsabhängigen Maut sei aber erst mit der Verordnung BGBl II 568/2003 mit festgesetzt worden. Damit sei auch für das Jahr 2003 eine Mauteinhebung mangels rechtlicher Grundlage nicht berechtigt gewesen. Dem Einwand der Beklagten, dass rechtliche Grundlage im maßgeblichen Zeitraum das Bundesgesetz vom betreffend die Finanzierung der Autobahn Innsbruck-Brenner, BGBl Nr 135/1964, gewesen sei, hielt die Klägerin entgegen, dass diesem Gesetz durch die Folgegesetze, nämlich sowohl durch das BStFG 1996 als auch durch das BStMG 2002 materiell derogiert worden sei. Selbst wenn man von der Weitergeltung des Gesetzes BGBl Nr 135/1964 ausgehe, seien die Mautgebühren nur mittels Erlasses, welcher nicht kundgemacht worden sei, festgelegt worden. Das Determinierungsgebot des Art 18 B-VG hätte aber verlangt, dass eine Kundmachung erfolgt wäre, zumal nicht Verwaltungs-, sondern Rechtsverordnungen erforderlich gewesen wären. Die Mauteinhebung sei aber auch deshalb nicht zu Recht erfolgt, weil sie den Wegekostenrichtlinien des Rates (RL 93/89/EWG) bzw des Europäischen Parlaments und des Rates (RL 1999/62/EG) widerspreche. Zum einen liege eine mittelbare Diskriminierung vor, weil das Befahren der weit überwiegend von ausländischen Frächtern benützten Gesamtstrecke der Brenner-Autobahn teurer sei als dasjenige der überwiegend von inländischen Frächtern benützten Teilstrecken. Die Benützung der Gesamtstrecke erfordere mehr an Mautgebühren als die Summe der Teilstreckenmautgebühren ergebe.

Die Klägerin legt der Begründung des von ihr behaupteten Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot folgende Berechnung zu Grunde: Für die ca 10 km lange Teilstrecke Innsbruck-Stubaital seien vom 1. 2. bis 14,53 EUR verrechnet worden, für das Teilstück Matrei-Brennerpass im Umfang von ca 15,5 km 17,44 EUR und für das 19 km lange Teilstück Innsbruck-Matrei ein Betrag von 38,88 EUR. Der sich daraus ergebende Durchschnittsbetrag ergebe umgelegt auf die Gesamtstrecke von 34,5 km einen Betrag von 53,13 EUR. Demgegenüber habe die Klägerin in diesem Zeitraum für jedes Befahren der Gesamtstrecke 77,76 EUR bezahlt, woraus eine ungerechtfertigte Differenz von 24,63 EUR pro Fahrt resultiert habe. Ab seien für die Teilstrecke Innsbruck-Stubaital 22,53 EUR, für die Teilstrecke Matrei-Brennerpass 33,43 EUR und für die Teilstrecke Innsbruck-Matrei 37,79 EUR verrechnet worden, dies ergebe umgerechnet auf die Gesamtstrecke 73,14 EUR. Demgegenüber habe die Klägerin in diesem Zeitraum für jedes Befahren der Gesamtstrecke 75,58 EUR bezahlt, woraus sich eine ungerechtfertigte Differenz von 2,44 EUR ergebe. Ab seien für die Strecke Innsbruck-Stubaital 19 EUR, für die Teilstrecke Matrei-Brennerpass 32,50 EUR und für die Teilstrecke Innsbruck-Matrei 37,75 EUR verrechnet worden, was umgelegt auf die Gesamtstrecke 69 EUR ergebe. Demgegenüber habe die Klägerin für die Benützung der Gesamtstrecke 75,50 EUR bezahlen müssen. Daraus folge eine unberechtigte Differenz von 6,50 EUR pro Fahrt. Im Übrigen hätten sich die Mautgebühren entsprechend den genannten Richtlinien auch an den Kosten für Bau, Betrieb und weiteren Ausbau des betreffenden Straßennetzes zu orientieren, was im vorliegenden Fall ebenfalls nicht erfüllt sei.

Die Beklagte räumte ihre passive Klagslegitimation ein, bestritt aber das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach. Grundlage für die Einhebungen der Mautgebühren im klagsgegenständlichen Zeitraum seien private Straßenbenützungsverträge gewesen. Die Einhebung der Maut habe ihre rechtliche Grundlage im BGBl Nr 135/1964 gehabt, die Höhe der Mautgebühren sei jeweils mit Erlass durch den zuständigen Minister festgelegt worden. Weder das BStFG 1996 noch das BStMG 2002 haben zu einer Derogierung dieses Gesetzes geführt, weil in den Nachfolgegesetzen die Brenner-Autobahn von der Anwendung ausdrücklich so lange ausgenommen worden sei, als keine elektronische Wegstreckenmessung erfolge. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei eine Verordnungskundmachung nicht erforderlich gewesen, weil es sich um Akte der Privatwirtschaftsverwaltung gehandelt habe, somit eine Verwaltungsverordnung ausreichend gewesen sei. Jedenfalls für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum seien die Mautgebühren für Gesamtstrecke und Teilstrecken aufeinander abgestimmt worden, sodass die in den Urteilen C-205/98 und C-157/02 des Europäischen Gerichtshofs aufgezeigte Diskriminierung nunmehr vermieden werde. Dies habe die Europäische Kommission auch ausdrücklich in einem Schreiben zugestanden. Darüber hinaus erfüllten die Mautgebühren auch das Erfordernis einer Orientierung an den tatsächlich für Bau, Betrieb und weiteren Ausbau erforderlichen Kosten. Insbesondere wendete die Beklagte auch die Verjährung der Ansprüche der Klägerin ein. Bei Mautgebühren handle es sich um solche Forderungen, die gemäß § 1486 ABGB nach drei Jahren verjährten. Wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen habe, unterfielen daher auch Bereicherungsansprüche auf Rückzahlung aus diesen Titeln zuviel bezahlter Beträge der kurzen dreijährigen Verjährungsfrist.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass BGBl Nr 135/1964 eine ausreichende Rechtsgrundlage für die verfahrensgegenständlichen Mauteinhebungen sei und Rechtsverordnungen bzw deren Kundmachung nicht erforderlich gewesen seien. Aus Anlass des Urteils C-205/98 des Europäischen Gerichtshofs seien die Tarife für die Teilstrecken so geändert worden, dass diese nunmehr ungefähr der gefahrenen Kilometeranzahl entsprechen, weshalb keine mittelbare Diskriminierung mehr für die - mehrheitlich ausländischen - Benützer der Gesamtstrecke gegeben sei. Wenngleich Art 7 Buchstabe b der RL 93/89/EWG grundsätzlich, weil ausreichend bestimmt, direkte Wirkung im Verhältnis einzelner Straßenbenützer zu der dem Staat zuzurechnenden Beklagten entfalten könne, was auch für Art 7 Abs 4 der Nachfolgerichtlinie 1999/62/EG gelte (EuGH C-157/02), sei daraus für die Klägerin wegen der Beseitigung der Diskriminierung nichts mehr zu gewinnen. Durch diese Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sei aber auch klargestellt, dass Art 7 Buchstabe h der RL 93/89/EWG bzw Art 7 Abs 9 RL 1999/62/EG keine unmittelbare Wirkung entfalten könne, sodass sich die Klägerin auf eine angebliche nicht an den Kosten orientierte Mautüberhöhung nicht berufen könne.

Das Berufungsgericht teilte die Rechtsauffassung des Erstgerichts. Ergänzend führte es aus, dass die Zahlungen der Klägerin aufgrund von Verträgen geleistet worden seien (1 Ob 57/04w). Für Rückforderungsansprüche eines Kreditschuldners habe die Rechtsprechung eine Rechtsanalogie zu § 27 Abs 3 MRG und § 5 Abs 4 KlGG mit dem Ergebnis einer dreijährigen Verjährungsfrist als geboten angesehen (RIS-Justiz RS0117773). Um so mehr biete sich diese Rechtsanalogie für Straßenbenützungsverträge an, zumal ein Frachtunternehmer aus Verträgen betreffend die Benützung von Straßen nicht als schutzwürdiger angesehen werden könne als der Mieter einer Wohnung. Wohl spreche § 1480 ABGB von rückständigen jährlichen Leistungen, worunter wiederkehrende Leistungen zu verstehen seien, doch erscheine es auch in diesem Zusammenhang angebracht, eine Analogie zu sehen, weil die Leistungen der Klägerin aufgrund gleichbleibender Tarife erfolgt seien. Da die Verjährung eines Bereicherungsanspruchs nach allgemeinen Grundsätzen mit der Zahlung zu laufen beginne, seien die hier geltend gemachten Forderungen der Klägerin infolge der anzuwendenden dreijährigen Verjährungsfrist bereits verjährt.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil die Entscheidung von einer Mehrzahl von Rechtsfragen abhängig sei, die in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist zulässig und im Rahmen ihres Aufhebungsantrags auch berechtigt.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die Forderungen der Klägerin nicht schon jedenfalls verjährt: Die Verjährung von Ansprüchen nach den §§ 1431, 1435 ABGB tritt grundsätzlich nach dreißig Jahren ein (RIS-Justiz RS0033819; RS0020167; zuletzt 1 Ob 92/08y). Die lange, dreißigjährige Verjährungszeit gilt als Auffangtatbestand. Ist keine jener Bestimmungen, die eine kurze Verjährungsfrist vorsehen, sei es unmittelbar, sei es kraft Analogieschlusses, anwendbar, hat es bei einer Verjährungszeit von dreißig Jahren zu bleiben (RIS-Justiz RS0086687). So wurde beispielsweise ausgesprochen, dass der Anspruch des Kreditschuldners auf Zurückzahlung zuviel gezahlter Kreditzinsen nach drei Jahren verjährt. Diese Rechtsprechung betrifft aber ausdrücklich periodisch wiederkehrende Zahlungen und wurde daher auf eine analoge Anwendung des § 1480 ABGB gestützt (RIS-Justiz RS0117773). Zuletzt wurde judiziert (7 Ob 269/08x), dass die von einem Netzbetreiber zu Unrecht eingehobenen Gebrauchsabgaben der kurzen dreijährigen Verjährungsfrist unterliegen. Auch dabei handelte es sich jedoch um periodische Zahlungen.

In Analogie zu § 1486 Z 5 ABGB wurde ausgesprochen, dass nicht nur für Forderungen der Dienstnehmer die kurze Verjährungszeit gilt, sondern dass auch Überzahlungen des Dienstgebers der dreijährigen Verjährungsfrist unterliegen (9 ObA 157/97x, 9 ObA 39/00a in RIS-Justiz RS0021868). Dabei kann aber nicht übersehen werden, dass auch diese Zahlungen regelmäßig periodisch erfolgen und überdies ein Interessenungleichgewicht vorläge, wollte man einerseits den - durch die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers besonders geschützten - Arbeitnehmer hinsichtlich seiner Forderungen der dreijährigen Verjährungsfrist unterwerfen, nicht jedoch den Arbeitgeber. Auch der Vergleich der Beklagten mit Miet- und Pachtzinsen im Sinn des § 1486 Z 4 ABGB ist nicht überzeugend, zumal es sich dabei ebenfalls um periodische Zahlungen handelt. Selbst wenn man das Zurverfügungstellen einer mautpflichtigen Straße dem § 1486 Z 1 ABGB unterstellen wollte, so bezieht sich diese Bestimmung grundsätzlich nur auf das Entgelt für derartige Lieferungen oder Leistungen im Rahmen eines geschäftlichen Betriebs. Kondiktionsansprüche der Entgeltpflichtigen generell per Analogie der kurzen Verjährungszeit zu unterwerfen, bedürfte des Vorliegens einer ungewollten Gesetzeslücke. Eine solche kann aber hier nicht festgestellt werden, zumal Analogien zu den die Ausnahme darstellenden kurzen Verjährungszeiten stets äußerst vorsichtig zu handhaben sind (1 Ob 182/98s). Dieser Rechtsauffassung steht auch die Entscheidung 1 Ob 32/08z (in RIS-Justiz RS0123539) nicht entgegen, ging es dort doch um die Forderung für eine Mehrlieferung, nicht jedoch um die Rückforderung des Entgelts.

Greift somit mangels eines Analogiefalls die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 1479 ABGB Platz, sind die von der Klägerin geltend gemachten Forderungen jedenfalls noch nicht verjährt.

Wie schon in den Vorinstanzen hält die Klägerin nach wie vor daran fest, dass es der Einhebung der Mautgebühren durch die Beklagte an einer Rechtsgrundlage ermangelt habe. Hierzu ist Folgendes auszuführen:

Mit dem Bundesgesetz betreffend die Finanzierung der Autobahn Innsbruck-Brenner, BGBl Nr 135/1964, wurde festgeschrieben, dass der Bund für die Benutzung der Autobahnstrecke Innsbruck-Brenner ein Entgelt zu verlangen hat. Nach § 1 zweiter Satz des Gesetzes ist dieses in Allgemeinen Richtlinien nach Fahrzeuggattung und Entfernung festzusetzen. Gemäß § 2 Abs 1 wurde bestimmt, dass die Herstellung, Erhaltung und Finanzierung der Autobahn Innsbruck-Brenner sowie die Einhebung des Benützungsentgelts nach § 1 einer Kapitalgesellschaft übertragen und das Benützungsentgelt der Kapitalgesellschaft zur Abdeckung der Kosten für die Herstellung, Erhaltung und Finanzierung der Autobahn Innsbruck-Brenner überlassen wird. In der Folge wurden die Tarife mit Erlässen des jeweils zuständigen Ministeriums festgesetzt. Diese wurden nicht kundgemacht, weil sie vom jeweils zuständigen Minister als Verwaltungsverordnungen qualifiziert wurden, die sich nur an die Straßengesellschaft selbst richteten. Die Maut wurde zunächst manuell, für Strecken und nicht nach Kilometern eingehoben.

Als Kapitalgesellschaft wurde nach diesem Gesetz die „Brenner-Autobahn AG" errichtet. Nach Art II § 1 des ASFINAG-Gesetzes BGBl Nr 591/1982, hatte der Bund eine ihm in allen Anteilen vorbehaltene Aktiengesellschaft („Autobahnen- und Schnellstraßenfinanzierungs-AG" = ASFINAG) zu errichten, deren Zweck als Finanzierungsgesellschaft die Aufbringung, Verwaltung und Verteilung von Geldmitteln für den Bundesstraßenbau ist (§ 2 ASFINAG-Gesetz). Die bestehenden Bundesstraßengesellschaften (darunter die Brenner-Autobahn AG, später ASAG) sollten Benützungsentgelte namens des Bundes einheben. Diese Benützungsentgelte blieben den Straßengesellschaften teilweise für Personal- und Verwaltung überlassen. Benützungsentgelte, die nicht zur Deckung dieser Aufgaben dienten, waren hingegen an die ASFINAG abzuführen (§ 4 Abs 1 ASFINAG-Gesetz in der Stammfassung; im Wesentlichen gleichlautend auch § 4 Abs 1 idF BGBl Nr 419/1991).

Mit dem Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996, BGBl Nr 201/1996, wurde bestimmt, dass eine fahrleistungsabhängige Maut für Bundesautobahnen eingehoben werden soll. Diese fahrleistungsabhängige Maut sollte vom Bund während des Jahres 1998 (§ 2) eingeführt werden, und zwar für mehrspurige Fahrzeuge, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht über 3,5 t beträgt, sofern die Einhebung mittels elektronischer Einrichtung (§ 4) zu diesem Zeitpunkt möglich und insgesamt eine zuverlässige Abwicklung der Bemautung gewährleistet ist. 2001 sollte unter den gleichen Voraussetzungen für alle anderen Fahrzeugkategorien mit der Einhebung einer fahrleistungsabhängigen Maut begonnen werden (§ 2). § 5 dieses Gesetzes bestimmt aber, dass die Festsetzung der Mauttarife und die Ausnahmen von der Entgeltleistung auf den im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits von den Bundesstraßengesellschaften bemauteten Strecken durch die Bestimmungen dieses Gesetzes so lange unberührt bleiben, als die Mauteinhebung nicht gemäß § 2 erfolgt. Tatsächlich geschah im angegebenen Zeitraum die Bemautung auf der Brenner-Autobahn nicht fahrleistungsabhängig-elektronisch.

Nach dem ASFINAG-Ermächtigungsgesetz, BGBl I 113/1997, hatte der Bund seine Anteile an der ASAG (früher Brenner-Autobahn AG) als Sacheinlage in die ASFINAG einzubringen. Der ASFINAG wurde das Recht auf Fruchtnießung unter anderem an den bestehenden Bundesautobahnen eingeräumt. Der ASFINAG wurde weiters mit Wirksamkeit vom das Recht eingeräumt, die Einhebung von Mauten und Benützungsgebühren von sämtlichen Nutzern der dem Fruchtgenussberechtigten übertragenen Straßen entsprechend den Bestimmungen des BStFG 1996 und den sonstigen gesetzlich festgelegten Mauten und Benützungsgebühren vorzunehmen (§ 6). Mit der BStFG-Novelle, BGBl 107/1999, wurden die Rahmenbedingungen für die Mauteinhebung geändert: Das (prinzipielle) Recht zur Mauteinhebung lag weiterhin beim Bund (§ 1 Abs 1 erster Satz BStFG). Der Bund hatte diese Aufgabe jedoch nicht selbst vorzunehmen, sondern sie „auszugliedern". Er hatte der ASFINAG mit Wirkung vom mit privatrechtlichem Vertrag das Recht eingeräumt, die Einhebung von Mauten und anderen Benützungsgebühren durchzuführen (§ 6 ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997), sodass künftig Mauten und Benützungsgebühren „im Namen und auf Rechnung der ASFINAG" eingehoben wurden. Mit § 2 Abs 1 BGBl Nr 107/1999 wurde dem Bund aufgetragen, mit der Einhebung einer fahrleistungsabhängigen Maut zu beginnen, sobald die Einhebung mittels elektronischer Einrichtungen möglich ist. Mit BGBl II 48/2000 erließ der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten eine Verordnung über die Festlegung der Tarife der fahrleistungsabhängigen Maut (Mauttarif-Verordnung), die die Festsetzung einer fahrleistungabhängigen Maut als Entgelt vorsah. Ausdrücklich wurde aber in § 3 Abs 6 festgehalten, dass die Festsetzung der Mauttarife auf den im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung bereits von den Bundesstraßengesellschaften bemauteten Strecken durch die Bestimmung dieser Verordnung solange unberührt bleibt, als der Beginn der Einhebung der fahrleistungsabhängigen Maut nicht gemäß § 2 Abs 2 des BStFG 1996 durch Verordnung festgelegt ist.

Mit dem Bundesgesetz über die Mauteinhebung auf Bundesstraßen (Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 - BStMG), BGBl Nr 109/2002, trat das BStFG 1996 außer Kraft (§ 34). Das BStMG 2002 unterscheidet zwischen einer fahrleistungsabhängigen und einer zeitabhängigen Maut. Das Gesetz trat mit in Kraft. § 6 bestimmt, dass die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliegt. In § 10 Abs 1 wurde festgehalten, dass die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen deren höchstzulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliegt. Gemäß § 10 Abs 2 Z 4 wurde von der Pflicht zur Entrichtung der zeitabhängigen Maut die A 13 Brenner-Autobahn ausdrücklich ausgenommen. Gemäß § 31 Abs 1 dieses Gesetzes hatte der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie unter Bedachtnahme auf Art 11 Abs 3 der RL 1999/62/EG den Beginn der Einhebung der fahrleistungsabhängigen Maut durch Verordnung mit einem Monatsersten festzulegen, sobald eine zuverlässige Abwicklung der Bemautung und der Schutz personenbezogener Daten gewährleistet ist. § 31 Abs 3 des BStMG 2002 bestimmte weiters, dass die Festsetzung der Mauttarife und die Ausnahmen von der Entgeltleistung auf den in § 10 Abs 2 genannten Strecken durch die Bestimmungen dieses Gesetzes so lange unberührt bleiben, als keine fahrleistungsabhängige Maut eingehoben wird (dies war auf der Brenner-Autobahn im hier maßgeblichen Zeitraum noch nicht der Fall).

Dass der Gesetzgeber entgegen der von der Klägerin vertretenen Ansicht, dem Sonderfinanzierungsgesetz BGBl 135/1964 sei durch die nachfolgenden Bestimmungen insbesondere des BStFG 1996 und das BStMG derogiert worden, weiterhin von der Geltung des erstgenannten Gesetzes ausgeht, ergibt sich nicht zuletzt aus § 15a ASFINAG-Gesetz idF BGBl 82/2007, nach dessen Absatz 1 die Beklagte mit Wirksamkeit vom ermächtigt wurde, höchstens 1 % von den im Jahr 2003 ua nach dem Bundesgesetz betreffend die Finanzierung der Autobahn Innsbruck-Brenner, BGBl 135/1964, eingehobenen Netto-Benützungsentgelte für Maßnahmen zur Verbesserung der Umweltsituation in der Umgebung der vom oben genannten Finanzierungsgesetz erfassten Strecken den Bundesländern zur Verfügung zu stellen.

Darüber hinaus ist Folgendes zu erwägen:

Das BStFG 1996, sieht, wie schon erwähnt, in § 5 ausdrücklich vor, dass von den Bundesgesellschaften bereits bemautete Strecken hinsichtlich der Mauteinhebung durch das Gesetz unberührt bleiben, so lange nicht eine Verordnung zur Mauteinhebung gemäß § 2 BStFG erfolgt. In der Entscheidung vom (A 23/00) ging der Verfassungsgerichtshof ausdrücklich davon aus, dass die Brenner-Autobahn eine Autobahn sei, die im Sinn des § 5 BStFG 1996 bereits bemautet war und dass die Ausnahmen nach § 5 BStFG 1996 weiterhin in Geltung stehen. In der Literatur lehren Stolzlechner/Kostal (Das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 in ZVR 1999, H 5a), dass durch § 5 BStFG 1996 die vor dem BStFG 1996 geltende Mauteinhebung auf der Brenner-Autobahn unberührt bleibe. Dies bedeute, dass, solange nicht eine fahrleistungsabhängige Maut eingehoben werde, bei der Benützung dieser bereits bemauteten Strecke die allgemeine zeitabhängige Maut und zusätzlich die speziellen Mauten zu entrichten seien. Auch die Verordnung Nr 615/1996 geht davon aus, dass die A 13 Brenner-Autobahn eine bereits bemautete Strecke ist. Die Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Tarife der fahrleistungsabhängigen Maut (Mauttarifverordnung), BGBl II 48/2000, konnte schon nach den Grundsätzen über den Stufenbau der Rechtsordnung dem Sonderfinanzierungsgesetz Brenner-Autobahn nicht derogieren. Folgerichtig sieht § 3 Abs 6 der Verordnung - nahezu ident mit § 5 BStFG 1996 - vor, dass die Festsetzung der Mauttarife für die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Mauttarifverordnung bereits von den Bundesstraßengesellschaften bemauteten Strecken durch die Bestimmungen der Mauttarifverordnung unberührt bleibt, solange der Beginn der Einhebung der fahrleistungsabhängigen Maut nicht gemäß § 2 Abs 2 BStFG 1996 durch Verordnung festgelegt werde. Gemäß § 3 Abs 5 Mauttarifverordnung hat die Beklagte die näheren Zahlungsbedingungen in der Mautordnung unter Bedachtnahme auf den gemäß § 2 Abs 2 BStFG 1996 idF BGBl 107/1999 durch Verordnung festgelegten Beginn der Einhebung der fahrleistungsabhängigen Maut rechtzeitig festzulegen. Daraus ergibt sich klar, dass mit der Änderung der Bemautung auf bereits bemauteten Strecken und auch mit der Festlegung der Zahlungsbedingungen bis zum Erlass einer weiteren Verordnung zugewartet werden soll. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die Mauttarifverordnung, ebenso wie das BStFG, die bereits bemautete Brenner-Autobahn aus ihrem Geltungsbereich ausgenommen hat.

Mit dem Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 BGBl I 109/2002 trat das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 außer Kraft. Aus dessen § 31 iVm § 10 Abs 2 ist jedoch ebenfalls der sichere Schluss zu ziehen, dass damit BGBl Nr 135/1964 weder aufgehoben, noch sonst die bisherige Bemautung der Brenner-Autobahn angetastet werden sollte. Für diese Ansicht spricht auch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs aus jüngerer Zeit: In 2008/06/0098 musste der Verwaltungsgerichtshof über eine Strafverfügung entscheiden, in der eine Strafe verhängt worden war, weil der Lenker eines Lastkraftwagens mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t die fahrleistungsabhängige Maut auf der A 13 nicht ordnungsgemäß entrichtet hatte. Der Verwaltungsgerichtshof ging davon aus, dass die Entrichtung der Maut auf der Brenner-Autobahn aufgrund des Sonderfinanzierungsgesetzes BGBl Nr 135/1964 zu erfolgen habe, das auch nach Inkrafttreten des BStMG 2002 weiter in Geltung stehe.

Zusammenfassend ist daher den Vorinstanzen in ihrer Rechtsauffassung beizupflichten, dass im hier relevanten Zeitraum die Grundlage für die Einhebung der Autobahnmaut auf der Brenner-Autobahn immer noch das BGBl Nr 135/1964 war.

Für den Fall der Weitergeltung dieses Gesetzes wendete die Klägerin ein, dass eine taugliche Rechtsgrundlage trotzdem nicht vorliege, da entgegen dem Determinierungsgebot des Art 18 B-VG keine Rechtsverordnung kundgemacht worden sei. Zur Gültigkeit der Mauttarife wäre daher die Kundmachung im Bundesgesetzblatt erforderlich gewesen.

Die Privatwirtschaftsverwaltung ist jener Bereich, in dem der Staat nicht als Träger seiner hoheitlichen Befugnisse auftritt, sondern in dem er sich für sein Handeln der Rechtsformen bedient, die auch dem Rechtsunterworfenen zur Verfügung stehen. Wird der Staat als Unternehmer tätig, so ist seine Stellung meist eine besondere, weil er verbunden mit der ökonomischen Macht, als Hoheitsträger den rechtlichen Rahmen, in dem er privatwirtschaftlich tätig wird, beeinflussen kann, etwa durch Akte der Gesetzgebung (Sonderprivatrecht) oder durch Akte der Vollziehung (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Grundriss des österr. Bundesverfassungsrechts 2007 Rz 560). Ausgangspunkt für das Verhältnis zwischen Gesetz und Vollziehung ist Art 18 B-VG. Danach darf die gesamte staatliche Verwaltung nur aufgrund der Gesetze ausgeübt werden. Gleichzeitig muss der Gesetzgeber die Handlungsgrundlagen der Vollziehung durch ausreichend bestimmte Gesetze regeln (Öhlinger, Verfassungsrecht 2007 Rz 583).

Im vorliegenden Fall kann nicht zweifelhaft sein, dass der Staat bzw die von ihm gesetzlich beauftragte Beklagte den Benützern der Brenner-Autobahn privatrechtlich gegenübertritt. Insoweit ist zur Geltung des Art 18 B-VG Folgendes auszuführen:

Die heute herrschende Meinung (Korinek/Holoubek, Grundlagen staatlicher Privatwirtschaftsverwaltung 1963, 68 ff; Berka, Lehrbuch Verfassungsrecht 2005 Rz 496 ff; Rill/Schäffer, Bundesverfassungsrecht 2007, 19 ff; zuletzt auch von seiner früheren Meinung abweichend Antoniolli, Legalitätsprinzip 1974, 15) geht davon aus, dass die Privatwirtschaftsverwaltung nicht dem strengen Legalitätsprinzip des Art 18 B-VG unterliegt. Wenngleich Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer (Grundrecht des österr. Bundesverfassungsrechts 2007 Rz 570) die Geltung des Legalitätsprinzips auch in der Privatwirtschaftsverwaltung befürworten, gestehen sie zu, dass diese Ansicht umstritten und die überwiegende Auffassung anderer Meinung ist.

Der Verfassungsgerichtshof judiziert in nunmehr ständiger Rechtsprechung (Nachweise bei Rill/Schäffer, Bundesverfassungsrecht 2007, 19; Mayer, B-VG Kurzkommentar 2007 Art 18 I/4), dass Art 18 B-VG nicht für die Privatwirtschaftsverwaltung gilt. So wurde zu VfSlg 7.717 ausgesprochen, dass es für ein Handeln im Bereich der Privatautonomie inhaltlich keiner besonderen gesetzlichen Ermächtigung bedarf. Zur Tätigkeit der Post- und Telegraphenverwaltung wurde im Jahr 1988 erkannt (VfSlg 11.924), dass mangels besonderer gesetzlicher Grundlagen die betreffenden Dienste und Leistungen im Rahmen des Privatrechts erbracht werden, der Verfassungsgerichtshof sohin der Meinung sei, dass schon mangels einer besonderen Rechtsgrundlage, welche die betreffenden Rechtsbeziehungen in das öffentliche Recht verweisen, das Rechtsverhältnis zwischen der Post- und Telegraphenverwaltung einerseits und BTX-Teilnehmern andererseits ein privatrechtliches sei. Zu G 5/07 judizierte der Verfassungsgerichtshof, dass für Selbstbindungsnormen nicht die selben strengen Anforderungen der Bestimmtheit wie für Rechtsvorschriften, die sich an Rechtsunterworfene richten und zu Eingriffen durch die Hoheitsverwaltung ermächtigen, gelten. In A 23/00 beurteilte der Verfassungsgerichtshof die Festsetzung der allgemeinen Richtlinien für Mauteinhebungen als privatrechtliche Willenserklärungen mit der Intention pflichtenbegründender Wirkung gegenüber den Sondergesellschaften. Der Oberste Gerichtshof nahm in 1 Ob 32/95 auf die herrschende Meinung Bezug und sprach aus, dass nach dieser Art 18 B-VG nicht für die Privatwirtschaftsverwaltung gelte. Zu 1 Ob 526/92 führte der Oberste Gerichtshof aus, dass wichtiges Indiz für die privatwirtschaftliche Natur des Verwaltungshandelns gerade der Mangel gesetzlicher Determinierung sei.

Zusammenfassend ist daher auszuführen, dass auch die in BGBl Nr 135/1964 in § 1 genannten „allgemeinen Richtlinien" weder als Hinweis auf das Erfordernis hoheitlichen Handelns des Staats noch auf die Notwendigkeit der Erlassung einer Rechtsverordnung aufzufassen sind. Vielmehr betrifft diese Reglementierung das Innenverhältnis zwischen Bund und der Straßengesellschaft. Wenn auch der Bund im späteren Straßenfinanzierungsgesetz eine Verordnung vorsah, sind daraus keine Rückschlüsse auf die hier anzuwendende Rechtslage zu schließen. Mangels entgegenstehender zwingender Vorschrift ist es nämlich dem Staat überlassen, zwischen privatrechtlicher und hoheitsrechtlicher Handlungsform zu wählen (1 Ob 526/92). Dem Klagevorbringen, dass die Mauteinhebung zum Kernbereich staatlicher Tätigkeiten zähle, ist die schon zitierte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (A 23/00) entgegenzuhalten, wo überzeugend dargelegt wurde, dass die Mauteinhebung im Rahmen der Privatwirtschaft erfolge, dass die Festsetzung „allgemeiner Richtlinien" als privatrechtliche Willenserklärung zu sehen sei und der Bundesminister bei Festsetzung der Mauttarife nicht als Träger hoheitlicher Befugnisse in Erscheinung trete. Somit stellt sich das von der Klägerin ins Treffen geführte Determinierungsproblem im Sinn des Art 18 B-VG für den hier gegebenen Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung nicht.

Ist somit von einer wirksamen gesetzlichen Grundlage für die Mauteinhebung auszugehen, stellt sich letztlich die Frage nach dem von der Klägerin behaupteten gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbot. Vorweg und von den Vorinstanzen zutreffend erkannt, kann ein eventueller Verstoß der Beklagten gegen Art 7 Buchstabe h der RL 93/89/EWG bzw Art 7 Abs 9 RL 1999/62/EG unbeachtet bleiben: Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom , C-157/02, ausdrücklich festgestellt, dass sich der Einzelne bei unterbliebener oder unvollständiger Umsetzung der RL 93/89/EWG und 1999/62/EG gegenüber einer staatlichen Stelle weder auf Art 7 Buchstabe h in der RL 93/89/EWG noch auf Art 7 Abs 9 der RL 1999/62/EG berufen kann. Inwieweit eine nicht an den Planungs-, Richtungs- und Erhaltungskosten orientierte Mauteinhebung sittenwidrig sein soll, bleibt die Klägerin zu erklären schuldig.

Demgegenüber hat der Europäische Gerichtshof in der genannten Entscheidung ausgesprochen, dass die Bestimmung des Art 7 Buchstabe b der RL 93/89/EWG (sinngleich mit der RL 1999/62/EG Art 7 Abs 4) unbedingt und hinreichend genau ist, sodass sich der Einzelne vor den nationalen Gerichten auf sie berufen kann. Ausdrücklich wurde auch festgehalten, dass die hier Beklagte als staatliche Organisation aufzufassen ist, der gegenüber ein Berufen auf die Richtlinie möglich ist.

Gemäß Art 7 Buchstabe b RL 93/89/EWG dürfen die Mitgliedstaaten unter folgenden Bedingungen Mautgebühren beibehalten und/oder Benützungsgebühren einführen:

a) Die Maut- und Benützungsgebühren dürfen nicht gleichzeitig für die Benutzung ein und desselben Straßenabschnitts erhoben werden. Jedoch können die Mitgliedstaaten bei Netzen, in denen für die Benützung von Brücken, Tunneln und Gebirgspässen Gebühren eingehoben werden, auch Mautgebühren erheben.

b) Die Maut- und Benützungsgebühren dürfen unbeschadet des Art 8 Abs 2 Buchstabe e und des Art 9 weder mittelbar noch unmittelbar zu einer unterschiedlichen Behandlung aufgrund der Staatsangehörigkeit des Verkehrsunternehmers bzw des Ausgangs- oder Zielpunktes des Verkehrs führen.

Gleiche Regelungen enthalten die Absätze 3 und 4 des Art 7 der RL 1999/62/EG. Die Bemautung der Brenner-Autobahn war bereits Gegenstand der Entscheidung C-205/98 des Europäischen Gerichtshofs. Dort wurde auf eine Diskriminierung von Fahrzeugen mit mehr als drei Achsen, die aus dem Ausland kommen und überwiegend die Gesamtstrecke befahren, gegenüber gleichen Fahrzeugen aus dem Inland, die überwiegend die Teilstrecken befahren, erkannt. Der Europäische Gerichtshof stellte fest, dass bei Kraftfahrzeugen mit mehr als drei Achsen, die einen Gütertransport durchführen, eine unterschiedliche Behandlung zwischen den Fahrzeugen besteht, die die Gesamtstrecke zurücklegen und überwiegend nicht in Österreich zugelassen sind und jenen, die die Teilstrecken in Anspruch nehmen und ganz überwiegend in Österreich zugelassen sind. Unmissverständlich hat der Europäische Gerichtshof in dieser Entscheidung auch zum Ausdruck gebracht, dass nicht die Gesamtsumme der Teilstrecken maßgeblich ist, sondern repräsentative Streckenabschnitte der Gesamtstrecke gegenüberzustellen sind. Darunter verstand er die Teilstrecken Innsbruck-Schönberg (= Stubaital), Innsbruck-Matrei und Matrei-Grenze Brenner (Rz 73). Diese Auswahl von Teilstrecken, deren Durchschnitts-Kilometermaut der Maut für das Befahren der Gesamtstrecke gegenüberzustellen sei, ergebe sich aus der Erwägung, dass an diesen Strecken die in wirtschaftlicher Hinsicht bedeutsamen Ortschaften liegen, während die übrigen längs der Autobahn gelegenen Städte vor allem touristische Bedeutung haben. Somit sei davon auszugehen, dass die Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen, die diese Teilstrecken oder die Gesamtstrecke befahren, aus gleichartigen Gründen für den Verkehr eingesetzt werden, nämlich für den Schwerlastverkehr entweder im Transit - bei Inanspruchnahme der Gesamtstrecke - oder von oder nach einer der durch diese Teilstrecken bedienten Ortschaften. Dagegen könnten jene Strecken, die diese Art von Verkehr nicht oder nur ganz am Rande betreffen, für den Vergleich nicht herangezogen werden (Rz 75). Ausschlaggebend für die Bejahung einer Diskriminierung sei der jeweilige Prozentsatz der inländischen und der ausländischen Verkehrsunternehmer an den beiden zu vergleichenden Gruppen und nicht das jeweilige zahlenmäßige Gewicht der Angehörigen der beiden fraglichen Gruppen. Daher bestehe die Ungleichbehandlung darin, dass die zur begünstigten Gruppe gehörenden Fahrzeuge (Benützer der Teilstrecken) überwiegend in Österreich zugelassen seien, während die zur benachteiligten Gruppe gehörenden Fahrzeuge (Anmerkung: Befahrer der Gesamtstrecke), die 99 % des Gesamtverkehrs der Kraftfahrzeuge mit mehr als drei Achsen ausmachten, überwiegend nicht in Österreich zugelassen seien. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass sich die Mitgliedstaaten bei Regelungen, die eine Diskriminierung enthalten, nicht auf Erwägungen berufen können, die auf verwaltungstechnische Schwierigkeiten abstellen (Rz 78).

Der Europäische Gerichtshof entschied zu C-157/02, dass unmittelbar anwendbare Bestimmungen einer Richtlinie auch einer juristischen Person des Privatrechts entgegengehalten werden können, der die Mauteinhebung für die Benützung öffentlicher Verkehrswege übertragen wurde. Daraus folgt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Benützer der Gesamtstrecke der österreichischen Brenner-Autobahn gegenüber den Benützern bestimmter Teilstrecken durch die für die Verwendung bestimmter Kraftfahrzeuge festgelegten Mautbeträge nicht zu benachteiligen. In dieser zu einer Anfrage des Obersten Gerichtshofs (1 Ob 126/02i) ergangenen Vorabentscheiung erachtete der Europäische Gerichtshof zwar, die Frage, auf welche Weise und unter Heranziehung welcher Parameter die jeweils zulässige Maut für eine Einzelfahrt über die Gesamtstrecke zu berechnen sei (Rz 46), nicht beantworten zu müssen; doch ergibt sich aus Rz 39 des Urteils, dass der Europäische Gerichtshof weiterhin davon ausgeht, dass zum Vergleich die in seiner Entscheidung C-205/98, Rz 73, genannten drei Teilstrecken heranzuziehen sind (1 Ob 40/04w; so auch 1 Ob 57/04w, wo ein auf Verletzung von Gemeinschaftsrecht gestützter Staatshaftungsanspruch mit der Begründung verneint wurde, dass der konkrete, zur Ermittlung einer Diskriminierung angestellte Streckenvergleich des Europäischen Gerichtshofs für die Republik bzw die auch hier Beklagte nicht vorhersehbar gewesen sei).

Die Klägerin folgt in ihrem Vorbringen der vom Europäischen Gerichtshof vorgenommenen Vergleichsrechnung. Aus dieser ergibt sich zu ihrem Nachteil - zumindest nach den Behauptungen der Klägerin - eine Differenz, die angeblich (- so auch noch in der Berufung behauptet -) bis zu 24,63 EUR pro Einzelfahrt (AS 57) ausmachen soll. Selbst eine wegen eines Verstoßes gegen Gemeinschaftsrecht anfechtbare Mehrverrechnung an Mautgebühren könnte nicht zu einer Rückforderung der gesamt bezahlten Mautbeträge, sondern nur der jeweiligen Überzahlungen führen. Nun hat die Klägerin betreffend die angebliche Diskriminierung zwar eine Vergleichsrechnung vorgenommen (ON 6), es dabei aber unterlassen, konkret aufzuzeigen, welche Fahrten an welchen Tagen betroffen waren und aus welchen Differenzen sich demzufolge der Klagsbetrag zusammensetzt (vgl 1 Ob 40/04w).

Dem fortgesetzten Verfahren wird daher - nach entsprechender Modifizierung bzw Ergänzung des Klagebegehrens und nach entsprechend detaillierten Feststellungen durch das Erstgericht - grundsätzlich die Berechnungsmethode des Europäischen Gerichtshofs zugrunde zu legen sein. Da die Auslegungskompetenz gemeinschaftsrechtlicher Regelungen dem Europäischen Gerichtshof zukommt, kann das Schreiben der Vizepräsidentin der Kommission an die Republik Österreich, nach der mit der nunmehrigen Regelung eine Diskriminierung beseitigt sein soll, zwar direkte Rechte betroffener Frächter nicht beschränken, doch liegt darin ein Indiz, dass nicht jede Abweichung der Gesamtstreckenmaut von der Durchschnittsmaut der als repräsentativ erkannten Vergleichs-Teilstrecken nach oben schon eine relevante Diskriminierung darstellt. Zunächst ist nicht zu übersehen, dass die vom Europäischen Gerichtshof angestellte Vergleichsrechnung mit „repräsentativen" Teilstrecken auch nur das Ergebnis einer Annäherungsrechnung sein kann, weil der jedenfalls auch auf den „nicht repräsentativen" Teilstrecken vorhandene, wenn auch geringer ausfallende lokale Schwerlastverkehr völlig außer Betracht bleibt, sodass eine Cent-genaue Gegenüberstellung nur eine „Scheingenauigkeit" bringt. Weiters wird zu beachten sein, ob und inwieweit nicht auch Rundungsdifferenzen zu den von der Klägerin behaupteten Unterschieden führen. Während die im Bereich von nur etwas über 2 EUR gelegenen Differenzen pro Fahrt auf der Gesamtstrecke jedenfalls durchaus mit der Ungenauigkeit der aufgezeigten Annäherungsrechnung erklärt werden könnten, wird es an der Beklagten liegen, für höhere Differenzen eine entsprechende - mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbare - Erklärung zu geben. Dabei kann es für die Relevanz einer Mautdifferenz nicht auf die Häufigkeit der von der Klägerin zurückgelegten Fahrten ankommen, zumal auch der Europäische Gerichtshof bei seiner Gegenüberstellung nur auf Einzelfahrten abstellt.

Die Rechtssache ist daher zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.