zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 13.07.2006, 8ObS7/06x

OGH vom 13.07.2006, 8ObS7/06x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Kainz und Josef Sinzinger als weitere Richter in der Sozialrechtssache des Klägers Ing. Jörg B*****, vertreten durch Stampfer & Orgler, Rechtsanwälte in Graz, und des Nebenintervenienten auf Seiten des Klägers Dr. Guido H*****, Rechtsanwalt in Graz, als Masseverwalter im Konkurs der A***** GmbH, ***** wider die Beklagte IAF-Service GmbH, Geschäftsstelle ***** vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 3.244,98 EUR netto sA Insolvenz-Ausfallgeld, über die Revisionen des Klägers und der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Rs 53/05h-27, womit über Berufung des Klägers und der Beklagten das Zwischenurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 37 Cgs 114/04x-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Den Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war vom bis bei einer GmbH als Angestellter beschäftigt. Über das Vermögen der GmbH wurde am zu 40 S 343/02t des Landesgerichtes für ZRS Graz der Konkurs eröffnet und der Nebenintervenient zum Masseverwalter bestellt. Am wurde zwischen der Dienstgeberin und den Betriebsräten der Arbeiter und Angestellten der Standorte der Dienstgeberin in G*****, L***** und W***** eine „Betriebsvereinbarung" geschlossen, die auszugsweise lautet wie folgt:

„...

§ 1 Geltungsbereich

1.) Diese Betriebsvereinbarung gilt für alle Mitarbeiter, die im Ausland im Auftrag der A***** tätig werden, und für die daraus in den betreffenden Ländern lohnsteuerähnliche Abgaben zu entrichten sind.

2.) Die Betriebsvereinbarung tritt mit in Kraft. Sie kann jeweils am 31. März zum 30. Juni jedes Jahres von beiden Seiten gekündigt werden.

§ 2 Besteuerung von Mitarbeitern mit Auslandstätigkeiten

1.) Mitarbeiter, die länger als 31 Tage ununterbrochen auf einer begünstigten ausländischen Baustelle arbeiten, erhalten ihre Bezüge für diese Zeit in Österreich gemäß § 3 Abs 1 lit 10 EStG steuerfrei. Die ausländische Lohnsteuer trägt die A*****.

2.) Mitarbeiter, die weniger als 31 Tage im Ausland oder bei nicht begünstigten Auslandstätigkeiten beschäftigt sind, werden nach den einschlägigen österreichischen steuerrechtlichen Bestimmungen besteuert. Fällt parallel dazu eine ausländische Lohnsteuer an, trägt diese die A*****,

3.) Mitarbeiter, die einen ausländischen Dienstort haben (zB Residents, ausländische Mitarbeiter an ausländischen Baustellen etc), sind in Österreich nicht lohnsteuerpflichtig. Die ausländische Lohnsteuer wird von ihren Bezügen gemäß den ausländischen Bestimmungen einbehalten.

§ 3 Steuertopf

1.) Der Steuertopf ist ein Verrechnungskonto der A*****. Auf diesem werden die einbehaltenen Beiträge jener Mitarbeiter, die auf begünstigten Auslandsbaustellen beschäftigt sind, aufgelistet. Dem werden die von der A*****bezahlten ausländischen Lohnsteuern bzw Abgabenleistungen gegenübergestellt.

2.) Die Betriebsräte haben das Recht, in diese Gegenüberstellung und die dazugehörigen Belege jederzeit Einsicht zu nehmen.

§ 4 Höhe der Beiträge

1.) Bei jenen Mitarbeitern, die auf einer begünstigten Auslandsmontage gemäß EStG tätig sind, werden 30 % der fiktiven in Österreich zu verrechnenden Lohnsteuer von ihren laufenden Bezügen einbehalten, die bei einer Tätigkeit ohne diese begünstigte Auslandsmontage angefallen wäre.

2.) Die Höhe der Beiträge kann jeweils zum 1. Jänner, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober jeden Jahres im Einvernehmen zwischen der A***** und dem Betriebsrat angepasst werden. Dabei sind insbesondere der aktuelle Saldo des Steuertopfes, die zu erwartenden Einzahlungen aus künftigen Auslandsmontagen, sowie die zu erwartenden Steuerzahlungen aus vergangenen und zukünftigen Projekten einzubeziehen. Ziel ist es, den Saldo möglichst bei Null zu halten.

§ 5 Bezahlung ausländischer Lohnsteuern

1.) Die A***** übernimmt für Mitarbeiter, die gemäß § 2 Abs 1 und 2 dieser Betriebsvereinbarung in das Ausland entsandt werden, das volle lohnsteuerrechtliche Risiko im Ausland.

2.) Wenn ein Mitarbeiter der A***** auf Grund der einschlägigen Bestimmungen des Gaststaates die Lohnsteuer direkt zu bezahlen hat, wird ihm diese gegen Beleg von der A***** rückvergütet.

§ 6 Auflösung des Steuertopfes

1.) Wird diese Betriebsvereinbarung von einem Vertragspartner gekündigt, ist das Ausgleichskonto Steuertopf am 31. 12. des betreffenden Jahres zu saldieren.

2.) Sind die Auszahlungen an ausländische Steuerbehörden größer als die Einzahlungen aus den von den Mitarbeitern einbehaltenen Beträgen, trägt dieses Risiko die A*****.

3.) Sind die Auszahlungen an ausländische Steuerbehörden geringer als die Einzahlungen aus den von den Mitarbeitern einbehaltenen Beträgen, wird über die Verteilung des Restbetrages im Rahmen einer mit den Betriebskörperschaften zu treffenden Vereinbarung entschieden.

..."

Zweck der Betriebsvereinbarung war, dass die sehr unterschiedlichen ausländischen Steuerbelastungen - in einigen Ländern bestand ein sehr geringer Lohnsteuersatz, in anderen ein hoher - auf die Auslandsbeschäftigten möglichst gleich aufgeteilt werden. Das war auch deshalb nötig, weil alle Arbeitnehmer dort hin wollten, wo geringe Steuern zu zahlen waren und nur wenige in jene Länder gegangen wären, wo höhere Steuern zu zahlen sind.

Der Steuertopf wurde in weiterer Folge so gehandhabt, dass 30 % der fiktiv in Österreich zu bezahlenden Lohnsteuer vom Entgeltbetrag des jeweils auf einer begünstigten ausländischen Arbeitsstelle arbeitenden Dienstnehmers von der Dienstgeberin einbehalten wurde. Die Entgeltforderungen der Arbeitnehmer wurden somit um diesen Anteil vermindert.

Forderungen der Arbeitnehmer in Höhe des Anteils, um welchen die Entgeltforderung vermindert wurde, wurden auf einem buchhalterischen Sonderkonto erfasst. Dieses Sonderkonto war ein Verrechnungskonto der Dienstgeberin, das auf der Passivseite geführt wurde. Dabei handelte es sich nicht um ein eigenes Bank- bzw Treuhandkonto, auf welches die Forderungen der Arbeitnehmer separat gebucht wurden, sondern um ein unternehmensinternes buchhalterisches Sachkonto. Innerhalb dieses Verrechnungskontos wurde nicht für jeden Arbeitnehmer ein Einzelkonto geführt. Insgesamt handelte es sich um eine bloß fiktive unternehmensinterne Trennung der Buchgelder.

Die gewählte Verrechnungsweise mittels bloß internem Verrechnungskonto hatte zur Folge, dass die Buchgelder des Steuertopfs - obwohl unternehmensintern gesondert behandelt - über dieselben realen Unternehmenskonten der Gemeinschuldnerin bei Geldinstituten verwaltet wurden wie andere Buchgelder, die anderen Finanzierungen dienten. Es erfolgte eine Vermengung der Buchgelder des Steuertopfes mit anderen der Dienstgeberin zuzuordnenden Buchgeldern.

Aus dem Steuertopf wurden entsprechend der Betriebsvereinbarung Lohnsteuerforderungen der ausländischen Beschäftigungsstaaten gegen die dort beschäftigten Dienstnehmer der Arbeitgeberin bezahlt. Es kam auch vor, dass die Beiträge der Arbeitnehmer in den Steuertopf die Steuerforderungen der Gaststaaten überstiegen.

Innerhalb der Beschäftigungsstaaten bestehen gravierende Unterschiede bezüglich des Zeitpunktes der Geltendmachung von Steuerforderungen. Es kann zum derzeitigen Zeitpunkt keine Aussage darüber getroffen werden, ob und in welcher Höhe die ausländischen Beschäftigungsstaaten noch Steuerforderungen geltend machen. Der Kläger kannte ebenso wie die übrigen Beschäftigten der Dienstgeberin die Betriebsvereinbarung. Sie wurde ihm gegenüber angewendet. Er war mit dieser Vorgangsweise einverstanden. Ein Überhang im Steuertopf sollte nach dem Willen der Betriebsparteien nicht der Dienstgeberin zukommen, sondern nach einer - in der Betriebsvereinbarung nicht festgelegten, jedenfalls aber verhältnismäßigen - Berechnungsmethode den Einzahlern zurückbezahlt werden. Überlegungen, was mit dem Steuertopf im Falle einer Unternehmensliquidation erfolgen sollte, wurden nicht angestellt. Im Jahr 2000 hatte sich auf dem Steuertopf ein solcher Überhang gebildet.

Es wurde daher am bzw zwischen der Dienstgeberin und dem Zentralbetriebsrat folgende „Betriebsvereinbarung" geschlossen:

„Betriebsvereinbarung

zur Rückzahlung von Beiträgen zum Steuertopf

...

Mitarbeiter, die auf einer begünstigten Baustelle im Ausland arbeiten, sind von der inländischen Lohnsteuer befreit. Sie unterliegen aber in vielen Fällen nach Landesgesetz der ausländischen Lohnsteuer.

Um dieses Risiko auszugleichen, ist in der A***** entsprechend der Betriebsvereinbarung vom ein Steuertopf eingerichtet. Der Steuertopf wird durch Beiträge jener Mitarbeiter dotiert, die von der inländischen Lohnsteuer auf Grund der Begünstigung des § 3 Abs 1 Z 10 EStG befreit sind. Die Bezahlung der im Ausland vorgeschriebenen Lohnsteuer erfolgt aus den Mitteln des Steuertopfes. In den vergangenen beiden Jahren haben die Einzahlungen die Auszahlungen deutlich übertroffen und der Saldo dieses Verrechnungskontos ist deutlich angewachsen.

Der Betrag, der die absehbaren Lohnsteuerforderungen des Auslandes übersteigt, wird an jene Mitarbeiter, die in den Jahren 1998 und 1999 Einzahlungen geleistet haben, im Verhältnis ihrer Einzahlungen im Monat April 2000 zurückerstattet.

Die genauen Beträge der Einzahlungen in den Steuertopf und Rückzahlungen sind in der beiliegenden Liste festgehalten."

Dieser Vereinbarung entsprechend wurde der Überschuss der Jahre 1998 und 1999 den Arbeitnehmern im Verhältnis der ihnen gegenüber einbehaltenen Forderung zur Summe der insgesamt einbehaltenen Forderungen der jeweiligen Monate im April 2000 zurückerstattet. Beiträge des Jahres 2000 waren von dieser Rückzahlung nicht umfasst.

Die Dienstgeberin ging dabei von folgender Berechnungsmethode aus:

1.) monatlich einbehaltener Betrag des AN x 1000 = Promillesatz

Gesamteinzahlungen in den Steuertopf

im Betrachtungszeitraum

2.) Promillesatz x Steuertopfsumme = anteiliger Betrag

des entspr Monats


Tabelle in neuem Fenster öffnen
3.)
Summe der anteiligen Beträge der betreffenden Monate
Diesen Betrachtungszeitraum hielt man für überschaubar. Mitarbeiter, deren Entgeltforderungen vor diesem Zeitraum einbehalten wurden, erhielten keine Rückvergütung. Auch Mitarbeiter, deren Forderungen einbehalten wurden und die vor dieser Periode aus dem Unternehmen ausgeschieden sind, erhielten keine Auszahlungen.
In der Anfangsphase kam es auch zumindest einmal vor, dass der Betrag des Steuertopfes nicht ausreichte und das Unternehmen einen Zuschuss leistete. Nachforderungen gegen die Dienstnehmer wurden aus diesem Grund nicht gestellt.
Die vom Masseverwalter beantragte Schließung jenes Unternehmensbereiches, dem der Kläger angehörte, wurde mit am selben Tag bekanntgemachtem Beschluss des Konkursgerichtes am bewilligt. Der Kläger trat am gemäß § 25 KO aus.

In der Gläubigerausschusssitzung am wurde der einstimmige Beschluss gefasst, ein Sondervermögen von 271.000 EUR aus der Masse nach der Gemeinschuldnerin zu bilden, welches vorerst dem Zweck gewidmet ist, Steuernachforderungen gegenüber entsandten Dienstnehmern zu berichtigen, weil nicht absehbar war, ob überhaupt und wenn ja, in welcher Höhe Steuerforderungen von Beschäftigungsstaaten geltend gemacht werden.

Die Höhe jenes Betrages, der im Zeitpunkt der Konkurseröffnung tatsächlich auf das Verrechnungskonto Steuertopf entfiel, kann derzeit nicht festgestellt werden.

Der Kläger begehrt - nach Ablehnung seines entsprechenden Antrages im Verwaltungsverfahren - 3.244,98 EUR netto an Insolvenz-Ausfallgeld. Die Dienstgeberin habe das Steuertopfgeld als Fremdgeld behandelt. Es sei daher eine Aussonderung möglich. Im Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses habe der Steuertopf einen erheblichen Überhang ausgewiesen. Eine vom Masseverwalter vorgenommene rechnerische Aufteilung dieses Überhanges sei in Anlehnung an die bereits 2000 erfolgte Rückzahlung im Verhältnis der einbezahlten Beträge zu den noch vorhandenen Beträgen erfolgt. Bei dieser rechnerischen Verteilung entfalle auf den Kläger, der in den Monaten April 2001 bis Mai 2001 und Jänner 2002 bis April 2002 im Ausland beschäftigt gewesen sei, der nun geltend gemachte Betrag. Stehe dem Kläger ein einzelvertraglicher Aussonderungsanspruch zu, könne der Fonds zur Gänze im Rahmen des bezahlten Insolvenz-Ausfallgeldes auf die Konkursmasse greifen. Unabhängig von der Frage des Aussonderungsanspruches habe der Masseverwalter jedenfalls die vom Kläger im Konkurs geltend gemachte Forderung als Konkursforderung anerkannt.

Dadurch, dass die Dienstgeberin entgegen der Betriebsvereinbarung - die nur als Vertragsschablone wirke und allenfalls sittenwidrig sei - eine Vermischung des Steuertopfgeldes mit eigenem Buchgeld herbeigeführt habe, habe sie vertragswidrig gehandelt. Der Rückzahlungsanspruch des Klägers unterliege daher als Schadenersatzanspruch keiner zeitlichen oder betraglichen Limitierung. Allenfalls sei der Anspruch des Klägers als bereicherungsrechtlicher Anspruch zu qualifizieren, der als sonstiger Anspruch im Sinne des § 1 Abs 2 Z 3 IESG ebenfalls keiner Limitierung unterliege. Nur hilfsweise stützte der Kläger sein Begehren darauf, dass ein Entgeltanspruch im Sinne des § 1 Abs 2 Z 1 IESG vorliege. Zur Berechnung des Klageanspruches erstattete der Kläger ein detailliertes Vorbringen (s. ON 15).

Die Beklagte wendet ein, dass ein Aussonderungsanspruch des Klägers bestehe. Überdies sei der Steuertopf „gewissermaßen mit Rechtspersönlichkeit ausgestattet". Ein direkter Anspruch gegenüber der Beklagten bestehe nicht. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch betreffe nicht die Konkursmasse. Die Höhe des Steuertopfes könne nicht eruiert werden, weil der Steuertopf auch nach der Konkurseröffnung noch zur Begleichung ausländischer Steuerforderungen zu verwenden sei. Jedenfalls müssten die Limitierungen im Sinne des § 1 Abs 2 Z 1 IESG beachtet werden. Es sei eine zulässige Nettolohnvereinbarung getroffen worden.

Der im Verfahren als Nebenintervenient des Klägers beigetretene Masseverwalter bringt vor, dass ein Aussonderungsrecht des Klägers nicht bestehe. Der Steuertopf sei im Rahmen eines buchhalterischen Kontos lediglich als Passivposten in der gemeinschuldnerischen Bilanz ausgewiesen. Diesem buchhalterischen Konto sei eine entsprechende Sonderverwahrung in Form eines Fremdgeldkontos auf der Aktivseite nicht gegenübergestanden. Es fehle daher an der notwendigen Individualisierbarkeit der auszusondernden Geldforderung. Die Verrechnung sei nach dem Versicherungsprinzip geführt worden. Daher seien keine Einzelkonten pro Mitarbeiter aufgelistet worden, sondern es sei je nach anfallender Steuerlast pro Mitarbeiter einmal mehr und einmal weniger an eingezahlten Beträgen für die Steuerlast bezahlt worden. Ausscheidenden Mitarbeitern sei keine Abrechnung zuteil geworden. Es sei aus diesem Titel nie zu einer Rückzahlung oder einer Nachforderung gekommen. Die einmalige Auszahlung einer mit dem Betriebsrat einvernehmlich festgelegten Überdotierungssumme ändere daran nichts, weil diese Überdotierung nach einem fiktiven Schlüssel nur für einen Zeitraum von drei (richtig: zwei) Jahren lediglich für jene Mitarbeiter erfolgt sei, die in diesem Zeitraum bei der Dienstgeberin beschäftigt gewesen seien.

Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil aus, dass der mit 3.244,98 EUR netto geltend gemachte Anspruch des Klägers auf Insolvenz-Ausfallgeld für die von der Gemeinschuldnerin für die Monate März bis April 2001 und Jänner bis April 2002 einbehaltenen Entgeltanteile dem Grunde nach zu Recht bestehe.

Den eingangs festgestellten Sachverhalt beurteilte das Erstgericht rechtlich dahin, dass der Steuertopf nach dem Willen der Parteien der Betriebsvereinbarung lediglich ein Verrechnungskonto darstellen sollte. Rechtspersönlichkeit komme dem Steuertopf nicht zu. Weder nach dem ArbVG noch nach dem hier unstrittig anzuwendenden Rahmenkollektivvertrag für Angestellte der Metallindustrie samt den zugehörigen Zusatzkollektivverträgen ergebe sich eine Ermächtigung zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung wie in der hier vorliegenden Art. Allerdings komme eine Wirkung der unzulässigen Betriebsvereinbarung als Einzelvertrag in Betracht. Die Betriebsvereinbarung - unabhängig, ob man sie als echte Betriebsvereinbarung oder als Einzelvertrag werte - enthalte eine unechte Nettolohnvereinbarung, weil der Berechnung das gebührende Bruttoentgelt zugrunde gelegt worden sei und ein pauschalierter Betrag einbehalten worden sei. Die Vereinbarung sei dahin auszulegen, dass der Dienstnehmer einen Anspruch darauf habe, dass die Dienstgeberin mit den einbehaltenen Beträgen allfällige Steuerschulden grundsätzlich unmittelbar an die Gaststaaten als Gläubiger leiste. Der Dienstnehmer habe auch einen Anspruch darauf, dass die Dienstgeberin für den Fall, dass die Steuerforderungen die einbehaltenen Beträge überstiegen, diese ohne Rückforderungsansprüche bezahle.

Aus der Vertragsgestaltung ergebe sich jedenfalls, dass ein Überhang aus dem Steuertopf nach der im Jahr 2000 einmal bereits gewählten Berechnungsmethode verteilt werden sollte. Der Sittenwidrigkeitseinwand des Klägers sei verfehlt. Die Vereinbarung habe dem Zweck gedient, das Steuerrisiko für die Dienstnehmer zu vereinheitlichen. Die Dienstgeberin habe auch eine Gegenleistung erbracht, weil sie das Risiko übernommen habe, dass die tatsächlich zu entrichtenden Steuern den Steuertopfbetrag überstiegen. Die Pauschalabzugsvereinbarung sei zulässig, weil eine Kollektivvertragswidrigkeit des (verbleibenden) Entgelts nie behauptet worden sei. Der Anspruch des Klägers, der nach der festgestellten Berechnungsmethode zu ermitteln sein werde, bestehe dem Grunde nach gegenüber der Gemeinschuldnerin zu Recht. Bei den einbehaltenen Beträgen handle es sich um Entgeltbestandteile, die vom laufenden Entgelt einbehalten worden seien. Ein Aussonderungsanspruch des Klägers scheitere daran, dass das Steuertopfgeld vom sonstigen Vermögen der Gemeinschuldnerin nicht deutlich abgrenz- und unterscheidbar sei. Ein Aussonderungsanspruch bestehe ebenso wenig wie ein Absonderungsanspruch. Insgesamt lägen daher die Anspruchsvoraussetzungen aus dem Titel des § 1 Abs 2 Z 1 IESG vor.

Die Fällung des Zwischenurteils begründete das Erstgericht mit den voraussichtlichen Erhebungsschwierigkeiten bezüglich der Höhe des zustehenden Anspruches.

Das Berufungsgericht gab den gegen dieses Zwischenurteil vom Kläger und der Beklagten erhobenen Berufungen nicht Folge und bestätigte das Ersturteil mit der Maßgabe, dass es zu lauten hat:

„Der mit dem Betrag von 3.244,98 EUR netto geltend gemachte Anspruch des Klägers auf Insolvenz-Ausfallgeld für die von der Gemeinschuldnerin für den Steuertopf in den Monaten 3 bis 5/2001 und 1 bis 4/2002 einbehaltenen Entgeltanteile besteht dem Grunde nach zu Recht."

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil zur Frage der Sicherung von Ansprüchen einzelner Arbeitnehmer aus einem Überhang eines Steuertopfes, der mittels freier Betriebsvereinbarung für begünstigte Auslandsentsendungen eingerichtet worden sei, Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.

Rechtlich billigte das Berufungsgericht die Rechtsauffassung des Erstgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Kläger und der Beklagten erhobenen Revisionen sind aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, jedoch nicht berechtigt. Der Nebenintervenient beteiligte sich am Revisionsverfahren nicht.

Vorauszuschicken ist, dass eine Beschwer des Klägers zur Bekämpfung des Zwischenurteils zu bejahen ist, weil schon der Spruch, insbesondere aber die Entscheidungsgründe der angefochtenen Zwischenurteile zu erkennen geben, dass die Vorinstanzen von einer Sicherung des Anspruches des Klägers im Sinn des § 1 Abs 2 Z 1 IESG (Entgeltansprüche) ausgingen, die einer noch zu erörternden Limitierung unterliegen. Dem gegenüber strebt der Kläger eine Abänderung des Zwischenurteiles dahin an, dass auszusprechen sei, dass sein Anspruch dem Grunde nach aus dem Titel des § 1 Abs 2 Z 2 IESG („Schadenersatzansprüche") bzw Z 3 IESG („sonstige Ansprüche") zu Recht bestehe. Da Ansprüche nach § 1 Abs 2 Z 2 und 3 IESG nicht der Limitierung unterliegen, ist eine Beschwer des Klägers zur Bekämpfung der Zwischenurteile zu bejahen (RIS-Justiz RS0040958; 1 Ob 9/05p mwN).

Vorweg bedarf es eines Eingehens auf die Rechtsnatur der „Steuertopfbetriebsvereinbarung" vom bzw der Vereinbarung aus dem Jahr 2000: Die Parteien bezweifeln im Revisionsverfahren nicht mehr, dass die Auffassung der Vorinstanzen, dass zulässige Betriebsvereinbarungen nicht vorliegen, zutreffend sind, weil den Betriebsparteien weder durch das ArbVG noch durch den auf den Kläger anwendbaren Kollektivvertrag eine Ermächtigung erteilt wurde, eine Lohnvereinbarung zu treffen. Inhaltlich handelt es sich bei der „Steuertopfbetriebsvereinbarung" um eine die ursprüngliche Bruttolohnvereinbarung der auf ausländische Baustellen entsandten Arbeitnehmer ändernde Entgeltregelung: Die Bruttolohnvereinbarung wurde für die Dauer der Auslandsentsendung dahin modifiziert, dass von den Löhnen der betroffenen Arbeitnehmer 30 % als „fiktive Lohnsteuer" einbehalten wurden. Die aus diesem Titel einbehaltenen Beträge sollten insgesamt der Abdeckung sämtlicher ausländischer Lohnsteuerforderungen sämtlicher betroffener Arbeitnehmer dienen. Vereinbarungen über unzulässige Regelungsgegenstände entfalten nicht die spezifischen Rechtswirkungen einer Betriebsvereinbarung im Sinne der §§ 29 ff ArbVG. Eine solche Vereinbarung ist als Betriebsvereinbarung nichtig. Ob und gegebenenfalls welche anderen Rechtswirkungen einer unzulässigen Betriebsvereinbarung zukommen, richtet sich allein nach den allgemeinen Regeln des Zivilrechts (Strasser/Jabornegg Arbeitsrecht II4 458 f; Rummel, Kommentar zu 4 Ob 76/79 = ZAS 1981, 55; DRdA 1988/5 [Strasser]; DRdA 1993/2 [Kerschner]; Runggaldier, Anmerkungen zur sogenannten „freien" (unzulässigen) Betriebsvereinbarung, RdW 1990, 257 uva). Die ständige Rechtsprechung geht davon aus, dass unzulässige Regelungsgegenstände in Betriebsvereinbarungen unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 863 ABGB zur einzelvertraglichen Ergänzung des Dienstvertrages führen (DRdA 1993/2 [Kerschner]; DRdA 1996/47 [Marhold] = SZ 68/213; DRdA 2001/1 [Jabornegg] = ZAS 2000/8 [Standeker]; RIS-Justiz RS0018115). Die Parteien bezweifeln hier auch gar nicht, dass einzelvertragliche Ergänzungen der Dienstverträge der betroffenen Arbeitnehmer, somit auch des Dienstvertrages des Klägers, erfolgten. Es steht auch fest, dass dem Kläger sowie sämtlichen anderen betroffenen Mitarbeitern der Inhalt der Betriebsvereinbarung bekannt war und sie damit einverstanden waren. Unabhängig davon, ob die Parteien der Betriebsvereinbarung über deren Unzulässigkeit Bescheid wussten - welche Frage im Verfahren weder erörtert noch geprüft wurde - ist somit von einer einzelvertraglichen Ergänzung der Dienstverträge auszugehen (vgl dazu, dass unabhängig von Wissen oder Nichtwissen der Einzelvertragsparteien über die Unzulässigkeit der Betriebsvereinbarung deren Inhalt in den Einzelvertrag eingehen kann 8 Ob 99/04y mwN).

Der Umstand, dass die „Steuertopfbetriebsvereinbarung" nur als Einzelvertrag Gültigkeit erlangen konnte, bedingt, dass eine Auslegung dieser Vereinbarung nach den für Verträge geltenden Regeln zu erfolgen hat.

In der Entscheidung 14 ObA 81/87 (= Arb 10.674) wurde mit einem auf Auslandseinsätzen tätigen Arbeitnehmer eine Vereinbarung getroffen, wonach von dem dem Arbeitnehmer gebührenden Bruttobezug ein Pauschale von 15 % einbehalten wurde. Der Arbeitgeber übernahm das volle Risiko für allenfalls höhere Abgaben im Gastgeberland. Überdies war vereinbart, dass am Jahresende eine Aufrollung der aus diesem Auslandseinsatz resultierenden Bezüge durchgeführt und mit der laut österreichischer Lohnsteuertabelle darauf entfallenden Lohnsteuer verglichen wird. Im Fall einer durch den 15 %igen Pauschalbetrag sich ergebenden Mehrbelastung sollte diese dem Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber vergütet werden. Diese Vereinbarung qualifizierte der Oberste Gerichtshof nicht als Nettolohnvereinbarung, sondern dahin, dass der vereinbarte Pauschalabzug von 15 % der Abgeltung der konkret für den Arbeitnehmer anfallenden ausländischen Steuern dienen sollte; für den Fall, dass eine ausländische Lohnsteuer oder sonstige Abgabe bezüglich des betroffenen Arbeitnehmers nicht eingehoben wurde, erachtete der Oberste Gerichtshof daher eine Rückzahlungspflicht des Arbeitgebers für gegeben.

Davon unterscheidet sich der hier zu beurteilende Fall jedoch wesentlich: Der Zweck der Steuertopfbetriebsvereinbarung lag darin, aus den pauschal einbehaltenen 30 % der jeweiligen vereinbarten Bruttolöhne einen „Topf" zu schaffen, aus dem sämtliche im Ausland anfallenden Abgaben, die für die betroffenen Dienstnehmer anfielen, zu decken waren. Es war somit gerade keine Zuordnung der einzelnen Lohnabzüge zu bestimmten Mitarbeitern vorgesehen, vielmehr sollten die auf Auslandseinsätzen tätigen Mitarbeiter im Hinblick auf die Steuerbelastung im Ausland eine Art Versicherungsgemeinschaft bilden, wodurch die nach den Feststellungen unterschiedlich hohen Steuerbelastungen in den verschiedenen Gastländern ausgeglichen werden sollten. Jene Mitarbeiter, die in einem Land mit niedrigen Steuersätzen tätig waren, „subventionierten" somit jene Mitarbeiter, deren Auslandseinsätze in Ländern mit höheren Steuersätzen stattfanden. Ausgehend davon, dass die Vereinbarung als erklärtes Ziel nennt, den Saldo am Steuertopfkonto möglichst bei Null zu halten (vgl § 4.2. der Vereinbarung) ist somit hier - im Unterschied zur Entscheidung 14 ObA 81/87 - grundsätzlich von einer Nettolohnvereinbarung auszugehen; die ursprüngliche Bruttolohnvereinbarung wurde somit in eine Nettolohnvereinbarung abgeändert. Dafür spricht vor allem, dass die Vereinbarung ausdrücklich festhält, dass der Arbeitgeber das Risiko trägt, wenn Auszahlungen an ausländische Steuerbehörden größer als Einzahlungen sind. Grundsätzlich konnte somit jeder betroffene Mitarbeiter, dessen Einzelvertrag im Sinn des Inhaltes der als Betriebsvereinbarung unzulässigen Vereinbarung aus 1992 geändert wurde, davon ausgehen, dass er (unter Vernachlässigung der anfallenden Sozialversicherungsbeiträge) einen Nettolohn in Höhe des Bruttolohnes abzüglich 30 % Abzugspauschale erhalten werde.

Allerdings unterscheidet sich die hier zu beurteilende Vereinbarung von einer klassischen Nettolohnvereinbarung dadurch, dass aus der Vereinbarung ebenfalls hervorgeht, dass die Arbeitgeberin zwar die Nachteile, die aus einer zu geringen Dotierung des Steuertopfes entstehen könnten, abschließend selbst zu tragen hatte; dass aber ein allfälliger Überhang im Steuertopf nicht endgültig im Vermögen der Arbeitgeberin verbleiben sollte: Das ergibt sich insbesondere aus § 6.3. der Vereinbarung, die festhält, dass über die Verteilung eines Überhanges im Steuertopf im Rahmen einer mit den Betriebskörperschaften zu treffenden Vereinbarung zu entscheiden ist. Daraus erhellt die Absicht der Parteien, dass ein allfälliger Überhang im Steuertopf jedenfalls nicht endgültig in das freie Vermögen der Dienstgeberin fallen sollten. Für diese Auslegung spricht auch die - ebenfalls als Einzelvertrag zu wertende - „Betriebsvereinbarung" aus 2002, die eine Regelung über die Verteilung des Überhanges traf, weil die in den Jahren 1998 und 1999 geleisteten „Einzahlungen" (gemeint: im Weg der Abzugspauschalierung eingehobenen 30 % an fiktiver Lohnsteuer) die Auszahlungen dieser Jahre überstiegen. Die Vereinbarung sieht eine Rückzahlung an die in den Jahren 1998 und 1999 „einzahlenden" Mitarbeiter im Verhältnis ihrer Einzahlungen vor.

Für den Fall der Unternehmensliquidation findet sich weder in der Vereinbarung aus 1992 noch in einer späteren Vereinbarung eine Regelung. Ausgehend von der bereits erwähnten Absicht, dass der Dienstgeberin Überhänge im Steuertopf nicht endgültig verbleiben sollten und insbesondere ausgehend von der 2000 geschlossenen Vereinbarung über eine anteilige Rückzahlung eines im Steuertopf verbliebenen Überhanges an die einzahlenden Mitarbeiter ist nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung hier zu unterstellen, dass die Vertragsparteien für den von ihnen nicht bedachten Fall der Unternehmensliquidation - entsprechend der bereits 2000 getroffenen Vereinbarung - die Regelung getroffen hätten, dass ein Steuertopfüberhang ebenfalls im Verhältnis der Einzahlungen der betroffenen Mitarbeiter zurückzuerstatten ist. Auch die Beklagte vermag kein tragfähiges Argument dafür zu nennen, warum eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung der Arbeitgeberin nicht vorliegen soll.

Der zuletzt im Verfahren vom Kläger erstattete Einwand, die als

Einzelvertrag wirkende Betriebsvereinbarung des Jahres 1992 sei

sittenwidrig und nichtig, ist - wie ebenfalls bereits die

Vorinstanzen erkannten - unzutreffend: Unwirksam könnte diese

Vereinbarung nur dann sein, wenn durch die Vereinbarung das dem

Kläger allenfalls gebührende kollektivvertragliche Entgelt

ungebührlich geschmälert würde. Eine entsprechende Behauptung hat der

Kläger nicht aufgestellt. Da nach der Rechtsprechung auch eine

Nettolohnvereinbarung zulässig ist und nicht behauptet wurde, dass

das dem Kläger tatsächlich ausgezahlte Entgelt kollektivvertraglich

unzulässig wäre, ist die Betriebsvereinbarung aus 1992 ebenso wie

jene aus dem Jahr 2000, die eine Rückzahlungsverpflichtung der Arbeitgeberin für die 1998 und 1999 im Steuertopf angesammelten Beträge vorsieht, zulässiger Einzelvertragsinhalt. Im Hinblick auf die prinzipielle Zulässigkeit einer Nettolohnvereinbarung liegt auch keine Sittenwidrigkeit darin, dass einige Arbeitnehmer durch die getroffene Vereinbarung begünstigt wurden (jene, die an Orten mit höheren Steuersätzen arbeiteten), während andere Arbeitnehmer dadurch benachteiligt wurden.

Den Vorinstanzen ist aber auch in der Beurteilung beizupflichten, dass es sich bei den Rückforderungsansprüchen des Klägers um Entgeltansprüche im Sinne des § 1 Abs 2 Z 1 IESG, nicht aber um Schadenersatzansprüche oder „sonstige Ansprüche" im Sinne des § 1 Abs 2 Z 2 oder Z 3 IESG handelt: Die Rückzahlungspflicht der nunmehrigen Gemeinschuldnerin und früheren Arbeitgeberin gründet sich auf eine ergänzende Auslegung der Einzeldienstverträge. Es handelt sich somit um einen vertraglichen, nicht aber um einen bereicherungsrechtlichen Anspruch. Der Begriff „Entgeltansprüche" im Sinne des IESG ist im arbeitsrechtlichen Sinn zu verstehen. Er umfasst alle Leistungen des Arbeitgebers, die dieser dem Arbeitnehmer für die Zurverfügungstellung seiner Arbeitskraft gewährt (8 ObS 16/94 = SZ 67/218). „Sonstige Ansprüche gegen den Arbeitgeber" sind demgegenüber vertraglich zugesicherte echte Aufwandsentschädigungen oder Auslagenersätze, die dem Arbeitnehmer aus der Erbringung der ihm obliegenden Arbeitsleistung erwachsen, somit solche Ansprüche, die zwar ihre Wurzel im Arbeitsverhältnis haben, jedoch nicht der Wechselbeziehung von Leistung und Gegenleistung entspringen (RIS-Justiz RS0076571; zuletzt 8 ObS 10/04k). Hier betrifft die Rückzahlungsverpflichtung der Arbeitgeberin einen zunächst von ihr einbehaltenen Lohnbestandteil der Arbeitnehmer. Eine Bejahung der Rückzahlungspflicht der Arbeitgeberin, gestützt auf eine ergänzende Auslegung der Einzelverträge, führt somit zu einer - nachträglichen - Verminderung der vom Lohn einbehaltenen pauschalierten Abzüge und somit im Ergebnis zu einer Entgelterhöhung. Damit liegen grundsätzlich die Voraussetzungen des § 1 Abs 2 Z 1 IESG vor. Die zu sichernden Entgeltansprüche unterliegen demnach einer Limitierung. Allerdings scheidet eine Zuordnung der Rückforderungsansprüche des Klägers auf konkrete, von seinem Lohn einbehaltene Abzüge aus. Es ist daher nicht von einem nach Zeiträumen zu bemessenden Entgeltanspruch des Klägers auszugehen, bei welchem der Grenzbetrag auf Basis des § 1 Abs 4 Z 1 IESG zu errechnen ist. Vielmehr ist § 1 Abs 4 Z 2 IESG (siehe die berichtigende Rechtsprechung 8 ObS 16/94 mit Hinweis auf RdW 1994, 253 über den Abrechnungszeitraum) heranzuziehen. Zuletzt ist noch auf das Argument einzugehen, dem Kläger stünde ein Aussonderungsanspruch zu: Der Kläger selbst bejaht einen solchen Aussonderungsanspruch mit der Begründung, dass aus der Vereinbarung abzuleiten sei, dass die Arbeitgeberin ein Sondervermögen hätte bilden müssen, welches ausschließlich dem Zweck dienen sollte, Steuernachforderungen gegenüber entsandten Dienstnehmern auszugleichen. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass ein Aussonderungsanspruch des Klägers daran scheitere, dass nunmehr das dem Steuertopf gewidmete Vermögen im Vermögen der Gemeinschuldnerin nicht mehr abgrenzbar vorhanden sei, stehe dem Kläger doch jedenfalls ein - keiner Begrenzung unterliegender - Schadenersatzanspruch nach § 1 Abs 2 Z 2 IESG zu, weil die Gemeinschuldnerin ihre Verpflichtung zur Führung eines gesonderten Kontos, das die Arbeitnehmer zu einer Aussonderung berechtigt hätte, verletzt habe.

In keinem dieser Argumente kann jedoch dem Kläger gefolgt werden. Ein Aussonderungsanspruch setzt voraus, dass ein dingliches oder persönliches Recht zur Aussonderung an Sachen besteht, die dem Gemeinschuldner nicht gehören (§ 44 Abs 1 KO). Es kann nur ein konkreter, in der Masse noch vorhandener und individualisierbarer Leistungsgegenstände ausgesondert werden, nicht aber ein Geldbetrag schlechthin (RIS-Justiz RS0064764; zu dem auf einem Treuhandkonto erlegten Geldbetrag siehe 6 Ob 2352/96t = SZ 70/63; zu einem Bankkonto 5 Ob 12/75 = SZ 48/21). Hier erfolgte nach den Feststellungen keine separierte „Verwahrung" der für den Steuertopf gewidmeten Beträge. Vielmehr wurde nur ein unternehmensinternes buchhalterisches Sachkonto geführt, wobei innerhalb dieses Verrechnungskontos keine Einzelkonten für einzelne Arbeitnehmer erstellt wurden. Es handelte sich um eine bloß fiktive unternehmensinterne Trennung der Buchgelder. Zutreffend haben daher die Vorinstanzen einen Aussonderungsanspruch des Klägers verneint. Aber auch für den vom Kläger behaupteten Schadenersatzanspruch besteht keine Grundlage: Die zum Einzelvertragsinhalt gewordene Betriebsvereinbarung sieht in § 3.1 nur vor, dass es sich bei dem Steuertopf um ein Verrechnungskonto der Dienstgeberin handelt, auf welchem die einbehaltenen Beiträge aufgelistet werden. Dem werden die von der Dienstgeberin bezahlten ausländischen Lohnsteuern bzw Abgabenleistungen gegenübergestellt. Auch die Vereinbarung selbst liefert damit keinerlei taugliche Grundlage für die Behauptung des Klägers, die Arbeitgeberin wäre verpflichtet gewesen, die Steuertopfbeträge auf einem gesonderten Bank- oder Treuhandkonto zu verwahren. Vielmehr sieht auch die Steuertopfvereinbarung nur die Führung eines Verrechnungskontos mit „Auflistung" der einbezahlten und ausbezahlten Beträge vor. Zutreffend sind die Vorinstanzen daher auch davon ausgegangen, dass mangels Verpflichtung der früheren Dienstgeberin zur Führung eines gesonderten Kontos die tatsächliche buchhalterische Handhabung des Steuertopfes auf einem bloß internen Verrechnungskonto nicht vertragswidrig war.

Da auch der noch im Revisionsverfahren aufrechterhaltene Einwand der Beklagten, das Klagebegehren des Klägers sei nicht schlüssig, unzutreffend ist (der Kläger legte in erster Instanz ausdrücklich dar, wie er zur Errechnung des behaupteten Anspruches kommt; ob diese Berechnung richtig ist, betrifft nicht den im Revisionsverfahren gegen das Zwischenurteil zu erledigenden Grund des Anspruchs), war beiden Revisionen ein Erfolg zu versagen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 2 ZPO (RIS-Justiz RS0035896).