OGH vom 21.07.2011, 10ObS7/11v
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann und Mag. Helmut Hutterer (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei H*****, vertreten durch Dr. Matthias Lütt und Mag. Michael Mikuc, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84 86, vertreten durch Bachmann Bachmann Rechtsanwälte in Wien, wegen Höhe der Witwenpension, infolge Revision beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom , GZ 25 Rs 62/10v 15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits und Sozialgericht vom , GZ 43 Cgs 18/10m 10, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision der Klägerin wird nicht Folge gegeben.
Der Revision der beklagten Partei wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts einschließlich der bestätigten und in Rechtskraft erwachsenen Teile insgesamt wie folgt zu lauten hat:
„1.a) Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin nach dem verstorbenen Ehegatten DI Dr. B***** eine monatliche Witwenpension von 588,46 EUR brutto zuzüglich eines besonderen Steigerungsbetrags aus der Höherversicherung von 0,63 EUR, insgesamt also 589,09 EUR, für den Zeitraum vom bis und von 597,29 EUR brutto zuzüglich eines besonderen Steigerungsbetrags aus der Höherversicherung von 0,64 EUR, insgesamt also 597,93 EUR, ab zu bezahlen.
b) Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der Klägerin ab eine höhere Witwenpension zu gewähren, wird abgewiesen.
2. Ein Anspruch auf Ausgleichszulage besteht nicht, da die Summe aus Pension, dem übrigen Nettoeinkommen und den Beträgen aus Unterhaltsansprüchen die Höhe des jeweils geltenden Richtsatzes überschreitet.“
Die Klägerin hat ihre Kosten des Rechtsmittelverfahrens selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der am verstorbene Ehegatte der Klägerin erzielte aus seinem Gewerbebetrieb ein steuerliches Einkommen von 21.466,92 EUR für das Jahr 2004, von 16.308,17 EUR für das Jahr 2005, von 18.172,57 EUR für das Jahr 2006 und von 28.566,64 EUR für das Jahr 2007. Im Jahr 2007 vereinbarte der Ehegatte der Klägerin mit der S***** GmbH, dass diese seinen Betrieb zum übernimmt. Es wurde dabei vereinbart, dass der Ehegatte der Klägerin bereits ab Beginn des Jahres 2008 den Rohkaffee nicht mehr in seinem Unternehmen röstet, sondern ihn von der S***** GmbH zukauft. Dies führte dazu, dass das Betriebsergebnis für 2008 einen Verlust in Höhe von 14.363,82 EUR aufwies. Da der Ehegatte der Klägerin in diesem Jahr einen Betriebsaufgabegewinn in Höhe von 150.735,71 EUR erzielte, betrug sein steuerpflichtiges Einkommen für 2008 136.371,89 EUR.
Die Klägerin verfügte im Jahr 2009 über ein Einkommen von 1.450,07 EUR brutto bzw 1.263,93 EUR netto monatlich.
Am beantragte die Klägerin bei der beklagten Partei die Gewährung einer Witwenpension und verneinte bei der Antragstellung die Frage, ob das Einkommen des Verstorbenen in den letzten beiden Kalenderjahren vor dem Tod wegen Krankheit, Arbeitslosigkeit oder einer durch Krankheit verursachten Einschränkung der Erwerbsfähigkeit gesunken sei. Aufgrund dieser Angaben der Klägerin legte die beklagte Partei der Berechnung der Höhe der Witwenpension nicht das Einkommen des verstorbenen Ehegatten der letzten vier, sondern jenes der letzten zwei Kalenderjahre (2007 und 2008) vor dem Zeitpunkt seines Todes zugrunde. Als Bemessungsgrundlage für den verstorbenen Versicherten ermittelte die beklagte Partei unter Heranziehung des Einkommens im Jahr 2007 von 28.566,64 EUR einen Betrag von 1.190,28 EUR (= 28.566,64 EUR : 24). Das Einkommen des Jahres 2008 wurde bei dieser Berechnung letztlich nicht berücksichtigt, da aus der gewöhnlichen Betriebstätigkeit ein Verlust erzielt und der Betriebsausgabegewinn als für die Berechnung nicht relevant eingestuft wurde. Die Bemessungsgrundlage der Klägerin wurde von der beklagten Partei auf der Grundlage der Bruttobezüge der Klägerin in den Jahren 2007 und 2008 in Höhe von 19.838,58 EUR und 19.308,46 EUR mit 1.624,05 EUR ermittelt. Ausgehend von diesen Berechnungsgrundlagen errechnete die beklagte Partei einen Basisprozentsatz von 29,06719 % (= 70 [30 x 1.624,05 : 1.190,28]).
Unter Berücksichtigung der Pension in Höhe von 2.025,53 EUR, auf die der Ehegatte der Klägerin zum Zeitpunkt seines Todes Anspruch gehabt hat bzw gehabt hätte, anerkannte die beklagte Partei mit Bescheid vom den Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Witwenpension nach ihrem verstorbenen Gatten ab in Höhe von 588,46 EUR zuzüglich 0,63 EUR an Höherversicherung, insgesamt somit 589,09 EUR, und stellte gleichzeitig fest, dass die Klägerin keinen Anspruch auf eine Ausgleichszulage habe, da die Summe aus ihrer Pension, ihrem übrigen Nettoeinkommen und den Beträgen aus Unterhaltsansprüchen die Höhe des jeweils geltenden Richtsatzes überschreite.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin rechtzeitig Klage mit dem Begehren auf Gewährung der Witwenpension im gesetzlichen Ausmaß ab . Sie begründete ihr Begehren im Wesentlichen damit, dass die Höhe der Witwenpension zu niedrig bemessen worden sei, weil im Jahr 2008 im Zusammenhang mit der Betriebsübergabe ein Verlust erwirtschaftet worden sei, während in den Vorjahren stets Gewinne erzielt worden seien. Es sei daher auch im vorliegenden Fall von einem vierjährigen Bemessungszeitraum für die Berechnung der Witwenpension auszugehen.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im Wesentlichen ein, die Voraussetzungen für eine Ausdehnung des Bemessungszeitraums auf die letzten vier Kalenderjahre vor dem Tod des Versicherten seien nicht erfüllt. Da im Jahr 2008 sowohl ein Verlust aus der gewöhnlichen Betriebstätigkeit als auch ein Betriebsaufgabegewinn erzielt worden sei und beide für die Berechnung der Höhe der Witwenpension nicht relevant seien, sei die Berechnung letztlich auf der Grundlage der Einkünfte des verstorbenen Versicherten aus dem Jahr 2007 erfolgt. Beim Veräußerungsgewinn handle es sich um kein Erwerbseinkommen iSd § 60 GSVG.
Die Klägerin räumte ein, dass es sich beim Veräußerungsgewinn nicht um Einkünfte aus der Erwerbstätigkeit handle, welche bei der Berechnung der Witwenpension zu berücksichtigen seien, da ein Verkaufserlös nichts mit den Erwerbseinkünften der letzten Jahre zu tun habe.
Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, der Klägerin eine Witwenpension in Höhe von 1.215,32 EUR brutto monatlich zuzüglich Höherversicherung für die Zeit vom bis sowie in Höhe von 1.233,55 EUR brutto monatlich zuzüglich Höherversicherung ab zu gewähren. Weiters sprach das Erstgericht aus, dass ein Anspruch der Klägerin auf Ausgleichszulage nicht bestehe, weil die Summe aus Pension, dem übrigen Nettoeinkommen und den Beträgen aus Unterhaltsansprüchen die Höhe des jeweils geltenden Richtsatzes überschreite.
In seiner rechtlichen Beurteilung gelangte das Erstgericht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen für eine Ausdehnung des Bemessungszeitraums auf die letzten vier Kalenderjahre nach § 145 Abs 4 zweiter Satz GSVG nicht erfüllt seien. Die beklagte Partei habe jedoch der Berechnung der Witwenpension der Klägerin zu Unrecht nur das im Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2007 aufscheinende Einkommen des Ehegatten der Klägerin und nicht auch jenes des Jahres 2008 zugrunde gelegt. Bei Berücksichtigung des Einkommens des Ehegatten der Klägerin für die Jahre 2007 und 2008 errechne sich ein Anspruch der Klägerin auf Witwenpension in Höhe von 1.215,32 EUR brutto monatlich ab und von 1.233,55 EUR brutto monatlich ab jeweils zuzüglich Höherversicherung.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei teilweise Folge und erkannte die beklagte Partei schuldig, der Klägerin eine Witwenpension in Höhe von 588,76 EUR brutto monatlich zuzüglich Höherversicherung für die Zeit vom bis sowie in Höhe von 598,24 EUR brutto monatlich zuzüglich Höherversicherung ab zu gewähren. Es gelangte in seiner rechtlichen Beurteilung zu dem Ergebnis, dass es sich beim Veräußerungsgewinn iSd § 24 EStG nicht um ein Erwerbseinkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit iSd § 145 Abs 5 Z 1 iVm § 60 Abs 1 Z 2 GSVG handle und der Veräußerungsgewinn daher bei der Berechnung der Witwenpension nicht zu berücksichtigen sei. Damit sei von einer Bemessungsgrundlage für den Verstorbenen von 1.190,28 EUR monatlich (= 28.566,64 EUR : 24) und für die Klägerin von 1.624,05 EUR monatlich auszugehen, woraus ein Basisprozentsatz von 29,6719 % (70 [30 x 1.624,05 : 1.190,28]) resultiere. Unter Berücksichtigung der Pension von 2.025,53 EUR monatlich, auf die der Verstorbene Anspruch gehabt hätte, ergebe sich ein Anspruch der Klägerin auf Witwenpension in Höhe von 588,76 EUR monatlich ab und von 598,24 EUR monatlich ab jeweils zuzüglich Höherversicherung.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Frage, ob Veräußerungsgewinne bei der Berechnung der Hinterbliebenenpension zu berücksichtigen seien, noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.
Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen beider Parteien wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Die Klägerin bekämpft das Urteil des Berufungsgerichts insoweit, als ihr nicht wie im Urteil des Erstgerichts eine Witwenpension in Höhe von 1.215,32 EUR brutto monatlich zuzüglich Höherversicherung für die Zeit vom bis und von 1.233,55 EUR brutto monatlich zuzüglich Höherversicherung ab zuerkannt wurde. Sie beantragt daher die Wiederherstellung des Ersturteils. Die beklagte Partei bekämpft das Urteil des Berufungsgerichts mit der nach der bewilligten Wiedereinsetzung ebenfalls als rechtzeitig anzusehenden Revision insoweit, als es der Klägerin für den Zeitraum vom bis eine höhere Witwenpension als 588,46 EUR brutto monatlich zuzüglich eines besonderen Steigerungsbetrags aus der Höherversicherung von 0,63 EUR und für den Zeitraum ab eine höhere Witwenpension als 597,29 EUR brutto monatlich zuzüglich eines besonderen Steigerungsbetrags aus der Höherversicherung von 0,64 EUR zugesprochen hat.
Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision der beklagten Partei als unzulässig zurückzuweisen. Beide Parteien beantragen, der Revision der Gegenseite (jedenfalls) keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Beide Revisionen sind zulässig. Die Revision der beklagten Partei ist auch berechtigt.
1. Zur Revision der Klägerin:
Die Klägerin vertritt in ihren Revisionsausführungen die Ansicht, bei dem von ihrem Ehegatten im Jahr 2008 erzielten Veräußerungsgewinn handle es sich um ein Einkommen iSd § 145 Abs 5 iVm § 60 Abs 1 GSVG, welches bei der Berechnung der Höhe ihrer Witwenpension zu berücksichtigen sei. Es habe sich dabei um einen tatsächlichen Gewinn aus dem Verkauf des Gewerbebetriebs gehandelt, welcher Eingang in die Bilanz gefunden habe und auch zu versteuern gewesen sei. Es wäre unbillig, diesen Gewinn in die Bemessung für die Beitragszahlungen, nicht jedoch in die Bemessungsgrundlage für die Höhe der Witwenpension einzubeziehen. Die Bestimmung des § 60 GSVG über die Berücksichtigung von Erwerbseinkommen bei Leistungen decke sich insoweit mit der Bestimmung des § 25 GSVG über die Beitragsgrundlage. Im Übrigen komme dem Einkommensteuerbescheid Bindungswirkung für die Sozialversicherung zu.
Diesen Ausführungen ist Folgendes entgegenzuhalten:
1. Die Klägerin zieht mit Recht nicht mehr die Richtigkeit der Rechtsansicht der Vorinstanzen in Zweifel, wonach zur Ermittlung des dem Verstorbenen zustehenden Pensionsanspruchs gemäß § 145 Abs 4 erster Satz GSVG dessen Einkommen in den letzten zwei Kalenderjahren vor dem Zeitpunkt des Todes, geteilt durch 24, heranzuziehen ist. Als Einkommen im Sinn des Abs 4 gilt nach § 145 Abs 5 Z 1 GSVG das Erwerbseinkommen iSd § 60 Abs 1 GSVG. Nach § 60 Abs 1 Z 2 GSVG gilt bei einer selbständigen Erwerbstätigkeit der auf den Kalendermonat entfallende Teil der nachgewiesenen Einkünfte aus dieser Tätigkeit als Erwerbseinkommen. Da der Begriff der „Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit“ in den Sozialversicherungsgesetzen nicht näher definiert wird, ist es Aufgabe der Gerichte zu klären, welche Einkünfte bzw Abzüge zu berücksichtigen sind (vgl 10 ObS 16/07m, SSV NF 21/9 ua).
1.1 Im Beitragsrecht sind gemäß § 25 Abs 1 GSVG für die Ermittlung der Beitragsgrundlage für die Pflichtversicherten die im jeweiligen Kalenderjahr auf einen Kalendermonat der Erwerbstätigkeit im Durchschnitt entfallenden Einkünfte aus einer oder mehreren Erwerbstätigkeiten, die der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegen, heranzuziehen, wobei als Einkünfte die Einkünfte im Sinn des EStG 1988 gelten.
1.2 Veräußerungsgewinne sind nach § 24 EStG Gewinne, die unter anderem bei Veräußerung eines ganzen Betriebs, eines Teilbetriebs bzw eines Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist, erzielt werden. Diese Zuordnung des Veräußerungsgewinns zu den steuerpflichtigen Einkünften stellt eine Konstruktion des Steuerrechts dar, die darauf beruht, dass diese Gewinne als echte Einkünfte gewertet werden. Führt aber der Versicherte in der Folge die auf Veräußerungsgewinne entfallenden Beträge wiederum dem Betriebsvermögen (Anlagevermögen) zu, dann ist bei wirtschaftlicher Betrachtung gegenüber dem Zustand vor Veräußerung des Betriebs keine Änderung eingetreten (vgl Teschner/Widlar , MGA GSVG 88. Erg Lfg Anm 8d zu § 25).
1.3 Aus diesem Grund ist im § 25 Abs 2 Z 3 GSVG vorgesehen, dass auf Veräußerungsgewinne nach den Vorschriften des EStG 1988 entfallende Beträge im Durchschnitt der Monate der Erwerbstätigkeit die Beitragsgrundlage gemäß Abs 1 vermindern, wenn es der Versicherte beantragt und überdies nur insoweit, als der auf derartige Gewinne entfallende Betrag dem Sachanlagevermögen eines Betriebs des Versicherten oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, an der der Versicherte mit mehr als 25 % beteiligt ist, zugeführt worden ist.
1.4 Im Beitragsrecht (§ 25 GSVG) handelt es sich daher bei Veräußerungsgewinnen zusammenfassend um Einkünfte aus einer die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit, wobei diese Veräußerungsgewinne jedoch unter den erwähnten Voraussetzungen des § 25 Abs 2 Z 3 GSVG die Beitragsgrundlage reduzieren.
2. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs können schon aufgrund der unterschiedlichen Ziele der Sozialversicherungsgesetze und der Steuergesetze zwischen dem Einkommen im Sinn des EStG 1988 und dem Erwerbseinkommen im Sinn der Sozialversicherungsgesetze erhebliche Unterschiede bestehen und es können daher die Pensionsversicherungsträger (sowie aufgrund der sukzessiven Kompetenz die Gerichte) bei der Ermittlung des relevanten Einkommens zu durchaus anderen Ergebnissen kommen als die Steuerbehörden im Abgabeverfahren. Dies schließt allerdings nicht aus, dass im Einzelfall auf steuerrechtliche Bestimmungen zurückgegriffen werden kann (vgl 10 ObS 198/09d; 10 ObS 16/07m, SSV NF 21/9; 10 ObS 2064/96, SSV NF 10/57; 10 ObS 84/93, SSV NF 8/106 ua; RIS Justiz RS0085302, RS0105193, RS0085210). So sind beispielsweise steuerliche Abschreibungen, die nur aus wirtschaftlichen Gründen vorgesehen sind, für den Bereich der Sozialversicherung nicht als einkommensmindernd anzuerkennen (RIS Justiz RS0084294 [T1]). Schon deshalb können die Gerichte, deren Bindung sich überdies nur auf den Spruch über den Bescheidgegenstand (Festsetzung der Einkommenssteuer) erstrecken kann, diesbezüglich nicht an einen Einkommenssteuerbescheid der Abgabebehörde gebunden sein (10 ObS 16/07m, SSV NF 21/9; 10 ObS 2064/96, SSV NF 10/57; 10 ObS 84/93, SSV NF 8/106 mwN ua).
2.1 Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, hat der Oberste Gerichtshof in den Entscheidungen 10 ObS 250/91(SSV NF 6/140) und 10 ObS 6/93(SSV NF 7/23) näher begründet, dass es sich beim Veräußerungsgewinn iSd § 24 EStG zwar um betriebliche Einkünfte im steuerlichen Sinn, aber weder um Einkünfte im ausgleichszulagenrechtlichen Sinn (§ 149 GSVG) noch um ein Erwerbseinkommen iSd § 60 GSVG in der damals geltenden Fassung handelt. Der Oberste Gerichtshof hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass die steuerliche Erfassung des Veräußerungsgewinns eine Art Finalbesteuerung, durch die alle bis dahin unversteuert gebliebenen Vermögensvermehrungen anlässlich der Veräußerung bzw Aufgabe des Betriebs einer Besteuerung unterzogen werden, darstelle und es sich beim Veräußerungsgewinn daher nicht um ein Erwerbseinkommen aus einer gleichzeitig ausgeübten Erwerbstätigkeit handle.
2.2 Diese Rechtsprechung kann, wie ebenfalls das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, auch im vorliegenden Fall fortgeschrieben werden, weil sich in der Definition des Erwerbseinkommens bei einer selbständigen Erwerbstätigkeit als „der auf den Kalendermonat entfallende Teil der nachgewiesenen Einkünfte aus dieser Erwerbstätigkeit“ keine Änderung ergeben hat. Zutreffend verweist die beklagte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung auch darauf, dass der Erlös aus der Veräußerung eines Betriebs nicht immer als ein Ergebnis der selbständigen Erwerbstätigkeit anzusehen ist, weil das Sachanlagevermögen des Betriebs auch auf anderem Weg (zB aus Familienbesitz im Wege der Übergabe oder im Erbweg) in das Eigentum des Betriebsinhabers gelangt sein kann oder bereits vor Betriebsaufnahme in seinem Eigentum (zB nach Kauf aus Eigenmitteln) gestanden ist. Die Revisionsausführungen bieten ebenfalls keinen Anlass für ein Abgehen von der zitierten Rechtsprechung. Auch wenn daher der Veräußerungsgewinn im Beitragsrecht gemäß § 25 GSVG grundsätzlich als relevantes Einkommen gewertet wird, ist im Leistungsrecht davon auszugehen, dass es sich beim Veräußerungsgewinn um kein iSd § 60 Abs 1 Z 2 GSVG relevantes Erwerbseinkommen handelt, welches einer im hier maßgebenden Zeitraum der letzten beiden Kalenderjahre vor dem Tod des Versicherten ausgeübten Erwerbstätigkeit zugeordnet werden könnte.
2.3 Der erkennende Senat teilt daher die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass es sich beim Veräußerungsgewinn nicht um Einkünfte aus der Erwerbstätigkeit handelt, die bei der Berechnung der Witwenpension zu berücksichtigen sind. Diese Rechtsansicht wurde im Übrigen auch von der Klägerin selbst noch im Verfahren erster Instanz vertreten.
3. Gegen dieses Ergebnis bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Wie der erkennende Senat ebenfalls bereits ausgesprochen hat, besteht für den Gesetzgeber ein weiter Spielraum, was er als Einkommen bezeichnet, das für die Ermittlung der Hinterbliebenenpension relevant ist. Es steht daher dem Gesetzgeber des GSVG durchaus frei, innerhalb der von der Verfassung gezogenen Grenzen einen eigenständigen Entgeltbegriff zu normieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den Hinterbliebenenpensionen um Leistungen handelt, die nicht aufgrund einer eigenen Beitragsleistung des Beziehers ausgezahlt werden und im Übrigen nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs in der Sozialversicherung ganz allgemein der Grundsatz der Äquivalenz von Beitragsleistung und Versicherungsleistung nicht gilt, da der Versorgungsgedanke im Vordergrund steht (vgl 10 ObS 48/10x mwN).
Die Revision der Klägerin erweist sich daher als nicht berechtigt.
2. Zur Revision der beklagten Partei:
1. Die beklagte Partei bekämpft das Urteil des Berufungsgerichts insoweit, als der Klägerin die Witwenpension für die Zeit vom bis mit 588,76 EUR brutto monatlich und nicht mit nur 588,46 EUR brutto monatlich und ab mit 598,24 EUR brutto monatlich und nicht mit nur 597,29 EUR brutto monatlich jeweils zuzüglich Höherversicherung zuerkannt wurde.
2. Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung die Zurückweisung der Revision der beklagten Partei, weil dieser im Hinblick auf die Geringfügigkeit des jeweiligen Differenzbetrags die Beschwer fehle.
2.1 Diesem Einwand ist zu entgegnen, dass eine Beschwer dann vorliegt, wenn die hier vom Berufungsgericht gefällte Entscheidung von der von der Rechtsmittelwerberin in ihrer Berufung beantragten Entscheidung zu ihren Ungunsten abweicht (vgl RIS Justiz RS0043917). Dies ist hier der Fall, weil die beklagte Partei in ihrer Berufung beantragt hat, die Höhe der Witwenpension lediglich mit 588,46 EUR brutto monatlich für die Zeit vom bis und mit 597,93 EUR brutto monatlich ab festzusetzen und das Berufungsgericht daher der Berufung der beklagten Partei im Ergebnis nur teilweise Folge gegeben hat. Im Übrigen handelt es sich bei der Witwenpension in der Regel um keine einmalige, sondern um eine längerfristige Leistung.
3. Inhaltlich macht die beklagte Partei zutreffend geltend, dass dem Berufungsgericht bei der Berechnung der Höhe der Witwenpension insofern ein Fehler unterlaufen ist, als das Berufungsgericht den Basisprozentsatz von (richtig) 29,06719 %(= 70 [30 x 1.624,05 : 1.190,28]) auf die fiktive Pension des Verstorbenen von 2.025,53 EUR, das ist inklusive der Leistung aus der Höherversicherung, angewendet hat. Gemäß § 145 Abs 1 GSVG haben jedoch bei der Bemessung der Witwenpension Kinderzuschüsse sowie ein besonderer Steigerungsbetrag (§ 141) außer Ansatz zu bleiben. Zu der so bemessenen Witwenpension sind 60 vH des besonderen Steigerungsbetrags (§ 141) zuzuschlagen.
3.1 Es ist daher die Teilleistung aus der Höherversicherung des verstorbenen Versicherten, das ist 1,05 EUR monatlich, vor der Berechnung der Witwenpension außer Ansatz zu bringen. Daraus folgt, dass der Anspruch der Klägerin auf Witwenpension im Zeitraum vom bis richtigerweise 588,46 EUR brutto monatlich (= 29,06719 % von 2.024,48 EUR) zuzüglich 0,63 EUR an Höherversicherung und ab infolge der Pensionserhöhung um 1,5 % 597,29 EUR brutto monatlich zuzüglich 0,64 EUR an Höherversicherung beträgt.
4. Es war daher in Stattgebung der Revision der beklagten Partei spruchgemäß zu entscheiden, wobei das über die zuerkannte Witwenpension hinausgehende Mehrbegehren der Klägerin ausdrücklich abzuweisen war. Der vom Erstgericht in seinen Urteilsspruch ebenfalls aufgenommene Ausspruch, dass ein Anspruch der Klägerin auf Ausgleichszulage nicht zu Recht bestehe, ist unbekämpft in Rechtskraft erwachsen. Es erübrigt sich daher ein Eingehen auf die Frage, ob der angefochtene Bescheid der beklagten Partei vom durch die nur auf die Zuerkennung einer höheren Witwenpension gerichtete Klage auch in seinem Ausspruch über die Ausgleichszulage außer Kraft getreten ist (vgl dazu Neumayr in ZellKomm § 71 ASGG Rz 2 mwN; 10 ObS 98/87; SSV NF 1/60 ua).
Die (geringfügige) Abänderung des Berufungsurteils führt auch zu einer neuen Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren, da die Klägerin im Verfahren erster Instanz keine Prozesskosten verzeichnet hat. Die Kostenentscheidung für das Verfahren zweiter und dritter Instanz gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Berücksichtigungswürdige Einkommens und Vermögensverhältnisse, welche einen ausnahmsweisen Kostenersatzanspruch der Klägerin aus Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden nicht dargetan und ergeben sich auch aus der Aktenlage nicht.