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OGH vom 04.08.2009, 9ObA86/08z

OGH vom 04.08.2009, 9ObA86/08z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Ingeborg Bauer-Manhart und Peter Schönhofer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Erich F*****, vertreten durch Lirk, Spielbüchler, Hirtzberger, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei R***** reg. GenmbH, *****, vertreten durch die Rechtsanwalt Dr. Manfred Buchmüller GmbH in Altenmarkt im Pongau, wegen 62.079,44 EUR sA und Feststellung (Streitwert 10.000 EUR; Gesamtstreitwert 72.079,44 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 11 Ra 14/08w-30, womit das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 17 Cga 131/06d-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.055,96 EUR (darin 342,66 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe :

Der Kläger war seit dem bei der Beklagten beschäftigt. Er war Kassier und Wechselsachbearbeiter und hatte zuletzt die Leitung der Kassa inne. Auf dieses Dienstverhältnis fand der Kollektivvertrag für die Angestellten der Raiffeisenkassen Anwendung, dessen § 21b („Verfallsfrist") wie folgt lautet:

Ansprüche aus einem diesem Kollektivvertrag unterliegenden Dienstverhältnis sind, soweit nicht ausdrücklich in diesem Kollektivvertrag oder im Gesetz eine kürzere Verfallsfrist bzw andere Zeitpunkte für die Geltendmachung festgelegt sind, bei sonstigem Verfall bis zum Ablauf eines Jahres nach Ende des Dienstverhältnisses schriftlich geltend zu machen."

Am ersuchte der Kläger den Geschäftsleiter der Beklagten, Gerhard B*****, um eine einvernehmliche Auflösung seines Dienstverhältnisses. Aus einem vom Kläger dabei vorgelegten Schreiben ging hervor, dass er das Dienstverhältnis aus persönlichen und familiären Gründen auflösen wolle, damit er mehr Zeit für seine Eltern in deren gesundheitlich schwieriger Phase habe. Nach Rückfrage beim R*****verband lehnte der Geschäftsleiter das Ersuchen des Klägers um eine einvernehmliche Auflösung ab. Einige Minuten später kam der Kläger erneut in das Büro des Geschäftsleiters und übergab diesem ein Kündigungsschreiben („Betr.: Kündigung meines Dienstverhältnisses per . Teile Ihnen mit, daß ich mein Dienstverhältnis per kündige. [?]"). Der Geschäftsleiter versuchte, den Kläger von einer Kündigung des Dienstverhältnisses abzuhalten, und gab ihm das Schreiben mit dem Bemerken zurück, er solle das lassen, das habe auch morgen noch Zeit. Am nächsten Tag sprach auch der Obmann der Beklagten mit dem Kläger und versuchte ihn ebenfalls dazu zu bewegen, die Kündigung wieder zurückzunehmen. Auf verschiedene Angebote (Gleitzeitregelung; unbezahlter Urlaub; Abgabe der Schalterleitung) ging der Kläger jedoch nicht ein. Am überreichte der Kläger dem Geschäftsleiter B***** erneut das Kündigungsschreiben. Am versuchte auch der Prokurist der Beklagten, den Kläger davon zu überzeugen, bei der Beklagten zu bleiben. Nach einem weiteren Gespräch mit dem Obmann der Beklagten vom sagte der Kläger, dass er sich das Ganze nochmals bis Montag überlegen werde. Am teilte er dann dem Geschäftsleiter mit, dass es bei der Kündigung bleibe. Die Entscheidung zu kündigen hatte der Kläger nach wochenlangen Überlegungen getroffen. Ihm war bekannt, dass er bei einer Selbstkündigung keinen Anspruch auf Abfertigung hat.

Der Kläger begehrt mit der am eingebrachten Klage die Zahlung einer Abfertigung in der Höhe von 48.079,44 EUR sA. Er sei vom Geschäftsleiter B***** gröblichst gemobbt worden. Dies habe letztlich dazu geführt, dass er erkrankt und dienstunfähig geworden sei. Durch das permanente Mobbing sei ihm eine weitere Beschäftigung bei der Beklagten unzumutbar geworden. Er sei bewusst in die Arbeitnehmerkündigung gedrängt worden. De facto habe es sich jedoch bei der Kündigung um einen vorzeitigen Austritt gehandelt. Der Abfertigungsanspruch bestehe daher zurecht. Die Beklagte habe durch „passives Mobbing" die ihr obliegende Fürsorgepflicht gemäß § 1157 ABGB,§ 18 AngG verletzt. Die Verfallsklausel nach § 21b KollV entfalte keine Rechtswirksamkeit, weil sie sich nachteiliger auswirke als die mangels kollektivvertraglicher Einigung heranzuziehenden einfachgesetzlichen Regelungen nach § 1162d ABGB,§ 34 AngG. Der Kläger dehnte mit Schriftsatz vom sein Klagebegehren um das Feststellungsbegehren aus, dass ihm die Beklagte für jedwede Schäden aus dem Dienstverhältnis und dessen Beendigung hafte. Er habe aus dem Dienstverhältnis heraus psychische Beeinträchtigungen in beträchtlichem Ausmaß erlitten, die er nicht einschätzen könne. Das Feststellungsbegehren unterliege keinesfalls der einjährigen kollektivvertraglichen Verfallsfrist. Eine Vereinbarung, die Schadenersatzansprüche aus der Beendigung des Dienstverhältnisses mit einem Jahr bei sonstigem Verfall befriste, sei sittenwidrig. Mit Schriftsatz vom dehnte der Kläger das Zahlungsbegehren um den Betrag von 14.000 EUR auf 62.079,44 EUR sA, aus. Der Kläger habe Schäden insbesondere psychosomatischer Natur erlitten, weil er massiv an Schlafstörungen und einer Magen-Darm-Beeinträchtigung leide. Dafür gebühre ihm ein angemessenes Schmerzengeld in der Höhe von 14.000 EUR.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren einschließlich aller Änderungen, beantragte die Klageabweisung und wendete ein, dass das Dienstverhältnis durch Arbeitnehmerkündigung und nicht durch vorzeitigen Austritt des Klägers beendet worden sei. Dem Kläger stehe daher keine Abfertigung zu. Er habe das Dienstverhältnis wegen privater Probleme beendet. Der Vorwurf, er sei bei der Beklagten gemobbt worden, werde bestritten. Im Übrigen würden Verjährung und Verfall gemäß § 21b KollV eingewendet. Eine schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen sei binnen Jahresfrist nicht erfolgt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren unter Zugrundelegung der obigen Feststellungen ab. In rechtlicher Hinsicht bejahte es die Beendigung des Dienstverhältnisses durch Arbeitnehmerkündigung. Dem Kläger gebühre daher gemäß § 23 Abs 7 AngG keine Abfertigung. Im Übrigen seien die geltend gemachten Ansprüche des Klägers gemäß § 21b KollV verfallen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es ließ die Tatsachen- und Beweisrüge, die sich vor allem gegen die negative Feststellung des Erstgerichts hinsichtlich eines allfälligen Mobbingverhaltens des Geschäftsleiters wandte, aus rechtlichen Erwägungen dahingestellt. Verfallsklauseln beschränkten nicht die davon erfassten Ansprüche selbst, sondern lediglich deren Geltendmachung. Von der Verfallsklausel in § 21b KollV seien auch die vom Kläger wegen Verletzung der Fürsorgepflicht geltend gemachten Schadenersatzansprüche (Schmerzengeld; Feststellungsbegehren) erfasst. Diese seien mangels rechtzeitiger Geltendmachung durch den Kläger verfallen. Davon abgesehen stehe dem Kläger ein Abfertigungsanspruch aber auch deshalb nicht zu, weil er das Dienstverhältnis gekündigt habe, ohne dass zu erkennen gewesen wäre, dass er einen wichtigen Lösungsgrund in Anspruch nehme. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage, ob von der gegenständlichen Verfallsklausel auch Schadenersatzansprüche des Arbeitnehmers wegen Verletzung der Fürsorgepflicht erfasst seien, noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Gegen das Berufungsurteil richtet sich die Revision des Klägers wegen Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinn der Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Der in der Revision erhobene Vorwurf der Aktenwidrigkeit (§ 503 Z 3 ZPO) wurde geprüft; er ist jedoch nicht berechtigt. Diese Beurteilung bedarf gemäß § 510 Abs 3 Satz 3 ZPO keiner Begründung.

Der Anspruch auf Abfertigung besteht - vorbehaltlich des hier nicht relevanten § 23a AngG - nicht, wenn der Angestellte selbst kündigt (§ 23 Abs 7 AngG). Nach den insoweit unbekämpften Feststellungen des Erstgerichts lehnte die Beklagte das Ersuchen des Klägers um einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses ab, worauf der Kläger ausdrücklich die Kündigung per erklärte. Bei dieser Kündigung blieb der Kläger auch trotz mehrerer Versuche von Beklagtenseite, ihn dazu zu bewegen, das Dienstverhältnis doch nicht zu beenden.

Richtig ist, dass einem Dienstnehmer, der berechtigt wäre, das Dienstverhältnis mit sofortiger Wirkung zu beenden, nicht verwehrt werden kann, dieses Recht in einer für den Dienstgeber regelmäßig günstigeren Form dadurch auszuüben, dass er sich mit einer größeren oder kleineren Lösungsfrist zufrieden gibt, wenn aus dem Inhalt seiner Erklärung deutlich erkennbar ist, dass er für sich einen wichtigen Lösungsgrund beansprucht (vgl 9 ObA 85/03w; RIS-Justiz RS0028469 ua). Dies war allerdings hier nicht der Fall. Auch der Kläger räumte in der Berufung ein, dass die erstgerichtlichen Feststellungen zu den Vorgängen zur Beendigung des Dienstverhältnisses rund um den richtig sind. Dabei war es, wie oben wiedergegeben, um die Frage gegangen, ob der Kläger nach Ablehnung der einvernehmlichen Auflösung kündige oder ob das Dienstverhältnis möglicherweise doch aufrecht bleibe. Es ging damals hingegen nicht um die Beanspruchung eines wichtigen Grunds zur vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses durch den Dienstnehmer nach § 26 AngG. Ein derartiger Grund kann auch nicht dem schriftlichen Ansuchen des Klägers um einvernehmliche Auflösung (Beil ./2) oder der Kündigung des Klägers (Beil ./3) entnommen werden. Eine Konkretisierung der dort genannten „persönlichen und familiären Gründe" erfolgte vom Kläger nur dahin, dass er auf den beeinträchtigten Gesundheitszustand seiner Eltern Bezug nahm. Der Kläger bezeichnete die flexiblere und freiere Dienstzeitgestaltung, um mehr Zeit für seine Eltern zu haben, ausdrücklich als „Hauptgrund" seines Wunsches auf einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses. Auch in der Revision wird nicht behauptet, dass es sich dabei um einen wichtigen Lösungsgrund im Sinn des § 26 AngG gehandelt habe. Richtig ist jedoch, dass der eigene beeinträchtigte Gesundheitszustand des Dienstnehmers einen solchen wichtigen Grund, das Dienstverhältnis vorzeitig zu beenden, darstellen könnte (vgl § 26 Z 1 AngG); darauf nahm jedoch der Kläger bei der Beendigung des Dienstverhältnisses durch die bloß allgemeine Erwähnung „persönlicher und familiärer" Gründe in Verbindung mit dem vorgenannten „Hauptgrund" nicht erkennbar Bezug. Ein Feststellungsmangel aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung liegt insoweit entgegen der Rüge des Revisionswerbers nicht vor. Dieser Vorwurf kann nicht erfolgreich erhoben werden, wenn zu einem bestimmten Thema ohnehin Feststellungen getroffen wurden (vgl 9 ObA 272/01t ua). Der Abfertigungsanspruch des Klägers wurde daher von den Vorinstanzen zutreffend gemäß § 23 Abs 7 AngG verneint. Ob der Abfertigungsanspruch vom Kläger im Hinblick auf die im Kollektivvertrag normierte Verfallsklausel rechtzeitig schriftlich geltend gemacht wurde, kann daher dahingestellt bleiben.

Das Begehren eines Schmerzengelds von 14.000 EUR und das Feststellungsbegehren, dass die Beklagte dem Kläger für jedwede Schäden aus dem Dienstverhältnis und dessen Beendigung hafte, wurden ausdrücklich auf „passives Mobbing" der Beklagten gestützt. Damit meinte der Kläger, dass die Beklagte als Dienstgeberin ihre Fürsorgepflicht verletzt habe, weil sie nicht unterbunden habe, dass der Kläger vom Geschäftsleiter gemobbt werde. Das Erstgericht traf hiezu die negative Feststellung, dass nicht festgestellt werden konnte, ob der Kläger vom Geschäftsleiter gemobbt worden sei. Das Berufungsgericht ließ, wie bereits erwähnt, die in der Berufung geltend gemachte Beweis- und Tatsachenrüge dahingestellt, weil allfällige Schadenersatzansprüche des Klägers wegen Mobbings ohnehin verfallen seien. Es ist daher im Folgenden zu prüfen, ob die rechtlichen Bedenken des Revisionswerbers gegen den vom Berufungsgericht bejahten Verfall zutreffen.

Wie bereits ausgeführt, normiert der Kollektivvertrag für die Angestellten der Raiffeisenkassen in § 21b, dass „Ansprüche aus einem diesem Kollektivvertrag unterliegenden Dienstverhältnis" bei sonstigem Verfall bis zum Ablauf eines Jahres nach Ende des Dienstverhältnisses schriftlich geltend zu machen sind. Dass das Dienstverhältnis des Klägers diesem Kollektivvertrag unterlag, ist mittlerweile nicht mehr strittig. Bei „Mobbing" handelt es sich nach einer gängigen Definition um eine konfliktbelastete Kommunikation am Dienstplatz unter Kollegen und Kolleginnen oder zwischen Vorgesetzten und Untergebenen, bei der die angegriffene Person unterlegen ist und von einer oder einigen Personen systematisch, oft und während längerer Zeit mit dem Ziel und/oder dem Effekt des Ausstoßes aus dem Dienstverhältnis direkt oder indirekt angegriffen wird und dies als Diskriminierung empfindet (vgl Smutny/Hopf, Mobbing - auf dem Weg zum Rechtsbegriff? Eine Bestandsaufnahme, DRdA 2003, 110 [112 ff mwN]; Hopf, Belästigung in der Arbeitswelt, in FS Bauer/Maier/Petrag 147; 8 ObA 59/08x ua). Für Mobbing ist das systematische, ausgrenzende und prozesshafte Geschehen über einen längeren Zeitraum typisch (vgl Posch, ZAS 2005/44, 266; 8 ObA 59/08x ua), etwa durch systematische Verweigerung jeder Anerkennung, Isolation, Zurückhaltung von Informationen, Rufschädigung etc (vgl 8 ObA 196/02k ua). Die große Bandbreite möglicher Mobbinghandlungen entzieht sich einer vollständigen Aufzählung. Einzelne (Teil-)Aspekte, die bei Mobbing eine Rolle spielen, finden sich in anderen gesetzlichen Tatbeständen wieder (siehe insbesondere zur Beeinträchtigung der Würde und zu einschüchternder, feindseliger oder demütigender Arbeitsumwelt die Belästigungstatbestände nach den §§ 6, 7, 21 GlBG; siehe auch die Erwähnung von Mobbing in RV 307 BlgNR 22. GP 5, 12). Der Begriff „Mobbing" hat zwar zur Bewusstseinsbildung und gesteigerten Wahrnehmung von einschlägigen Verhaltensweisen und Folgen beigetragen, er fand bisher jedoch weder Eingang in ein Gesetz, noch ist er eine eigenständige Anspruchsgrundlage (vgl Smutny/Hopf, DRdA 2003, 110 [114 f, 122 f] ua).

Die rechtliche Würdigung eines als „Mobbing am Arbeitsplatz" bezeichneten Sachverhalts hat vor allem unter dem Blickwinkel zu erfolgen, ob von den beteiligten Akteuren arbeitsrechtliche Pflichten verletzt wurden. Vom Ansatz her zutreffend stützte sich der Kläger darauf, dass die Beklagte als Arbeitgeberin die sie treffende Fürsorgepflicht nach § 1157 ABGB,§ 18 AngG verletzt habe, weil sie gegen das von einem Geschäftsleiter ausgehende Mobbing gegen den Kläger nicht eingeschritten sei (Smutny/Hopf, DRdA 2003, 110 [115]; Hopf in FS Bauer/Maier/Petrag 147 [163]; Posch, ZAS 2005/44, 268; 8 ObA 3/04f ua). Durch die dauernde Belastung habe der Kläger in letzter Konsequenz gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitten, für deren Folgen die Beklagte einzustehen habe. Diese Folgen sah der Kläger zum einen in erlittenen Schmerzen verwirklicht, für die er Schmerzengeld begehrt; zum anderen will er die Haftung der Beklagten für künftige Schäden festgestellt wissen. Wenn nun auch auf der Tatsachenebene Uneinigkeit darüber herrscht, ob vom Geschäftsleiter Mobbing-Verhaltensweisen ausgingen, so besteht in rechtlicher Hinsicht kein Zweifel daran, dass es sich bei den daraus abgeleiteten Schadenersatzansprüchen - folgt man dem Tatsachenvorbringen des Klägers - um Ansprüche „aus dem Dienstverhältnis" handelt (vgl Krejci in Rummel, ABGB³ § 1157 Rz 50; Marhold in Marhold/Burgstaller/Preyer, AngG § 18 Rz 120 ua).

Gemäß § 21b KollV sind Ansprüche aus dem Dienstverhältnis - bei sonstigem Verfall - bis zum Ablauf eines Jahres nach Ende des Dienstverhältnisses schriftlich geltend zu machen. Da die Schadenersatzansprüche wegen Mobbings - sei es durch ein Feststellungsbegehren oder durch Ausdehnung des Leistungsbegehrens um einen Schmerzengeldbetrag - nicht bis zum Ablauf eines Jahres nach Ende des Dienstverhältnisses schriftlich geltend gemacht wurden, verlegt sich der Revisionswerber auf die Bestreitung, dass Schadenersatzansprüche wegen Verletzung der Fürsorgepflicht von der Verfallsklausel erfasst seien. Er räumt zwar ein, dass Schadenersatzansprüche grundsätzlich durch Kollektivvertrag im Zusammenhang mit Verfallsklauseln regelbar seien. Bei vorsätzlicher Schädigung sei jedoch ein „Vorausverzicht" auf Schadenersatz sittenwidrig und daher unzulässig.

Diesem Einwand kann nicht gefolgt werden. Es geht hier nicht um einen Vorausverzicht auf Ansprüche. Verfallsklauseln beschränken nach ständiger Rechtsprechung nicht die Ansprüche selbst, sondern deren Geltendmachung (RIS-Justiz RS0034517 ua). Eine Verfallsklausel zwingt zur baldigen Geltendmachung der von ihr erfassten Ansprüche. Mit der Verfallsfrist wird dem absehbaren Beweisnotstand begegnet, der häufig bei späterer Geltendmachung der Ansprüche auftritt. Offene Ansprüche sollen zwischen den Parteien möglichst bald bereinigt werden (RIS-Justiz RS0034417 ua). Die Sittenwidrigkeit von Verfallsklauseln wird vor allem dann bejaht, wenn sie durch unangemessen kurze Ausschlussfristen die Geltendmachung von Ansprüchen ohne sachlichen Grund übermäßig erschweren (Runggaldier, Grenzen der Regelungsbefugnis der Kollektivvertragsparteien, DRdA 2008, 479 [488]; RIS-Justiz RS0034533 ua). Die Länge der Verfallsfrist ist hier aber nicht das Problem. Von der Rechtsprechung wurden schon deutlich kürzere Fristen als die Frist von einem Jahr gemäß § 21b KollV als noch unbedenklich qualifiziert (vgl RIS-Justiz RS0016688 ua).

Unbegründet ist auch der Einwand des Revisionswerbers, dass Verfallsklauseln nur für Schadenersatzansprüche herangezogen werden können, die auf fahrlässiger Schädigung beruhen. Die erstmalige Behauptung, er sei vom Geschäftsleiter der Beklagten sogar mit Misshandlungs-, wenn nicht sogar Verletzungsvorsatz geschädigt worden, weil dieser zumindest bedingt im Sinn des § 5 StGB in Kauf genommen habe, dass untergebene Mitarbeiter zu Schaden kommen, verstößt gegen das im Revisionsverfahren geltende Neuerungsverbot (§ 504 ZPO). Davon abgesehen ist dem Revisionswerber aber zu konzedieren, dass Mobbinghandlungen in der Regel auf Vorsatz beruhen. Dies kann schon aus dem für Mobbing charakteristischen systematischen, ausgrenzenden und prozesshaften Geschehen über einen längeren Zeitraum abgeleitet werden. Damit ist jedoch - ohne weitere Behauptungen des Betroffenen - noch nichts darüber ausgesagt, ob bei Mobbing auch allfällige Gesundheitsbeeinträchtigungen des Betroffenen in strafgesetzwidriger Weise herbeigeführt wurden.

Die gegenständliche Verfallsklausel erfasst „Ansprüche aus einem diesem Kollektivvertrag unterliegenden Dienstverhältnis". Mangels Beschränkung auf bloße Erfüllungsansprüche, die etwa aus dem Dienstvertrag abgeleitet werden, sind auch Schadenersatzansprüche, die mit dem Dienstverhältnis in einem typischen Zusammenhang stehen, erfasst (9 ObA 70/91; 9 ObA 163/97d; 9 ObA 31/08m; RIS-Justiz RS0064226 ua). Der typische Zusammenhang liegt auch bei Schadenersatzansprüchen vor, die auf die Verletzung der aus dem Dienstverhältnis resultierenden Fürsorgepflicht gestützt werden. Das Dienstverhältnis ist in diesem Fall nicht bloß zufälliger Anlass des Anspruchs (vgl 9 ObA 352/98z ua). Bei der Frage, ob ein Anspruch von der Verfallsklausel erfasst ist, kommt es - mangels Einschränkung in der Verfallsklausel - nicht auf die Verschuldensform an. Es ist in der Regel nicht erheblich, ob etwa das vom Dienstnehmer begehrte Entgelt, das verfallen sein soll, vom Dienstgeber bewusst oder irrtümlich verkürzt wurde; es ist daher auch nicht bedeutend, ob der eingeklagte Schaden in Kauf genommen wurde oder nicht. Die Grenze der Sittenwidrigkeit einer Verfallsklausel verläuft vor allem dort, wo durch die Verfallsklausel die Geltendmachung eines Anspruchs übermäßig erschwert wird. Dies ist hier aber nicht der Fall.

Im Einzelfall kann auch die Berufung auf eine an sich zulässige Verfallsklausel sittenwidrig sein. Dies wird von der Rechtsprechung insbesondere dann angenommen, wenn der Dienstgeber dem Dienstnehmer die rechtzeitige Geltendmachung eines Anspruchs in einer Art und Weise erschwert oder praktisch unmöglich gemacht hat, die die spätere Berufung auf die Verfallsklausel als rechtsmissbräuchlich erscheinen lässt (9 ObA 86/01i ua). Derartiges wurde vom Kläger nicht geltend gemacht. Den Rechtsmissbrauch der Berufung auf die Verfallsklausel allein aus dem Inhalt der Forderung, die verfallen sein soll, abzuleiten, erscheint hingegen problematisch, ist doch das Bestehen einer Forderung Voraussetzung dafür, dass die Verfallsklausel überhaupt zum Tragen kommt. In diesem Sinn erkannte der Oberste Gerichtshof bereits, dass ein allgemeiner Rechtssatz, dass sich der Dienstgeber nicht auf die Verfallsklausel aus einem Kollektivvertrag berufen könne, wenn er selbst gegen kollektivvertragliche Bestimmungen verstoßen habe, dem Gesetz fremd ist (8 ObA 2286/96a ua).

Zusammenfassend wurde das Klagebegehren zurecht abgewiesen. Der unbegründeten Revision des Klägers muss ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.