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VfGH vom 14.12.2011, b13/11

VfGH vom 14.12.2011, b13/11

Sammlungsnummer

19596

Leitsatz

Gleichheitswidrige Feststellung des Nichterwerbs der österreichischen Staatsbürgerschaft durch Abstammung bei Geburt durch eine US-amerikanische Leihmutter; verbindliche Festlegung des Status der Abstammung durch die US-amerikanischen Regelungen über medizinisch unterstützte Fortpflanzung; kein Widerspruch zum österreichischen ordre-public

Spruch

I. Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

II. Das Land Wien ist schuldig, den Beschwerdeführern zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.620,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Verwaltungsgeschehen, angefochtener Bescheid und Vorverfahren

1. Die erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien (durch Geburt Staatsangehörige der USA) wurden am bzw. am im US-Bundesstaat Georgia von einer "Leihmutter" geboren, der jeweils ein aus dem Samen des Ehegatten der Drittbeschwerdeführerin (eines italienischen Staatsangehörigen) und einer Eizelle der Drittbeschwerdeführerin (einer österreichischen Staatsangehörigen) in vitro hergestellter Embryo eingesetzt worden war. Der Drittbeschwerdeführerin ist nach Entfernung der Gebärmutter die Geburt eines Kindes nicht mehr möglich.

2. Mit je einem vor der Geburt der Kinder vom

Superior Court of Cobb County am und vom Superior Court of Fulton County am ergangenen Gerichtsbeschluss ("Order of declaratory Judgement") wurde u. a. festgestellt, dass der Ehegatte der Drittbeschwerdeführerin genetischer und rechtmäßiger Vater ("genetic and legal father") und die Drittbeschwerdeführerin genetische und rechtmäßige Mutter ("genetic and legal mother") des jeweiligen zu erwartenden Kindes sei und dass weder die "Leihmutter" noch deren Ehemann genetische oder rechtmäßige Eltern des Kindes seien. Ferner enthielten diese Beschlüsse die Zuordnung des vollen und ausschließlichen Sorgerechts der Drittbeschwerdeführerin und ihres Ehegatten ab dem Augenblick der Geburt und der Sorgepflicht, einschließlich der Verpflichtung zur finanziellen Unterstützung. Das Krankenhaus wurde angewiesen, die Bestätigung über die Lebendgeburt mit den Namen der Drittbeschwerdeführerin als Mutter und ihres Ehemanns als Vater, aber ohne Erwähnung der "Leihmutter" oder deren Ehemann, auszustellen.

3. Aufgrund gleichlautender Geburtsurkunden erhielten die erst- und die zweitbeschwerdeführende Partei in Österreich vom Magistrat der Stadt Wien je einen Staatsbürgerschaftsnachweis (vom bzw. vom ) ausgestellt, aus dem hervorgeht, dass sie die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen.

4. Das Bundesministerium für Inneres forderte den Magistrat der Stadt Wien mit Schreiben vom auf, "die Frage der Staatszugehörigkeit entsprechend zu beurteilen" und teilte dazu mit, es sei im Zuge der Beantragung des Kinderbetreuungsgeldes durch die Drittbeschwerdeführerin hervorgekommen, dass die Zweitbeschwerdeführerin von einer Leihmutter zur Welt gebracht worden sei. Das Kind wäre daher, da die Geburtsurkunde unter Berücksichtigung des § 137b ABGB unrichtig sei, "in Österreich nachzubeurkunden". Mit Schreiben vom reichte das BM für Inneres eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Justiz nach, welches davon ausgeht, dass die Leihmutterschaft nach amerikanischem Recht (dem Personalstatut der Kinder) zulässig sei und allein aus dem Umstand, dass nach österreichischem Recht keine Mutterschaft existiere, eine ordre-public-Widrigkeit nicht ableitbar sei. Es bestehe aber die Möglichkeit, dass das amerikanische internationale Recht nach dem Domizilprinzip auf österreichisches Recht zurückverweise, was gemäß § 137b ABGB zu dem Ergebnis führen würde, dass Mutter nur jene Frau sei, die das Kind geboren habe.

5. Mit Schreiben an die Drittbeschwerdeführerin vom eröffnete der Magistrat das Verfahren zur Überprüfung der Staatsbürgerschaft beider Kinder (der nunmehr erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien) unter Vorhalt des bekanntgewordenen Sachverhaltes und der ihrer Meinung nach gegebenen Rechtslage und forderte sie zur Stellungnahme auf. Eine solche Stellungnahme wurde schließlich am von der Beschwerdevertreterin unter Vorlage der oben erwähnten Gerichtsbeschlüsse und je eines "Abstammungsgutachten[s] auf DNA-Basis" eines gerichtlich beeideten Sachverständigen über die Elternschaft der Drittbeschwerdeführerin und ihres Ehemannes erstattet, worin sie den oben wiedergegebenen Sachverhalt darlegt und sich darauf beruft, dass die Abstammung der Kinder nach amerikanischem Recht zu beurteilen sei und die Mutterschaft der Drittbeschwerdeführerin daher zu bejahen sei. § 137b ABGB sei gleichheitswidrig, weil gegen die gesetzliche Mutterschaftsfeststellung anders als gegen die Vermutung der Vaterschaft keine gerichtliche Bestreitung aufgrund abweichender genetischer Verhältnisse möglich sei.

6. In einer weiteren Stellungnahme des Bundesministeriums für Justiz wird nunmehr eine Anerkennung der amerikanischen Gerichtsbeschlüsse wegen Verstoßes gegen den ordre-public (als dessen Teil das Verbot der Leihmutterschaft durch das Fortpflanzungsmedizingesetz beurteilt wurde) als nicht möglich bezeichnet. Die danach für Abstammungsfragen gemäß § 25 des IPRG zu beachtende Verweisung auf das Recht des Personalstatuts des Kindes führe zu einer Zirkelverweisung, da § 7 StbG den Erwerb der Staatsbürgerschaft durch Geburt von der Abstammung von einer Österreicherin abhängig mache. Die Vorfrage sei daher in jedem Fall nach österreichischem Recht (§137b ABGB) zu lösen, nach dem eine Frau, die das Kind nicht geboren habe, nicht als Mutter gelte.

7. Nach Einholung der zuletzt genannten Stellungnahme erließ die belangte Behörde den Bescheid vom , worin festgestellt wird, dass die erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien weder durch Abstammung von der Drittbeschwerdeführerin noch auf andere Art die österreichische Staatsbürgerschaft erworben hätten. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens begründet die belangte Behörde diesen Bescheid auf das Wesentliche zusammengefasst damit, dass zwar nach den - analog heranzuziehenden - Bestimmungen der §§21 und 25 IPRG in Fällen wie dem Vorliegenden das Personalstatut des Kindes für das anzuwendende Recht maßgeblich sei, dass jedoch die dadurch bewirkte Gesamtverweisung auf das amerikanische Recht aufgrund des dort geltenden "Domizilprinzip[s]" zu einer Rückverweisung auf österreichisches (Sach-)Recht führe. Danach sei die Drittbeschwerdeführerin gemäß § 137b ABGB nicht die Mutter der Erst- und Zweitbeschwerdeführer. Das Verbot der Leihmutterschaft stehe im Übrigen als Teil des ordre-public einer Anerkennung der vorgelegten Gerichtsbeschlüsse entgegen.

8. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde beider Kinder (der erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien) und der (Wunsch-)Mutter (der Drittbeschwerdeführerin). In der Beschwerde wird gerügt, dass die belangte Behörde § 7 StbG einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstelle, indem sie das nachgewiesene Erfordernis der Abstammung iS des § 5 Abs 2 StbG in diskriminierender Weise beurteile: Lege man die Auffassung der belangten Behörde zugrunde, dann könne man zwar mittels Nachweises genetischer Abstammung den (für den Fall österreichischer Staatangehörigkeit diese nach § 7 Abs 1 StbG vermittelnden) Vater ermitteln, nicht aber die Mutter. Die belangte Behörde habe verkannt, dass die Mutterschaft ausschließlich nach dem Personalstatut der Kinder zu beurteilen sei, wobei die Anwendung des Rechtes des US-Bundesstaates Georgia, wonach die Drittbeschwerdeführerin rechtliche Mutter der Erst- und Zweitbeschwerdeführer sei - gemessen an wiedergegebenen Lehrmeinungen und Gerichtsentscheidungen - nicht den Grundwertungen des österreichischen Rechts widerspreche. Die angenommene Rückverweisung des amerikanischen Rechts auf das österreichische Recht nach dem Domizilprinzip führe zu einer Zirkelverweisung, da das Kind nach amerikanischem Recht das Domizil der Eltern teile, aber vom anzuwendenden Sachrecht erst abhänge, wer die Eltern des Kindes seien. Richtigerweise sei daher in Anwendung des Rechts des Bundesstaates Georgia davon auszugehen, dass die Drittbeschwerdeführerin und ihr Ehemann in rechtlicher wie in genetischer Hinsicht die Eltern des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin sind. § 137b ABGB sei verfassungswidrig, weil diese Bestimmung gegen Art 8 EMRK verstoße.

9. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Äußerung, in der sie im Wesentlichen auf ihre Argumentation im angefochtenen Bescheid verwies.

II. Rechtslage

1. Die für die Rechtssache maßgeblichen Bestimmungen der §§5 Abs 2 und 6 des Bundesgesetzes über die österreichische Staatsbürgerschaft (Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 - StbG), BGBl. 311/1985 (Wv.) idF der Novelle BGBl. I Nr. 122/2009 sowie § 7 leg.cit. idF BGBl. Nr. 311/1985 (Wv.), lauten:

"§5.

[...]

(2) Gelingt es einem Fremden nicht, ein behauptetes Verwandtschaftsverhältnis, auf das er sich in einem Verfahren nach diesem Bundesgesetz beruft, durch unbedenkliche Urkunden oder sonstige geeignete und gleichwertige Bescheinigungsmittel nachzuweisen, so hat ihm die Behörde auf sein Verlangen und auf seine Kosten die Vornahme einer DNA-Analyse zu ermöglichen. Der Fremde ist über diese Möglichkeit zu belehren. Das mangelnde Verlangen des Fremden auf Vornahme einer DNA-Analyse ist keine Weigerung des Fremden, an der Klärung des Sachverhaltes mitzuwirken. Im weiteren Verfahren darf nur die Information über das Verwandtschaftsverhältnis verarbeitet werden; allenfalls darüber hinaus gehende Daten sind zu löschen."

"§6.

Die Staatsbürgerschaft wird erworben durch

1. Abstammung (Legitimation) (§§7, 7a und 8);

2. Verleihung (Erstreckung der Verleihung) (§§10 bis 24);

[aufgehoben]

5. Anzeige (§§58c und 59 Abs 1)."

"Abstammung (Legitimation)

§7.

(1) Eheliche Kinder erwerben die Staatsbürgerschaft mit der Geburt, wenn

a) in diesem Zeitpunkt ein Elternteil Staatsbürger ist oder

b) ein Elternteil, der vorher verstorben ist, am Tag seines Ablebens Staatsbürger war.

[...]

(3) Uneheliche Kinder erwerben die Staatsbürgerschaft mit der Geburt, wenn ihre Mutter in diesem Zeitpunkt Staatsbürger ist. Abs 1 litb gilt sinngemäß."

2. Die §§5 Abs 1, 6, 9 Abs 1 und 25 des Bundesgesetzes vom über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz), BGBl. 304/1978 sowie § 21 leg.cit. idF BGBl. I 135/2000, lauten:

"Rück- und Weiterverweisung

§5.

(1) Die Verweisung auf eine fremde Rechtsordnung

umfaßt auch deren Verweisungsnormen.

(2) Verweist die fremde Rechtsordnung zurück, so sind die österreichischen Sachnormen (Rechtsnormen mit Ausnahme der Verweisungsnormen) anzuwenden; im Fall der Weiterverweisung sind unter Beachtung weiterer Verweisungen die Sachnormen der Rechtsordnung maßgebend, die ihrerseits nicht mehr verweist bzw. auf die erstmals zurückverwiesen wird.

(3) Besteht eine fremde Rechtsordnung aus mehreren Teilrechtsordnungen, so ist die Teilrechtsordnung anzuwenden, auf die die in der fremden Rechtsordnung bestehenden Regeln verweisen. Mangels solcher Regeln ist die Teilrechtsordnung maßgebend, zu der die stärkste Beziehung besteht.

Vorbehaltsklausel (ordre public)

§6.

Eine Bestimmung des fremden Rechtes ist nicht

anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. An ihrer Stelle ist erforderlichenfalls die entsprechende Bestimmung des österreichischen Rechtes anzuwenden.

[...]

Personalstatut einer natürlichen Person

§9.

(1) Das Personalstatut einer natürlichen Person ist das Recht des Staates, dem die Person angehört. Hat eine Person neben einer fremden Staatsangehörigkeit auch die österreichische Staatsbürgerschaft, so ist diese maßgebend. Für andere Mehrstaater ist die Staatsangehörigkeit des Staates maßgebend, zu dem die stärkste Beziehung besteht.

[...]"

"B. KINDSCHAFTSRECHT

Eheliche Abstammung

§21.

Die Voraussetzungen der Ehelichkeit eines Kindes und deren Bestreitung sind nach dem Personalstatut zu beurteilen, das die Ehegatten im Zeitpunkt der Geburt des Kindes oder, wenn die Ehe vorher aufgelöst worden ist, im Zeitpunkt der Auflösung gehabt haben. Bei verschiedenem Personalstatut der Ehegatten ist das Personalstatut des Kindes zum Zeitpunkt der Geburt maßgebend."

"Uneheliche Abstammung und deren Wirkungen

§25.

(1) Die Voraussetzungen der Feststellung und der Anerkennung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind sind nach dessen Personalstatut im Zeitpunkt der Geburt zu beurteilen. Sie sind jedoch nach einem späteren Personalstatut des Kindes zu beurteilen, wenn die Feststellung bzw. Anerkennung nach diesem, nicht aber nach dem Personalstatut im Zeitpunkt der Geburt zulässig ist. Das Recht, nach dem die Vaterschaft festgestellt oder anerkannt worden ist, ist auch für deren Bestreitung maßgebend.

(2) Die Wirkungen der Unehelichkeit eines Kindes sind nach dessen Personalstatut zu beurteilen.

(3) Die mit der Schwangerschaft und der Entbindung zusammenhängenden Ansprüche der Mutter gegen den Vater des unehelichen Kindes sind nach dem Personalstatut der Mutter zu beurteilen."

3. § 137b des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB), JGS 946/1811 idF des ArtII Z 1 des Fortpflanzungsmedizingesetzes, BGBl. Nr. 275/1992, lautet:

"§137b.

Mutter ist die Frau, die das Kind geboren hat."

4. Die von der belangten Behörde ermittelten und aktenkundig gemachten US-amerikanischen Rechtsvorschriften sind im "Einheitliche[n] Gesetz über die Rechtsstellung von mit künstlicher Befruchtung gezeugten Kindern" aus dem Jahr 1988 ("Uniform Status of Children of Assisted Conception Act") enthalten. Sie regeln die Vaterschaft des Ehemanns der Frau im Falle der Samenspende, schließen Spender von der Elternschaft aus, regeln die Voraussetzungen und Rechtsfolgen von Leihmuttervereinbarungen und stellen deren Zustandekommen und Abwicklung unter Richtervorbehalt (§§5 ff. des Gesetzes). Schließlich weist das Gesetz die Elternschaft nach erfolgreicher Durchführung einer zulässigen Leihmuttervereinbarung ausschließlich den biologischen Wunscheltern zu. Die aufgrund der Feststellungen der belangten Behörde maßgeblichen Rechtsvorschriften, aufgrund derer die zuständigen Gerichte des Staates Georgia die Mutterschaft der Drittbeschwerdeführerin zu ihren Kindern festgestellt haben (Übersetzung nach Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht), lauten auszugsweise wie folgt:

"§5. Leihmuttervereinbarung

(a) Die Leihmutter, gegebenenfalls ihr Ehemann und die Wunscheltern können eine schriftliche Vereinbarung treffen, wonach die Leihmutter alle ihre Rechte und Pflichten als Mutter des künstlich zu erzeugenden Kindes aufgibt, und wodurch die Wunscheltern Eltern des Kindes gemäß § 8 werden.

(b) Ist diese Vereinbarung nicht durch das Gericht vor der Befruchtung gemäß § 6 genehmigt worden, so ist die Vereinbarung ungültig und die Leihmutter ist die Mutter des Kindes und der Ehemann der Leihmutter, falls er Partei der Vereinbarung war, Vater des Kindes. Ist der Ehemann der Leihmutter nicht Vertragspartei oder ist die Leihmutter ledig, so wird die Vaterschaft zu dem Kind nach dem einheitlichen Elterngesetz bestimmt.

§6. Antrag und Verhandlung wegen Genehmigung der Leihmuttervereinbarung

(a) Wunscheltern und Leihmutter können die

gerichtliche Genehmigung der Vereinbarung beantragen, wenn einer der Beteiligten im Staat seinen Aufenthalt hat. Ist die Leihmutter verheiratet, so muß sich ihr Ehemann dem Antrag anschließen. Das Gericht hat einen Prozeßpfleger zu bestellen, der die Rechte des künstlich zu erzeugenden Kindes wahrnimmt.

(b) Das Gericht kann die Vereinbarung gutheißen für eine auf 12 Monate befristete Dauer, gerechnet ab dem Erlaß des Beschlusses, wenn:

(1) das Gericht zuständig ist und alle Parteien der Zuständigkeit zugestimmt haben;

(2) die Wunschmutter nicht in der Lage ist, ein Kind auszutragen oder ein Kind nicht ohne übermäßiges Risiko für das Kind und sich selbst austragen könnte;

(3) entsprechende Sozialerhebungen durchgeführt

wurden;

(4) alle Beteiligten die Voraussetzungen für Adoptiveltern erfüllen;

(5) alle Beteiligten freiwillig den Vertrag

geschlossen haben und seinen Inhalt und seine Auswirkungen verstanden haben;

(6) die Leihmutter mindestens einmal schwanger war und geboren hat, und die Austragung und Geburt eines anderen Kindes kein unverhältnismäßiges Risiko für das Kind und die Leihmutter darstellen werden;

[...]"

"§8. Elternschaft bei Leihmuttervertrag

(a) Wird der Leihmutter ein Kind geboren, so sind die Wunscheltern die Eltern des Kindes, während die Leihmutter und ihr Ehemann nicht Eltern des Kindes sind. Ausgenommen ist, dass das Gericht gemäß § 7(b) den Beschluß aufhebt. Wenn nach Kündigung durch die Leihmutter das Gericht den Beschluß aufhebt, ist die Leihmutter die Mutter des so entstandenen Kindes und, falls sie verheiratet ist und ihr Ehemann Vertragspartei war, ist dieser der Vater. Ist der Ehemann der Leihmutter nicht Vertragspartei oder ist die Leihmutter ledig, so wird die Vaterschaft zu dem Kind nach dem einheitlichen Elterngesetz bestimmt.

(b) [...]"

III. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn sie den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 10.065/1984, 14.776/1997, 16.273/2001).

2. Der Verfassungsgerichtshof geht zunächst davon

aus, dass der Elternbegriff des § 7 StbG in erster Linie jeweils als Vater oder Mutter im Rechtssinne zu verstehen ist und nicht etwa in Staatsbürgerschaftsangelegenheiten ein DNA-Nachweis iS des § 5 Abs 2 StbG gegen eine gesetzliche Vaterschaftsvermutung ins Treffen geführt werden könnte. § 5 Abs 2 leg.cit. sieht ein Beweisverfahren mittels DNA-Analyse nämlich nur für den Fall vor, dass ein urkundlicher Nachweis über eine Abstammung nicht erbracht werden kann, nicht aber auch für den Fall, dass eine Abstammungsvermutung bestritten wird. Daher ist die belangte Behörde ungeachtet der Erbringung des Nachweises der genetischen Abstammung der erst- und zweitbeschwerdeführenden Partei von der Drittbeschwerdeführerin auch zu Recht der Frage nachgegangen, ob die Drittbeschwerdeführerin auch in rechtlicher Hinsicht die Mutter der erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien ist.

3. Die belangte Behörde hat dies unter Heranziehung des § 137b ABGB im Ergebnis verneint; der Verfassungsgerichtshof vermag der - im Übrigen völlig unzureichenden - Begründung des angefochtenen Bescheides jedoch nicht zu folgen:

3.1. Die Bestimmungen des Fortpflanzungsmedizingesetzes (FMedG; zu denen auch jene Bestimmungen des bürgerlichen Rechts gehören, die an die medizinisch unterstützte Fortpflanzung Rechtsfolgen familienrechtlicher Art knüpfen, wie zB den Ausschluss der Vaterschaft eines Samenspenders) verbieten bestimmte Formen der medizinisch unterstützten Fortpflanzung und erlauben andere, und stellen im letztgenannten Zusammenhang der Sache nach (zwingende) rechtliche Zusammenhänge der Abstammung her, die im Falle der Samenspende eines Dritten (bzw. aufgrund des § 137b ABGB auch im Falle einer in Österreich gesetzlich nicht zugelassenen Leihmutterschaft mit Eizellspende) mit den biologisch-genetischen Abstammungsverhältnissen nicht im Einklang stehen. Die Bestimmungen des FMedG (und seiner Begleitvorschriften im ABGB) beanspruchen einerseits unabhängig davon Geltung, welchen Personalstatuts die von der Regelung Betroffenen jeweils sind, knüpfen aber andererseits die jeweils vorgesehenen Rechtsfolgen nur an Sachverhalte, die sich auf dem Territorium der Republik Österreich ereignen.

3.2. Österreich käme auch - in Ermangelung zwischenstaatlicher Abkommen auf diesem Gebiet - keine Kompetenz zu, die Rechtsfolgen von im Ausland stattgefundener medizinisch unterstützter Fortpflanzung zu regeln, sofern das Sachrecht der jeweiligen ausländischen Rechtsordnung darüber vergleichbare Normen zwingenden Rechts enthält, die ihre Geltung für Sachverhalte, die sich auf dem Territorium des jeweiligen Staates ereignen, unabhängig von der Staatsangehörigkeit der betroffenen Personen vorrangig beanspruchen.

3.3. Die im vorliegenden Fall nach den Feststellungen der belangten Behörde maßgebenden, oben dargestellten Regelungen des US-amerikanischen Rechts greifen - insoweit vergleichbar dem österreichische FMedG - in das privatautonome Handeln von Menschen auf dem Gebiet der medizinisch unterstützten Fortpflanzung ein, beschränken dieses teils, teils stellen sie es unter Erlaubnisvorbehalt (des Gerichtes) und knüpfen daran besondere Rechtsfolgen hinsichtlich der Elternschaft zu solcherart gezeugten Kindern. Wie auch das österreichische FMedG unterliegt ihre Anwendung - wie auch die aktenkundigen Gerichtsbeschlüsse zeigen - keinem weiteren Vorbehalt einer bestimmten Staatsangehörigkeit der von den gesetzlichen Bestimmungen betroffenen Personen. Es handelt sich also um zwingende Rechtsvorschriften.

3.4. Es ist daher verfehlt, wenn die belangte Behörde bei dieser Rechtslage - wenngleich darin den Stellungnahmen des Bundesministeriums für Justiz folgend - eine Rückverweisung des US-amerikanischen Rechts auf österreichisches (Sach-)Recht annimmt, weil die in Betracht kommenden Sachnormen des US-amerikanischen Rechts, unabhängig von der Staatsangehörigkeit und der Domizilierung der betroffenen Personen einen zwingenden Geltungsanspruch erheben (vgl. dazu Schwind, Internationales Privatrecht, 1990, Rz 114, 165 ff.; ausführlich Schwimann, Internationales Privatrecht3, 2001, 67 ff; Verschraegen in Rummel3, 2002, IPRG Vor § 1 Rz 25 und ausführlich Vor § 35 Rz 19 ff.; vgl. auch ), von dem die beiden Gerichtsbeschlüsse auch erkennbar ausgehen, wenn sie den Status der erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien hinsichtlich ihrer Abstammung von der Drittbeschwerdeführerin und ihrem Ehemann ungeachtet von deren Domizil und Staatsangehörigkeit verbindlich festlegen.

4. Die belangte Behörde hat aber auch in der zweiten Rechtsfrage, ob einer Anerkennung der nach dem soeben Gesagten maßgeblichen Statusentscheidungen der amerikanischen Gerichte, wonach aufgrund der US-amerikanischen Regelungen über medizinisch unterstützte Fortpflanzung die Drittbeschwerdeführerin die Mutter der erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien ist, der österreichische ordre-public entgegensteht, die Rechtslage in einer in die Verfassungssphäre reichenden Weise verkannt:

4.1. Die Regelungen des FMedG, mögen sie auch

zwingendes Recht sein, sind weder Bestandteil der österreichischen Grundrechtsordnung, noch sind sie - auch soweit sie Leihmutterschaften nicht zulassen - verfassungsrechtlich geboten. Davon geht im Übrigen auch die belangte Behörde aus. Zum ordre-public zählen nach hL und Rspr. der Inhalt der geschützten Grundwertungen des österreichischen Rechtes (), also die unverzichtbaren Wertvorstellungen, die unsere Rechtsordnung prägen. Verfassungsgrundsätze (insbesondere durch die EMRK geschützte Menschenrechte) spielen dabei jedenfalls eine tragende Rolle. Als von § 6 IPR-Gesetz geschützte Grundwerte und somit ordre-public-feste Rechtsgüter werden in Lehre und Rechtsprechung etwa die persönliche Freiheit, die Gleichberechtigung, das Verbot abstammungsmäßiger, rassischer und konfessioneller Diskriminierung, die Freiheit der Eheschließung, die Einehe, das Verbot der Kinderehe und - nicht zuletzt - der Schutz des Kindeswohles im Kindschaftsrecht (näher Verschraegen in Rummel3, 2002, IPRG § 6 Rz 2 mwN) angesehen. Der Umstand allein, dass eine Norm zwingenden Rechts ist, macht sie hingegen noch nicht zum Bestandteil des ordre-public (Schwimann, Internationales Privatrecht3, 2001, 45).

4.2. Es widerspräche im Übrigen - im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde - offensichtlich dem Wohl des Kindes, wenn ihm durch die Versagung der Anerkennung der US-amerikanischen Gerichtsbeschlüsse für die österreichische Rechtsordnung seine biologische Mutter als Mutter im Rechtssinne genommen wird und dafür - wie dies nach § 137b ABGB der Fall wäre - die Leihmutter in die Mutterrolle gezwungen wird, obwohl sie weder biologisch, noch nach dem Personalstatut der Kinder deren Mutter ist, noch dies sein will und kann und auch mit dem Kind keine Familiengemeinschaft begründet hat. Nicht zuletzt wird das Kind dadurch von allen gegenüber leiblichen Eltern sonst bestehenden Obsorge-, Unterhalts- und sonstigen Vermögensrechten gerade gegenüber der genetischen Mutter (die auch als "faktische Mutter" Teil des gemeinsamen Familienlebens ist) ausgeschlossen. Diese weitreichenden und für das Kind nachteiligen Konsequenzen können aber mit dem Kindeswohl gerade nicht gerechtfertigt werden.

5. Die belangte Behörde ist daher zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Drittbeschwerdeführerin nicht die (auch rechtliche) Mutter der erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien ist, und ist aufgrund dieser Fehlbeurteilung der Vorfrage zum Ergebnis gelangt, dass die erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien mit ihrer Geburt nicht kraft Abstammung österreichische Staatsbürger sind. Sie hat durch die gänzliche Außerachtlassung des Wohles des Kindes und des Fehlens der Bedachtnahme auf Lehre und Rechtsprechung zur Frage des ordre-public die Rechtslage gehäuft verkannt und dadurch Willkür geübt.

6. Die belangte Behörde hat somit die beschwerdeführenden Parteien in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt.

IV. Ergebnis und abschließende Erwägungen

1. Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,-

sowie eine Eingabengebühr gemäß § 17a VfGG in der Höhe von € 220,- enthalten.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.