TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 15.03.1989, 9ObA266/88

OGH vom 15.03.1989, 9ObA266/88

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Dietmar Strimitzer und Helga Kaindl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei B*** DER O*** K*** AG,

Linz, Böhmerwaldstraße 3, vertreten durch Dr. Heinrich EHMER, Sekretär der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich, Linz, Volksgartenstraße 40, dieser vertreten durch Dr. Harry Zamponi, Dr. Josef Weixelbaum und Dr. Helmut Trenkwalder, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei O*** K*** AG, Linz, Böhmerwaldstraße 3, vertreten durch Dr. Eduard Saxinger und Dr. Peter Baumann, Rechtsanwälte in Linz, wegen Feststellung (Streitwert S 1,000.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 13 Ra 23/88-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 13 Cga 1093/87-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 17.112,15 (darin S 1.555,65 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger im Sinne des § 54 Abs 1 ASGG festzustellen, daß jene Arbeitnehmer der Beklagten, die vor dem in ein Arbeitsverhältnis zur Beklagten getreten und über das Freistromkontingent hinaus zum Bezug eines begünstigten Personalstroms berechtigt sind, nicht verpflichtet seien, hiefür ab einen erhöhten Arbeitspreis zu zahlen und Anspruch auf Rückzahlung der von ihnen geleisteten Mehrbeträge im Vergleich zu dem bis geltenden Arbeitspreis haben. Weiters stellt der Kläger noch Eventualbegehren auf Feststellung, daß die Beklagte gegenüber jenen Arbeitnehmern, die vor dem in ein Arbeitsverhältnis getreten sind,

a) nicht berechtigt sei, für den über das Freikontingent hinaus begünstigt gewährten Personalstrom den Arbeitspreis ab in einem Ausmaß zu erhöhen, welches ein Gleichbleiben oder Verringern der Differenz zwischen dem Bruttoarbeitspreis für Haushalte und dem Bruttoarbeitspreis für die Arbeitnehmer, welche den Strom zum begünstigten Personaltarif bezogen haben, zur Folge habe;

b) zur Erhöhung des Arbeitspreises für den begünstigten Personalstrom nur aus Anlaß des Inkrafttretens einer Erhöhung des Arbeitspreises für Haushalte berechtigt und

c) zur Rückzahlung der von den betreffenden Arbeitnehmern ab im Vergleich zu dem bis geltenden Arbeitspreis geleisteten Mehrbeträge verpflichtet sei. Der Kläger brachte zur Begründung seiner Klagebegehren vor, daß der verbilligte Strombezug Teil des arbeitsvertraglichen Entgelts der Arbeitnehmer der Beklagten sei. Die Arbeitnehmer hätten zwar schon einige mit einer allgemeinen Tariferhöhung gekoppelte Erhöhungen des Personalstrompreises hingenommen, sich aber mit einer einseitigen Verteuerung ihres Deputats nie einverstanden erklärt. Die von der Beklagten rückwirkend ab vorgenommene Erhöhung des Personalstrompreises von 33,33 % sowie die weiteren geplanten Erhöhungen ab um 25 % und ab um weitere 20 % seien rechtswidrig.

Die Beklagte beantragte, die Klagebegehren abzuweisen. Es treffe zwar zu, daß ihren Arbeitnehmern auf Grund jahrelanger Übung ein als Entgelt zu wertender Anspruch auf verbilligten Bezug von Mehrstrom erwachsen sei, doch habe sich der Vorstand der Beklagten stets das Recht auf einseitige Preisfestsetzung vorbehalten. Die Festlegung des Sozialtarifs sei seit dem Jahre 1958 ausschließlich im Ermessen der Beklagten gestanden. Dieser Vorbehalt habe sich nicht nur aus den mit Direktionsrundschreiben kundgemachten Preiserhöhungen ergeben, sondern schon aus den im Jahr 1972 beschlossenen Richtlinien für den Strombezug mit begünstigtem Tarif. Die nunmehrige Preiserhöhung habe aus wirtschaftlichen Gründen vorgenommen werden müssen, da das Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie als zuständige Preisbehörde die etappenweise Anhebung des Sozialtarifs etwa auf die Hälfte des Durchschnittsarbeitspreises verlangt habe. Es ist unbestritten, daß die Begehren auf Feststellung jeweils mindestens drei Arbeitnehmer der Beklagten betreffen.

Das Erstgericht wies die Klagebegehren ab. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:

Die Arbeitnehmer der Beklagten erhalten über ein bestimmtes Freistromkontingent hinaus den von der Beklagten bezogenen Strom als "Personalstrom" zu einem im Vergleich zum allgemeinen Haushaltsstromtarif günstigeren Preis. Dieser Umstand wird jedem Arbeitnehmer schon anläßlich des Einstellungsgespräches mitgeteilt. Die für die Beklagte auftretenden Personen legen sich aber hinsichtlich des Ausmaßes der Begünstigung weder auf einen bestimmten Betrag noch auf einen Prozentsatz fest. Die Preisfestsetzung für den Bezug von "Mehrstrom" erfolgte stets durch einseitigen Vorstandsbeschluß auf Grund der "Richtlinien vom ". Diese ebenfalls vom Vorstand der Beklagten beschlossenen Richtlinien lauten auszugsweise wie folgt:

"Mehrstrombezug:

Ständigen Dienstnehmern, die einen Anspruch auf Freistrom haben, wird der über das Freistromkontingent hinausgehende Stromverbrauch (Mehrstrombezug) mit einem von der Firmenleitung festgelegten Betrag (derzeit S 0,10/kWh) berechnet ...."

Vor der Beschlußfassung des Vorstandes über die jeweilige Preiserhöhung gab es zumeist eine Beratung mit dem Betriebsrat, bei welcher ein Kompromiß erzielt werden konnte. Nach der Festsetzung des neuen Strompreises durch den Vorstand wurden die Arbeitnehmer der Beklagten regelmäßig durch sogenannte Direktionsrundschreiben informiert. Diese Vorgangsweise der Strompreiserhöhung war der gesamten Belegschaft bekannt, die überdies noch durch die Betriebsräte davon verständigt wurde. Außerdem brachten die vor jeder Betriebsratswahl verteilten "Sozialkataloge des ÖAAB", die an alle Arbeitnehmer gingen, wiederholt eine Information über den Frei- und Mehrstrombezug einschließlich des vollen Wortlauts der Richtlinien des Vorstandes vom . Die Arbeitnehmer der Beklagten nahmen den vom Vorstand einseitig erhöhten Personalstromtarif jeweils zur Kenntnis.

Im Jahr 1965 betrug der Preis für Personalstrom 10 Groschen/kWh, der Preis für Haushaltsstrom 62 Groschen/kWh. Seither erhöhte der Vorstand die Tarife regelmäßig, wobei die prozentmäßige Anhebung des Preises des Personalstroms im Vergleich zum Haushaltsstrom jeweils unterschiedlich ausfiel (Erhöhung des Haushaltstarifes zwischen 1,27 % und 14,8 %, des Personalstromtarifes zwischen 4,35 % und 20 %). Der Preis des Personalstroms wurde zwar meistens, aber nicht immer zugleich mit dem Haushaltstarif erhöht.

Seit dem Beginn der Achtzigerjahre verschlechterte sich die Ertragslage der Beklagten entscheidend. Der Ertrag sank von 13 bis 14 Groschen/kWh bis 1986 auf rund 3 bis 4 Groschen/kWh. Nach einer Verbesserung für 1987 ist für 1988 wieder ein Rückfall zu erwarten. Dazu kommen hohe Belastungen durch den Anfall von Vermögenssteuer und die Erhöhung der Gewerbeertragssteuer. Für die Beklagte ergab sich insbesondere auch auf Grund der Berichte des Rechnungshofes und der Veröffentlichung in den Medien über das zu hohe Entgeltniveau der Energieversorgungsunternehmen die Verpflichtung, entsprechende Schritte zu setzen.

Bei den Verhandlungen über die Preiserhöhung zum bot die Beklagte als Ausgleich für die Erhöhung des Personalstroms ein Sozialpaket an, das sie mit jährlich S 14 Millionen belastet hätte. Der Betriebsrat lehnte dieses Angebot ab. Der Vorstand der Beklagten erhöhte mit Beschluß vom den Preis für Personalstrom rückwirkend ab von 30 Groschen/kWh auf 40 Groschen/kWh. Zugleich wurde auch der Haushaltstarif, der 136,35 Grosch/kWh betrug, erhöht. Eine zweite Erhöhung von 40 Groschen/kWh auf 50 Groschen/kWh erfolgte ab . Schließlich soll mit der spätestens ab geplanten dritten Etappe der Personalstromtarif auf 60 Groschen/kWh (jeweils ohne Umsatzsteuer) angehoben werden. die Erhöhung des Personalstromtarifs bringt der Beklagten für alle drei Etappen zusammen ab Mehreinnahmen von S 18 Millionen jährlich.

Die Differenz in den Stromtarifen kommt den Arbeitnehmern nicht voll zugute. Sie hängt infolge der Lohnsteuerpflicht des Sachbezugswerts von der Steuerprogression ab. Dementsprechend ist die tatsächliche Mehrbelastung niedriger als es der Erhöhung des Straftarifs entspricht.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß der Anspruch der Arbeitnehmer der Beklagten auf verbilligten Strombezug ein Entgeltanspruch aus den Einzelarbeitsverträgen sei, der zwar dem Grunde nach bestehe, aber in seiner Höhe der jeweiligen Leistungsbestimmung durch die Beklagte unterliege. Dies sei allen Arbeitnehmern durch die regelmäßigen Direktionsrundschreiben, die Informationen des Betriebsrats und die Sozialkataloge des ÖAAB bekannt gewesen. Die Arbeitnehmer hätten dieser seit Jahren bestehenden Übung der einseitigen Festsetzung des Personalstromtarifs durch die Inanspruchnahme des Sachbezugs schlüssig ihre Zustimmung erteilt. Die Beklagte könne dabei aber im Sinne des § 1056 ABGB nicht willkürlich, sondern nur nach billigem Ermessen vorgehen. Sie könne ihr Gestaltungsrecht nur unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen und sozialen Interessen der Parteien und der Belange des Betriebs ausüben. Auch die Interessen der Allgemeinheit, also volkswirtschaftliche Gesichtspunkte, seien in die Überlegungen miteinzubeziehen.

Im Hinblick auf die im Vergleich zu früheren Jahren wesentlich verschlechterte Ertragslage der Beklagten, die zusätzlichen betrieblichen Belastungen im fiskalischen Bereich, das Sparprogramm der Regierung und die öffentliche Diskussion über den Privilegienabbau seien die Preiserhöhungen für Personalstrom keine unzulässigen Willkürakte, sondern sachliche, auch den Interessen der Arbeitnehmer dienende Maßnahmen. Die Arbeitnehmer der Beklagten seien weiterhin in der Lage, Strom über das Freikontingent hinaus zu einem weit unter dem allgemeinen Arbeitspreis liegenden Tarif zu beziehen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach entgegen § 45 Abs 5 erster Fall ASGG aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 30.000 übersteige. Es stellte vorerst ergänzend fest, daß die von der Beklagten versandten Direktionsrundschreiben im wesentlichen folgenden Wortlaut hatten:

"Im Zusammenhang mit der Erhöhung der allgemeinen Stromtarife ab

.... wird auch der Strompreis für unsere Belegschaftsmitglieder für

den über das Freistromquantum hinaus bezogenen Strom von S ... auf S

... /kWh erhöht.

Der neue Preis tritt ab ... in Kraft. Er wird erstmalig für

jenen Verbrauchsabschnitt errechnet, der nach dem .... liegt."

Das Berufungsgericht billigte die Rechtsauffassung des Erstgerichts und führte ergänzend aus, daß die Inanspruchnahme einer einseitigen Preisbestimmungsmöglichkeit betreffend den Personalstrom durch die Beklagte allen Arbeitnehmern klar gewesen sei. Eine betriebliche Übung habe sich daher nur in diesem Umfang entwickeln können. Dafür seien die festgestellte einseitige Festsetzung des Personalstroms durch den Vorstand in der Vergangenheit, die Art der jeweiligen Bekanntgabe der Strompreiserhöhungen durch die Direktionsrundschreiben, ferner der Umstand, daß nie eine Bindung an eine bestimmte und nachvollziehbare Relation zum Haushaltsstromtarif zu erkennen gewesen sei und schließlich die in den ÖAAB-Sozialkatalogen wiederholt mitgeteilten Richtlinien des Vorstandes vom maßgeblich. Nur insoweit sei die betriebliche Übung auch Inhalt der Einzelarbeitsverträge geworden. Gegen dieses Urteil richtet sich die aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision der klagenden Partei mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne des Klagebegehrens. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung können - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, die vom Berufungsgericht nicht als solche erkannt worden sind, nicht als Revisionsgrund nach § 503 Abs 1 Z 2 ZPO geltend gemacht werden (vgl. SZ 22/106; ÖBl. 1984, 109; EFSlg 49.387; SSV-NF 1/32; 9 Ob A 132/88 uva). Waren die angeblichen Mängel des Verfahrens erster Instanz aber nicht einmal Gegenstand des Berufungsverfahrens, können sie umso weniger erst in der Revision gerügt werden (9 Ob A 135/88 ua). Da die vom Erstgericht unterlassene Einvernahme der Zeugen H***, G***, K***, S***, Ing. G*** und H*** zu den in

der Berufung aufgeworfenen Fragen vom Berufungsgericht nach eingehender Prüfung nicht als Mangelhaftigkeit erkannt wurde und die in der Revision aufgezeigten Beweisthemen zum Teil nicht Gegenstand der Mängelrüge in der Berufung waren, sodaß sie vom Obersten Gerichtshof nicht wahrgenommen werden könnten, erschöpfen sich die Ausführungen des Klägers zu diesem Revisionsgrund im Ergebnis in einer unzulässigen Bekämpfung der Beweiswürdigung der Vorinstanzen. Mit seinem weiteren Einwand, weder im Verfahren erster Instanz noch im Berufungsverfahren sei ein Beweisbeschluß gefaßt worden und dieser Verfahrensverstoß begründe schon allein die Mangelhaftigkeit der Verfahren, übersieht der Kläger, daß er in erster Instanz diesbezüglich keine Rüge erhob (§ 196 ZPO; Fasching ZPR Rz 907) und die ebenfalls ungerügte Urkundenvorlage durch den Beweisführer ohne Beweisbeschluß im Berufungsverfahren ohnehin keinen erheblichen Verfahrensmangel bildet (Fasching aaO Rz 961).

Soweit der Kläger in seiner Rechtsrüge unterstellt, den Arbeitnehmern der Beklagten sei die Vorgangsweise der einseitigen Preiserhöhungen des Personalstroms unbekannt gewesen, geht er nicht von den maßgeblichen Feststellungen aus. Nach diesen kommen als rechtliche Grundlage des Anspruches der Arbeitnehmer der Beklagten auf den verbilligten Bezug von Personalstrom der Einzelvertrag und die - gelegentlich als Auslobung gedeutete - Betriebsübung in Betracht. Die Beklagte tritt diesem Anspruch ihrer Arbeitnehmer dem Grunde nach nicht entgegen; sie macht lediglich geltend, daß das Recht auf Bezug von kostengünstigem Mehrstrom durch den Vorbehalt einer jeweiligen einseitigen Preisfestsetzung eingeschränkt sei. Dieser Vorbehalt wird vom Kläger bestritten.

Der behauptete vorbehaltlose Anspruch der von der Feststellungsklage betroffenen Arbeitnehmer ist weder unter dem Gesichtspunkt eines Einzelvertrages noch unter dem der Betriebsübung begründet. Für das Zustandekommen eines Vertrages über eine gleichbleibende Preisgünstigkeit ist eine den Bestimmtheitserfordernissen des § 869 ABGB entsprechendes Anbot des Arbeitgebers und dessen Annahme durch die einzelnen Arbeitnehmer erforderlich. Ist die zu erbringende Leistung und Gegenleistung völlig unbestimmt, so kommt der Vertrag nicht zustande (Koziol-Welser, Grundriß I8 204 f).

Anläßlich des Einstellungsgespräches wird den Arbeitnehmern der Beklagten lediglich mitgeteilt, daß sie über ein bestimmtes Freistromkontingent hinaus den Personalstrom zu einem im Vergleich zum Haushaltsstromtarif günstigeren Preis erhalten. Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei diesem Hinweis auf im Betrieb bestehende Sozialleistungen nur um eine Wissenserklärung oder um eine Rechte und Pflichten begründende Willenserklärung handelt (vgl. Bydlinski, Wissens- und Willenserklärungen im Arbeitsrecht, ZAS 1976, 84), da sich die Beklagte dabei auf das Ausmaß der Begünstigung nicht festlegt. Die jeweiligen Empfänger dieser Erklärungen können daraus jedenfalls nicht ableiten, die Beklagte hätte auf ihr Preisgestaltungsrecht verzichtet oder sich zu einer bestimmten verbindlichen Bewertung des Mehrstrombezugs verpflichtet. Auch die dem Erklärungsverhalten der Beklagten ebenfalls zuzurechnenden Richtlinien vom bieten keinen Anlaß zur Annahme, der begünstigte Mehrstrombezug stehe in einer bestimmten Beziehung zu einem nicht veränderten Tarif. Die Richtlinien stellen vielmehr klar, daß der Mehrstrombezug den Arbeitnehmern mit einem von der Firmenleitung festgelegten Betrag berechnet wird. Der Hinweis, daß sich dieser Betrag "derzeit" auf S 0,10/kWh belaufe, bringt in diesem Zusammenhang eindeutig einen einseitigen Preisgestaltungsvorbehalt der Beklagten zum Ausdruck. Letztlich beinhalteten auch die an die Arbeitnehmer ergangenen Direktionsrundschreiben jeweils eine einseitig vorgenommene Erhöhung des Personalstromtarifs, ohne auf allfällige Berechnungskriterien einzugehen. Wie der Revisionswerber selbst einräumt, führten allgemeine Tariferhöhungen nicht immer zur Erhöhung des Personaltarifs. Das in den Direktionsrundschreiben angegebene Motiv der Preiserhöhung, wie etwa die Erhöhung der allgemeinen Stromtarife, die Einführung und in der Folge die Erhöhung der Mehrwertsteuer oder der Aufschlag des Kohlegroschens (S 87 f), zeigt dazu nur auf, daß die Preiserhöhung nicht willkürlich, sondern aus sachlichen Gründen erfolgt ist. Den Jahresabrechnungen waren nur die jeweils erhöhten Strompreise zu entnehmen. Insgesamt liegt daher kein Anbot der Beklagten vor, dem ihre Arbeitnehmer eine Zusage der Abgabe von preislich gleichbleibendem Personalstrom entnehmen hätten können.

Zu dem gleichen Ergebnis führt aber die Beurteilung des

Sachverhalts unter dem Gesichtspunkt einer betrieblichen Übung,

wobei die Frage der dogmatischen Grundlage der betrieblichen Übung

hiebei auf sich beruhen kann. Geht man nämlich von der

vertragsrechtlichen Deutung, also davon aus, daß durch die

regelmäßige, vorbehaltlose Gewährung bestimmter Leistungen des

Arbeitgebers an die Gesamtheit seiner Arbeitnehmer begründete Übung,

soweit sie seinen Willen, sich diesbezüglich auch für die Zukunft zu

verpflichten, unzweideutig zum Ausdruck bringt, infolge der

gleichfalls schlüssigen (§ 863 ABGB) Zustimmung der Arbeitnehmer zum

Inhalt der einzelnen Arbeitsverträge geworden ist (Spielbüchler,

Arbeitsrecht3 I 189 mit abweichender Auffassung zu der die

Verbindlichkeit begründenden Verpflichtungsform; Tomandl,

Arbeitsrecht I 165 f; DRdA 1976, 250 = Arb. 9.427 = ZAS 1977, 102;

DRdA 1980, 318 !Kerschner = Arb. 9.786 = ZAS 1980, 99;

DRdA 1981, 42 !Spielbüchler = Arb. 9.812 = ZAS 1980, 178

!Mayer-Maly ; JBl 1985, 632; Arb. 10.434; 9 Ob A 9/87; 9 Ob A

507/88 ua), und nimmt man darüber hinaus auch noch an, daß eine

solche Bindung auch gegenüber jenen Arbeitnehmern eintritt, die erst

später eingestellt werden (DRdA 1982, 191 !Strasser = Arb. 9.972 =

ZAS 1982, 10 !Tomandl ), dann reicht der festgestellte Sachverhalt

nicht aus, eine Verpflichtung der Beklagten zu einem Einfrieren des

Preises für den Mehrstrom zum oder auch nur eine

Verpflichtung, den Tarif nur unter oder in Relation zur Erhöhung des

Arbeitspreises für Haushalte erhöhen zu dürfen, anzunehmen. Die den

einzelnen Arbeitnehmern bekannte "Betriebsübung" ging ja gerade

dahin, daß die Preisfestsetzung für den Bezug von Mehrstrom stets

durch einseitigen Vorstandsbeschluß erfolgte. Vor der jeweiligen

Tariferhöhung gab es zwar nicht immer, aber "zumeist" eine Beratung

mit dem Betriebsrat, bei welcher ein Kompromiß erzielt werden

konnte. Diese Vorgangsweise war der gesamten Belegschaft bekannt.

Auch wenn Verlautbarungen des Betriebsrats dem Erklärungsverhalten des Arbeitgebers grundsätzlich nicht zugerechnet werden können, dienten die Bekanntmachungen des Betriebsrats und die alle drei Jahre verteilten (S 158) "Sozialkataloge", welche den vollen Wortlaut der Richtlinien des Vorstandes vom enthielten, der Information der Belegschaft, der die Beklagte als Arbeitgeber schon deshalb nicht widersprechen hätte müssen (vgl. Grillberger in WBl. 1989, 35), weil die Information sachlich richtig war. Das Verhalten der Beklagten erlaubt es daher nicht, einen Bindungswillen in bezug auf eine gleichbleibend günstige Abgabe von Mehrstrom anzunehmen.

Mit der Möglichkeit einer Tarifregulierung des Arbeitspreises für Personalstrom wurde daher der Beklagten ein einseitiges Gestaltungsrecht bezüglich eines Teiles der von ihr im Rahmen des Synallagmas zu erbringenden Leistungen eingeräumt. Daraus ergibt sich schon aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (vgl. Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser,

Arbeitsrecht3 I 144), die ihn zur Wahrung der ideellen und materiellen Interessen des Arbeitnehmers auch bei Ausübung eingeräumter Gestaltungsrechte verpflichtet (Krejci, Grenzen einseitiger Leistungsbestimmung durch den Arbeitgeber, ZAS 1983, 206 ff), daß jede unbillige Leistungsbestimmung als unverbindlich zu qualifizieren ist. Der Eingriff des Arbeitgebers darf nicht schwerwiegender ausfallen, als es die Belange des Betriebes unter Berücksichtigung der Interessen der betroffenen Arbeitnehmer erfordern. Dafür, daß der Arbeitgeber bei Ausübung des ihm vereinbarungsgemäß vorbehaltenen Gestaltungsrechts die Grenzen des billigen Ermessens überschritten hätte, ist der Kläger behauptungs- und beweispflichtig (9 Ob A 517/88 mwH). Eine solche Überschreitung des billigen Ermessens hat das Verfahren nicht ergeben und wird auch in der Revision nicht dargelegt. Ein bloßer Vergleich der Prozentsätze der bisherigen Tariferhöhungen mit den nunmehrigen Erhöhungen spricht nicht gegen die in den wirtschaftlichen und sozialen Interessen der Parteien gelegenen Sachlichkeit, worauf bereits das Erstgericht zutreffend hingewiesen hat.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet (Kuderna, ASGG § 58 Erl. 2).